Erich Heckel

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Erich Heckel an der Staffelei ? Portrat von Ernst Ludwig Kirchner

Erich Heckel (* 31. Juli 1883 in Dobeln ; † 27. Januar 1970 in Radolfzell am Bodensee ) war ein deutscher Maler und Grafiker des Expressionismus .

Heckels Geburtshaus am Niedermarkt in Dobeln

Erich Heckel war der Sohn eines Eisenbahnbauingenieurs. Zunachst begann er ein Architekturstudium in Dresden. Ursprunglich hegte er eher literarische Neigungen, bildete sich jedoch schließlich als Autodidakt zum Maler und Grafiker aus.

Im Juni 1905 grundete Heckel mit Ernst Ludwig Kirchner , Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl (der 1907 wieder ausschied) in Dresden die Kunstlergruppe Brucke , zu der spater Max Pechstein , fur kurze Zeit auch Emil Nolde und ab 1911 Otto Mueller hinzustießen. Fortan begann eine gemeinsame rege Ausstellungstatigkeit. Die Gruppe gewann in den folgenden Jahren sogenannte passive Mitglieder wie Gustav Schiefler und Rosa Schapire , die sich fur sie einsetzten und erste Kaufer ihrer Werke waren. Die passiven Mitglieder erhielten die alljahrlich erscheinende Brucke-Mappe mit Originalgrafiken.

Von 1907 bis 1910 hielt er sich lange mit Schmidt-Rottluff in Dangast an der Nordsee auf; 1909 reiste er nach Italien. In Dresden ging er zeitweise eine enge Ateliergemeinschaft mit Kirchner ein. Das Atelier diente ihm als gestalteter Raum, in dem er die Utopie einer Einheit von kunstlerischer Arbeit und Leben versuchte. Von 1909 bis 1911 verbrachte er mit Kirchner, gelegentlich auch mit Pechstein, sowie den Freundinnen und Modellen sommerliche Aufenthalte an den Moritzburger Teichen bei Dresden. Ihr Thema war der Akt in freier Bewegung in freier Natur. In dieser Zeit entwickelte sich ein ausgepragter Gruppenstil.

Den Sommer 1911 verbrachte Heckel mit der Tanzerin Sidi Riha in Prerow an der Ostsee im ?Landhaus Dorneneck“ in der Grunen Straße. [1] Nur wenig entfernt hielten sich zur gleichen Zeit Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky , die der Neuen Kunstlervereinigung Munchen angehorten, auf. Sie wohnten in der ehemaligen ?Villa Seestern“ in der Waldstraße. [2]

Berliner Gedenktafel fur Heckel in der Steglitzer Markelstraße 60

Im Herbst 1911 zog er mit seiner spateren Frau Milda Frieda Georgi (Kunstlername als Tanzerin Sidi Riha, Heirat 1915) zusammen und zog nach Berlin, wo sich die moderne Kunst in Deutschland konzentrierte und die entscheidenden Richtungskampfe ausgetragen wurden, aus denen der Expressionismus als Sieger hervorging. Ins Jahr 1912 fallen Begegnungen und Freundschaften mit anderen Kunstlern wie Lyonel Feininger , Franz Marc und August Macke . Die Brucke-Kunstler nahmen an der großen Sonderbund-Ausstellung in Koln teil, wo sie sich zusammen mit den großen franzosischen Malern der Moderne prasentieren konnten.

Im Mai 1913 loste sich die Kunstlergruppe Brucke auf. Heckels erste Einzelausstellung folgte bei Fritz Gurlitt in Berlin. Im selben Jahr begann eine lebenslange Freundschaft mit dem jungen Kunsthistoriker und Sammler Walter Kaesbach . Im Juni 1913 fand Heckel an der Flensburger Forde den Ort (das Dorfchen Osterholz ), in dem er kunftig die Sommer- und Herbstmonate verbrachte. 1914 hielt er sich langere Zeit bei dem Maler Heinrich Nauen in Dilborn am Niederrhein auf. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs ließ er sich zum Krankenpfleger ausbilden. Zusammen mit einigen anderen Malern leistete er Sanitatsdienst in Flandern , meist in Ostende . Dort begegnete er Max Beckmann und James Ensor . Dank einer geschickten Diensteinteilung hatte er die Moglichkeit zu relativ kontinuierlicher kunstlerischer Arbeit.

1915 malte er fur die Weihnachtsfeier der Verwundeten auf zwei Zeltbahnen die sogenannte Ostender Madonna , die bis 1937 als Leihgabe in der Berliner Nationalgalerie ( Kronprinzenpalais ) hing (1945 verbrannt). Nach Kriegsende 1918 wurde er Grundungsmitglied des ?Arbeitsrats fur Kunst“. Spater wurde er Mitglied der Ankaufskommission der Nationalgalerie, womit er sich fur die Belange seiner ehemaligen Weggefahrten einsetzen konnte. 1919 zog er in eine Atelierwohnung in der Emser Straße 21 ( Berlin-Wilmersdorf ); in Osterholz kaufte er ein kleines Bauernhaus und baute sich ein Dachatelier aus, dort fertigte er auch Wandmalereien auf Holz, die spater Renovierungsarbeiten zum Opfer fielen. Heckel nutzte die Arbeitsmoglichkeit an der Ostseekuste alljahrlich einige Monate bis zum Jahr 1943.

Durch Ernst Morwitz , einen Juristen und Dichter, der zum engsten Zirkel um Stefan George gehorte und mit dem Heckel seit dem Krieg befreundet war, ergaben sich neue Bekanntschaften mit Menschen aus dem Freundeskreis des Dichters. 1922 bekam er den Auftrag, einen Raum im Angermuseum zu Erfurt mit einem Wandbildzyklus in Secco -Technik auszumalen. Sein Titel: Lebensstufen . Es ist die einzige Wandmalerei der Brucke-Kunstler, die sich bis heute erhalten hat. Seit 1920 unternahm er alljahrliche Arbeitsreisen mit reicher Aquarellausbeute: Alpen, Sudfrankreich (1926, 1929), Italien, zahlreiche deutsche Landschaften und in den fruhen 1940er-Jahren beispielsweise Karnten. 1931 wurde eine große Heckel-Retrospektive in der Kunsthutte Chemnitz veranstaltet.

Durch seine Unterschrift unter den ? Aufruf der Kulturschaffenden “ vom 19. August 1934 bekundete er offentlich, dass er ?zu des Fuhrers Gefolgschaft“ gehorte. [3]

Ab 1937 erhielt Heckel Ausstellungsverbot. Im Zuge der Aktion ? Entartete Kunst “ wurden 729 seiner Arbeiten aus deutschen Museen beschlagnahmt und entfernt. [4] Verluste sind auch durch die Bilderverbrennung am 20. Marz 1939 im Hof der Berliner Hauptfeuerwache zu beklagen, bei der insgesamt 1.004 Gemalde sowie 3.825 Aquarelle und Graphiken von verschiedenen Kunstlern vernichtet wurden. [5] Im Januar 1944 wurde Heckels Atelier in Berlin mitsamt zahlreichen Arbeiten durch einen Bombenangriff zerstort. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges gingen zusatzlich einige ausgelagerte Gemalde im Bergwerk in Neustaßfurt durch Brandstiftung verloren.

Das verloren geglaubte Gemalde Die Bedini-Truppe aus dem Jahr 1931 wurde 2022 im Rahmen von Restaurierungsarbeiten fur eine Ausstellung der Landesbank Baden-Wurttemberg im Kunstmuseum Stuttgart wiederentdeckt. Es war auf der Ruckseite eines anderen Werkes von Heckel befestigt. [6]

Zeit in Hemmenhofen am Bodensee

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Nach einer behelfsmaßigen Unterkunft bei Bekannten fand Heckel im September 1944 Zuflucht in Hemmenhofen am Bodensee, wo er das direkt am See gelegene Sommerhaus des Ravensburger Architekten Heinrich Johann Wurm (1895?1984) bezog. Nach Kriegsende erhielt Heckel zwar verschiedene Aufforderungen und Angebote, nach Berlin zuruckzukehren und ein Lehramt an der Hochschule der Kunste zu ubernehmen, doch er lehnte ab und blieb an diesem Ort bis zu seinem Lebensende. Von 1949 bis 1955 erhielt er einen Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Kunste in Karlsruhe , wo er unter anderem Peter Dreher und Klaus Arnold unterrichtete. 1952 war er Juror der Kunstausstellung Eisen und Stahl .

Von 1952 bis 1960 war Heckel regulares Vorstandsmitglied des Deutschen Kunstlerbundes , anschließend Mitglied des Ehrenvorstandes bis 1969. [7]

Von 1954 bis 1965 hielt er sich regelmaßig zu Arbeiten in der Bergwelt des Oberengadins auf, aber auch wieder an den norddeutschen Kusten, vor allem auf Sylt. Im Jahr 1955 war Erich Heckel Teilnehmer der documenta 1 in Kassel . Aus Anlass seines 70. und seines 80. Geburtstags wurden mehrere große Retrospektiven organisiert. Verschiedene offentliche Ehrungen folgten.

Erich Heckel starb 1970 und wurde auf dem Friedhof in Hemmenhofen beigesetzt. Sein Grab wurde aber bereits aufgelassen. Eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer in Hemmenhofen erinnert an Erich Heckel. [8] [9]

Erich Heckels Werk erstreckt sich uber sechs Jahrzehnte. 1964 erschien der Œuvre-Katalog seiner Druckgrafik (Dube) und 1965 eine Monografie von Paul Vogt mit dem Verzeichnis seiner Gemalde. In den letzten Lebensjahren ubergab er einen Großteil seines Werks in Form von Schenkungen und Stiftungen an offentliche Sammlungen, vor allem an das neu gegrundete Brucke-Museum in Berlin.

Der Stil seiner fruhen, pastosen Bilder ist angeregt von Vincent van Gogh und dem franzosischen Post-Impressionismus . Ab 1908/09 ist ein Ubergang zu einer flachigen Malerei mit flussigen Farben festzustellen. Um 1910 ist ein ausgepragter Gruppenstil erreicht, der aber bis zur Auflosung der ?Brucke“ zugunsten von Bildlosungen wieder aufgegeben wurde, die dem eigenen Temperament eher entsprechen. Die reinen Farben werden gebrochen, die Formen verwinkelt. Ein Bedurfnis nach psychologischer Durchdringung der Figuren ist zu spuren.

In der Druckgrafik (Holzschnitte, Lithografien und Radierungen) fand Heckel schon sehr fruh zu hoher Eigenstandigkeit. Einige seiner Holzschnitte zahlen zu den starksten Leistungen des deutschen Expressionismus.

Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich bei ihm eine neue, weltzugewandte Klassizitat, die mit großerer Naturnahe und einer Aufhellung der Palette einhergeht. Der Bildaufbau verfestigte sich, das bildmaßig durchgearbeitete Landschaftsaquarell wird zur bevorzugten Gattung. Stadte- und Hafenbilder entstehen. Daneben entwickelte er kontinuierlich das Thema der Akte am Strand bis in die 1930er Jahre. Außerdem fertigte er in dieser Zeit Blumenstillleben mit komplexen Bildhintergrunden.

Im Spatwerk merkt man wieder eine starkere Konzentration auf die Flachigkeit des Bildes, eine weitere Dampfung des Kolorits. Die ornamentale Autonomie des Bildes erhalt mehr Gewicht gegenuber der Wiedergabe des unmittelbaren Seherlebnisses.

Gemalde (Auswahl)

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Briefmarke der Bundesrepublik Deutschland 2004 , 100 Jahre Brucke : Sitzende Franzi

Aus dem reichen Bestand der Grafik (insgesamt 1073 registrierte Titel) seien nur einige der bekanntesten Holzschnitte aufgefuhrt, allesamt im Museum Folkwang , Essen, und im Brucke-Museum , Berlin.

  • 1908: Fischermadchen
  • 1909: Liegende (Farbdruck)
  • 1909: Zwei ruhende Frauen (Farbdruck)
  • 1910: Schlafende Negerin
  • 1910: Franzi liegend (Farbdruck)
  • 1910: Stehendes Kind (Farbdruck)
  • 1910: Kinder auf einer Bank (Holzschnitt)
  • 1913: Weiße Pferde (Farbdruck)
  • 1913: Hockende
  • 1914: Schneetreiben
  • 1917: Mann in der Ebene
  • 1919: Mannerbildnis (Farbdruck)

Im Rahmen der Serie ? Deutsche Malerei des 20. Jahrhunderts “ erschien 1994 eine 200-Pfennig-Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost mit dem Motiv Landschaft bei Dresden .

  • Ernst Rathenau (Hrsg.): Graphik der Gegenwart Band 1, Erich Heckel , Euphorion Verlag Berlin, 1931 (Gedruckt in der Offizin Poeschel & Trepte, Leipzig). Bildband mit Werken 1907 bis 1928. [14]
  • Paul Vogt : Erich Heckel: Werkverzeichnis der Gemalde. Bongers, Recklinghausen 1965.
  • Annemarie Dube: Erich Heckel: das graphische Werk. Bande 1?3. Rathenau, New York 1974.
  • Mechthild Lucke, Andreas Huneke : Erich Heckel ? Lebensstufen. Dresden 1992.
  • Magdalena M. Moeller (Hrsg.): Erich Heckel ? sein Werk der 20er Jahre . Hirmer, Munchen 2004, ISBN 3-7774-2265-7 .
  • Ulrich Schulte-Wulwer : Erich Heckel an der Ostsee. In: Magdalena M. Moeller, Ulrich Schulte-Wulwer (Hrsg.): Erich Heckel an der Ostsee. Munchen 2006.
  • Gerd Presler : Die Brucke. Rowohlt, Reinbek 2007, ISBN 978-3-499-50642-0 .
  • Claus Peukert: Expressionisten in Dangast. Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein, Emma Ritter, Franz Radziwill. Oldenburg 1998, ISBN 3-89598-545-7 , S. 153?224.
  • Christian Saehrendt : Die Kunst der ?Brucke“ zwischen Staatskunst und Verfemung. Expressionistische Kunst als Politikum in der Weimarer Republik, im ?Dritten Reich“ und im Kalten Krieg. Stuttgart 2005. (Reihe Pallas Athene. Beitrage zur Universitats- und Wissenschaftsgeschichte. Hrsg. Rudiger vom Bruch und Eckart Henning . Band 13.)
  • Magdalena M. Moeller (Hrsg.): Erich Heckel ? Der stille Expressionist. Aquarelle als Vorstudien zu Gemalden. Hirmer, Munchen 2009, ISBN 978-3-7774-2211-4 .
  • Magdalena M. Moeller (Hrsg.): Erich Heckel ? Aufbruch und Tradition. Eine Retrospektive. Hirmer, Munchen 2010, ISBN 978-3-7774-2191-9 .
  • Gerhard M. Schneidereit: Erich Heckel . In: Expressionismus auf dem Darß. Aufbruch 1911, Erich Heckel, Marianne von Werefkin, Alexej Jawlensky. Ausst. Kat. Fischerhude 2011, S. 12 ff.
  • Renate Ebner, Andreas Gabelmann, Hans Geissler: Erich Heckel. Werkverzeichnis der Druckgraphik. Band 1: 1903 bis 1913. Band 2: 1914 bis 1968 Band 3: Texte, Materialien, Bildindex. Hirmer Verlag, Munchen 2021, ISBN 978-3-7774-3793-4 .
  • Andreas Huneke: Erich Heckel. Werkverzeichnis der Gemalde, Wandbilder und Skulpturen. Band 1: 1904 bis 1918. Band 2: 1919 bis 1964. Hirmer Verlag, Munchen 2017, Neuauflage 2021, ISBN 978-3-7774-2171-1 .
Commons : Erich Heckel  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bernd Fathke: Marianne Werefkin . Munchen 2001, S. 170 f.
  2. Bernd Fathke: Jawlensky und seine Weggefahrten in neuem Licht . Munchen 2004, S. 152 f.
  3. Langer Abschied . In: Der Spiegel . Nr.   23 , 1989 ( online ).
  4. Paul Vogt: Erich Heckel. Monographie mit Werkverzeichnis . Verlag Aurel Bongers, Recklinghausen 1965, S. 86.
  5. Ernst Klee : Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5 , S. 226.
  6. Zerstort geglaubtes Werk in Stuttgart entdeckt. Maler Erich Heckel. In: Stuttgarter Zeitung. Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft mbH, 7. Februar 2022, abgerufen am 8. Februar 2022 .
  7. Vorstande des Deutschen Kunstlerbundes seit 1951 . ( Memento vom 17. Dezember 2015 im Internet Archive ) kuenstlerbund.de; abgerufen am 17. August 2015
  8. Aufgelassenes Grab von Erich Heckel auf dem Friedhof von Hemmenhofen
  9. Torsten Lucht: Rebellion gegen die letzte Ruhe. In: Sudkurier vom 26. Marz 2016, S. 21.
  10. Stefan Bollmann , mit einem Vorwort von Elke Heidenreich : Frauen, die lesen, sind gefahrlich ? Lesende Frauen in Malerei und Fotografie . 3. Auflage. Elisabeth Sandmann Verlag, Munchen 2005, ISBN 3-938045-06-X , S. 126 f.
  11. Print leicht zuganglich in Berghof (Red.): Kunst in der Verfolgung: Entartete Kunst (Ausstellung) 1937 in Munchen. 18 Beispiele. Neckar, Villingen 1998; Großformat
  12. Erich Heckel: 120 Werke in den Kunstsammlungen Chemnitz, abgerufen am 19. Januar 2016
  13. Die Ankundigungsseite des Hesse Museums nennt knapp 30 Werke aus allen Epochen
  14. Ernest-Rathenau-Verlag.de (Abgerufen am 22. Juni 2021).