Allod

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
(Weitergeleitet von Erbherr )
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Allod ( altniederfrankisch all?d ?volles Eigentum“, zu all ?voll, ganz“ und ?d ?Gut, Besitz“; mittellateinisch allod oder allodium ), auch Eigengut oder Erbgut oder freies Eigen , [1] bezeichnete im mittelalterlichen und fruhneuzeitlichen Recht ein Eigentum (fast immer Land oder ein Stadt grundstuck oder -anwesen), uber das der Eigentumer ( Eigner , auch Erbherr [2] ) frei verfugen konnte. Als Familienerbe unterscheidet es sich darin vom Lehen und vom grundherrlichen Land . Allode konnten sowohl freie Bauern als auch Adlige oder Fursten besitzen. Sofern es sich um Landesherren handelte, waren sie in ihrem Allodialbesitz souveran, wahrend ihre Regierungsfunktion (etwa in einer Grafschaft) ein Reichslehen war. Allode konnten frei vererbt werden, auch an Tochter, wahrend Lehen beim Aussterben einer Familie im Mannesstamm an den Lehnsherrn zuruckfielen. Die Umwandlung von Benefizien in Eigengut wird entsprechend als Allodialisierung bezeichnet. Uber ein als Odal bezeichnetes Eigentum durfte der jeweilige Besitzer dagegen nicht frei verfugen.

Als Allodialgut wird auch das Privatvermogen einer furstlichen Familie im Unterschied zum fiskalischen Besitz ( Staatsschatz , Staatsdomane ) bezeichnet.

Allod und Lehnswesen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In diesen Eigenschaften unterschied sich das Allod vom Lehngut , das dem Lehnsnehmer oder Vasallen eben nicht uneingeschrankt gehorte. Das Obereigentum am Lehen verblieb beim Lehnsherrn, der von seinen Vasallen unterschiedliche, zumeist durch das Gewohnheitsrecht bestimmte Leistungen verlangen konnte. Lehen war sogenanntes nutzbares Eigentum , Allod dagegen war volles Eigentum . Dies kam auch im synonymen zeitgenossischen Begriff fur Allod, Erbe und Eigen , zum Ausdruck. Der Besitz der Burger im Geltungsbereich des Stadtrechts hatte in der Regel allodialen Charakter. Ebenso besaßen die kirchlichen Stifter ihr Land als Erbe und Eigen.

In England gab es ab der Normannischen Eroberung 1066 , die eine Anderung zum Lehnswesen mit sich brachte, keinen Allodialbesitz mehr. In Frankreich gab es ihn nur noch ganz selten. In Deutschland verschwand das Allod in Adelsbesitz nie und wurde mitunter an Rodungsland neu begrundet.

Mit dem Verfall des Lehnsrechts ab dem 16. Jahrhundert setzte eine gegenlaufige Bewegung ein. Lehen wurden gegen eine Abfindung fur den Lehnsherrn wieder in freies vererbbares Eigentum umgewandelt. Diesen Vorgang bezeichnet man als Allodifizierung oder Allodifikation . Die Lehen blieben dabei durch die Rechte der Lehnsfolger ( Agnaten ) beschranktes Eigentum. Aufgehoben wurde nur das Obereigentum des Lehnsherrn, wogegen die Rechte der Lehnsfolger keine Beeintrachtigung erlitten. Das Lehen naherte sich damit als sogenanntes allodifiziertes Lehen dem Familienfideikommiss ; haufig wurde es auch ausdrucklich in Fideikommissgut umgewandelt.

Modell der Schlossanlage Cronheim . Im Bild rechts das bewehrte Allodium Cronheim mit Zehntscheune

Der Besitz war somit nicht an Leistungen oder Verpflichtungen des Inhabers gegenuber anderen Personen gebunden. Ein Allod konnte gemaß dem landesublichen Recht frei vererbt werden. Ursprunglich waren von den Einkunften aus Allodialgutern nicht einmal Steuern an den jeweiligen Landesfursten zu entrichten.

Im Mittelalter war das Allodium dem zentralen Sitz der Burg vorgelagert. Es wurde auch als Dominicale und schließlich als Vorwerk bezeichnet. [3] In ihnen lebten oft auch Angehorige der jeweiligen ritterlichen Familie. Davon leitet sich ab, die Vorwerke als Rittersitze und im Volksmund als Schloss zu bezeichnen. Sie waren geeignet, kleinere Angriffe abzuwehren und boten der Bevolkerung des Dorfes Schutz.

Entstehung und historische Entwicklung

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Allod als Besitzform entstand bei den germanischen Stammen und Volkern, bevor es zur Ausbildung des Feudalsystems kam. Land, das ursprunglich ein Gemeingut der gesamten Volksgemeinschaft war, wurde dem einzelnen Mitglied ubergeben. Die germanischen Volker verteilten oder verlosten Grund und Boden der von ihnen eroberten und in Besitz genommenen Lander unter ihren freien Mannern. Hieraus ergibt sich der wesentliche Charakter des Allodialeigentums: ein durch den Willen des gesamten Volks oder durch das Volksgesetz zugeteiltes und verburgtes freies Eigentum. Der Besitzer ist frei von aller Privatabhangigkeit und Beschrankung seiner Eigentumsrechte.

In vielen Regionen galten zunachst nur die Eigentumer eines Allods als Freie, die an allen gemeinschaftlichen, offentlichen Pflichten und Rechten teilhatten. Sie waren die Mitglieder der Landesgemeinde . Die freien Landbesitzer im Fruhmittelalter waren eine der Gruppen, aus denen sich im Laufe der Zeit der Adel entwickelte. Sie sahen sich als gleichberechtigte Partner des Landesherren, weil sie ihm als Genossen in der Landesgemeinde verbunden und ihm nicht als Vasallen untergeordnet waren. Die mit dem Allodialgut verbundenen Freiheiten (u. a. Steuerfreiheit, Jagdrecht ) konnten sich in den meisten Landern nur die adeligen Herren erhalten, die ? auch wenn sie sich nach 1500 dem Landesfursten mehr und mehr unterordnen mussten (Staatswerdung) ? die politisch und okonomisch einflussreichste Klasse der Landbesitzer blieben. Der Begriff Allod kommt nur im frankischen Raum und den rechtlich von frankischen Stammen beeinflussten Territorien vor. Seit der Schlacht von Hastings 1066 gab es in England kein Allod mehr, in Frankreich vorwiegend im Suden. In Deutschland konzentriert sich der Allod-Besitz insbesondere des Adels auf den Suden. Zahlreiche Herren, die ihre machtige Stellung auf umfangreichen Allodialbesitz grundeten, gab es in den ostlichen Alpenlandern und in den Landern der Bohmischen Krone . Der Konig als oberster Lehnsherr war niemals Herr des gesamten Reichsterritoriums.

Allodialbesitz konnte auch entstehen, wenn der Lehnsherr zu Gunsten des Vasallen auf seine Rechte verzichtete. Gerodetes Land wird seitens der Fursten als Allodialgut betrachtet. Umgekehrt wurden gelegentlich freie Landherren fur ein Vergehen bestraft, indem der Landesherr ihr Freigut in ein Lehen umwandelte.

Die Unterschiede zwischen den beiden mittelalterlichen Besitzrechtsformen Lehen und Allod wurden mit der Zeit immer geringer. Zum einen wurden den Vasallen spatestens seit dem 17. Jahrhundert keine Lehnsdienste mehr abverlangt und auch das Erbrecht der Lehnsnehmer war in der fruhen Neuzeit schon sehr viel starker, zum anderen hatten die Landesfursten die freien Herren schon im 16. Jahrhundert zu regelmaßigen Steuerzahlungen zwingen konnen. Im 19. Jahrhundert schließlich wurde das Lehnswesen in den meisten europaischen Staaten nach und nach abgeschafft. Zu dieser Zeit kommt der Eigentums begriff des burgerlichen Rechts auf, wie er vor allem im Code civil gepragt worden ist. Wahrend in Frankreich das ?Regime feodal“ 1789 mit einem Federstrich des revolutionaren Gesetzgebers beendet wurde, dauert es in Deutschland bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, bis das Lehnsrecht endgultig abgeschafft wurde (1947 per Kontrollratsgesetz).

  • Otto Brunner : Land und Herrschaft. Grundfragen der territorialen Verfassungsgeschichte Osterreichs im Mittelalter. 5. Auflage. Rohrer, Wien 1965 (Unveranderter reprografischer Nachdruck der 5. Auflage: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1984, ISBN 3-534-09466-2 ).
  • Karl Heinz Burmeister : Allod . In: Lexikon des Mittelalters (LexMA) . Band   1 . Artemis & Winkler, Munchen/Zurich 1980, ISBN 3-7608-8901-8 , Sp.   440   f .
  • Rudiger Frhr. von Preuschen: Die sponheimische Burg in Osterspai im Streit derer von Carben, Steinkallenfels und Waldenburg um das Erbe des letzten Liebensteiners 1637?1793. In: Nassauische Annalen , Band 126, 2015, S. 155?176; ISSN   0077-2887 .
  • Allod . In: Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtsworterbuch . Band   1 , Heft 4 (bearbeitet von Eberhard von Kunßberg ). Hermann Bohlaus Nachfolger, Weimar, Sp.   486?502 ( adw.uni-heidelberg.de – Erscheinungsdatum zwischen 1914 und 1930).
Wiktionary: Allod  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. freieigen . In: Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtsworterbuch . Band   3 , Heft 5 (bearbeitet von Eberhard von Kunßberg ). Hermann Bohlaus Nachfolger, Weimar ( adw.uni-heidelberg.de – Erscheinungsdatum zwischen 1935 und 1938). eigen . In: Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Deutsches Rechtsworterbuch . Band   2 , Heft 9 (bearbeitet von Eberhard von Kunßberg ). Hermann Bohlaus Nachfolger, Weimar ( adw.uni-heidelberg.de – Erscheinungsdatum zwischen 1933 und 1935).
  2. Erbherr . In: Heinrich August Pierer , Julius Lobe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit . 4. Auflage. Band   5 : Deutschland?Euromos . Altenburg 1858, S.   814 ( Digitalisat. zeno.org ).
  3. Alexander Blothner: Geschichte des Saale-Orla-Raumes: Orlasenke und Oberland , Band 1: Von den Besiedlungsanfangen bis Ende des 16. Jahrhunderts , Tannhauser 2017, S. 202