Die
Ephemeriden
(von
altgriechisch
?φ?μερο?
eph?meros
?fur einen Tag“, aus
?π?
epi
?auf“ und
?μ?ρα
h?mera
?
Tag
“) sind die Positionswerte sich bewegender
astronomischer Objekte
bezogen auf ein jeweils zweckmaßiges
astronomisches Koordinatensystem
. Ihr Name druckt aus, dass solche Positionsangaben in der Regel jeweils fur einen Tag gemacht werden. Sie werden aus den
Bahnelementen
berechnet und in Form von
Tafelwerken
oder
Tabellen
mit taglichen Positionswerten von
Sonne
,
Mond
,
Planeten
und
Kometen
veroffentlicht.
Ephemeriden werden außer in der Astronomie auch in der
Himmelsmechanik
, der
Astrogeodasie
, der
Raumfahrt
und in der
Astrologie
verwendet. Sie wurden bis in die zweite Halfte des zwanzigsten Jahrhunderts auch in
See-
und
Luftfahrt
als
Navigations
hilfe genutzt.
In gedruckter Form liegen Ephemeriden als
Astronomische Jahrbucher
oder fur die Seefahrt als
Nautische Jahrbucher
vor. Zu den fruhesten astronomischen Drucken zahlen die 1474 erschienenen
Ephemerides astronomicae
des
Regiomontanus
, die
Christoph Kolumbus
auf seinen Entdeckungsfahrten zur Navigation verwendete.
Ephemeriden fur die
beobachtende Astronomie
bedienen sich zur Positionsangabe entweder des Voll
kreises
von 360 Grad
langs der Ekliptik
oder geben die Position in
Aquatorialkoordinaten
an. Die Berechnung der Ephemeriden gehort zu den Leistungen der
astronomischen Phanomenologie
und ist heute Bestandteil vieler
astronomischer Computerprogramme
oder interaktiv im
Internet
verfugbar.
Bei
Satelliten
beschreiben die Ephemeriden in mathematischer Form die
scheinbare
Umlaufbahn. Beim
Global Positioning System
(GPS) und anderen
GNSS
-Systemen sind diese
Bahndaten
Bestandteil des von jedem Satelliten ausgestrahlten Signals, die dann Grundlage zur Berechnung der Empfangerposition sind.
Fur die Abschatzung der Wahrscheinlichkeit einer moglichen
Kollision
zweier Korper im Sonnensystem ist es erforderlich, die Positionen der Korper und die zeitliche Entwicklung ihrer
Bahnelemente
genau zu kennen. Daher werden Ephemeridenkataloge fur
Asteroiden
angelegt, um deren meist nur unzulanglich bekannte Bahndaten genauer bestimmen zu konnen. Besonderes Augenmerk gilt dabei den
Erdbahnkreuzern
, deren
Einschlage
auf der Erde zu einer Bedrohung werden konnten.
Astrologische
Ephemeriden geben die
ekliptikale Lange
der Gestirnspositionen als Grade der
Tierkreiszeichen
an. Die Angabe der
ekliptikalen Breite
ist nicht in allen astrologischen Ephemeriden ublich.
Besondere Bedeutung hat die Berechnung der Aspekte des
tatsachlichen Auf- und Untergangs
und des
Tagbogens
der
Sonne
fur die
Effektivitatsberechnung
von
Solaranlagen
und in der
Architektur
fur die Abschatzung des
Sonneneinfalls
; dies ist in
CAD
-Software in der Regel als Lichtmodul implementiert. Fur die
Landschaftsfotografie
sind Uhrzeit und Position des Sonnenauf- und -untergangs an einem gewahlten Ort ebenfalls von Interesse.
[1]
Die Ephemeridenrechnung als Betatigungsfeld der
astronomischen Phanomenologie
erfolgt auf der Basis der tatsachlich beobachteten Positionen der
Himmelskorper
und der
Gravitationstheorie
. Fur zukunftige Werte werden dabei die zu erwartenden
Bahnstorungen
berucksichtigt. Zu diesem Zweck werden Rechenmodelle wie die
Planetentheorie
aufgestellt, um die
Storungstheorie
zu prazisieren.
Bedeutende historische
Tafelwerke
fur die Ephemeridenrechnung waren die
Alfonsinischen Tafeln
etwa 1252, die
Prutenischen Tafeln
1551 und die
Rudolfinischen Tafeln
1627.
Die
Tafelintervalle
der tabulierten Koordinaten hangen von deren Anderungsrate bzw. der
Bahngeschwindigkeit
ab. Bei
Fundamentalsternen
und weit entfernten
Planeten
sind 10 Tage ublich, bei Sonne, Mond und inneren Planeten 1?2 Tage.
Die Argumente (Zeitpunkte) der tabulierten Koordinaten konnen sich auf verschiedene
Zeitsysteme
beziehen:
- auf
Terrestrische Zeit
fur Korper des
Sonnensystems
(Sonne, Monde, Planeten,
Asteroiden
)
- oder auf
Weltzeit
(fallweise ist die dynamische Zeitkorrektur
DUT1
oder
Delta T
notig)
- oder auf
Sternzeit
(fur
Fundamentalsterne
).
Bei [2, 3] sind statt Stunden auch Zeitangaben in
Tagesbruchteilen
ublich.
- Andreas Guthmann:
Einfuhrung in die Himmelsmechanik und Ephemeridenrechnung
, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2000,
ISBN 3-8274-0574-2
- J. Meeus:
Astronomical Formulae for Calculators
. 4. Auflage. Willmann-Bell, Richmond 1988,
ISBN 0-943396-22-0
(zuerst 1979)
- J. Meeus:
Astronomical Algorithms
. 2. Auflage, korrigierter und erweiterter Neudruck 2005. Willmann-Bell, Richmond 1998,
ISBN 978-0-943396-61-3
.
- Oliver Montenbruck:
Grundlagen der Ephemeridenrechnung
, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2005,
ISBN 3-8274-1602-7
- Oliver Montenbruck, Thomas Pfleger:
Astronomie mit dem Personal Computer
, Springer Verlag, Berlin 2004,
ISBN 3-540-21204-3
- Hermann Mucke
(Hrsg.):
Moderne astronomische Phanomenologie.
20. Sternfreunde-Seminar, 1992/93. Zeiss Planetarium der Stadt Wien und
Osterreichischer Astronomischer Verein
, Wien 1992
(weblink)
- Die Deutsche Ephemeride
. Bd. I:
1850?1889
. Barth, Munchen 1929
Berechnungen:
Grundlagen:
- ↑
Photo Ephemeris
, abgerufen am 31. Januar 2022.