Emilio Marchese Visconti-Venosta
(*
22. Januar
1829
in
Mailand
; †
28. November
1914
in
Rom
) war ein
italienischer
konservativer
Politiker
, der langjahriger Abgeordneter der
Camera dei deputati
sowie zwischen 1863 und 1901 funfmal Außenminister in acht verschiedenen Kabinetten war.
Emilio Visconti-Venosta ist der altere Bruder von
Giovanni Visconti-Venosta
. Visconti-Venosta war ursprunglich ein Anhanger des von
Giuseppe Mazzini
vertretenen Freiheitskampfes und der von diesem vertretenen Idee der ?Wiederauferstehung“ (
Risorgimento
), nahm allerdings nach dem versuchten Aufstand in Mailand im Februar 1853 eine gemaßigtere Haltung ein. 1861 wurde er erstmals zum Abgeordneten in die
Camera dei deputati
gewahlt und vertrat in dieser bis 1886 die Konservativen (
Destra
).
Nachdem er zwischen Dezember 1862 und Marz 1863 Generalsekretar des Außenministeriums war, wurde er am 20. Marz 1863 von
Ministerprasident
Marco Minghetti
erstmals zum
Außenminister Italiens
ernannt und gehorte dessen erstem Kabinett bis zum 28. September 1864 an. In dieser Funktion schloss er 1864 zusammen mit Minghetti und dem
franzosischen Außenminister
Edouard Drouyn de Lhuys
die
Septemberkonvention
, in der die
franzosische
Besetzung Roms auf zwei Jahre befristet wurde.
Im Marz 1866 wurde er zum
Gesandten in Konstantinopel
ernannt. Zwischen dem 28. Juni 1866 und dem 10. April 1867 war er jedoch im Kabinett von Ministerprasident
Bettino Ricasoli
abermals Außenminister, so dass die Leitung der Gesandtschaft in Konstantinopel durch Gesandtschaftssekretar
Alberto Blanc
als
Geschaftstrager
erfolgte. Der Posten des Gesandten wurde daraufhin erst im Mai 1867 mit Giuseppe Bertinatti besetzt.
Das Amt des Außenministers ubernahm er erneut am 13. Mai 1869 in der bis zum 10. Juli 1873 amtierenden Regierung von
Giovanni Lanza
und behielt dieses Amt auch im darauf folgenden zweiten Kabinett von Ministerprasident Minghetti bis zum 20. November 1876. In dieser Zeit kam es zu ernsten politisch-diplomatischen Problemen nach der Befreiung Roms 1870, der damit verbundenen
romischen Frage
uber den Status Roms sowie das am 16. Februar 1871 in Kraft getretene
Gesetz der Garantien
, das die Rechte des
Papstes
und das Verhaltnis des bisherigen
Kirchenstaates
zum
italienischen Konigreich
nach der politischen Entmachtung des damaligen Papstes
Pius IX.
Es garantierte dem Papst die Unverletzlichkeit seiner Person, des Vatikan- und des
Lateran-Palastes
sowie von
Castel Gandolfo
. Pius IX. lehnte im Mai 1871 die ihm vom italienischen Konig
Viktor Emanuel II.
angebotenen begrenzten Souveranitatsrechte ab. Pius und seine Nachfolger waren in ihrem Aktionsradius auf die unmittelbare, von Festungsanlagen umgebene
Vatikanstadt
begrenzt. In den folgenden Jahren bemuhte sich Visconti-Venosta um eine Annaherung Italiens an die
Mittelmachte
.
Nach dem Verlust der Vormachtstellung der konservativen Destra war er annahernd zwanzig Jahre an keiner Regierung beteiligt und wurde zwischenzeitlich am 7. Juni 1886 zum Mitglied des
Senats
(
Senato del Regno d’Italia
) ernannt, ehe er vom 11. Juli 1896 bis zum 1. Juni 1898 erneut das Amt des Außenministers im
dritten
und
vierten Kabinett
von Ministerprasident
Antonio Starabba di Rudini
innehatte. Wegen Meinungsverschiedenheit mit ihm uber die Stellungnahme, um die Volksunruhen vom Mai 1898 zu verhindern, musste Justizminister
Giuseppe Zanardelli
zurucktreten.
Letztmals wurde Visconti-Venosta am 14. Mai 1899 von Ministerprasident
Luigi Pelloux
zum Außenminister in dessen
zweites Kabinett
berufen und bekleidete dieses Ministeramt auch vom 24. Juni 1900 bis zum 15. Februar 1901 in der darauf folgenden Regierung von Ministerprasident
Giuseppe Saracco
. Wahrend dieser Zeit suchte er außerhalb des zwischen Italien, dem
Deutschen Kaiserreich
und
Osterreich-Ungarn
geschlossenen
Dreibunds
auch Kontakt zu Frankreich, um die wegen des
Wettlaufs um Afrika
betroffenen franzosisch-italienischen Beziehungen zu verbessern.
Visconti-Venosta vertrat zwischen Januar und April 1906 Italien auf der
Algeciras-Konferenz
zur Losung der
Ersten Marokkokrise
. Damit wurde er vom damaligen Außenminister
Antonino Paterno-Castello
gegenuber dem
Botschafter
in
Spanien
,
Giulio Silvestrelli
, vorgezogen, der ursprunglich vom vorherigen Außenminister
Tommaso Tittoni
als Konferenzteilnehmer vorgesehen war. Danach zog er sich weitgehend ins Privatleben zuruck.
Fur seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet und erhielt unter anderem 1901 das
Ritterkreuz
vom
Annunziaten-Orden
, das
Großkreuz
des
Ordens der Heiligen Mauritius und Lazarus
und des
Ordens der Krone von Italien
. Ferner erhielt er das Großkreuz des
belgischen Leopoldsordens
, des
Dannebrogordens
Danemarks
, das Ritterkreuz des
Schwarzen Adlerorden
und das Großkreuz des
Roten Adlerordens
des
Konigreichs Preußen
, das Großdignitar vom
Orden der Rose
Brasiliens
sowie das Ritterkreuz V. Klasse vom
Mecidiye-Orden
.
- G. Angelini:
Emilio Visconti Venosta.
In:
Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815?1950
(OBL). Band 15, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2018,
ISBN 978-3-7001-8383-9
, S. 293 f. (Direktlinks auf
S. 293
,
S. 294
).
- Maurizio Binaghi:
Emilio Visconti Venosta.
In:
Historisches Lexikon der Schweiz
.
12. Juli 2011
.
- Pietro Silva:
Visconti-Venosta Emilio
. In:
Enciclopedia Italiana
, Bd. 35 Veg?Zyg, Rom 1937.
- Visconti-Venosta, Emilio
. In:
Dizionario di Storia
, Rom 2011.
- Visconti-Venosta, Emilio
. In:
L’Unificazione
, Rom 2011.
- Meyers Großes Personenlexikon
, Mannheim 1968, S. 1365.