Elsie Altmann-Loos

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Elsie Altmann-Loos

Elsie Altmann-Loos , geborene Altmann (* 27. Dezember 1899 in Wien , Osterreich ; † 19. Mai 1984 in Buenos Aires , Argentinien ), war eine osterreichische Tanzerin, Schauspielerin und Operettensangerin. Von 1919 bis 1926 war sie die zweite Ehefrau des Architekten Adolf Loos , dessen Biografin und Universalerbin.

Elsie Altmann wurde am 27. Dezember 1899 als Tochter von Adolf (Aron) Altmann [1] in Wien geboren. Das gutburgerliche Elternhaus ermoglichte ihr die progressive Schwarzwald-Schule zu besuchen, in der unter anderen auch Oskar Kokoschka sowie ihr spaterer Gatte Adolf Loos unterrichteten. Seit fruhester Jugend tanzte sie, was in dieser Einrichtung besonders gefordert wurde. [2]

Leben mit Adolf Loos

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Den Architekten Adolf Loos lernte Elsie Altmann bereits wahrend ihrer Zeit in der Schwarzwald Schule kennen. Obwohl sie bereits verlobt war, begannen die 17-Jahrige und der 30 Jahre altere, verheiratete Architekt ein Verhaltnis. Elsie Altmanns damaliger Verlobter Alexander Grunfeld , mit dem sie von ihrer Mutter bereits als 14-Jahrige verlobt worden war, [3] war wahrenddessen im Krieg. Am 9. Janner 1918 heiratete sie Grunfeld ? trotz des Verhaltnisses mit Loos ?, verließ ihn aber bereits in der Hochzeitsnacht wieder. Nach der Scheidung von seiner Frau Lina hielten Standesdunkel Adolf Loos davon ab, Elsie zu heiraten. Erst nachdem sie erste Erfolge auf der Buhne vorweisen konnte, willigte er ein. Gleichzeitig war Elsies Vater gegen die Hochzeit mit Loos. Elsie Altmann konnte aber erfolgreich vor Gericht eine vorzeitige Volljahrigkeitserklarung erwirken. So fand die Hochzeit am 4. Juli 1919 statt. Nach kurzer Zeit brachte die Tanzerin mehr Geld nach Hause als der Architekt, sie nahm in Folge auch zahlreiche Engagements im Ausland an. Manchmal begleitete sie ihr Mann auch auf ihren Reisen. Allerdings war das Ehepaar durchgehend nicht besonders vermogend. Trotz seiner Reputation erhielt Loos als durchaus umstrittener Kunstler kaum lukrative Auftrage. Gleichzeitig wollte er aber nicht auf Luxus verzichten ? ihn zog es immer mehr an die Cote d’Azur . Um diesen aufwendigen Lebensstil aufrechtzuerhalten, musste Elsie Altmann nicht nur immer mehr Engagements annehmen, sondern auch zusatzlich Tanzstunden geben. Unzufrieden mit diesem Lebensstil ubernahm sie ? sehr zum Missfallen von Loos ? eine Soubrettenrolle am Theater an der Wien . Die Eheleute sahen sich kaum mehr: Adolf Loos pflegte einen aufwendigen Lebensstil in Paris, sie lebte in Wien. Es blieb aber an ihr hangen, immer wieder die zahlreichen Glaubiger ihres Mannes auszahlen. [4] Im Wesentlichen finanzierte sie ihren Gatten, der kaum Auftrage erhielt. Das Verhaltnis zwischen den beiden verschlechterte sich immer mehr, Elsie wurde von ihrem Mann immer mehr kritisiert, er finde sie nicht mehr so attraktiv wie fruher. Gleichzeitig trank er immer mehr Alkohol und trieb er sich in Bordellen und der Rotlichtszene herum. Sein Vorschlag, Elsie die Beine von einem Chirurgen brechen zu lassen, um diese zu verlangern, emporte sie besonders. Ein Vertrag mit dem Shubert Theatre in New York bot fur sie die Gelegenheit, sich aus der erdruckenden Situation zu befreien. Am Weg nach New York ließ sie die Trennung durch ihren Anwalt durchfuhren, und nach ihrer Ruckkehr nach Europa betrat sie die Wohnung Loos’ nicht mehr. [5] Loos heiratete im Juli 1929 ein drittes Mal, die junge Claire Beck (1904?1942). Diese Ehe wurde 1932 geschieden. Von Prag aus, wohin Claire mit ihrer Mutter 1936 zog, wurden beide zu Beginn des Zweiten Weltkriegs nach Theresienstadt verschleppt, spater nach Riga deportiert und dort ermordet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Elsie Altmann-Loos' Nachlassverwalterin und damit in jahrzehntelange Auseinandersetzungen mit der Republik Osterreich beziehungsweise der Wiener Albertina verwickelt. [6] In ihren Memoiren ?Mein Leben mit Adolf Loos“, die 1984 erstmals unzensiert veroffentlicht wurden, beschreibt sie das gemeinsame Leben ausfuhrlich und ungeschont.

Karriere als Tanzerin und Operettendarstellerin

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Als 16-Jahrige debutierte Elsie Altmann im Rahmen einer Auffuhrung in der Schwarzwald-Schule gemeinsam mit dem damals 15-Jahrigen spateren Pianisten Rudolf Serkin . Ihren ersten offentlichen Tanzabend gab sie im Mai 1919. [7]

?Das Neue 8-Uhr-Blatt schrieb: "Beim gestrigen Tanzabend der jungen Elsie Altmann lernte man eine ganz entzuckende, musikalische, vor allem aber außerst aparte Kunstlerin kennen, die endlich davon uberzeugte, daß Tanz doch die vollendetste Grazie bedeute, wenn er von solcher Anmut und solchem Frohsinn geschaffen wird. Die 'Burletta' von Reger : Entzucken, musikgewordenes Leben, Grazie; die 'Musenpolka' von Johann Strauß Vater : Charme, Jugend, Lachen, alle Tanze ein unsagliches Loblied auf die Frohlichkeit und Lieblichkeit. Sturmisch wurden diese beiden Tanze und ein ungarischer Tanz von Brahms zur Wiederholung verlangt, aber am liebsten hatte man sich jedes Stuck noch einmal, immer wieder vortanzen lassen. (…) [8]

Ein Jahr spater schrieb ihr der Feuilleton bereits eine besondere Stellung zu. Sie tanze mit Augen und Mund. Besonders hervorgehoben wird ihre kindliche Art. Die Spuren ihrer Ballettausbildung seien sehr gering, sie mache keine besonderen Kunststucke und ube trotzdem einen ?fakirhaften Zauber“ aufs Publikum aus. Im Vorfeld ihres ersten Auftritts habe man gefurchtet, ihr Tanz sei Kleinkunst ? die Folge war ein großer Triumph. [9]

Wie Elsie Altmann im ? Neuen Wiener Journal “ 1924 berichtete, verlief der Beginn ihrer Karriere zu ihrer vollsten Zufriedenheit. Sie sei von ihrer Kunst uberzeugt, verdiene Geld damit und sei viel auf Reisen gewesen. Einen personlichen Einschnitt bildete fur sie jedoch der Auftritt der Mistinguett mit dem Chanson ?J'ai fait ca en douce“ in einer Revue im Casino de Paris, den sie im Zuge eines Pariser Gastspieles erleben durfte.

?Die Tatsache, dass sie sich von allen Tanzerinnen kopiert vorkam gab sie als einen Grund fur ihre kunstlerische Neuorientierung an: ?Die Tanzerinnen, die kurz zuvor noch alle so gut vom selig-schmerzlichen Lacheln der Grete Wiesenthal gelebt hatten, begannen plotzlich das Maulchen zu spitzen und die Augen nach meinem Rezept herumzuwerfen. Mir begann bereits vor mir selber zu grausen.“ [10]

Das gehetzte Leben zwischen Auftritten und Unterrichtsstunden, die sie gab, fuhrten im Mai 1923 schließlich zu dem Entschluss, bei Professor Wolf in der Postgasse Gesangsstunden zu nehmen. Nach sechsmonatiger Lehrzeit gelang es ihr, ein Engagement am Theater an der Wien zu bekommen. Direktor Hubert Marischka und Emmerich Kalman bewiesen Mut und besetzten die Anfangerin in ihrer neuen Operettenproduktion Grafin Mariza . [11] Elisie Altmann debutierte in der Soubrettenrolle bei der Urauffuhrung am 28. Februar 1924 und erhielt einen Zweijahresvertrag. Sie war in dieser Zeit auch als Feuilletonistin tatig. Ende 1926 unterzeichnete sie einen Vertrag fur eine Tanzabend-Serie in New York am Shubert Theatre . [12] 1926/27 wurde sie auch furs Stadttheater Wien engagiert, 1928/29 wieder am Theater an der Wien. 1933 war sie in Argentinien mit einer eigenen Tanzgruppe unterwegs. [13]

Nach ihrem Engagement in Sudamerika 1933 kehrte Elsie Altmann nicht nach Europa zuruck. Aufgrund ihrer judischen Herkunft blieb sie in Argentinien. Nach dem Tod Adolf Loos ’ im selben Jahr wurde sie als Universalerbin eingesetzt. Aufgrund der Ereignisse in Deutschland wurde ein Verwalter bestellt, der den Nachlass des Architekten unter Wert veraußerte. Nach Kriegsende versuchte sie erfolglos, ihre Rechte gegenuber der Republik Osterreich geltend zu machen. Elsie Altmann heiratete ein weiteres Mal (sie trug spater den Namen Elsie Altmann-Loos de Gonzales Varona). [14] In Argentinien war sie als Ubersetzerin tatig und schrieb 1964/65 [15] ihre Memoiren, die im Jahr 1968 in einer zensierten Form unter dem Titel ?Adolf Loos, der Mensch“ und erst 1984 unzensiert als ?Mein Leben mit Adolf Loos“ herausgegeben wurden. Im selben Jahr erschien auch das Kochbuch ?Felix Austria. Un libro de cocina. Recetas y relatos de la Viena Imperial“.

1980 erhielt Elsie Altmann-Loos das Große Ehrenzeichen fur die Verdienste um die Republik Osterreich . Bis zu ihrem Ableben kam es zu keiner Einigung um den Loos-Nachlass. Am 19. Mai 1984 starb sie in Buenos Aires . [16]

Einzelnachweise

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  1. Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe: Handbuch osterreichischer Autorinnen und Autoren judischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Band 1: A?I. Hrsg. von der Osterreichischen Nationalbibliothek. Saur, Munchen 2002, ISBN 3-598-11545-8 , S. 197.
  2. Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser: Lexikon der osterreichischen Exilliteratur, Wien-Munchen 2000, S. 32.
  3. Elsie Altmann-Loos: ?Mein Leben mit Adolf Loos“, Wien 1984, S. 26.
  4. Renate Wagner: ?Heimat bist du großer Tochter“, Wien 1996, S. 188?191.
  5. Altmann-Loos 1984, S. 173?176.
  6. Wagner, S. 192.
  7. Wagner, S. 188f.
  8. Neues 8-Uhr-Blatt, Wien, 16. Mai 1919 zit. n. Elsie Altmann-Loos 1984, S. 224f.
  9. Karin Michaelis : ?Elsie Altmann“ in: Die Dame, 47. Jg., No. 12, Ende Marz 1920 zit. in Elsie Altmann-Loos 2013, S. 225?228.
  10. Elsie Altmann: ?Vom Tanz zur Operette“ in: Neues Wiener Journal , 1. April 1924 zit. n. Elsie Altmann-Loos 2013, S. 229.
  11. Vgl. Altmann 1924, S. 228?231.
  12. Wagner S. 192.
  13. Bolbecher, Kaiser S. 32.
  14. Wagner S. 192.
  15. Bolbecher, Kaiser S. 32.
  16. Wagner S. 192.