Elisabeth Kuyper

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Elisabeth Kuyper
Unterschrift 1926

Elisabeth Johanna Laminia Kuyper, bis 1903 noch als Vize Kuyper, spater dann Elisabeth (* 13. September 1877 in Amsterdam ; † 26. Februar 1953 in Muzzano ) war eine niederlandisch - deutsche Dirigentin , Komponistin der Spatromantik und Frauenrechtlerin . Sie gewann 1905 als erste Frau den Mendelssohn-Preis fur Komposition und war ab 1908 die erste weibliche Lehrkraft fur Komposition an der von Joseph Joachim gegrundeten Berliner Hochschule fur Musik (heute UDK ).

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kindheit und Ausbildung in Amsterdam

Kuyper, das alteste der drei Kinder von Joannes Kuyper und dessen Frau Elisabeth, geborene Robin, begann bereits als Sechsjahrige mit dem Klavierspiel. Ab 1889 erhielt sie Gesangs- und Musikunterricht am Maatschappij tot Bevordering der Toonkunst . Zu ihren Lehrern zahlten Anton Averkamp , Frans Coenen und Daniel de Lange. 1895 bestand sie das Abschlussexamen an dieser Akademie mit Auszeichnung; sie erstellte in dieser Zeit auch erste Kompositionen und eine einaktige Oper. [1]

Klavier- und Kompositionsstudium in Berlin & Lehrtatigkeit

Von 1896 bis 1900 studierte Elisabeth Kuyper an der Koniglichen Musikhochschule in Berlin (heute UDK) Klavier bei Karl Heinrich Barth und Theorie bei Leopold Carl Wolf . Spater schrieb sie uber ihre Lehrer an der Hochschule: ?Wo ich das Hochste wunschte und instinktiv das Geniale suchte, fand ich Talent, Fleiß und oft Philistertum.“ [2] 1901 war sie die erste Studentin, die fur die Meisterklasse fur Komposition von Max Bruch an der Preußischen Akademie der Kunste in Berlin zugelassen wurde. Die Jahre, in denen sie bei Max Bruch lernte, sind ihre kompositionsreichsten. Ihre Sonate fur Violine und Klavier, A-Dur, ist 1902 ihr erstes Werk im Druck, welches anschließend mehrmals, auch von ihr selbst, aufgefuhrt wird. [2] Mitunter ein Grund des Drucks ist die Fursprache ihres Lehrers Wilhelm Altmann, der in seiner Besprechung von Violinsonaten zeitgenossischer Komponisten schreibt: ?Verrat manches, so namentlich der vielfach unnotigen Wechsel der Tonarten die Anfangerin, so zeugt diese Sonate doch von großem Talent, technischem Geschick und glucklicher Empfindungsgabe (…) man wird sich jedenfalls den Namen der Komponistin merken mussen.“ [3] Bruch schatzte ihre Kompositionen, entwickelte sich zu ihrem Forderer, empfahl sie der niederlandischen Regierung fur Stipendien und ermoglichte ihr, die deutsche Staatsburgerschaft zu erwerben. [1] Kuyper schrieb einst uber ihn: ?Wir flogen zusammen in die Unendlichkeit der Phantasie, schwarmten fur das Schone und Große (…) Er kampfte fur das Talent, wo immer er es erkannte, und so kampfte er fur mich wie ein Lowe gegen die Vorurteile, welche der schopferischen Frau von der Welt entgegengebracht wurden.“ [2]

Dank ihrer Serenade fur Orchester op. 8 in d-Moll, welche bei einem Konzert der Meisterklasse uraufgefuhrt wurde, erhielt sie 1905 als erste Komponistin den Mendelssohn-Preis , ein staatliches Stipendium zur Forderung junger Komponisten. 1905 und 1906 zahlen wohl zu ihren erfolgreichsten Jahren: Sie erhielt auch von der niederlandischen Regierung das Staatsstipendium fur Komposition, gab erfolgreiche Konzerte und dirigierte eigene Werke. ?Uber Mangel an offentlicher Anerkennung kann ich mich ubrigens nicht beklagen“. [2] Ihr bestbekanntes Werk, ein Violinkonzert in h-Moll, wurde im Februar 1908 unter Dirigation von Bruch selbst uraufgefuhrt. Ab April 1908 war sie schließlich die erste weibliche Lehrkraft fur Komposition an der Berliner Hochschule fur Musik, allerdings nur als Hilfslehrerin. [4] Voraussetzung fur die Stelle war die preußische Staatsburgerschaft, die sie durch Unterstutzung Max Bruchs im selbigen Jahr erhielt. [2] Ebenfalls 1908 begann sie eine Tatigkeit als Korrespondentin des Nieuwe Rotterdamsche Courant . [5]

Grundung eines Frauenchors und des Berliner Tonkunstlerinnen-Orchesters

Aufgrund von Hindernissen in ihrer Karriere ? so war Musikerinnen der Eintritt in die fuhrenden Orchester verwehrt ? war sie auch in die Frauenrechtsbewegung involviert. [6] Auf Anraten des Musikprofessors Wilhelm Altmann , der wohl neben Max Bruch zu den wichtigsten Bekanntschaften und Einflussen zahlt, [2] grundete sie 1909 den (professionellen) Frauenchor des Lyzeum-Clubs und 1910 das von ihr dirigierte Berliner Tonkunstlerinnen-Orchester. In der ?Allgemeinen Musikzeitung“ berichtete sie nachtraglich uber diese Zeit: ?Ich habe wahrend mehrerer Jahre sozusagen mein Herzblut fur diese Sache gegeben. Was das heißen will, ein derartiges Unternehmen ohne Fonds aus dem Nichts zu stampfen, und es mehrere Jahre zu halten, sein eigener Dirigent, Geschaftsfuhrer, ja sogar Orchesterdiener zu sein, wahrend man noch als weitere Beschaftigung das Amt einer Lehrstelle fur Theorie und Komposition mit 18 Pflichtstunden an der Hochschule bekleidet, wahrend man komponierte, Privatstunden gab, einen Frauenchor regelmaßig leitete, Konzerte hatte ? …“. Durch dieses Orchester bekamen ausgebildete Musikerinnen die Chance ihr Konnen in einem angemessenen Arbeitsfeld auszuuben, wahrend den meisten Frauen in dieser Zeit der Beruf als Orchestermusikern verehrt blieb. Neben dem Aspekt der Emanzipation, war es auch Kuypers Ziel, durch ihre Konzerte die Musik dem Volk naher zu bringen, indem die Eintrittskarten gunstig verkauft wurden. Trotz großer Publikumserfolge musste das Orchester Ende 1912 aus finanziellen Grunden aufgelost werden, da es mit keinen Subventionen unterstutzt wurde. [2]

Ende der Lehrtatigkeit an der Berliner Hochschule fur Musik

Auch im Jahr 1912 erhielt sie eine Anstellung an der Hochschule Berlin als außerordentliche Lehrkraft, trotz ihrer Bemuhungen aber nie eine ordentliche Anstellung. Sie bewarb sich immer wieder fur eine ordentliche Stelle mit Pensionsberechtigung, blieb aber erfolglos. Trotz der vollen Stundenzahl, die sie gab, blieb sie halbjahrig kundbar. [2] Wahrend des Ersten Weltkriegs war sie darum praktisch mittellos und arbeitete bis an die Grenzen der Erschopfung. [5] 1919 nahm sie sich einen Erholungsurlaub bis Ostern 1920, um ihre im Dezember verstorbene Mutter zu beerdigen und ihren Haushalt aufzulosen. [2]

1920 und 1921 starben ihre Mentoren Max Bruch und Engelbert Humperdinck . Nach ihrer Ruckkehr aus dem Urlaub erhielt sie ein Kundigungsschreiben der Hochschule. Sie fand keine neuen Anstellungen und verließ aufgrund gegen sie gerichteter Intrigen Deutschland. [7] Eine Pension durch die Hochschule erhielt sie trotz Bemuhungen, die ca. 30 Jahre andauerten, bis an ihr Lebensende nicht. [5] ?Obwohl der Amtsarzt ihr nach ihrer Entlassung 1921, auf Grund ihrer nervlichen und korperlichen Verfassung eine ?dauernde Dienstunfahigkeit“ bescheinigt, erhielt sie spater nur ein Gnaden-Ruhegehalt von 50 RM pro Monat.“ [2] Nach ihrer Kundigung widmete sie sich trotz ihrer Probleme wieder intensiv ihren Kompositionen und setzte sich mit viel Energie fur eine Verbesserung der Orchestersituation fur Frauen ein.

Grundung des London Women’s Symphony Orchestra und American Women’s Symphony Orchestra in den 1920ern

Fur die Eroffnung des Internationalen Frauenfriedenskongress in Den Haag versammelte Kuyper Sangerinnen und Musikerinnen und dirigierte diese Gruppen. Daraufhin ermunterte die Prasidentin des Frauenrats Ishbel Marie Gordon , Lady von Aberdeen, Kuyper nach England zu gehen. Als Kuyper feststellen musste, dass auch in Den Haag ein Fortbestehen ihres Orchesters nicht moglich ist, nahm sie die Einladung Gordons an. 1923 grundete sie in London das London Women’s Symphony Orchestra , in dem sie erstmals auch die Blechblaser und Holzblaser vollstandig weiblich besetzen konnte. Nach der Grundung im Oktober folgt bereits im Dezember die erste Auffuhrung, die mit großer Anerkennung durch Publikum und Presse angenommen wurde. Trotz des Zuspruches und Verbindungen zu des wichtigsten Personen des kulturellen Lebens, scheiterte die Finanzierung erneut. Aufgrund der besser gestellten Frauenbewegung in Amerika grundete sie 1924 in New York City das American Women’s Symphony Orchestra . Doch auch hier musste Kuyper eine ahnliche Entwicklung wie in London erleben. Zwar gab es wieder positive Resonanz, das Orchester wurde schnell sehr bekannt und Kuyper warb bei der Frau des Prasidenten fur ihr Orchester, dennoch blieben die notigen Subventionen und Spenden aus, sodass auch dieses Orchester im Oktober 1925 eines der letzten Konzerte gab, in dem ?Dreams of the Hudson Waltz“ uraufgefuhrt wurde, welches anlasslich der ?56th Convention of the N.Y. Federation of Women’s Clubs“ den amerikanischen Frauen gewidmet ist. [2] [5]

1925 ? Ruckkehr nach Europa

1925 kehrte sie nach Europa zuruck und verbrachte ausgedehnte Zeitraume zur Erholung an unterschiedlichen Orten der Schweiz, begab sich aber auch regelmaßig nach Berlin, um dort erfolglos fur ein Ruhegehalt zu streiten. Sie ließ sich bis 1940 weiterhin in die Komponisten- und Musikerverzeichnisse des Deutschen Reichs eintragen und sandte Petitionen bis zuletzt unter anderem auch an Joseph Goebbels , bis ihr aufgrund des Kriegsbeginns bewusst wurde, dass ihre Rentenanspruche illusorisch waren; sie war zudem mittlerweile ein Pflegefall. Sie verblieb ab 1939 in der Schweiz und starb 1953 in Muzzano in der Nahe von Lugano in bescheidenen Verhaltnissen. [5]

Kompositionen (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Violinsonate A-Dur op. 1
  • Serenade fur Orchester d-Moll op. 8 (mit dem Mendelssohn-Preis ausgezeichnet)
  • Violinkonzert h-Moll op. 10
  • Ballade fur Violoncello und Orchester g-Moll op. 11
  • Klaviertrio D-Dur op. 13
  • Sechs Lieder op. 17
  • Festkantate (1912)
  • Streichquartett (1913)
  • Sinfonie a-Moll (1920?26)

In der Musikabteilung der Staatsbibliothek Berlin befinden sich einige Ausgaben ihrer Werke, u. a. der Serenade op. 8, Ballade op. 11, des Klaviertrios op. 13 und der Sechs Lieder op. 17. [8] Ein Teil ihres Œuvres muss derzeit als verschollen gelten.

Ihre fruhen Werke lassen Einflusse von Mendelssohn , Schumann und Brahms erkennen, auch von ihrem Lehrer Bruch. Ihre preisgekronte Serenade enthalt ?modale Volksmusikanklange“, die an Dvo?ak erinnern; die Sechs Lieder op. 17 sind von ?gewagter Harmonik“ und Chromatik gepragt, die Richard Strauss nahekommen. [9]

Schriften [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Mein Lebensweg. In: Elga Kern (Hrsg.): Fuhrende Frauen Europas. Munchen 1999 [1928], S. 194?205.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Bettina Brand: Komponistinnen in Berlin . Musikfrauen, Berlin 1987.
  • Helen Metzelaar:  Kuyper, Elisabeth. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart . Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 10 (Kemp ? Lert). Barenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2003, ISBN 3-7618-1120-9 , Sp. 916?918 ( Online-Ausgabe , fur Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  • Fred K. Prieberg : Handbuch Deutsche Musiker 1933?1945 . CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 4348f. online
  • Susanne Winterfeldt: Elisabeth Kuyper: ?Denn in der Kunst gibt es nur Ganzes...“. In: Annaherung an sieben Komponistinnen , Band 3 (1987), S. 41?49.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b Willem Jeths: Elisabeth Kuyper In: Zes vrouwelijke componisten . Walburg Pers, 1991. ISBN 90-6011-733-6 .
  2. a b c d e f g h i j k Susanne Winterfeldt: Annaherung 3 ? an sieben Komponistinnen . Hrsg.: Brunhilde Sonntag und Renate Matthei. Kassel 1987, ISBN 3-9801326-5-X , S.   41–49 .
  3. Susanne Winterfeldt: Komponistinnen in Berlin . Hrsg.: Bettina Brand, Martina Helmig, Barbara Kaiser, Birgit Salomon und Adje Westerkamp. Berlin 1987, S.   220–242 .
  4. Isolde Weiermuller-Backes: Elisabeth Kuyper auf klassika.info
  5. a b c d e Claudia Friedel: Komponierende Frauen im Dritten Reich: Versuch einer Rekonstruktion . Munster/Hamburg 1995. ISBN 3-8258-2376-8 . M50-M53. Digitalisat
  6. Elisabeth Kuyper: Mein Lebensweg . Autobiographie in: Elga Kern : Fuhrende Frauen Europas . Munchen : Ernst Reinhardt, 1928, S. 214?227
  7. Ursula Kohler-Lutterbeck; Monika Siedentopf: Lexikon der 1000 Frauen , Bonn 2000, S. 194. ISBN 3-8012-0276-3
  8. Siehe Imagekatalog unter "Kuyper" der Staatsbibliothek Berlin/Musikabteilung (unter dem Bild auf "+1" klicken).
  9. Helen Metzelaar:  Kuyper, Elisabeth. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart . Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 10 (Kemp ? Lert). Barenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2003, ISBN 3-7618-1120-9 , Sp. 916?918 ( Online-Ausgabe , fur Vollzugriff Abonnement erforderlich)