Elisabeth Kulmann

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Elisabeth Kulmann, Stahlstich von Carl Barth
Elisabeth Kulmann

Elisabeth Kulmann ( russisch Елисавета Борисовна Кульман / Jelissaweta Borissowna Kulman ; * 5. jul. / 17. Juli   1808 greg. in Sankt Petersburg ; † 19. November jul. / 1. Dezember   1825 greg. ebenda) war eine deutsch - russische Dichterin .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Elisabeth Kulmann war die jungste Tochter einer Deutschen, Maria (geborene Rosenberg), und des russischen Offiziers Boris Feodorowitsch Kulmann, Enkel einer deutschen, nach Russland eingewanderten Familie aus dem Elsass . Als ihr Vater fruh verstarb, geriet die Mutter mit ihren neun Kindern in große Armut, ließ ihnen aber trotzdem eine gute Erziehung zuteilwerden. Elisabeth, die ein großes Sprachtalent besaß, wuchs mehrsprachig auf. Aufgrund der Schulung durch ihre Mutter konnte sie schon als Sechsjahrige fließend Russisch und Deutsch sprechen und lesen. Sie bekam des Weiteren von einem Bekannten der Familie, Karl Friedrich von Großheinrich, Fremdsprachenunterricht. Außer ihren beiden Muttersprachen lernte sie bis zu ihrem 15. Lebensjahr fließend Franzosisch , Italienisch , Englisch , Spanisch , Portugiesisch und Neugriechisch . Sie beherrschte aber nicht nur lebende, sondern auch die klassischen Sprachen Latein , Altgriechisch und Kirchenslawisch . Neugriechen erklarten, sie konne deren Sprache so gut wie sie selbst. Zusammen mit den beiden Tochtern des Sankt Petersburger Bergwerksdirektors Meder wurde sie daneben in Mathematik , Naturwissenschaften , Zeichnen, Tanz und Musik unterrichtet. [1] [2]

In ihrem elften Lebensjahr erschienen die ersten Dichtungen Kulmanns. Damals begann sie, deutsche Verse zu machen; spater dichtete sie auch in ihren beiden anderen Lieblingssprachen Russisch und Italienisch. Daruber hinaus betatigte sie sich auch als Ubersetzerin. Beispielsweise ubertrug sie Werke des altgriechischen Lyrikers Anakreon in acht Sprachen und Alfieris Saul ins Russische. Zwei andere Tragodien Alfieris ubersetzte sie ins Deutsche, ebenso Dramen des russischen Poeten Oserow , Iriartes Fabeln sowie Bruchstucke von Milton , Metastasio und aus den Lusiaden des portugiesischen Dichters Luis de Camoes . Kurz vor ihrem Tod verdeutschte sie in schlaflosen Nachten auch neugriechische Volkslieder . Mit besonderer Vorliebe aber gab sie sich dem Studium und Einfluss der hellenischen Poesie hin. [1]

Johann Heinrich Voß urteilte von einigen Originaldichtungen Kulmanns: ?Man ist versucht, dieses Werk fur eine meisterhafte Ubersetzung von Gedichten eines bisher unbekannten Dichters aus der glanzendsten Epoche der griechischen Literatur zu halten.“ Der deutsche Schriftsteller Jean Paul sprach sich mit Enthusiasmus uber die Arbeiten des jungen Madchens aus, und auch Goethe , dem ebenso wie Jean Paul Proben ihrer Dichtung durch ihren Lehrer Großheinrich gesandt wurden, hielt mit seiner Anerkennung fur das ungewohnliche Talent nicht zuruck. [1]

Innerhalb von sechs Jahren dichtete Kulmann mehr als 100.000 Verse, wenn auch nicht alle ein hohes Niveau erreichten. Die von ihr mit besonderer Vorliebe angewandte Form der reimlosen oder nur teilweise gereimten dreifußigen Jamben ist eben auch keine besonders gluckliche, doch behandelte sie diese virtuos. Sie besaß treffliche Beobachtungs- und Schilderungsgabe, Gemut und Fantasie; der Einfluss slawischer Poesie und des neugriechischen Volkslieds ist bemerkbar. Fremden Stoffen, wie ihren Schilderungen amerikanischer und afrikanischer Literatur, wusste sie große Anschaulichkeit zu verleihen, die zahlreicheren der nachsten Umgebung entnommenen mit kindlicher Anmut zu beleben. Goedeke urteilte: ?Ihr Stil ist einfach, klar, ohne Redeschmuck, aber durch die bloße Darstellung ergreifend; nur mitunter verliert sie sich ins Breite, niemals ins Flache.“ [1]

Die Erfullung von Goethes Prophezeiung, Kulmann werde in der kunftigen Literatur einen ehrenvollen Rang einnehmen, verhinderte ihr fruhzeitiger Tod. Entbehrung und Arbeit hatten fruh ihre Gesundheit geschwacht. Als Sankt Petersburg im November 1824 von einer schweren Uberschwemmung betroffen war, erkrankte sie schwer. Zwar war sie dennoch weiterhin schriftstellerisch tatig, starb aber rund ein Jahr spater im Alter von nur 17 Jahren in ihrer Heimatstadt. Auf dem dortigen Smolensker Friedhof erhielt sie ihre letzte Ruhestatte mit einem von der Kaiserin Alexandra Feodorowna und der Großfurstin Helena Palowna gestifteten Denkmal aus Carrara-Marmor . Dieses zieren sie feiernde Inschriften in den elf von ihr beherrschten Sprachen. [1]

Kulmanns in russischer Sprache abgefassten Dichtungen gab die Russische Akademie der Wissenschaften in drei Heften heraus (Sankt Petersburg 1833). Die Akademie ruhmte an ihr ?eine ungewohnliche Kunst der Erfindung, Fulle der Fantasie, anziehenden Reiz der Erzahlung, eine fließende Schreibart, eine geschmackvolle und tauschende Nachahmung der alten griechischen Dichter und Adel der Gefuhle.“ [3] Ihre Samtlichen Gedichte , die mit einem Bildnis und einer 134 Seiten starken biographischen Einleitung von Karl Friedrich von Großheinrich herausgegeben wurden, sind erst mit der dritten Auflage (Leipzig 1844; 8. Auflage Frankfurt am Main 1857) nach Deutschland gelangt. Eine Auswahl aus ihren Werken erschien 1875 in Heidelberg, ihre italienischen Dichtungen Saggi poetici in dritter Auflage 1847 in Mailand. Alexis Timofeew dichtete eine Fantasie Elisabeth Kulmann , die 1842 auch in deutscher Ubersetzung in Leipzig veroffentlicht wurde. [1]

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Sammtliche Gedichte . Mit dem Leben, Bildniß und Denkmal der Dichterin. Herausgegeben von Karl Friedrich von Großheinrich. Pititscheskije, Petersburg 1835. ? 5. Aufl., Leipzig: Otto Wigand 1847 ( Digitalisat )
  • Mond, meiner Seele Liebling . Herausgegeben von Hansotto Hatzig. Bilder von Ilka Christoph. ? Heidelberg : bvb-edition Meichsner u. Schmidt, 1981, 1. Aufl. ? LXVIII, 272 S.; bvb-edition Nr. 26; ISBN 3-921522-26-9

Vertonungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1851 vertonte Robert Schumann einige Gedichte Kulmanns und uberschrieb diese Gruppe von Liedern seines Ор. 103 (Madchenlieder von Elisabeth Kulmann fur zwei Sopranstimmen (oder Sopran und Alt) mit Begleitung des Pianoforte) und Op. 104 mit den Worten "Sieben Lieder von Elisabeth Kulmann zur Erinnerung an die Dichterin".

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • A. Stahr: Elisabeth Kulmann, Russlands großte Dichterin . In: Europa . Band 1, 1839, S. 68?84.
  • Wilhelm Bernhard Monnich : Elisabeth Kulmann. Eine biographische Skizze . Nurnberg 1842. (Jahresbericht der Handels-Gewerbschule in Nurnberg, 1842/43.).
  • K. F. Großheinrich: Elisabeth Kulmann und ihre Gedichte . Leipzig 1844.
  • E. Lamprecht: Elisabeth Kulmann. Biograph. Skizze. Mit Proben aus d. Gedichten . Zwickau 1867.
  • F. Miltner: Elisabeth Kulmann. Dichtungen . Heidelberg, 1875, S. I?XXII.
  • Thekla von Gumpert (Hrsg.): P. Schanz: Eine nordische Wunderblume. Tochter-Album. Unterhaltungen im hauslichen Kreise ... Bd. 19. Glogau 1879, S. 430?458.
  • E. Thomson: Elisabeth Kulmann . In: Jahresbericht der Schule der Reformierten Gemeinden fur 1908/1909 . St. Petersburg 1909, S. 3?58.
  • H. Culmann: Das Wundermadchen. Eine europaische Erinnerung. Zum Gedenkjahr d. dt.-russ. Dichterin Elisaweta Culmann. 1825?1925 . Pirmasens 1926.
  • Guido K. Brand : Ein Kind. In: Die Fruhvollendeten. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte . W. de Gruyter & Co., Berlin 1929 [1928], S. 217?226.
  • F. Miltner: Die Dichterin Elisabeth Kulmann und ihr Lehrer Karl Grossheinrich aus Leutershausen . In: E. Kulmann: Mond, meiner Seele Liebling: eine Auswahl ihrer Gedichte . Heidelberg 1981, S. XXI?XL.
  • I. Vielhauer: Die russische Korinne: Elisabeth Kulmann 1808?1825 . In: Castum peregrini . Jg. 38, H. 189/190. Amsterdam 1989, S. 26?44.
  • F. Gopfert: Zwei russische Dichterinnen und ihre Beziehungen zum deutschen Kulturkreis: Elizaveta Kul'man und Sarra Tolstaja . In: Die Welt der Slaven . Jg. 38. N.F. 17, H. 2. Munchen 1993, S. 225?234.
  • I. Gramlich: Elisabeth Kulmann (1808?1825): Dichterin, Ubersetzerin, Sprachgenie . In: Volk auf dem Weg . Nr. 7, Stuttgart 1998.
  • I. Gramlich: Elisabeth Kulmann (1808?1825) . In: Bucherei aktuell. Mitteilungsblatt des Sankt Michaelsbundes, Landesverband Bayern e. V. Heft 2. Munchen 1998, S. 76?79.
  • I. Gramlich: Auf den Spuren eines Engels: Zum 175. Todestag der deutsch-russischen Dichterin Elisabeth Kulmann . In: Volk auf dem Weg: Verbandszeitung der Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland . Nr. 8/9. Stuttgart 2000, S. 42?45.
  • G. Hansburg: Aufsatze uber Poetess Elisabeth Kulmann . In: A. Bosch (Hrsg.): Russland-Deutsche Zeitgeschichte unter Monarchie und Diktatur . Band 4. Nurnberg, Munchen, Großburgwedel 2005, ISBN 3-9809613-2-X , S. 76?127.
  • Carola L. Gottzmann / Petra Horner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs . 3 Bande; Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2007. ISBN 978-3-11-019338-1 . Band 2, S. 797?799.
  • I.Thomann: Gib mir die Hand, o Wolke . Neues Leben 1992. - №49

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Elisabeth Kulmann  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b c d e f Max Koch : Kulmann (Elisabeth) . In: Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste , 2. Sektion, 40. Bd. (1887), S. 219 f.
  2. Elisabeth Kulmann - Kurzbiographie. Abgerufen am 29. August 2021 .
  3. Elisabeth Kulmann . In: Meyers Konversations-Lexikon . 4. Auflage. Band 10, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885?1892, S. 291.