Elisabeth Grunwaldt

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Grab von Elisabeth Grunwaldt im Friedhof in Hohnstein (02.2022). Koordinaten: 50°58'43.5"N 14°06'56.2"E.

Elisabeth Grunwaldt (* 1. Dezember 1871 in Mitau ; † 10. Mai 1961 in Hohnstein , Sachsische Schweiz ) war eine deutsche Erzieherin , Puppengestalterin , Kostumbildnerin und Scherenschnittkunstlerin .

Leben und Werk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Dienste des Menschen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Elisabeth Grunwaldt wurde am 1. Dezember 1871 in Mitau im Kurland geboren. Ihr Vater leitete eine Einrichtung der Bedurftigenpflege, in der sie fruh in Kontakt mit armen und verwaisten Kindern kam. Aus diesen Begegnungen heraus entstand ihr Wunsch, Erzieherin zu werden und einen Kindergarten zu eroffnen. In Libau eroffnete sie einen deutschen Kindergarten, wo sie auch angehende Erzieherinnen ausbildete. Ihr Kosename ?Tante Lieschen“, mit dem sie in ihrer spateren Zeit als Kunstlerin weit uber die Grenzen ihrer Heimat hinaus bekannt wurde, stammte aus dieser Zeit der erzieherischen Arbeit.

Wahrend des Ersten Weltkrieges bekam Grunwaldt Kontakt zu Soldaten, die der Wandervogelbewegung angehorten. In deren Lebensidealen fand sich die inzwischen reife Frau wieder. Eine besondere Freundschaft pflegte sie mit einem jungen Mann namens Max Jacob , der im Rahmen der Wandervogelbewegung seine Liebe fur das Kaspertheater entdeckte; mit seinem weiteren Lebensweg sollte der der Grunwaldt von nun an untrennbar verbunden sein.

Hartenstein [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach Ende des Ersten Weltkrieges musste Grunwaldt ihren Kindergarten schließen und ging zusammen mit Max Jacob nach Hartenstein im Erzgebirge , wo dieser sein erstes Puppentheater, die ?Hartensteiner Puppenspiele“ grundete. 1921 fing die immerhin bereits 50-jahrige noch einmal ganz von Neuem an und widmete sich fortan beruflich zunachst der Gestaltung der Handpuppenkostume , spater auch der Herstellung eigener, meist außerst phantasievoller Tierfiguren fur Max Jacobs Buhne.

Hohnstein [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1928 siedelten die ?Hartensteiner Puppenspiele“ nach Hohnstein in der Sachsischen Schweiz um und setzten unter dem Namen ? Hohnsteiner Puppenspiele “ eine noch nie zuvor dagewesene kunstlerische Reform des bisher vor allem auf den Jahrmarkten beheimateten Kaspertheaters in Gang. Der Spielgruppe um Max Jacob gehorten inzwischen zahlreiche weitere Puppenspieler an, unter ihnen Rudolf Fischer . Gemeinsam mit Jacobs Ehefrau Mariechen war Elisabeth Grunwaldt so etwas wie die ? Mutter Courage “ der Spielerschar und achtete mit erzieherischer Wachsamkeit uber den der Wandervogelbewegung gerechten Lebensstil der abenteuerlustigen jungen Manner.

Scherenschnitt [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Schon in ihren Jugendjahren erlernte Elisabeth Grunwald die Kunst des Scherenschnitts . Waren es zunachst vor allem Landschaften und Portraitschnitte von Kindern wie Erwachsenen, so wurden schon bald feingliedrige Blumenmotive und bewegte Graslandschaften ihre bevorzugten Motive. In ihren Hartensteiner und Hohnsteiner Jahren pragten daruber hinaus die markanten Kopfe der von Theo Eggink fur die Buhne Max Jacobs geschnitzten Kasperpuppen Grunwaldts Scherenschnitte, die sie seit ihrem Umzug nach Hohnstein im Jahre 1928 mit ?EGH“ (Elisabeth Grunwaldt Hohnstein) signierte. Veroffentlicht wurden Grunwaldts Scherenschnitte u. a. als Illustrationen in Marchenbuchern, auf Kalendern und auf Kunstdruckkarten.

Die spateren Jahre [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kurz nach der Machtergreifung musste die ?Kasperfamilie“, wie sich der gewachsene Kreis um Max Jacob inzwischen nannte, in ein Haus am Ortsrand von Hohnstein umziehen (in ihrem bisherigen Domizil, der machtigen Festung Burg Hohnstein , wurde von den Nationalsozialisten ein Konzentrationslager eingerichtet); auch Elisabeth Grunwaldt zog in dieses fortan ?Kasperhaus“ genannte Gebaude und richtete dort auch ihre Werkstatt ein, wo sie weiterhin als Kostum- und Puppengestalterin fur die Hohnsteiner Puppenspiele tatig war. Nebenbei fertigte sie ihre Scherenschnitte, deren Verkauf der haufig finanzschwachen Kasperfamilie mehrfach das Uberleben sicherte.

Fast dreißig Jahre lebte Grunwaldt in diesem Haus und blieb bis ins hohe Alter kunstlerisch tatig. Am 10. Mai 1961 starb die Kunstlerin und Padagogin in Hohnstein. Ihre Grabstatte befindet sich auf dem kleinen Friedhof, der unmittelbar neben dem fruheren Hohnsteiner Puppenspielhaus (spater Lichtspielhaus) liegt. Neben ihr wurden spater auch Max Jacob und seine Frau Mariechen beigesetzt.

Friedel Kostors , die bereits als Grunwaldts ?rechte Hand“ tatig gewesen war, fuhrte das gestalterische Werk Grunwaldts nach deren Tod in Hohnstein fort.

Auswirkungen ihres Schaffens [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Durch ihre Arbeit hat Elisabeth Grunwaldt das Gesicht des heutigen Puppenspiels stark gepragt. Vor allem die von ihr ersonnenen Tiergestalten bevolkern ? in vielfach abgewandelter und modernisierter Form ? bis heute die Puppenbuhnen. Im Puppentheatermuseum (PuK) in Bad Kreuznach , das die international bekannte ?Sammlung Rother“ beherbergt, sind viele ihrer kostumbildnerischen Arbeiten zu sehen, meist in Verbindung mit geschnitzten Handpuppenkopfen von Theo Eggink .

Ausstellungen mit ihren Scherenschnitten hat es in den letzten Jahren mehrfach gegeben, unter anderem in Gera , Dresden und Bautzen . Das Sebnitzer Kunstblumen- und Heimatmuseum ?Professor Alfred Meiche “ verfugt uber eine großere Anzahl von Grunwaldts Scherenschnitten, ebenso die Puppentheatersammlung von Gerd J. Pohl .

Weitere Quellen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Puppenspielsammlung Gerd J. Pohl : etwa vierzig Scherenschnitte und mehrere Briefe der Kunstlerin, eine historische Tierfigur, zahlreiche Foto- und Schriftdokumente sowie umfangreiches Material uber Max Jacob und seine Hohnsteiner Puppenspiele.
  • Gedicht ≫Nicht fur Dich!≪ von Lieschen Grunwaldt in der Duna Zeitung v. 29. Marz 1903

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Astrid Fulbier: Handpuppen- und Marionettentheater ins Schleswig-Holstein 1920 ? 1960. Kiel 2002.
  • Elisabeth Grunwaldt: In Max Jacob’s Kasperwerkstatte. In: Elisabeth Grunwaldt. Jahresgabe 1961 fur den Freundeskreis der Hohnsteiner Puppenspiele , Hamburg 1961.
  • Max Jacob: Mein Kasper und ich. Lebenserinnerungen eines Puppenspielers , Rudolstadt 1964.
  • Herbert Just (Hrsg.): Mensch, Narr, Weiser. Puppenspieler (Festgabe zum 70. Geburtstag von Max Jacob), Kassel und Basel 1958.
  • Friedrich Klemm: Ein erfulltes Leben. In: Elisabeth Grunwaldt. Jahresgabe 1961 fur den Freundeskreis der Hohnsteiner Puppenspiele , Hamburg 1961.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]