Eberhard Kolb

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Eberhard Kolb (* 8. August 1933 in Stuttgart ) ist ein deutscher Historiker . Er ist emeritierter Professor fur Geschichte an der Universitat zu Koln .

Eberhard Kolb besucht das Georgii-Gymnasium in Esslingen am Neckar , wo er 1953 das Abitur ablegte. Er wurde 1960 an der Universitat Gottingen uber das Thema der Arbeiterrate in der deutschen Innenpolitik promoviert . Kolb habilitierte sich 1969 an der Universitat Gottingen und wurde ein Jahr spater an der Universitat Wurzburg ordentlicher Professor fur Neuere und Neueste Geschichte. Dort war er 1973/74 Dekan der Philosophischen Fakultat, 1974 bis 1976 Mitglied des Senats, 1976/77 Dekan des philosophischen Fachbereichs II sowie Mitglied mehrerer Senatskommissionen. Von 1979 bis zu seiner Emeritierung 1998 lehrte Kolb als Universitatsprofessor fur Mittlere und Neuere Geschichte an der Universitat zu Koln.

1981 nahm Kolb eine Gastprofessur an der Hebraischen Universitat Jerusalem wahr, 1984/85 war er Stipendiat des Historischen Kollegs Munchen. Neben Mitgliedschaft bzw. Vorsitz in verschiedenen wissenschaftlichen Beiraten sind zu nennen: 1980 bis 1986 Mitglied im Ausschuss des Deutschen Historikerverbandes (1980 bis 1984 stellv. Verbandsvorsitzender), 1988 bis 1996/97 Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Neuere Geschichte).

Im Jahr 1992 wurde Kolb das Verdienstkreuz am Bande des Niedersachsischen Verdienstordens verliehen. Zudem erhielt er im Februar 2004 das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland .

Zu seinen Schulern gehort Wolfram Pyta .

Forschungsschwerpunkte

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KZ Bergen-Belsen

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Das Konzentrationslager Bergen-Belsen nimmt einen wichtigen Platz in der Arbeit Kolbs ein. Anfang 1960 beauftragte ihn die Niedersachsische Landesregierung mit der Erarbeitung einer wissenschaftlichen Darstellung der Lagergeschichte. Die Monografie ?Bergen-Belsen“ wurde 1962 veroffentlicht; in einer verkurzten Fassung liegt sie inzwischen in sechster Auflage (2002) vor. Das 1966 bei der Gedenkstatte Bergen-Belsen errichtete ?Dokumentenhaus“ wurde von ihm konzipiert, in den 1980er Jahren wirkte er maßgeblich bei der Neugestaltung der Gedenkstatte und an der 1990 eroffneten Ausstellung mit.

Weimarer Republik

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Heinrich August Winkler beschreibt den Kolner Historiker in einem Artikel als einen ?der besten Kenner der Geschichte der Weimarer Republik“. [1] Kolb verfasste das Buch ?Die Weimarer Republik“, das neben einer Darstellung auch die Grundprobleme und Tendenzen der Forschung beleuchtet. Das Buch ist inzwischen in neunter Auflage erschienen. Es sei die ?kompakteste und informativste Einfuhrung in die Geschichte der Weimarer Republik“, urteilte Wolfram Pyta. [2]

Kolbs Studie uber die ?Arbeiterrate in der deutschen Innenpolitik 1918 bis 1919“ erbrachte den Nachweis, dass die Arbeiter- und Soldatenrate in der Novemberrevolution keineswegs der Etablierung einer parlamentarischen Regierungsform im Wege standen. Aus dieser Erkenntnis erwuchs die Frage nach dem politischen Gestaltungspotenzial der Revolutionsregierung und nach der Chance einer starkeren gesellschaftlichen Verankerung der noch ungefestigten Demokratie. Die davon ausgehenden Impulse haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Geburtsstunde der Weimarer Republik in den 1960er und 70er Jahren zu einem Schwerpunkt der Forschung wurde.

Aber auch der Auflosungsphase der Republik schenkte Kolb verstarkte Beachtung. In zahlreichen Aufsatzen verdeutlichte er, dass die politische Entwicklung in der turbulenten Endzeit Weimars nicht unaufhaltsam auf eine Kanzlerschaft Hitlers zusteuerte, sondern dass ernsthafte Alternativen ? wie etwa eine zeitweilige Verselbstandigung der Exekutive mit Ruckendeckung der Reichswehr ? bereitstanden und erwogen wurden.

Deutsch-Franzosischer Krieg

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Die umfassende Auswertung der archivalischen Akten zur Vorgeschichte des Deutsch-Franzosischen Krieges brachte Kolb zur Ablehnung der gangigen These, ?dass Bismarck der Provokateur gewesen sei, der die Franzosen sozusagen zur Kriegserklarung verfuhrt habe“. [3]

Kolb ist seit 1998 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Otto-von-Bismarck-Stiftung . In der Stiftung ist er aktives Mitglied, außerdem ist er Mitherausgeber der ?Neuen Friedrichsruher Ausgabe“ (Edition von Dokumenten Otto von Bismarcks, seiner Sohne und Mitarbeiter). Des Weiteren war er von 1990 bis 2001 Beiratsvorsitzender in der Stiftung Reichsprasident-Friedrich-Ebert-Gedenkstatte . Neben der Arbeit uber das KZ Bergen-Belsen engagierte sich Kolb auch fur die ?Nationale Mahn- und Gedenkstatte Buchenwald“ sowie die Neugestaltung der KZ-Gedenkstatte Neuengamme .

Veroffentlichungen (Auswahl)

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  • Bergen-Belsen. Geschichte des ?Aufenthaltslagers“ 1943?1945. Verlag fur Literatur und Zeitgeschehen, Hannover 1962; Lit, Munster 2011, ISBN 978-3-643-11067-1 .
  • Die Arbeiterrate in der deutschen Innenpolitik. 1918?1919 . Droste, Dusseldorf 1962 (Dissertation, Universitat Gottingen, 1959); um ein Vorwort und einen bibliographischen Anhang erweiterte Ausgabe: Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1978, ISBN 3-548-03438-1 .
  • Der schwierige Weg zum Frieden. Das Problem der Kriegsbeendigung 1870/71 (= Schriften des Historischen Kollegs. Vortrage , Bd. 11), Munchen 1985 ( Digitalisat ).
  • Die Weimarer Republik . Oldenbourg, Munchen 1984; 7., uberarbeitete und erweiterte Auflage 2009, ISBN 978-3-486-58870-5 ; 8., aktualisierte und erweiterte Auflage, mit Dirk Schumann , 2012, ISBN 978-3-486-71267-4 .
  • Bergen-Belsen. Vom ?Aufenthaltslager“ zum Konzentrationslager 1943?1945. Vandenhoeck und Ruprecht, Gottingen 1985; 5. Auflage 1996, ISBN 3-525-36184-X ; 6., uberarbeitete und erweiterte Auflage 2002.
  • Umbruche deutscher Geschichte 1866/71, 1918/19, 1929/33. Ausgewahlte Aufsatze. Oldenbourg, Munchen 1993, ISBN 3-486-56004-2 .
  • Gustav Stresemann . Beck, Munchen 2003, ISBN 3-406-48015-2 .
  • Der Frieden von Versailles . Beck, Munchen 2005, 3., durchgesehene und erganzte Auflage 2019, ISBN 978-3-406-72928-7 .
  • Bismarck . Beck, Munchen 2009, 2. Auflage 2014, ISBN 978-3-406-56276-1 .
  • Friedrich Ebert als Reichsprasident. Amtsfuhrung und Amtsverstandnis. Oldenbourg, Munchen 1997, ISBN 3-486-56107-3 .
  • mit Walter Muhlhausen : Demokratie in der Krise. Parteien im Verfassungssystem der Weimarer Republik. Oldenbourg, Munchen 1997, ISBN 3-486-56301-7 .
  • mit Ludwig Richter: Nationalliberalismus in der Weimarer Republik. Die Fuhrungsgremien der Deutschen Volkspartei 1918?1933. Droste, Dusseldorf 1999, ISBN 3-7700-5219-6 .
  • Europa vor dem Krieg von 1870. Machtekonstellation ? Konfliktfelder ? Kriegsausbruch (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien. Bd. 10), Oldenbourg, Munchen 1987 ( Digitalisat ), ISBN 3-486-59550-4 .
  • Albert Grzesinski : Im Kampf um die deutsche Republik. Erinnerungen eines deutschen Sozialdemokraten (= Schriftenreihe der Stiftung Reichsprasident-Friedrich-Ebert-Gedenkstatte. Bd. 9). Munchen 2001, ISBN 3-486-56591-5 .

Einzelnachweise

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  1. Die Zeit Online vom Juni 2002 .
  2. Wolfram Pyta: Die Weimarer Republik. Opladen 2004, S. 160.
  3. Patrick Bahners : Eberhard Kolb . In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. August 2013, S. 32.