Der
Dom von Orvieto
(
Cattedrale di Santa Maria Assunta
) ist ein Meisterwerk
gotischer Architektur
in
Mittelitalien
.
Durch die Lage der Stadt
Orvieto
ist das wichtigste Gebaude, der
romisch-katholische
Dom mit dem
Patrozinium
Maria Himmelfahrt
, schon von Weitem zu erkennen. Der Dom gehort zu der großen Anzahl bedeutender Bauwerke, die im ausgehenden 13. Jahrhundert geplant wurden. Er wurde 1288 wahrscheinlich unter
Arnolfo di Cambio
(1240?1302) begonnen, der einige Jahre spater den Dom und den
Palazzo Vecchio
von Florenz bauen sollte. 1308 war der Rohbau ohne Dach und Fassade fertig, diese wurde nach Zeichnungen von
Lorenzo Maitani
im 14. Jahrhundert vollendet. 1889 erhielt die Kathedrale zusatzlich den Titel einer
Basilica minor
verliehen.
[1]
Anlass, den Dom zu bauen, war das
Blutwunder
im nahe gelegenen Stadtchen
Bolsena
im Jahr
1263
, bei dem in
Santa Cristina
aus einer Hostie wahrend der Wandlung Blut getropft sein soll. Dieses Blutwunder bildete die Grundlage des
Fronleichnamsfestes
. In einer Seitenkapelle des Doms wird das mit dem Blut getrankte Altartuch als Reliquie aufbewahrt. Des Weiteren findet sich im Gebaude das Meisterwerk
Luca Signorellis
(1445/50?1523): das Fresko des Jungsten Gerichts aus dem Jahre 1499.
Die Datierung des Baubeginns der Fassade wird in der Wissenschaft zwischen 1290 und 1310 hin und her geschoben. Eine genaue Datierung ist bedeutend, um auf eine mogliche Abhangigkeit von
Siena
zu schließen. Eine neuere Untersuchung belegt eine Datierung des Baubeginns auf die Jahre vor 1300.
[2]
Orvieto und seine Bauhutte nahmen auf die klassisch-romische Bildhauerei Bezug: in der ersten Phase auf
hadrianisch
-
konstantinische
Werke, in der zweiten auf die durch den Namen von Lorenzo Maitani verkorperte Phase der Bildhauerei der
Trajanssaule
in Rom. Die vorbildliche Funktion der klassischen Hauptstadt erklart sich u. a. auch durch das Interesse der Papste am Bau der Kathedrale von Orvieto, wie sie sich durch Jahrzehnte belegen lasst. Manches Widerspruchliche an den Fassadenreliefs lasst sich durch die Einwirkung ostlicher Ikonographie erklaren.
Dementsprechend hangt diese Fassade auch weniger von Siena ab, sondern es lassen sich Beziehungen zum nordalpinen Raum nachweisen, die nach
Straßburg
fuhren. Meister aus dem Norden haben nachweislich auch in Orvieto gearbeitet. Auch hier wurde also ? wie schon in Siena ? mit Skulpturen nach deutschem Vorbild gearbeitet, jedoch mit großerer Betonung der Flache, wie es der italienischen Tradition und besonders der umbrischen eher entspricht.
[3]
Dekoriert ist die Fassade daher nur mit Flachreliefs und Mosaiken, die die glatte Flache moglichst undurchlassig bleiben lassen.
Die einzelnen Dekorationen der Fassade sind sehr zartgliedrig gearbeitet. Die Fensterrose des 14. Jahrhunderts (1354 von Andrea Arcagna) ist an den oberen Seiten von einem
Skulpturenfries
umzogen, der aber nicht so plastisch hervortritt wie in Siena und der streng in die geometrische Rechteckform eingebunden ist, wie es auch in
Assisi
zu sehen ist.
- 1354?1366: Rose (
Andrea Orcagna
)
- 1373?1380: seitliche Fassadengiebel
- 1513?1532: mittlere Fassadengiebel
- Ende 16.?17. Jahrhundert: Fassadenturme und Mosaiken
Die Wandreliefs in der Sockelzone sind mittlerweile gegen Beruhrung hinter Glas geschutzt. Ein unbekannter Kunstler hat sie ab 1310/20 (en: ab 1331) auf einer Flache von 112 m² angebracht. Ihr Thema ist die Entstehungsgeschichte des Menschen, das Geheimnis der Erlosung und seine Endbestimmung. Auffallend und typisch fur die umbrische Kunst ist der zarte, lyrische, weiche Charakter der Dargestellten.
?Es kommt keine Antithese von Hochrelief und Grund auf. Ideal, homogen und undurchdringlich wie ein Goldgrund breitet sich hier die Folie aus.“ (
Keller S. 414?415
) Es handelt sich um sehr detailfreudige und sorgfaltige Darstellungen, die sich nur deshalb in dieser unveranderten Prazision an einer Außenwand seit 1320 gehalten haben, weil die Luft in Umbrien immer schon sehr gut war und ist.
In den Nischen uber der Rosette stehen die
zwolf Apostel
; in den seitwartigen Nischen je paarweise zwolf alttestamentliche Propheten.
Jungstes Kunstwerk sind die drei bronzenen Turen zum Ein- (rechts) und Ausgang (links); geschaffen hat sie 1970 der sizilianische Bildhauer
Emilio Greco
(1913?1995).
Die sudliche Außenwand des Domes zeigt die typische waagerechte Schwarz-Weiß-Schichtung wie in Siena. Und auch hier hat die Fassade ein deutliches Eigenleben gegenuber dem dahinter liegenden Kirchenbau. Die gleiche Dekoration bestimmt auch den Innenraum, der auch etwas an Siena erinnert, aber nicht ganz so prachtvoll ist. Aber Orvieto hat kein steinernes Gewolbe, sondern eine holzerne Flachdecke. Das Dach wurde 1881?90 zur 500-Jahr-Feier neu gestaltet. Die Seitenschiff-Wande waren oberhalb von zwei Metern ursprunglich weiß gestrichen, um dort Fresken anbringen zu konnen. Die heutige Streifung wurde erst 1890/91 in Angleichung an das Mittelschiff aufgemalt. Dieser Innenraum ist reichhaltig mit Fresken ausgestattet.
In der Apsis zeigen Fresken des 14. Jahrhunderts Episoden aus dem Leben Marias (Schule von Orvieto: Ugolino di Prete Ilario und Pietro di Duccio 1370/1380; 1491?97 von Giacomo da Bologna,
Pinturicchio
und Antonio da Viterbo, genannt Pastura, restauriert).
Die
Pieta
, 1570?79 von Ippolito Scalza (1532?1617) geschaffen, wurde aus einem einzigen Block gemeißelt.
Besonders erwahnenswert und fur die Geschichte der italienischen Malerei von großer Bedeutung ist die beruhmte Cappella di San Brizio, ursprunglich Cappella Nuova genannt, mit dem großen Freskenzyklus
Luca Signorellis
mit dem Thema der
Geschichte des Antichristen ? Das Ende der Welt
(oder
Die vier letzten Dinge
: Tod, Gericht, Holle und Himmel), das er ab 1499 malte. Signorelli hatte unmittelbar davor einige Fresken in der Abtei
Monte Oliveto
gemalt. Er hat hier in Orvieto die drei Wande und die Gewolbefelder der Kapelle ausgemalt. Es handelt sich jeweils um eine ungeheuer figurenreiche Komposition.
Signorelli hat bei der Ausmalung dieser Kapelle Studien nach antiken Bildwerken benutzt. Jede Figur ist deutlich hervorgehoben. Er ging hier uber die Moglichkeiten seines Lehrers
Piero della Francesca
hinaus und fand Gestaltungsmittel, die von
Michelangelo
, besonders in seinem
Jungsten Gericht
in der
Sixtinischen Kapelle
in Rom, und spater von der Barockmalerei aufgegriffen wurden.
[4]
Besonders die Anatomie des menschlichen Korpers und seine verschiedenen Bewegungsmoglichkeiten werden dargestellt. Das Gleiche hat Michelangelo an der Decke der Sixtinischen Kapelle wiederholt. Solche Bewegungsstudien waren damals in der Malerei sehr beliebt. In Monte Oliveto zeigen die zeitgleichen Fresken ebenfalls von Signorelli und von
Sodoma
die gleichen Probleme.
- Szene
Die Kronung der Auserwahlten
: Mit deutlichen Gesten bringen die Menschen Gott ihre Dankbarkeit zum Ausdruck.
- Szene
Geschichte des Antichristen
: In diesem Ausschnitt sieht man den Antichristen selber mit einem Teufel als Einsager, als bose Stimme der Verfuhrung. Er steht auf einem Postament und redet zu den Menschen.
- Am linken Rand dieses Feldes gibt es ein Selbstbildnis Signorellis zusammen mit
Fra Angelico
aus Florenz.
Luca Signorelli stand sehr unter dem Einfluss der Florentiner Malerei und deren Betonung des
disegno
, also der genauen Zeichnung. Die Farbe spielt keine zentrale Rolle in der Gestaltung des Themas, auch wenn das auf den ersten Blick anders aussieht. Es gibt zwar starke Farbkontraste, aber die einzelnen Figuren werden eindeutig mehr durch zeichnerische Elemente bestimmt als durch farbige und malerische Mittel.
Die Geschichte der
Orgeln
reicht zuruck in das Jahr 1588, als die erste Orgel fertiggestellt wurde. Das Instrument befand sich auf der Sangerempore und war von dem Kunstler Ippolito Scalza entworfen worden. Das aktuelle Instrument wurde 1974 von dem Orgelbauer Libero Rino Pinchi erbaut. Es hat 72
Register
auf drei
Manualen
und
Pedal
.
[5]
I Positivo aperto
C?
|
Principale
|
8′
|
Ottava
|
4′
|
XV
|
4′
|
XIX ? XXII
|
Ripieno IV
|
Sesquialtera II
|
Flauto
|
8′
|
Corno di Notte
|
8′
|
Flauto a Camino
|
4′
|
Flauto in XII
|
2
2
⁄
3
′
|
Silvestre
|
2′
|
Terza
|
1
3
⁄
5
′
|
Flauto in XIX
|
1
1
⁄
3
′
|
Piccolo
|
1′
|
Cromorno
|
8′
|
Tromba Armonica
|
8′
|
Tromba
|
4′
|
Tremolo
|
|
II Grand’Organo
C?
|
Principale
|
16′
|
Principale Diapason
|
8′
|
Principale II
|
8′
|
Ottava I
|
4′
|
Ottava II
|
4′
|
XV
|
2′
|
Ripieno X
|
Ripieno VIII
|
Flauto Traverso
|
8′
|
Bordone
|
8′
|
Flauto Armonico
|
4′
|
Cornetto V
|
Viola
|
8′
|
Dulciana
|
8′
|
Unda Maris
|
8′
|
Tromba
|
16′
|
Tromba
|
8′
|
Tuba Mirabilis
|
8′
|
Clarinetto
|
8′
|
Clarino
|
4′
|
|
III Espressivo
C?
|
Principale
|
8′
|
Ottava
|
4′
|
XV
|
2′
|
Ripieno V
|
Bordone
|
16′
|
Flauto Forte
|
8′
|
Bordone
|
8′
|
Quintante
|
8′
|
Flauto Ottaviante
|
4′
|
Nazardo
|
2
2
⁄
3
′
|
Flautino
|
2′
|
Viola da Gamba
|
8′
|
Salicionale
|
8′
|
Viola Celeste
|
8′
|
Concerto Viole IV
|
8′
|
Violoncello
|
8′
|
Oboe
|
8′
|
Tromba Armonica
|
4′
|
Voce Corale
|
8′
|
Tremolo
|
|
Pedale
C?
|
Principale
|
32′
|
Contrabbasso
|
16′
|
Basso
|
8′
|
Ottava
|
4′
|
XV
|
2′
|
Ripieno VII
|
Subbasso
|
16′
|
Quinta
|
10
2
⁄
3
′
|
Bordone
|
8′
|
Flauto
|
4′
|
Flautino
|
2′
|
Violone
|
16′
|
Violoncello
|
8′
|
Bombarda
|
16′
|
Tromba
|
8′
|
Chiarina
|
4′
|
|
- ↑
Basilica Cattedrale di S. Maria Assunta
auf gcatholic.org
- ↑
Antje Middeldorf Kosegarten
:
Studien zur Architektur und Skulptur der Domfassade in Orvieto 1290?1330.
Munchen 1995
- ↑
Harald Keller:
Die Kunstlandschaften Italiens [1960].
Frankfurt a. M. 1983, S. 402
- ↑
Rolf Toman (Hrsg.):
Die Kunst der italienischen Renaissance. Architektur ? Skulptur ? Malerei ? Zeichnung.
Koln 1994, S. 302?304
- ↑
Ausfuhrliche Informationen zur Geschichte der
Orgeln
(italienisch)
42.71701
12.113274
Koordinaten:
42° 43′ 1,2″
N
,
12° 6′ 47,8″
O