Dieter Noll
(*
31. Dezember
1927
in
Riesa
; †
6. Februar
2008
in
Zeuthen
) war ein
deutscher Schriftsteller
. Als sein Hauptwerk gilt meist der zweibandige Roman
Die Abenteuer des Werner Holt
aus den fruhen 1960er Jahren, der bis zu seinem Tod uber zwei Millionen Mal verkauft wurde.
Dieter Noll war Sohn eines
Apothekers
. Da seine Mutter nach den Bestimmungen der
Nurnberger Rassengesetze
im
Dritten Reich
als ?
Halbjudin
“ galt, war sie Repressionen ausgesetzt. Noll besuchte die Oberschule. 1944 wurde er als
Flakhelfer
eingezogen und diente als Luftwaffenhelfer und -oberhelfer bei der Schweren Heimatflakbatterie 210 in Chemnitz-Borna, ab Ende 1944 wurde er als Soldat eingesetzt. Gegen Kriegsende geriet er fur kurze Zeit in amerikanische
Kriegsgefangenschaft
.
[1]
Nach der Entlassung legte er in
Chemnitz
die
Reifeprufung
ab. 1948 begann er ein
Studium
der
Germanistik
,
Kunstgeschichte
und
Philosophie
an der
Universitat Jena
. Ab 1950 lebte er in
Berlin
und war
Redakteur
der von
Bodo Uhse
herausgegebenen Zeitschrift
Aufbau
und Mitarbeiter des
Neuen Deutschland
. Seit 1956 war er
freier Schriftsteller
. Noll lebte zuletzt zuruckgezogen in
Konigs Wusterhausen-Wernsdorf
.
Dieter Noll gehorte seit 1946 der
KPD
an. Von 1964 bis 1967 war er Mitglied der SED-Bezirksleitung
Berlin
. Den Protesten, mit denen ab 1976 zahlreiche DDR-Autoren auf die
Ausburgerung
Wolf Biermanns
reagierten, setzte Noll seine Treue zum Kurs der
SED
entgegen und bezeichnete im Mai 1979 in einem
offenen Brief
an
Erich Honecker
die Schriftsteller
Stefan Heym
,
Joachim Seyppel
und
Rolf Schneider
als ?kaputte Typen“, die angeblich aus Geltungssucht mit dem
Klassenfeind
gemeinsame Sache machten.
[2]
Besagter Brief trug mit zum Ausschluss von neun Autoren aus dem
DDR-Schriftstellerverband
im Juni 1979 bei.
Dieter Noll veroffentlichte in den fruhen 1950er Jahren vor allem
Reportagen
uber die Aufbauphase der DDR. Sein Hauptwerk ist der zweibandige
Roman
Die Abenteuer des Werner Holt
. Im ersten Band (1960) wird die Entwicklung Holts vom durch den
Nationalsozialismus
gepragten Abiturienten uber die Stationen des Flakhelfers und Wehrmachtssoldaten bis hin zum Kriegsgefangenen beschrieben. Der Leser kann dabei Holts beginnende Zweifel bis hin zum Ende des ?Dritten Reiches“ verfolgen. Der zweite Band (1963) schildert die schwierige Entwicklung eines einstigen Wehrmachtssoldaten zum Anhanger des
Sozialismus
. Das Werk erreichte laut Verlagsangaben eine Auflage von uber zwei Millionen Exemplaren. Der erste Band war in der DDR
Schullekture
und wurde 1964 von
Joachim Kunert
verfilmt.
Dieter Noll war seit 1954 Mitglied des
Schriftstellerverbandes der DDR
und von 1963 bis 1966 stellvertretender Vorsitzender des Bezirksverbandes Berlin dieser Organisation. Ab 1969 gehorte er der
Deutschen Akademie der Kunste
in
Ost-Berlin
an. Er erhielt u. a. folgende Auszeichnungen: 1955 den Literaturpreis des
FDGB
, 1961 den
Heinrich-Mann-Preis
, 1963 und 1979 einen
Nationalpreis
2. Klasse, 1964 die
Johannes-R.-Becher-Medaille
in Gold sowie 1979 den Kunstpreis des
FDGB
.
1996 deckte das Nachrichtenmagazin
DER SPIEGEL
seine Vergangenheit als
IM
der
Stasi
auf.
[3]
Da sich Noll im Laufe von vier Jahrzehnten mehrfach als IM verpflichtete, trug er insgesamt vier Decknamen.
[4]
[5]
Sein 1954 geborener Sohn Hans ist der inzwischen in Israel lebende Schriftsteller
Chaim Noll
, der 1984 von der DDR nach
West-Berlin
ubersiedelte. Dieter Noll starb in der Nacht zum 6. Februar 2008 in Zeuthen an den Folgen einer Krebserkrankung.
Dieter Noll war standiger Autor der kommunistisch-sozialistischen Monatszeitschrift
RotFuchs
.
- Neues vom lieben narrischen Nest
,
Reclam-Verlag
Leipzig 1952
- Die Dame Perlon und andere Reportagen
,
Aufbau-Verlag
Berlin 1953
- Sonne uber den Seen
, Heitere und bedenkliche Abenteuer eines Schleppkahnpassagiers, Aufbau-Verlag Berlin 1954
- Mutter der Tauben
, Aufbau-Verlag Berlin 1955
- Kisch-Kalender
, Aufbau-Verlag Berlin 1955
- Mecklenburgische Landschaft
,
Sachsenverlag
Dresden 1958 (zusammen mit
Renate Rossing
und
Roger Rossing
)
- Die Abenteuer des Werner Holt
, 2 Bde., Aufbau-Verlag Berlin 1960 und 1963
- Kippenberg
, Roman, Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1979
- In Liebe leben
, Gedichte 1962?1982, Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1985
- ↑
Guenter Caspar, Vorwort in Dieter Noll, "Neues vom lieben, naerrischen Nest", Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1951; Zitat:
?Als Dieter Noll sechs war, musste sein Großvater nach Palastina emigrieren. Dem Vierzehnjahrigen nahm man die Mutter, weil sie ihre "halbarischen" Kinder nicht erziehen sollte. Der Junge verwilderte, wurde "Flakhelfer", spater Soldat, geriet in Gefangenschaft.“
- ↑
Offener Brief von Dieter Noll im
Neuen Deutschland
vom 22. Mai 1979, Auszug:
?Einige wenige kaputte Typen wie die Heym,
Seyppel
oder
Schneider
, die da so emsig mit dem Klassenfeind kooperieren, um sich eine billige Geltung zu verschaffen, weil sie offenbar unfahig sind, auf konstruktive Weise Resonanz und Echo bei unseren arbeitenden Menschen zu finden, reprasentieren gewiß nicht die Schriftsteller unserer Republik. Die Partei kann auch uberzeugt sein, daß die uberall in den Betrieben arbeitenden Menschen unseres Landes die Maßnahmen unserer Regierung billigen und kein Verstandnis dafur aufbringen, wie da ein kleiner Klungel von sogenannten Literaten verzweifelt von sich reden machen will, indem er sich vor den Karren des Westfernsehens spannen laßt oder die Partei mit unverschamten offenen Briefen traktiert.“
- ↑
Joachim Walther:
Im stinkenden Untergrund
. In:
Der Spiegel
.
Nr.
39
, 1996 (
online
).
- ↑
Christian Bergmann:
Die Sprache der Stasi. Ein Beitrag zur Sprachkritik
, Gottingen 1999, S. 82.
- ↑
Joachim Walther:
Sicherungsbereich Literatur. Schriftsteller und Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik.
Ch. Links, Berlin 1996,
ISBN 3-86153-121-6
; mit diversen Fundstellen sowohl unter Klar-, als auch unter Decknamen.