Der
Disziplinarvorgesetzte
ist ein
Vorgesetzter
, der in
Unternehmen
oder der
offentlichen Verwaltung
die
Dienstaufsicht
uber
Mitarbeiter
,
Beamte
und
Dienstkrafte
oder bei der
Bundeswehr
die
Disziplinarbefugnis
uber
Soldaten
ausubt.
Bei den Vorgesetzten unterscheidet man zwischen Disziplinarvorgesetzten und
Fachvorgesetzten
. Ihnen gemeinsam ist, dass sie als
Fuhrungskrafte
die
Befugnis
besitzen,
Personalfuhrung
uber ihnen unterstellte
Mitarbeiter
wahrzunehmen. Sie unterscheiden sich jedoch nach dem Inhalt der
Fuhrungsaufgabe
. Wahrend Fachvorgesetzte im Rahmen eines bestimmten
Fachgebiets
oder
Arbeitsgebiets
uber alle zur Aufgabenerfullung notwendigen
Handlungen
ihrer Mitarbeiter
entscheiden
und entsprechende
Weisungen
erteilen durfen, sind Disziplinarvorgesetzte mit
Disziplinarrechten
ausgestattet. Es kann daher vorkommen, dass ein Mitarbeiter sowohl einen Disziplinar- als auch einen Fachvorgesetzten hat. Der Disziplinarvorgesetzte kann zugleich auch Fachvorgesetzter, der ausschließliche Fachvorgesetzte aber niemals Disziplinarvorgesetzter sein.
Die Aufgabenbereiche von Disziplinarvorgesetzten in
Wirtschaft
und
offentlichem Dienst
sind identisch. Im Rahmen des
Direktionsrechts
nimmt der Disziplinarvorgesetzte generell zwei Aufgabenbereiche wahr, und zwar im Rahmen der
Personalfuhrung
und der
Disziplinarrechte
:
Die im Rahmen der Personalfuhrung liegende Vergabe von Amtsbezeichnungen betrifft in der Wirtschaft insbesondere die Ernennung zum
Handlungsbevollmachtigten
,
Prokuristen
oder
Direktor
. Bei Beamten sind es die
Grundamtsbezeichnungen der Beamten
. Die nach Schwere aufsteigenden disziplinarrechtlichen Maßnahmen haben Konsequenzen auf die Mitarbeiterbewertung und das Arbeitszeugnis.
Der beamtete Disziplinarvorgesetzte ist nach
Reinhard Hohn
ein Vorgesetzter, der zwei Befugnisse besitzt:
[1]
- Er kann die Befolgung erteilter
Anordnungen
mittels
Disziplinarmaßnahmen
erzwingen und
- er kann die Nichtbefolgung gegebener Anordnungen durch Disziplinarmaßnahmen ahnden.
Im
Beamtenrecht
konnen nicht alle disziplinarrechtlichen Maßnahmen vom unmittelbaren Disziplinarvorgesetzten ergriffen werden. Vielmehr ist im
Bundesdisziplinargesetz
(BDG) und in der
Wehrdisziplinarordnung
(WDO) konkret geregelt, welche
Hierarchiestufe
fur einzelne Disziplinarmaßnahmen zustandig ist. So ist nach
§ 33
Abs. 2 BDG jeder Dienstvorgesetzte zu Verweisen und Geldbußen gegen die ihm unterstellten Beamten befugt. Kurzungen der Dienstbezuge konnen die oberste Dienstbehorde bis zum Hochstmaß und die der obersten Dienstbehorde unmittelbar nachgeordneten Dienstvorgesetzten bis zu einer Kurzung um ein Funftel der Dienstbezuge auf zwei Jahre festsetzen (§ 33 Abs. 3 BDG).
Welche der Disziplinarmaßnahmen im Einzelfall zur Anwendung kommt, ist abhangig von dem im beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren geltenden ? und auch im Arbeitsrecht analog anzuwendenden ?
Schuldprinzip
und dem Grundsatz der
Verhaltnismaßigkeit
(
Ubermaßverbot
). Danach muss die gegen den Beamten/Arbeitnehmer ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berucksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstande des Einzelfalls in einem gerechten Verhaltnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum
Verschulden
des Beamten/Arbeitnehmers stehen. Zunachst soll bei einem Beamten/Arbeitnehmer die niedrigste Disziplinarmaßnahme eingesetzt werden, bei wiederholten Verstoßen kommen dann strengere zum Einsatz.
Disziplinarvorgesetzter ist nach
§ 1
Abs. 4
SG
, wer Disziplinarbefugnis uber Soldaten seines Befehlsbereichs hat. Die Befugnis, Disziplinarmaßnahmen zu verhangen und die sonst den Disziplinarvorgesetzten obliegenden Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen (
Disziplinarbefugnis
), haben nach
§ 27
Abs. 1
Wehrdisziplinarordnung
(WDO) die
Offiziere
, deren truppendienstliche Vorgesetzte sowie die Vorgesetzten in vergleichbaren
Dienststellungen
, denen sie durch den
Bundesminister der Verteidigung
zur Erfullung besonderer Aufgaben verliehen wird. Oberster Disziplinarvorgesetzter ist der Bundesminister der Verteidigung. Die Disziplinarmaßnahmen, die Disziplinarvorgesetzte verhangen konnen, werden als einfache Disziplinarmaßnahmen bezeichnet und sind (
§ 22
Abs. 1 WDO):
- Verweis
- strenger Verweis
- Disziplinarbuße
- Ausgangsbeschrankung
- Disziplinararrest
Außerdem kann der Disziplinarvorgesetzte die
vorlaufige Festnahme
eines Soldaten nach
§ 21
WDO durchfuhren.
Gemaß
§ 28
Abs. 1 WDO ist die Disziplinarbefugnis nach der Dienststellung der Disziplinarvorgesetzten abgestuft und wird vom
Kompaniechef
,
Bataillonskommandeur
oder Bundesminister der Verteidigung wahrgenommen. Innerhalb seiner Zustandigkeit ist der Disziplinarvorgesetzte selbstandig tatig (
§ 35
WDO). Die hoheren Disziplinarvorgesetzten uben zwar
Dienstaufsicht
aus, konnen jedoch weder das ?Ob“ noch das ?Wie“ einer Disziplinarmaßnahme befehlen.
[2]
Ein
Dienstaltester Deutscher Offizier
(
DDO
) ist der Disziplinarvorgesetzte und truppendienstlicher Fuhrer der bei einer zwischenstaatlichen oder uberstaatlichen Organisation eingesetzten deutschen Soldaten.
Dienstaltester Offizier
(
DO
) ist die entsprechende Bezeichnung in nationalen zivilen Dienststelle oder bei der
Bundeswehrverwaltung
.
[3]
Dienstalteste Deutsche Offiziere gibt es beispielsweise bei der
NATO
oder beim
European Air Transport Command
; Dienstalteste Offiziere gibt es beispielsweise beim
Bundesnachrichtendienst
, bei der
Heeresinstandsetzungslogistik
oder bei der
Standigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen in New York
.
- ↑
Reinhard Hohn/Gisela Bohme,
Fuhrungsbrevier der Wirtschaft
, 1974, S. 305 ff.
- ↑
Frank Weniger/Gudrun Schattschneider/Bernhard Gertz,
Soldatengesetz: Kommentar
, 2008, S. 57
- ↑
Grundbegriffe der militarischen Organisation, Unterstellungsverhaltnisse, Dienstliche Anweisungen
. A2-500/0-0-1, Version 2. In:
Bundeswehrkalender B19
.
Nr. 230
.