Eine
Dienstverpflichtung
ist eine staatliche Verpflichtung von Menschen, bestimmte Dienste, so den
Wehrdienst
oder vergleichbare Dienste, zu leisten. Im ubertragenen Sinn wird die Bezeichnung auch fur im Notfall durch den
Arbeitgeber
angeordnete Arbeitsleistungen verwendet.
Seit den
Befreiungskriegen
in den Jahren 1813/14 war die Einfuhrung der allgemeinen Wehrpflicht in
Preußen
durch das
Gesetz uber die Verpflichtung zum Kriegsdienst
vom 3. September 1814 fester Bestandteil. Damit war eine grundsatzliche Aufwertung des Soldatenstandes verbunden, denn bis dahin hatten gemeine Soldaten als gesellschaftlich deklassiert gegolten. Der Militardienst, zu dem auch die Sohne des Adels und des Burgertums eingezogen wurden, galt nun als Ehrendienst und die Armee als ?Schule der Nation“. Wehrpflichtige aus den ?gebildeten Standen“ konnten sich als ?
Einjahrig-Freiwillige
“ melden und hatten nach diesem Jahr die Aussicht, sich zum
Reserveoffizier
weiterbilden konnen (was mit viel gesellschaftlichem Prestige verbunden war).
Die nach dem
Ersten Weltkrieg
abgeschaffte
Wehrpflicht
wurde mit dem
Wehrgesetz
vom 21. Mai 1935 wieder eingefuhrt. Dadurch konnten erstmals in der deutschen Geschichte auch Frauen im Krieg dienstverpflichtet werden.
?Im Kriege ist uber die Wehrpflicht hinaus jeder deutsche Mann und jede deutsche Frau zur Dienstleistung fur das Vaterland verpflichtet.“
?
§ 1 Abs. 3 des Wehrgesetzes
Somit war die rechtliche Voraussetzung fur die
Wehrmachthelferin
geschaffen, auf die im Krieg zuruckgegriffen wurde. Außerdem musste nach dem
Gesetz fur den Reichsarbeitsdienst
[1]
zuvor ein in der Regel sechsmonatiger Arbeitsdienst geleistet werden, der eigentlich erst ab einem Alter von 18 Jahren begonnen werden konnte, zu dem wahrend des Krieges aber schon mit 17 herangezogen wurde. Von den
Nationalsozialisten
wurde 1943 zur Nutzung aller verfugbaren Ressourcen im
Totalen Krieg
dann eine Dienstverpflichtung fur ?Aufgaben der Reichsverteidigung“ eingefuhrt, die Manner vom 16. bis zum 65. Lebensjahr und Frauen vom 17. bis zum 45. Lebensjahr einschloss und die deren Arbeitszeit auf bis zu 14 Stunden verlangerte.
Gem.
Art. 12
Abs. 2 GG darf niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkommlichen allgemeinen, fur alle gleichen
offentlichen Dienstleistungspflicht
. Der im Zuge der
Notstandsverfassung
1968 eingefuhrte
Artikel 12a des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland
normiert in Abs. 3 und Abs. 4 zivile Dienstleistungen fur Zwecke der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevolkerung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes. Das Grundrecht der freien Wahl des Arbeitsplatzes (Artikel 12 des Grundgesetzes) gilt zwar auch in Spannungszeiten und im Verteidigungsfall. Die
Agentur fur Arbeit
kann im
Spannungs-
und
Verteidigungsfall
aber ein Arbeitsverhaltnis zur Sicherstellung lebens- und verteidigungswichtiger Aufgaben durch Verpflichtungsbescheid begrunden, wenn sich nicht genugend Freiwillige melden (
§ 1
,
§ 2
Nr. 2 und 3,
§ 4
,
§ 10
,
§ 11
,
§ 13
des
Arbeitssicherstellungsgesetzes
).
Eine Dienstverpflichtung im heutigen deutschen
Arbeitsrecht
im Sinne eines uneingeschrankten
Direktionsrechts
des
Arbeitgebers
gibt es dagegen nicht. Die Grenzen dieses Weisungsrechts des Arbeitgebers ergeben sich aus dem
Arbeitsvertrag
, der Stellenbeschreibung, einem
Tarifvertrag
, entsprechenden
Betriebsvereinbarungen
, etwaigen Dienstplanen und schließlich aus den vorhandenen gesetzlichen Regelungen. Der
Arbeitnehmer
hat in außergewohnlichen Notfallen aufgrund seiner Treuepflicht gegenuber dem Arbeitgeber aber Anweisungen auch in seiner arbeitsfreien Zeit zu befolgen und muss z. B. eine Arbeitsleistung erbringen, wenn ein sonst drohender nicht wieder gutzumachender Schaden vom Betrieb anders nicht abzuwenden ist. Unbillige Weisungen des Arbeitgebers mussen jedoch nicht, auch nicht vorlaufig, vom Arbeitnehmer befolgt werden.
[2]
- Menschenrecht, Burgerfreiheit, Staatsverfassung.
Kamp, Bochum 1964,
ISBN 3-592-87010-6
.
- Roderich Wahsner
:
Dienstpflicht und Arbeitszwang ? Ein arbeitsrechtlicher Beitrag zur Notstandsgesetzgebung.
Arbeit und Recht
1967, S. 289?295.
- Hans H. Klein
:
Dienstpflichten und Spannungsfall in der Notstandsverfassung (I): Zur Auslegung der Art. 12a und 80a GG.
Der Staat
1969, S. 363?386.
- Andreas Ahammer, Stephan Nachtigall:
5 plus 1 ? Wehrpflicht der Zukunft im Gesellschaftsdienst.
Nomos, Baden-Baden 2009,
ISBN 978-3-8329-4710-1
.
- Weisungsrecht
.
Online-Handbuch Arbeitsrecht
- ↑
Reichsgesetzblatt
1935 I, S. 769?771.
- ↑
Wolfgang Hromadka
,
Unbillige Weisung unverbindlich!?
,
NJW
2018, 7