Dialekte in Tirol

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Die Dialekte in Tirol gehoren zu den oberdeutschen Dialektgruppen Bairisch und ? nur marginal ? Alemannisch . Einen großen Teil davon nimmt das Sudbairische ein, das in Tirol den westlichen und mittleren Teil Nordtirols sowie Sud- und Osttirol umfasst.

Die Otztaler Mundart , die den Ubergangsbereich zwischen dem bairischen und dem alemannischen Kontinuum darstellt und auch Entlehnungen aus dem ehemals in der Region und heute noch in Teilen des benachbarten Graubundens gesprochenen Ratoromanisch aufweist, wurde aufgrund ihrer Besonderheit, und weil sie eine lebendige Sprachlandschaft darstellt, mit Oktober 2010 von der Osterreichischen UNESCO-Kommission zum immateriellen Kulturerbe in Osterreich ernannt.

Allgemeine Merkmale

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Gemeinsame Merkmale des Sudbairischen, in Abgrenzung zum Mittelbairischen, sind:

  • Diphthongierung von mhd. e und o zu ea und oa , wie in Schnea ?Schnee‘ und roat ?rot‘
  • Unterscheidung von stimmhaften und stimmlosen Verschlusslauten , wie in Dach neben Tag ;
  • altes k ist lautverschoben zu kch, wie in kchlea (Klee);
  • fehlende r- und l- Vokalisierung , wie in Hals und i will (also nicht Hais und i wui );
  • Erhalt der Vorsilbe ge-, wie in getrunkchn ;
  • Erhalt des Selbstlautes in Artikeln;
  • st wird zu scht (z. B. gestern → geschtern, lustig → luschtig ).

Diese Merkmale treten jedoch nicht bei allen Sprechern auf bzw. sind zum Teil im Schwinden begriffen.

Das Tirolerische zeigt teilweise lexikalische Gemeinsamkeiten mit dem Alemannischen ; so lauft die Alm/Alp - Isoglosse durch Tirol (im Inntal: zwischen Otztal und Imst). [1]

Unterschiede zum restlichen Osterreich zeigen sich auch im Wortschatz, wie in:

  • allm, alli, olli ? immer
  • aniadr, aniedr / aniade ? jeder / jede
  • auchi, aufi, auchn, aucha ? hinauf
  • aweck ? weg, fort (vgl. englisch away )
  • Fleischkas ? Leberkase
  • gegga ? pfui, schlecht (Kindersprache)
  • gleim (auch in Karnten) ? eng (beieinander)
  • Gluuf, Gluufe, Glufa ? Sicherheitsnadel, Stecknadel (vgl. Gufe im Schweizerdeutschen und Glufa im Schwabischen)
  • lei (auch in Karnten) ? nur
  • losna, horchn ? horen (vgl. schweizerdeutsches Verb lose )
  • lipfa, lupfn ? hochheben
  • Marenda ? Jause (Zwischenmahlzeit)
  • Halbmittag ? vormittagliche Jause (sudtirolspezifisch)
  • marenda bzw. untern ? jausnen
  • Mosbeer ? Heidelbeeren
  • oi, oui, euchi, oachn, ouchn, ocha ? hinunter
  • d ? dies
  • dear, dr ? der
  • dia ? die
  • semm, zem, detta, dert ? dort

Weit verbreitet sind folgende Begriffe; ihre Bedeutung kann von Ort zu Ort etwas verschieden sein. Nicht alle Aussprachevarianten sind in der Liste berucksichtigt.

  • bekirnan, pekiengin ? verschlucken
  • decht ? dennoch, doch
  • drlada, drloadn ? langweilen, verdrießen
  • dunta ? unten
  • endern ? jenseits des
  • felli, fellig, follig ? fast, nahezu
  • floka lossa, flacken ? liegen
  • Formas, Foarmos ? Fruhstuck
  • gahl, lobelat ? schwach gesalzen
  • ghilb, gehilbe ? bewolkt, nebelig
  • glangla losa, glenggang ? baumeln, (lose) hangen
  • gliandi, gleanig, gluenig ? gluhend
  • Grantl, Gront, Grant, Troug ? Trog
  • graschglan, graschplen ? knistern, knirschen, rascheln
  • Griffl ? Finger
  • huppm, happm ? (ein Kind) in den Arm nehmen
  • Huudr, Hudr, Hudo ? Lappen, Tuchfetzen
  • iatz ? jetzt
  • inrua lossa, unkeit lossn ? unbehelligt lassen, in Ruhe lassen
  • Kallar, Schopfa ? Kelle
  • kraaln, gralln ? kratzen
  • Kondla, Kondl ? Kanne
  • Lulle, Lullar, Luller ? Schnuller
  • nacht ? gestern
  • nikarli mocha, napsln, nuagerle ? Mittagsschlafchen
  • Neunerlen ? vormittagliche Jause
  • Ora, Losar ? Ohren
  • Patatti ? Kartoffel (Tiroler Oberland)
  • plindara, plintern ? umziehen, Wohnung wechseln
  • Pundl, Pundal ? Kanne, Behalter
  • Purzigogla, Puchzigoglar, Purzigagel ? Purzelbaum
  • Riibl, Riiblar ? eine Art Schmarren
  • roogl, rougl, rougla ? locker, nicht verfestigt
  • Schiifara, Schiifer ? Holzsplitter (in der Haut)
  • schittla, naggln ? wackeln, schutteln
  • schmargala/stinka, schmargelen ? ubel riechen
  • schwenza ? spulen
  • springea ? laufen
  • Strauch, Strauche ? Erkaltung, Schnupfen
  • Suur, Gilla ? Jauche, Gulle
  • taasig ? benommen, abgeschlagen, schlapp
  • Taatl, Tootn ? Schublade, Behalter
  • Teggn ? Gebrechen, Schaden
  • Tiisl ? Grippe, Krankheit
  • Troppl ? Falle
  • Tschippl, Schiipl ? eine (kleine) Menge
  • Tschottn, Tschouttn, Schotta ? Quark, geronnene Milch
  • wiach, wiache ? (sehr) fett
  • zfleiß, zefleiße ? absichtlich, zum Trotz
  • Zeggr ? Handkorb, Einkaufstasche
  • Zogglar ? schlecht Gekleideter, Landstreicher, Nichtsnutz
  • Notsch ? Schwein
  • ? ? Zeitung

Der Wortschatz der Tiroler Dialekte wird erfasst und beschrieben im Worterbuch der bairischen Mundarten in Osterreich .

Einfluss anderer Sprachen

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Der Tiroler Dialekt wurde durch andere Sprachen zuvor ansassiger und im Laufe der Volkerwanderung sesshaft gewordener Volker beeinflusst. Dies gilt vor allem fur das Ratoromanische , das in den meisten Gebieten im Laufe der Jahrhunderte verdrangt wurde. Dies macht sich vor allem in romanisierten Bezeichnungen wie z. B. Balla fur Ballen (Tiroler Oberland) bemerkbar. Im Pustertal und in Osttirol, wie auch in Karnten, kommt ein slawischer Einfluss hinzu, der sich vor allem in einer wesentlich weicheren Aussprache niederschlagt. In Sudtirol haben sich durch die Zugehorigkeit zu Italien einige italienische Lehnworter entwickelt.

Regionale Auspragungen

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In Tirol verlaufen Mundartgrenzen im Westen zum Alemannischen Vorarlbergs, das eine scharfe Grenze bildet, und etwa ostlich von Schwaz (ohne Zillertal) zum mittelbairischen Ubergangsgebiet.

Wahrend es im Suden und Osten sowie im Zentralraum von Nordtirol alm / ajm (Alpe, Bergweide) oder w?sn (Wiese) heißt, zeigt sich im Westen mit alwe und w?se ein Ubergangsgebiet zum Alemannischen (etwa Vorarlbergs ), wo weiter westlich auch das -e schwindet ( alp , w?s ). Weitere Kennzeichen des Tiroler Oberlandes sind gsejt statt gsagt (gesagt) und it statt nit (nicht). Es wird auch eine typisch alemannische Redensart verwendet. So heißt es im restlichen Tirol z. B. I gea iatz schwimmen (Ich gehe jetzt schwimmen), in Teilen des Oberlands hingegen I gea iatz ga schwimma . Dies ahnelt sehr dem alemannischen Etzt gang i ga schwimma .

Im Oberinntal lauten Verkleinerungsformen auf -le, -ele und -eli, wahrend im ubrigen Inntal ein -l angehangt wird. Die Lautgruppen des kurzen el werden im Oberland zu al (Welt ? Walt oder Geld ? Gald).

Der Begriff ?Tiroler Zentralraum“ bezeichnet hauptsachlich Innsbruck (Bezirke Innsbruck-Stadt und Innsbruck-Land). Der Großraum Innsbruck zeichnet sich durch seinen fur Auswartige relativ leicht verstandlichen Dialekt aus. Er weist alle fur das Tirolerische typischen Merkmale auf, steht jedoch unter einem wesentlich starkeren Einfluss des Standarddeutschen , wobei es sich um einen Ausgleichsdialekt handelt, wie man ihn auch etwa in Vorarlberg im Raum Bregenz findet (sog. Bodeledutsch ). Ein typisches Kennzeichen des Dialektes dieser Region ist das sehr deutlich ausgesprochene ?kch“. Aufgrund der hohen Sprecherzahl (allein in der Agglomeration Innsbruck leben 183.000 Einwohner) wird dieser Dialekt als ?Standardtirolerisch“ bezeichnet bzw. angesehen und daher auch in Film und Fernsehen verwendet, wenn Textszenen im Tiroler Dialekt vorkommen oder wenn Tiroler imitiert werden. Das Innsbruckerische dehnt sich aufgrund der sich bemerkbar machenden Stadtflucht immer weiter aus und bedrangt die in den Dorfern ansassigen Dialekte. Bemerkbar macht sich dies vor allem im westlichen Mittelgebirge und dem Gebiet zwischen Telfs und Innsbruck.

Stubaier Dialekt

Der Stubaier Dialekt gehort zur Westtiroler Sprachfamilie und hat sich im Laufe der Zeit verandert, sodass es im Stubaital mehrere Dialekte gibt. Diese Varianten sind ahnlich dem Otztaler Dialekt. Bis im Hochmittelalter wurde im Stubai noch Ratoromanisch gesprochen, dies pragt die Sprache heute noch ( Hermann Ignaz Bidermann [2] berichtet 1877 daruber, dass sich, einer Uberlieferung nach, die deutschsprachige Bevolkerung des vorderen Talbereichs noch im Hochmittelalter nicht mit den ratoromanischen Stubaiern im hinteren Talbereich verstandigen konnte).

Unterschiede innerhalb des Tales sind u. a.:

  • In Schonberg im Stubaital wird eine Mischung aus dem Innsbrucker Dialekt und dem Wipptaler Dialekt gesprochen.
  • In Mieders wird ein Mischdialekt zwischen dem Stubaier und den Wipptaler Dialekt gesprochen.
  • In Fulpmes und in Telfes ist der Dialekt genuin stubaierisch : Das ?r“ wird wie im amerikanischen Englisch ausgesprochen, was zum ?Markenzeichen“ fur das Stubaierische geworden ist.
  • In Medraz (Gemd. Fulpmes ) und Neder (Gemd. Neustift ) wird ein Ubergang vom ?Fulpmer“ zum ?Neustifter“ Dialekt verwendet.
  • In Neustift wird das ?r“ weicher ausgesprochen, und die Umlautung verschiebt sich. Z.B. wird guat zu guat oder Looch zu Loch .

Als Beispiel ein Spruch von Heinrich Muigg:

A toal Leit seiin heid
so gscheid, so ibergscheit,
daß ouan 's loppat seiin
a mear taug.

Wipptaler und Gschnitzer Mundart

Der Wipptaler Dialekt ist ein Mischdialekt mit Einfluss aus ganz Tirol. Die Wipptaler Mundart wurde durch alle Tiroler Dialekte gepragt, da das Wipptal ein wichtiger Handelsweg war.

Im Gschnitztal wird eine ahnliche Form gesprochen, jedoch mit Einfluss des Stubaier und Passeier .

Teile des Nordtiroler Unterlands , besonders die Bezirke Kufstein und Kitzbuhel sowie das Achenseegebiet , weisen mit der Aussprache fest und du bist Ubergangsmerkmale zum Mittelbairischen auf. Im Unterland ist es ebenfalls gelaufig, den Laut ?L“ zu vokalisieren. Beispiel: ?Alm“ wird zur ?Oim“. Der ?Schaufelstiel“ wird zum ?Schaufestu“ und der ?Ball“ wird zum ?Boi“. Das ?K“ wird im Unterland sehr deutlich als ?kch“ ausgesprochen. Ein ?r“ vor einem ?t“ verwandelt sich in ?sch“. Zum Beispiel ist ?fertig“ im Unterland als ?feschtig“ bekannt. Ein weiteres Beispiel fur dieses Phanomen ist das Wort ?hoscht“, was so viel wie ?schwerfallig“, ?muhsehlig“, oder ?hart“ bedeutet.

Einige Sprachbesonderheiten, die es sonst im Tiroler Unterland nicht gibt, kennt das Zillertal , im Dialekt ?Zillachtol“. Z. B. wird ? wie auch im Otztal ? an Stelle von dann das Wort aft (ausgesprochen wie oft ) oder oftang benutzt. Zudem wird im Zillertal im Gegensatz zum umliegenden Inntal anstatt senn (was sind bedeutet) henn verwendet. Beispielsweise bedeutet ?Oftang henn mia huam gongen“ oder ?Oftang hemma huam gongen“ ?Dann sind wir nach Hause gegangen“. Wahrend im restlichen Unterland aus einem ?rt“ ?(r)scht“ wird, wird es im Zillertal zu einem stark betonten ?chrt“ (z. B. ?feschtig“ zu ?fechrtig“, oder ?hoscht“ zu ?hochrt“). Weiters gibt es auch im Zillertalerischen stellenweise eine Lautverschiebung von o auf o, sowie von u auf u (z. B. wird toll zu toll , oder guat zu guat ). Das Wort ?sell“ fur ?das“ oder ?dieser“, ublich in Oberlander und Sudtiroler Dialekten, hat sich ebenfalls erhalten, zum Beispiel ?Sell isch guat“ fur ?Das ist gut“, oder ?Hot a sell gsogt?“ fur ?Hat er das gesagt?“. [3]

Die jahrhundertelange Zugehorigkeit zum schwabischen Bistum Augsburg pragte Teile des Außerfern (im Bezirk Reutte , ?Schwabisch Tirol“), die der schwabisch -alemannischen Dialektgruppe angehoren, die Ahnlichkeiten mit den Dialekten des angrenzenden Allgaus aufweisen (vor allem um Vils , Reutte und im Tannheimer Tal ). Hier verlauft auch die schwabisch-bairische Hauptgrenze, die sich von Daag , Wasser gegen Doog , Wassa und daat gegen daat (= tate) abgrenzt.

Das obere Lechtal sowie das Lermooser Becken sind starker durch den Oberinntaler Dialekt beeinflusst. Im oberen Lechtal bestand und besteht eine Nahebeziehung zum Vorarlbergischen, insbesondere zum Walserischen und Walderischen ( Walser , Vorarlbergerisch , Walderisch , Holzgau ).

In Sudtirol sind etwa zwei Drittel der Bevolkerung deutscher Muttersprache. Ein Großteil davon benutzt die lokale Mundart haufig. Das landesubliche Standarddeutsch , das als ? Sudtiroler Deutsch “ eine Standardvarietat der deutschen Sprache darstellt, beschrankt sich im mundlichen Gebrauch hauptsachlich auf die Schule und die Medien. Im Schriftlichen ist die Mundart selten; sie wird von Mundartdichtern genutzt und oft von Jugendlichen beim Schreiben von SMS und vor allem in den sozialen Netzwerken . Der Sudtiroler Dialekt stellt keinen eigenen Zweig des Tiroler Dialektes dar, zumal die Mundart mancher Gebiete Sudtirols jener benachbarter Orte jenseits der Staatsgrenze ahnlicher ist als jener anderer Sudtiroler Gebiete. Die Reibelaute f und s werden in Sudtirol schwacher als in Nordtirol ausgesprochen, z. B. kafn bzw. kaffn (kaufen) und hoaßn bzw. hoassn (heißen). Laut J. Schatz kommt der gg-Laut zwar in ganz Tirol vor, aber nur in Sudtirol auch als Anlaut; er hort sich wie c im franzosischen ?cognac“ an.

Nach dem Ersten Weltkrieg war die deutschsprachige Minderheit in Italien einer von Rom betriebenen Italianisierungspolitik ausgesetzt ( Italienischer Faschismus ), die auch das Verbot der deutschen Schulen beinhaltete. Trotzdem wurde die Muttersprache mundlich weitergegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es wieder Schulen mit deutscher Unterrichtssprache. Ab den 1960er-Jahren nahmen die kulturellen Kontakte zum ubrigen deutschen Sprachraum ? bedingt zu einem guten Teil durch den Tourismus und die Medien ? wieder zu und fuhrten zu einer Bereicherung des dialektalen Wortschatzes, aber auch zu einer besseren Beherrschung des Standarddeutschen.

Rezente Beeinflussungen durch die italienische Sprache machen sich besonders im Wortschatz bemerkbar, allerdings meist nur im mundlichen Sprachgebrauch. Als typisches Beispiel kann die Bezeichnung Targa gelten, die fur das Nummernschild eines Fahrzeuges verwendet wird. In diesem besonderen Fall stammt die italienische Wurzel aus dem altfrankischen ?targa“ (Schild), also aus dem germanischen Sprachbereich. Sehr oft ist das Wort magari (?womoglich, vielleicht“) zu horen. Die auf das Griechische zuruckgehende Bezeichnung Hydrauliker fur den Installateur wird teilweise auch schriftlich verwendet. Andere typische Beispiele sind tipo (Typ) oder die Ubersetzung des italienischen Begriffs casino (Bordell), der im Sudtirolerischen sowie im Italienischen fur "Unordnung" und auch fur ?Puff“ verwendet wird. Eigentumliche romanische Einflusse hat es schon vor dem 20. Jahrhundert gegeben, nicht nur sudlich des Brenners . So ist in Grantn ( Preiselbeeren ) die Ahnlichkeit mit dem ladinischen ?graneta“ (Preiselbeere) und mit dessen Wurzel, dem lateinischen ?granum“ (Korn), zu erkennen. Auch bei der Aussprache hort man gelegentlich Tendenzen zum Italienischen; beispielsweise sprechen manche Personen ignorieren als iniorieren aus.

Auch das Englische zeigt, ahnlich wie im ubrigen deutschen Sprachraum (Deutschland, Osterreich usw.), seine Wirkung auf die Alltagssprache.

Bei der Sudtiroler Mundart sind viele lokale Varianten unterscheidbar. Diese sind Teil großerer Dialektgruppen, die nach den Talern oder Talabschnitten benannt werden (z. B. Pustrerisch , Vinschgerisch , Sarnerisch , Unterlandlerisch , Pseirerisch …). Eine grobe Einteilung in drei Dialektgruppen (ostliche, zentrale und westliche) ist moglich, genaue Grenzen lassen sich jedoch nicht ziehen.

Die ostliche Gruppe ist am deutlichsten vom ubrigen Sudtirol abgegrenzt und umfasst das Pustertal mit seinen Seitentalern. Dort ist das mittelhochdeutsche uo (z. B. muoter, also Mutter) zu ui ( Muito ) geworden, in anderen Teilen Sudtirols zu ue oder ua ( Muetr, Muatr ). An diesem letzten Beispiel fallt auch die typische Vokalisierung der Endung -er auf. Das mittelhochdeutsche ei (Stein) erscheint im Osten als langes a ( Staan ), andernorts als ue oder oa ( Stuen, Stoan ). Im Pustertal , teils auch im Eisacktal , wird die Endung -en beim Verb in manchen Fallen weggelassen, z. B. nemm (nehmen). Weibliche Hauptworter, die im Osten des Landes auf e auslauten, haben dieses im Suden und Westen nicht, z. B. Fraide bzw. Fraid (Freude), Suppe bzw. Supp oder Suppm , auch in der Mehrzahl lauten manche Hauptworter auf -e aus: Pame (Baume) im Unterschied zu Pam . Das mittelhochdeutsche iu wird im Suden und Westen als ui, im Osten als oi ausgesprochen: Fuier/Foia .

Eine weitere, schwacher ausgepragte, Grenze trennt den Vinschgau , in mancherlei Hinsicht auch das Ulten- und Passeiertal als westlichen Teil ab. Typisch fur den Westen ist die Verwendung von sui fur ?sie“ (Plural) und ?ihnen“, dia als Demonstrativpronomen fur ?die“ oder ?diese“, weiters a Readl (eine Weile). Auf den Westen beschrankt ist auch onni (hinuber), das einem ostlichen und sudlichen ummi , umi oder umme gegenubersteht. Außer diesen und anderen Besonderheiten im Wortschatz fallt im Westen eine deutlichere Verschiebung von ?k“ zu ?kch“ auf. Eine grammatikalische Eigenart des Vinschger Dialekts ist die ungewohnliche Verwendung des Dativpronomens: Du hosch miar drleast ?Du hast mich erlost“.

Im Sudtiroler Unterland fallt die Dehnung der Vokale besonders auf; bei kejmen (kommen) beispielsweise ist die Vokallange gleich wie bei nejmen (nehmen).

Noch in der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts hatten viele Orte Sudtirols einen unterscheidbaren typischen Dialekt, der sich geografisch zuordnen ließ; mancherorts gibt es das auch noch zu Beginn des folgenden Jahrhunderts. Die zunehmenden ortsfremden sprachlichen Einflusse und die zunehmende Mobilitat wirkten und wirken in Richtung Nivellierung der lokalen Sprachvarianten.

Mit vielen anderen Tirolern teilen die Einwohner Ausdrucke wie z. B. Unterdach (Dachboden), Langes / Langis (Fruhjahr), Tschurtsch (Zapfen der Nadelbaume), Pei (Biene), Patschn (Hausschuhe). Wie in Sudtirol wird die Heidelbeere nach ihrer Farbe als Schwarzbeere bezeichnet (Schworzpa). Gitsch(e) (Madchen) (zum Salzburgischen hin eher Diandle genannt), sem / selm / zem (dort) und (Hai)schupf(e) (Almstadel) sind ebenfalls in beiden Landern in Gebrauch.

Das Pustertal ist Sudtirol und Osttirol gemeinsam; daher gilt fur dieses Tal zum Teil das, was schon im Abschnitt ?Sudtirol“ gesagt wurde. Allerdings ist weiter im Osten sowie im Einzugsgebiet der Isel manches anders. Dort heißt es nicht Pui (Bub) wie im Pustertal, sondern Pue (die langen / oː uː / werden zu / øː yː / palatalisiert und teildiphthongiert) oder Pue ; an Stelle von fogun und scham (vergonnen und schamen) sagt man fogunen und schomen ; Staan (Stein) wird zu einem nasalen Stoan . Die Adverbien hinauf, hinein und hinab lauten in den genannten Gebieten Osttirols aufn, aini, ohin , und nicht augn, inne, ogn wie bei den westlichen Nachbarn. Von den meisten ubrigen Tirolern unterscheidet viele Osttiroler die Vokalisierung des ?r“: Joa, wean, toia (Jahr, werden, teuer), wie es fur das benachbarte Karntnerische typisch ist.

Kleinraumige Unterschiede

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Manche Kleinregionen zeigen die Bildung der Vokale o und u, wie etwa gekofet , hoech , guet im Otztal oder Coca Cola im Zillertal .

Ein besonderer Dialekt ist der Nauderer Dialekt. Er ahnelt sehr dem Dialekt des oberen Vinschgaus und entstand durch die Eindeutschung der Sprache der dort ansassigen Ratoromanen im 14./15. Jahrhundert. Dieser Dialekt orientiert sich einerseits am Dialekt des Raumes Innsbruck, behielt aber einen ratoromanischen Akzent. Er unterscheidet sich somit stark von den Dialekten in den angrenzenden Nachbargemeinden des Oberlandes. So heißt es z. B. im Innsbrucker Dialekt I bin nu nit hoam gongen, weil i die Schoof nu nit gschehrt hun , im Oberland I bin nou it huam gonga, weil i ’d Schoof nou it gschoara honn , in Nauders I bin no nuicht hoam gongen, weil i die Schouf nou nit gschourn hob (auf Standarddeutsch: ?Ich bin noch nicht nach Hause gegangen, weil ich die Schafe noch nicht geschoren habe“). Daruber hinaus gibt es in Nauders und im oberen Vinschgau keinen Akkusativ: man sagt z. B. statt I honn di gern (Ich hab dich gern) in Nauders I hob dir gern (Ich hab dir gern).

Grenznahe Regionen

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Die Tiroler Dialekte beeinflussen auch grenznahe Regionen, wie:

Weitere Einflusse

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Urtumliche Formen des Tirolerischen finden sich in den Sprachinseln Welschtirols ( Fersental , Sieben Gemeinden ) sowie bei den Hutterern in Nordamerika, des Weiteren noch in Pozuzo (Peru).

  • Karl Kurt Klein , L. E. Schmitt (Hrsg.): Tirolischer Sprachatlas , bearb. von Egon Kuhebacher . Innsbruck: Tyrolia 1965?1969, DNB 458348414 .
  • Johann Baptist Schopf, Anton J. Hofer: Tirolisches Idiotikon . Innsbruck: Wagner 1866 ( Vollstandige Ansicht in der Google-Buchsuche); Vaduz: Sandig Repr. Verl. 1985 (unveranderter Nachdruck).
  • Heidemaria Abfalterer: Der Sudtiroler Sonderwortschatz aus plurizentrischer Sicht . Innsbruck: Innsbruck University Press 2007, ISBN 3-901064-35-4 (= Innsbrucker Beitrage zur Kulturwissenschaft, Germanistische Reihe , Band 72).
  • Josef Schatz : Worterbuch der Tiroler Mundarten ( Schlern-Schriften 119?120). Innsbruck: Wagner 1955/56.
  • Josef G. Mitterer: Lienzer Grammatik. Eine dialektologische Einfuhrung in die Mundarten des Lienzer Talbodens. CreateSpace 2018. ISBN 1-986792-40-4
  • Hans Moser in Zusammenarb. mit Robert Sedlaczek : Das Worterbuch der Sudtiroler Mundarten. Innsbruck-Wien: Haymon 2015. ISBN 978-3-7099-7838-2
  • Hans Moser: Das große Worterbuch der Tiroler Dialekte . Innsbruck-Wien: Haymon 2020. ISBN 978-3-7099-3457-9

Einzelnachweise

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  1. Ortsverzeichnis 2001 Tirol (PDF; 3,1 MB), Statistik Austria , Wien 2005, ISBN 3-902452-46-3 , S. 36 und S. 44. Die Ortslagen Alm und Alpe werden hier getrennt gefuhrt, vergl. Erlauterungen: 7. Almen, Alpen, Bergguter und Vorsaßen , S. 14
  2. Hermann Ignaz Bidermann: Die Romanen und ihre Verbreitung in Osterreich . Graz 1877, S. 108 http://www.archive.org/stream/dieromanenundih00bidegoog#page/n7/mode/2up
  3. Worterbuch Zillertaler Dialekt. Abgerufen am 7. April 2023 .