Der eiskalte Engel

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Film
Titel Der eiskalte Engel
Originaltitel Le Samourai
Produktionsland Frankreich ,
Italien [1]
Originalsprache Franzosisch
Erscheinungsjahr 1967
Lange 98 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Jean-Pierre Melville
Drehbuch Jean-Pierre Melville
Produktion Raymond Borderie
Eugene Lepicier
Edmondo Amati (ungenannt)
Musik Francois de Roubaix
Kamera Henri Decae
Jean Charvein
Schnitt Monique Bonnot
Yo Maurette
Besetzung

sowie

Synchronisation

Der eiskalte Engel (Originaltitel: Le Samourai ) ist ein franzosisch-italienischer Kriminalthriller aus dem Jahr 1967. Regie fuhrte Jean-Pierre Melville , die Hauptrolle spielte Alain Delon .

Handlung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

?Es gibt keine großere Einsamkeit als die eines Samurai , außer vielleicht die eines Tigers im Dschungel.“ Mit diesem fiktiven Zitat aus den Buchern des Bushid? begegnet der Zuschauer Jef Costello, der einsam auf dem Bett in seinem außerst bescheidenen, sparlich moblierten Appartement liegt. Fast mechanisch kleidet er sich an, setzt den Hut auf und verabschiedet sich von seinem Zimmergenossen, einem Dompfaff im Kafig. Auf der Straße entwendet er routiniert einen unverschlossen geparkten Citroen DS und fahrt zu einer abgelegenen Garage, wo ein Mann wortlos die Nummernschilder austauscht und ihm einen Revolver aushandigt.

Nachdem er sich bei seiner Freundin, die als illegale Edelprostituierte mit eigener Wohnung arbeitet, ein Alibi verschafft hat, geht er in einen Nachtklub und erschießt den Barbesitzer. Dabei wird er von der Pianistin Valerie uberrascht, die ihn fluchten lasst, ohne einen Ton zu sagen. Costello wird noch in der gleichen Nacht mit vielen anderen Mannern bei einer ganz Paris umfassenden Razzia von der Polizei mitgenommen. Er war im Lokal von mehreren Gasten gesehen worden, und so kommt es zu einer polizeilichen Gegenuberstellung. Da sich aber nicht alle Zeugen sicher sind, die Pianistin Valerie leugnet, in ihm den Morder zu erkennen, und das Alibi seiner Freundin stichhaltig scheint, kann der Kommissar ihn nicht festhalten. Bei der Freundin Costellos dringt der Kriminalist mit dem Versuch nicht durch, ihr einerseits wegen Falschaussage zu drohen und sie andererseits mit dem Verweis auf die Pianistin eifersuchtig zu machen. Costello lasst er beschatten.

Wegen des Verhors bei der Polizei beginnen Costellos Auftraggeber, ihm zu misstrauen, und wollen ihn loswerden. Bei der vereinbarten Geldubergabe auf einem Bahnhof versucht ihn der Handlanger der Auftraggeber zu ermorden; Costello setzt sich erfolgreich zur Wehr und wird dabei am linken Arm verletzt. Der Killer flieht. Costello gerat zwischen die Fronten. Da er sich das Motiv der Pianistin nicht erklaren kann, sucht er sie auf und stellt sie zur Rede.

Eine nachts in seiner Wohnung angebrachte Wanze, die von einem gegenuberliegenden Hotelzimmer aus abgehort werden soll, entdeckt der misstrauische Costello nach seiner Ruckkehr schnell und setzt sie außer Betrieb. Costello wird nun auf Schritt und Tritt von Dutzenden Zivilpolizist(inn)en uberwacht. Er bemerkt dies und kann seine Verfolger nach einer Irrfahrt durch die Pariser Metro abschutteln. Erneut stiehlt er einen Wagen und gelangt unbemerkt in seine Wohnung.

Dort wird er vom Killer seiner Auftraggeber uberrascht. Diese wollen ihm noch eine Chance geben und bezahlen ihn fur einen weiteren Mord, wobei die Identitat des Opfers im Unklaren bleibt. Costello uberwaltigt den Killer und erfahrt von ihm den Namen des Auftraggebers. Er lasst den an einen Stuhl gefesselten Killer in seinem Appartement zuruck. Er trifft den Auftraggeber in der Wohnung der Pianistin an, nachdem er die Tur aufgetreten hat, und erschießt den Mann. Wohlwissend, dass er von der Polizei uberwacht wird, sucht Costello den Nachtklub auf. Anders als bei zwei fruheren Besuchen richtet er sich diesmal nicht auf einen schnellen Abgang ein. Er stellt den Wagen ab und gibt an der Garderobe seinen Hut ab, ohne jedoch die Garderobenmarke mitzunehmen. Vor den Augen der zahlreichen Gaste geht er auf die Pianistin zu und richtet seinen Revolver auf sie. In diesem Augenblick wird er von der Polizei erschossen. Es stellt sich heraus, dass Costellos Waffe ungeladen war.

Entstehungsgeschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Melville hatte sich durch seine unverwechselbare Handschrift, die durch einen pragnanten visuellen Stil gekennzeichnet ist, im Frankreich der sechziger Jahre einen Namen gemacht. Er war der einzige franzosische Regisseur, der unabhangig in seinem eigenen Studio arbeiten konnte und bereits mit allen großen franzosischen Stars gedreht hatte. Nur zu einer Zusammenarbeit mit Alain Delon war es nicht gekommen. Delon konzentrierte sich auf seine Karriere in Amerika und hatte 1966 weder Interesse am franzosischen Film noch an dem hauptsachlich mit Kriminalstorys erfolgreichen Regisseur Melville.

Melville gelang es jedoch, sich bei Delon einen Termin zu verschaffen, um ihn von der Rolle des Killers zu uberzeugen. Er begann damit, ihm das Drehbuch vorzulesen. Nach etwa sieben oder acht Minuten unterbrach ihn Delon, der bis dahin noch keinerlei Dialog gehabt hatte, was er so interessant fand, dass er zusagte. Als Melville ihm daraufhin den Titel des Films nannte, der im Original Le Samourai , also Der Samurai , heißt, fuhrte Delon ihn in sein Schlafzimmer und zeigte ihm ein großes Samuraischwert, das direkt uber dem Bett hing. [2]

Fur die Rolle der Geliebten von Costello besetzte Melville Delons damalige Frau Nathalie Delon . Die Ehe war jedoch schon in Auflosung begriffen, und so ist die Abschiedsszene, in welcher der bis dahin stoisch, fast apathisch blickende eiskalte Engel in einer Umarmung mit Nathalie das erste Mal die Augen schließt, auch als Abschiedsgeste fur das Ehepaar zu lesen. Melvilles Erzahlungen zufolge trennte sich das Paar noch am selben Abend. [3]

Ein weiterer Freund Melvilles verabschiedete sich in Der eiskalte Engel : der zur Drehzeit bereits todkranke Schauspieler Andre Salgues (Andre Garret), der die Rolle von Costellos Komplizen in der Autowerkstatt spielte. Salgues’ einzige Worte im Film, gesprochen in der letzten Garagenszene, sind: ?Ich warne dich, Jef, das ist das letzte mal.“ [3]

Der Schicksalsschlage nicht genug, brannte Melvilles Studio unmittelbar nach den Dreharbeiten komplett ab, wobei der im Film gezeigte Dompfaff starb. [3] Von dem erheblichen finanziellen Schaden des Studioverlusts erholte sich Melville in den folgenden Jahren nur schwer.

Deutung durch Melville [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Fur Melville leidet Costello an schizoiden Personlichkeitsstorungen . Der Regisseur beschaftigte sich in der Vorbereitung ausfuhrlich mit diesem Krankheitsbild. [3] Ansonsten beschrankte sich Melville jedoch auf minimale Hinweise; so soll der leichte Vertigo-Effekt in der Anfangstotalen, in der Costello rauchend in seinem Bett liegt, verdeutlichen, dass mit dem Helden etwas nicht stimmt. In den folgenden Einstellungen, in denen Costello ein Auto stiehlt, wird er durch die verregneten Fenster des Autos gezeigt. Costello betrachtet die Welt durch einen Schleier, auch das Lacheln einer vorbeifahrenden Schonen ignoriert er reaktionslos. Die Figur der Pianistin Valerie verkorpert fur Melville den Tod. Costello verliebt sich in sie, d. h., er legt sich freiwillig in die Arme des Todes.

Am ursprunglichen Ende des Films lachelt Costello, als er von den Polizisten erschossen wird. Delon hatte Melville nicht mitgeteilt, dass er bereits einen Filmtod mit einem Lacheln gespielt hatte. Als Melville es dann erfuhr, drehte er ein neues, im Film zu sehendes Ende, in dem der eiskalte Engel mit stoischem Gesichtsausdruck stirbt. [2]

Rezeption [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Dem Film war mit fast zwei Millionen Kinogangern allein in Frankreich [4] großer Erfolg beim Publikum beschieden. Erntete er ursprunglich sowohl begeisterte als auch vernichtende Kritiken, ist heute seine große filmhistorische Bedeutung allgemein anerkannt. Er zahlt unter Filmkritikern und Filmemachern als das unbestrittene Meisterwerk von Melville und beeinflusst bis heute eine Vielzahl von Regisseuren. Michael Mann , Martin Scorsese und David Fincher beziehen sich auf ihn bzw. zitieren ihn, Quentin Tarantino hat in zahllosen Interviews Melvilles Namen wieder ins Gesprach gebracht. Fur John Woo ist Der eiskalte Engel stilpragend und Melville bezeichnet er als ?seinen Gott“. Die Einbandgestaltung von Reclams Krimi-Lexikon verwendete 2002 ein Szenenfoto mit Alain Delon.

Kritiken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

?Ein Gangsterfilm, doch einer, in dem nicht Oberflachenreize und das Temperament des Melodrams herrschen, sondern die Kuhle der Parabel und die Strenge konsequenter Gedanken“

? Die Zeit , 2. April 1968 [5]

?Zwischen nouvelle vague und film noir inszenierte Jean-Pierre Melville virtuos stilisiertes Gangster-Kino uber einen Killer, der seinen Job verliert, ohne den er nicht existieren kann: ,Es gibt keine großere Einsamkeit als die eines Samurai, es sei denn die eines Tigers im Dschungel‘, lautet das Bushido -Motiv aus dem Vorspann und erklart damit den Originaltitel.“

?Ein in Regie und Darstellung perfekt gestalteter Gangsterfilm, der sich bewußt nicht an der Wirklichkeit orientiert. Kino von hohem asthetischem Reiz.“

?In filmisch vollkommener, leicht romantisierender Weise wird die Geschichte eines einsamen Killers gezeigt […]. Der Film setzt beim Betrachter die Fahigkeit und den Willen voraus, das Sinnbildhafte des Geschehens zu erkennen und zu begreifen, Filmwelt und Realitat zu unterscheiden. Fur diesen Zuschauerkreis zu empfehlen.“

?Man kann […] sagen, dass die gesamte Atmosphare des Films Ruckschlusse zulasst auf die Zeit, in der der Film entstanden ist ? eine kalte, gefuhllose Welt des Ubergangs, in der uberkommene Strukturen, Mentalitaten und Umgangsformen ihrem Ende entgegengehen, aber nur weil sich andere gegen das Uberkommene aufbaumen. Diese Welt scheint uber ihr Ende hinaus zu wuchern, im Todeskampf zu liegen. Man wehrt sich gegen Anderungen, Neuerungen, indem man den alten Pfaden einfach weiter folgt. […] Die Menschen wirken wie Maschinen, wie Roboter in einer Hulle aus Haut, ihre Handlungen wie logische Operatoren einer mathemischen Formel. Verandert sich eine Variable, kann sich die andere nur in einer Weise andern. Melville untermauert diese kuhl-mechanische Atmosphare mit einer quasi dokumentarischen Inszenierung, in die Zeitangaben uber den Ablauf der Ereignisse eingeblendet werden.“

? Ulrich Behrens [8]

Auszeichnungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die aus Martinique stammende franzosische Schauspielerin Cathy Rosier (1945?2004) gewann fur die Rolle der Valerie 1968 den Etoile de Cristal als beste Darstellerin. Als Jazzpianistin spielt sie auch an der Hammond-Orgel, wobei Eddy Louiss im Soundtrack spielt. [9]

Weiteres [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In Jim Jarmuschs Film Ghost Dog ? Der Weg des Samurai finden sich Zitate und Reminiszenzen an Der eiskalte Engel . [10]

Der Le Canari betitelte Trailer zum Internationalen Filmfest Oldenburg 2019 , der unter der Regie von Deborah Kara Unger und Torsten Neumann gedreht wurde, zitiert die Anfangsszene, ersetzt allerdings den Gimpel durch einen Kanarienvogel . [11]

Synchronisation [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Rolle Darsteller Synchronsprecher [12]
Jef Costello Alain Delon Klaus Kindler / Martin Kautz (neue Szenen)
Kommissar Francois Perier Holger Hagen
Valerie, die Pianistin Cathy Rosier Renate Grosser
Olivier Rey Jean-Pierre Posier Norbert Gastell
Damolini Georges Casati Erich Ebert

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Rui Nogueira: Kino der Nacht ? Gesprache mit Jean-Pierre Melville (herausgegeben und aus dem Franzosischen ubersetzt von Robert Fischer). Alexander Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-89581-075-4 . S. 161?178.
  • Xavier Canonne: Requiem pour un homme seul . Les Marees de la nuit, Morlanwelz 2010, ISBN 978-2-8052-0090-8 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b Der eiskalte Engel. In: Lexikon des internationalen Films . Filmdienst , abgerufen am 20. Marz 2020 .
  2. a b Rui Nogueira: Authors on Melville , Interview auf der criterion-collection-DVD, 2005. Nogueira ist der Autor des 1971 erschienenen Buches Melville on Melville mit Interviews von Melville.
  3. a b c d Rui Nogueira: Kino der Nacht ? Gesprache mit Jean-Pierre Melville , S. 170 bzw. S. 168 bzw. S. 175 bzw. S. 161.
  4. Ginette Vincendeau: Authors on Melville , Interview auf der criterion-collection-DVD, 2005.
  5. Filmtips . In: Die Zeit , Nr. 31/1968, 2. April 1968.
  6. Der eiskalte Engel. In: prisma . Abgerufen am 5. April 2021 .
  7. Evangelischer Filmbeobachter , Evangelischer Presseverband Munchen, Kritik Nr. 279/1968.
  8. Ulrich Behrens: Der letzte Samurai. In: filmzentrale. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 3. August 2020 ; abgerufen am 16. August 2019 .   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.filmzentrale.de
  9. David Meeker Jazz on Screen
  10. arteshock: Ghostdog
  11. Filmfest Oldenburg: Frei wie ein Vogel. In: Oldenburger Onlinezeitung. 15. August 2019, abgerufen am 20. August 2019 .
  12. Der eiskalte Engel in der Deutschen Synchronkartei