Der Mann, der Sherlock Holmes war
ist ein komodiantischer
Kriminalfilm
und zugleich ein
Sherlock-Holmes-Pastiche
des osterreichischen Regisseurs
Karl Hartl
aus dem Jahr
1937
. Urauffuhrung war am 15. Juli 1937 in
Berlin
im
Ufa-Palast am Zoo
.
Die finanziell blanken englischen
Detektive
Flynn und McPherson reisen als
Sherlock Holmes
und
Dr. Watson
verkleidet zur
Brusseler Weltausstellung
, wo sie sich Auftrage erhoffen. Ohne Geld fur Fahrkarten halten sie den
Nachtzug
nach
Brussel
auf offener Strecke an und werden nicht nur von den Schaffnern tatsachlich fur den beruhmten Detektiv und seinen Partner gehalten, sondern auch von zwei zwielichtigen Gestalten, die aus dem Waggon fluchten. Deren Abteil im ansonsten vollbesetzten Zug kann das Detektiv-Duo nun zu ?Kontrollzwecken“ requirieren. Es ?vernimmt“ auch die Schwestern Mary und Jane Berry im Nachbarabteil und findet Gefallen an den Naherinnen, die auf dem Weg zum Anwesen ihres reichen, verstorbenen Onkels Berry sind, um dessen Erbe anzutreten.
Die Detektive beziehen eine
Suite
im renommierten Brusseler Hotel Palace. In den ihnen zugestellten Koffern der beiden gefluchteten Bahnreisenden finden die Detektive in Geheimfachern hohe Geldsummen in drei Wahrungen und verschlusselte Plane. Ein ebenfalls im Hotel residierendes Gaunerpaar, Madame Ganymare und Monsieur Lapin, versucht, an Geld und Plane ?ihrer Freunde“ zu gelangen, stoßt beim Eindringen in das Zimmer der Detektive jedoch lediglich auf die Anzahlungsquittung eines Kostumverleihs. Mit der Drohung, die beiden Detektive zu enttarnen, bietet es den Tausch der Quittung gegen Geld und Plane an.
Die Ankunft des beruhmten ?Sherlock Holmes“ verbreitet sich und er wird zur Polizei vorgeladen. Erleichtert daruber, dass dies nicht aufgrund ihrer Enttarnung geschieht, nimmt das Duo die Aufklarung eines Falls an, mit dem die Brusseler Polizei uberfordert scheint: Vier
Mauritius-Briefmarken
wurden auf der Weltausstellung gestohlen und durch Falschungen ersetzt. Ein Erpresserbrief uber 600.000 Francs ist bereits eingegangen. Onkel Berry hatte die Anregung gegeben, die Marken auszuleihen. Die Detektive suchen das Schloss des Verstorbenen auf, in dem der Testamentsvollstrecker das Barerbe von 200.000 Francs vermisst. ?Holmes“ lost auf, dass Onkel Berry den Diebstahl der Briefmarken beauftragt, die Diebe mit den 200.000 Francs bezahlt, und auch gefalschte Marken hergestellt hatte: Er betrieb im Schloss eine versteckte Falscherwerkstatt fur Briefmarken und Banknoten. Als er nach dem Coup aussteigen wollte, schickte die Bande ihm einen Drohbrief, und Onkel Berry starb an Herzversagen.
Durch den Drohbrief kennen die Detektive nun das Versteck der Bande, ein Brusseler Leihhaus. Als das Detektiv-Duo nach Brussel zuruckkehrt, werden sie dort mittlerweile selbst per Steckbrief von der Polizei gesucht. Mit einem dieser Steckbriefe in der Hand kontaktiert ?Holmes“ die Verbrecher im Leihhaus und behauptet, sich ihnen anschließen zu wollen. Leider ist Monsieur Lapin der Bandenchef. ?Holmes“ und auch ?Watson“ werden gefangen. Lapin spielt dabei sehr auffallig mit seiner Taschenuhr. ?Holmes“, der das bemerkt hat, inszeniert eine Prugelei und entwendet die Uhr. Die Detektive werden in einen Kohlenkeller gesperrt, wo sie sich sofort verbarrikadieren. Als Lapin den Diebstahl bemerkt, lasst er die Eisentur des Kohlenkellers rammen. In letzter Sekunde werden die Detektive von der durch Mary Berry verstandigten Polizei gerettet, die alle festnimmt.
Flynn und McPherson werden vor Gericht gestellt. Ihnen wird Hochstapelei mit Betrugsabsichten vorgeworfen, die Polizei und den Leiter der Weltausstellung getauscht zu haben. Sie verteidigen sich damit, auf Anfrage stets bestritten zu haben, Holmes und Watson zu sein. Außerdem hatten sie der Gerechtigkeit zum Sieg verholfen, die Diebes- und Falscherbande uberfuhrt, drei internationale Bankuberfalle aufgeklart und das gestohlene Geld an die Banken zuruckuberwiesen, die entschlusselten Plane fur einen weiteren Uberfall an die Polizei ubersandt, und die Briefmarken wiederbeschafft, die vor Gericht in einem doppelten Boden der Taschenuhr auftauchen. Ein kundiger Junge identifiziert sie als die echten Marken.
Nun soll nur noch der Identitatsdiebstahl an der Person Sherlock Holmes weiter verfolgt werden.
Arthur Conan Doyle
, der den Fall schon die ganze Zeit belustigt mitverfolgte, gibt sich zu erkennen und erklart, dass Holmes und Watson nur
Romanfiguren
seien. Er gibt Flynn und McPherson nachtraglich seine Zustimmung unter der Bedingung, dass er uber sie ein Buch mit dem Titel ?Der Mann, der Sherlock Holmes war“ schreiben durfe.
Das Gerichtsverfahren wird unter dem Jubel des Saalpublikums eingestellt, Flynn kusst Mary und McPherson Jane Berry.
- Lexikon des Internationalen Films:
- ?Zwei kleine Privatdetektive verkleiden sich zwecks Werbung und Publizitatssteigerung als Sherlock Holmes und Dr. Watson und bestehen wahrend der Pariser (tatsachlich: Brusseler) Weltausstellung turbulente Abenteuer. Die schwungvolle, quicklebendige Hans Albers/Heinz Ruhmann-Komodie wurde vom ZDF in der rekonstruierten Urfassung ausgestrahlt.“
[1]
- ?Temporeiche Kriminalkomodie, die hervorragend unterhalt.“
- Die Dreharbeiten fanden Marz bis Mai 1937 in den
Ufa
-Ateliers
Neubabelsberg
, dem heutigen
Studio Babelsberg
in
Potsdam
, statt.
[2]
[3]
- Der Auftritt von Sir
Arthur Conan Doyle
(dargestellt von
Paul Bildt
) durfte wegen des Einspruchs seiner Erben bei Fernseh-Ausstrahlungen des Films bis in die 1970er Jahre nicht gezeigt werden. Der echte Doyle war bereits Jahre vor dem Film verstorben.
- Beruhmt sind die Titelmelodie und der Schlager ?Jawohl, meine Herr’n“, den die Detektive in den Badewannen der Hotelsuite singen (Text von Richard Busch; Melodie von Hans Sommer). Im Film wird das Lied durch mehrere gesprochene Dialoge zwischen Albers und Ruhmann erganzt (und von dem Hoteldetektiv belauscht):
- Albers: ?Wer hinterm Ofen sitzt und die Zeit wenig nutzt,“
- Ruhmann: ?schont zwar seine Kraft,“
- Albers: ?aber wird auch nichts erreichen. Wer aber nicht viel fragt“
- Ruhmann: ?und geht los unverzagt,“
- Albers: ?fur den gibt's kein Fragezeichen und dergleichen,“
- Ruhmann: ?bis er's schafft.“
- Albers: ?Jawoll, meine Herrn,“
- Ruhmann: ?so haben wir es gern,“
- Albers: ?denn von heut an gehort uns die Welt.“
- Ruhmann: ?Jawoll, meine Herrn, die Sorgen sind fern,“
- Albers: ?wir tun was uns gefallt.“
- Beide: ?Und wer uns stort, ist eh er's noch begreift, langst von uns schon eingeseift.“
- Albers: ?Jawoll, meine Herrn,“
- Ruhmann: ?darauf konnen Sie schworn,“
- Albers: ?jawoll,“
- Ruhmann: ?jawoll,“
- Beide: ?jawoll.“
- Auf der im selben Jahr erschienenen erfolgreichen Schallplattenaufnahme dagegen beginnt nicht Albers, sondern Ruhmann mit dem Gesang, und wahrend in der Film-Strophe versweise gewechselt wird, singt Ruhmann die ersten vier, Albers die folgenden vier Verse.
- Der Zug, den die beiden Detektive auf der Fahrt nach Brussel anhalten, wird von einer Lokomotive mit der deutlich lesbaren Reichsbahn-Betriebsnummer 17 1162 (einer preußischen S 10
1
Bauart 1914) gefuhrt. Als sie eingestiegen sind, sieht man im Gang in der Nahe der Tur einen Feuerloscher mit der Aufschrift "DR" (
Deutsche Reichsbahn
), die erst 1920 gegrundet wurde, wahrend die
Brusseler Weltausstellung
, zu der die Fahrt gehen soll, schon 1910 stattfand. Das Betriebsnummern-System mit den Baureihen-Nummern von 01 bis 99 wurde bei der Reichsbahn sogar erst mit dem endgultigen
Umzeichnungsplan
von 1925 eingefuhrt.
- Der Film wurde am 13. Juli 1937 von der
nationalsozialistischen
Zensurbehorde
mit einer Altersbeschrankung ab 14 Jahre freigegeben und erhielt das Pradikat ?kunstlerisch wertvoll“.
Der Komponist
Marc Schubring
und der Autor
Wolfgang Adenberg
verarbeiteten den Stoff zu einem
Musical
, das am 23. Januar 2009 in der
Staatsoperette Dresden
Premiere hatte.
- R. A. Stemmle
:
Der Mann, der Sherlock Holmes war. Roman nach dem gleichnamigen Film von R. A. Stemmle und Karl Hartl
. Vollstandige Taschenbuchausgabe. Droemer Knaur, Munchen und Zurich 1981, 174 S.,
ISBN 3-426-00730-4
- Michael Ross (Hrsg.):
Sherlock Holmes in Film und Fernsehen. Ein Handbuch
. Baskerville Bucher, Koln 2003, 237 S.,
ISBN 3-930932-03-2
- ↑
Der Mann, der Sherlock Holmes war.
In:
Lexikon des internationalen Films
.
Filmdienst
,
abgerufen am 2. Marz 2017
.
- ↑
Hans-Michael Bock und Michael Toteberg:
?Das Ufa-Buch ? Kunst und Krisen, Stars und Regisseure, Wirtschaft und Politik (Die internationale Geschichte von Deutschlands großtem Film-Konzern)“
. Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1992, S. 356.
- ↑
Der Mann, der Sherlock Holmes war
filmportal.de, abgerufen am 1. April 2019.