Cyril Burt

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Cyril Burt, 1930

Sir Cyril Lodowic Burt (* 3. Marz 1883 in Westminster ; † 10. Oktober 1971 in London ) war ein britischer Psychologe .

Burt studierte von 1902 bis 1907 Naturwissenschaften und Psychologie in Oxford unter William McDougall und 1908 in Wurzburg unter Oswald Kulpe . 1908 erhielt er eine Dozentur fur experimentelle Psychologie und fur Physiologie an der Universitat Liverpool unter Sir Charles Sherrington . 1913 trat er als erster Schulpsychologe weltweit seinen Dienst im London County Council (LCC) bei der Schulaufsichtsbehorde an.

Von 1924 bis 1931 war er Professor fur Padagogische Psychologie am London Day Training College (Institute fur Padagogik) der University of London . 1931 bis 1951 war er als Nachfolger von Charles Spearman Professor fur Psychologie am University College London . Im Ruhestand soll er noch uber 200 Veroffentlichungen gemacht haben. Zu seinen Schulern gehoren Hans Jurgen Eysenck , Raymond Bernard Cattell und Arthur Jensen . In den spaten 1960er Jahren war Cyril Burt auch Prasident der Mensa International , einer Vereinigung, deren Mitglieder bei Intelligenztests uber dem 98. Perzentil liegen. 1950 wurde er Mitglied ( Fellow ) der British Academy . [1]

Neben seiner Halbtagstatigkeit als Schulpsychologe konnte er wissenschaftlichen Tatigkeiten nachgehen. Er sammelte die Daten vieler Schuler, die in seine Intelligenzforschungen einflossen. Seine Forschungen und Uberzeugungen flossen in die Schulstruktur Englands ein (Zuweisung zu Sonderschulen, Eleven-Plus testing program). Fur diesen Beitrag wurde er 1946 als Knight Bachelor (?Sir“) geadelt. Burt begrundete die padagogische Psychologie in Großbritannien. Zugleich forschte er zur Erblichkeit der Intelligenz und Personlichkeitszuge und nutzte dazu die Zwillingsforschung . Burt zeigte, dass die Intelligenzquotienten eineiiger Zwillinge starker korrelierten als bei zweieiigen. Burt leitete daraus ab, dass sich Intelligenz vererbe , wahrend das Milieu nur geringen Einfluss auf die Intelligenz habe. Er hat wesentlich an der Ausarbeitung der Faktorenanalyse teilgehabt. Außerdem forschte er zu Personlichkeitsfaktoren, Milieueinflussen auf das Verhalten und zu jugendlichen Kriminellen.

Die Burt-Affare

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Burt galt als hochgeachteter Wissenschaftler, als er 1971 starb. 1974 kamen zuerst Zweifel an seinen Daten auf ( Leon Kamin , Arthur Jensen ), die auf das außerst unwahrscheinliche Auftreten gleicher Korrelationskoeffizienten (r=0,771) fur die Intelligenz eineiiger Zwillinge in mehreren seiner Untersuchungen verwiesen. Andere Forscher, so u. a. Arthur Jensen, weisen allerdings darauf hin, dass Burt, der uber große Erfahrungen im Bereich der empirischen Forschung verfugte, wohl kaum in drei aufeinanderfolgenden Studien denselben Korrelationskoeffizienten erfunden hatte, wenn er betrugerische Absichten verfolgt hatte. Weiterhin wurden Zweifel an der Existenz von zwei Mitarbeiterinnen erhoben, die als Ko-Autorinnen in mehreren Arbeiten genannt wurden. Von ihnen hatte Burt behauptet, dass sie ihm bei der Untersuchung vieler Zwillingspaare geholfen hatten. Auch die von Burt in einer Arbeit zitierte Doktorarbeit von J. Maver konnte nirgends aufgefunden werden. [2] [3] [4]

Als weiteres Indiz dafur, dass Burt Daten gefalscht habe, wird die Tatsache gewertet, dass sich die betreffenden Daten in Burts Nachlass nicht finden ließen. Hinzu kam die Tatsache, dass Burt in einer 1966 veroffentlichten Studie eine auffallig hohe Zahl eineiiger, aber getrennt aufgewachsener Zwillinge betrachtete, namlich 53 Paare. Obwohl diese hohe Zahl noch als im Bereich des Moglichen angenommen wird, kommt eine Untersuchung aus dem Jahr 2006 zu dem Schluss, dass die weiteren limitierenden Faktoren, die Burt aufstellte, es zumindest hochst unwahrscheinlich machen, dass er den Großteil der Zwillinge uber personlichen Kontakt ausfindig gemacht hatte, wie er behauptete. [5]

Insbesondere im Feld der Padagogischen Psychologie gehen viele Forscher von Falschungen in Burts Arbeiten aus, [6] Burt habe die Falschungen betrieben, um seine eugenische Position zu wahren und weil er daran interessiert war, die Galtonsche Psychologietradition erneut zu beleben [7] . Andere Forscher, darunter Freunde Burts, wie Joynson (1989) oder Jensen, versuchten zu zeigen, dass einige der scheinbaren Unregelmaßigkeiten auf ungenaue Nachforschungen zuruckzufuhren seien.

Werke (Auswahl)

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  • Ronald Fletcher: Science, Ideology, and the Media: The Cyril Burt Scandal. Transaction Publishers, New Brunswick (NJ) 1991, ISBN 0-88738-376-9
  • Oliver Gillie: Crucial Data Was Faked by Eminent Psychologist. In: London Sunday Times. London, 24. Oktober 1976, S. 1
  • Stephen Jay Gould : The Mismeasure of Man 1996, ISBN 0-393-31425-1
  • Leslie Spencer Hearnshaw: Cyril Burt: Psychologist. Cornell University Press, Ithaca (NY) 1979, ISBN 0-8014-1244-7
  • L. S. Hearnshaw: Cyril Lodowic Burt, 1883?1971 . In: Proceedings of the British Academy . Band   58 , 1974, S.   475?492 (englisch, thebritishacademy.ac.uk [PDF]).
  • Robert B. Joynson: The Burt Affair. Routledge, New York 1989, ISBN 0-415-01039-X
  • Leon J. Kamin: The Science and Politics of IQ . Lawrence Erlbaum Associates, Potomac (MD) 1974, ISBN 0-14-080932-5
  • Kevin Lamb: Biased Tidings: The Media and the Cyril Burt Controversy. In: Mankind Quarterly. Volume 33, 1. Januar 1992, S. 203ff
  • David Rowe, Robert Plomin: The Burt Controversy: The Comparison of Burt's Data on IQ with Data from Other Studies. In: Behaviour Genetics. Volume 8, 1978, S. 81?83
  • Nicholas J. Mackintosh (Hrsg.): Cyril Burt: fraud or framed? Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-19-852336-X
  • J. Philippe Rushton: New Evidence on Sir Cyril Burt: His 1964 Speech to the Association of Educational Psychologists. In: Intelligence. Volume 30, 2002, S. 555?567
Commons : Cyril Burt  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Deceased Fellows. British Academy, abgerufen am 11. Mai 2020 .
  2. Heinrich Zankl: Vererbte Intelligenz - Professor Burts erfundene Zwillingsstudien . In: Falscher, Schindler, Scharlatane - Betrug in Forschung und Wissenschaft. Wiley, Weinheim, 2003. S. 184?189. ISBN 3-527-30710-9
  3. Frederico Di Trocchio: Burt und die erbliche Dummheit . In: Der große Schwindel . Rowohlt Taschenbuch. Reinbek. 1999. S. 141?150 ISBN 978-3-499-60809-4
  4. Albrecht Folsing : Falsche Zwillinge und Morderchromosomen. In: Der Mogelfaktor: Die Wissenschafter und die Wahrheit Rasch und Rohring. Hamburg. 1984. S. 31?40. ISBN 978-3-89136-007-1
  5. Burbridge: Burt's twins: A question of numbers . In: Journal of the History of the Behavioral Sciences , Volume 42, Nr. 4, S. 335?352, 2006, Abstract online
  6. Burt falschte Daten tatsachlich. In: Psychologie heute, Nr. 1, 1979
  7. Michael Billig, 1981, die Rassistische Internationale Zur Renaissance der Rassenlehre in der modernen Psychologie, Verlag Neue Kritik, S. 68?69