Criminal-Collegium Butzow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Criminal-Collegium Butzow

Das Großherzogliche Criminal-Collegium zu Butzow war ein Untersuchungsgericht und Untersuchungsgefangnis des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin in Butzow .

Sudlicher Giebel und ostliche Langenansicht des alten Bischofsschlosses, gezeichnet 1852 von D. C. Susemihl

Die Errichtung eines Criminal-Collegiums in Mecklenburg geht bis auf die zweite Halfte des 18. Jahrhunderts zuruck. Die politische und okonomische Situation im Mecklenburg der damaligen Zeit war gekennzeichnet durch Kriege, innere Unruhen, militarische Durchmarsche, Auseinandersetzungen zwischen den Standen und dem Landesfursten sowie durch verstarkte Ausbeutung der landlichen wie stadtischen mittleren und unteren Schichten, dieses fuhrte zu wachsenden Aufruhren, Sittenverfall und Verbrechertum. Ohne volle Zustimmung der Stande ließ der Herzog Friedrich Franz ein Criminal-Collegium bilden, dem man u. a. die Kompetenz fur Mord, Raub, Mordbrand, bewaffneten Einbruch, Bandendiebstahl und Pferdediebstahl zubilligte. Von der mecklenburgischen Regierung wurde der Butzower Geheimrat Claus Detlov von Oertzen am 11. Juli 1812 mit der Ausarbeitung eines Planes und eines Kostenvoranschlages uber die Einrichtung des Butzower Schlosses als Gebaude fur das Criminal-Collegium beauftragt. Am 12. Oktober 1812 wurde das Collegium durch von Oertzen ins Leben gerufen.

Erste Aufgabe des Collegiums war die Untersuchung der Bandenkriminalitat infolge der Kriegswirren durch die Befreiungskriege und die Franzosenzeit . Das Collegium bestand anfangs aus drei Kriminalraten , drei Beisitzern , einem Aktuar und einem Registrator . Auf Drangen der Stande erfolgte eine Erweiterung seiner Kompetenz am 3. November 1813. Die Untersuchungen wurden bis zur Spruchreife gefuhrt, das Urteil vom Hof- und Landgericht eingeholt und den Angeklagten vom Criminal-Collegium verkundet. [1]

Untersuchungsgefangnis

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Grundriss des Untersuchungsgefangnisses in der 3. Etage

Bei der Umgestaltung des alten Bischofsschlosses von August 1812 bis Juni 1814 zum Untersuchungsgefangnis baute man 20 enge, halbdunkle Zellen. Spater vergroßerte man sie und belegte sie mit mehr Gefangenen. In zwei saalartigen Zimmern wurden Frauen untergebracht, darunter Beschuldigte der Brandstiftung, des Kindermordes, des Diebstahls, Zuhalterinnen, Kupplerinnen oder Giftmischerinnen.

Eine Verteidigungsschrift war innerhalb von 4?8 Wochen fertigzustellen. Oft jedoch vergingen Jahre von der Einleitung der Untersuchung bis hin zur Strafvollstreckung. So saß der Gefangene in seinem Gefangnis. Nur ganz selten gestattete man einem Gefangenen, sich an der frischen Luft unter Aufsicht zu bewegen. Beschaftigt wurden die Gefangenen auch nicht, nur den Frauen gestattete man, Flachs und Wolle zu spinnen. In der Mitte der 1830er Jahre wurde neben dem Schloss ein Gefangenenhaus gebaut und am 12. Mai 1835 ubergeben. Man legte neben dem Gebaude einen Freistundenhof fur den Hofgang der Gefangenen an. Im Jahre 1847 wurde an diesem Gebaude noch ein Flugel zu einer U-Form angebaut.

Dieser Gebaudekomplex wurde durch die Auflosung des Criminal-Collegium 1879 zu dem Centralgefangnis zu Butzow. [1] [2]

Criminal-Gerichts-Ordnung

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Criminal-Gerichts-Ordnung 1817

Am 30. September 1815 lag der Entwurf einer Criminal-Gerichts-Ordnung vor. Der Entwurf der Geschafts- und Gerichtsordnung wurde dem Criminal-Collegium am 27. September 1816 zur Stellungnahme zugeleitet und am 31. Januar 1817 rechtskraftig veroffentlicht. [3] Eine weitere Gerichtsordnung folgte am 12. Januar 1838. Nunmehr war das Collegium eine standige, feste Behorde und fur fast alle Verbrechen zustandig, aber die Stande hatten verhindert, dass der Großherzog allein die Beamten ernannte, dass das Collegium eine Spruchbehorde wurde und den Status eines Obergerichtes hatte. Zum Obergericht fur das Collegium wurde das Hof- und Landgericht, zur Spruchbehorde die Justizkanzleien in Rostock und in Schwerin sowie die Juristen- fakultat der Universitat in Rostock ernannt. Ab 1818 unterstand das Criminal-Collegium dem Oberappellationsgericht in Parchim (spater wechselte der Standort des Gerichtes nach Rostock) . Nach einer Urteilssprechung wurden die Gefangenen bis zum Zuchthaus nach Domitz gebracht. Ab 1835 durch den Neubau der Großherzoglich Mecklenburg-Schwerinschen Landesstrafanstalt zu Butzow-Dreibergen verblieben die Verurteilten dann in Butzow.

Nach jahrelangem behordlichen Streit uber die Befugnisse des Collegiums schrankte man mit der Kompetenzordnung vom 12. Januar 1838 dessen Untersuchungsbefugnis ein, wozu maßgeblich der hohe Kostenaufwand beigetragen hatte. So hatten sich die Unterhaltungskosten von 17.989 Talern im Jahre 1827 auf 40.000 Taler im Jahr 1838 erhoht.

Bereits Ende des Jahres 1841 gab es Gesprache um die Auflosung des Criminal-Collegium in Butzow. 1871 trat in Mecklenburg das Reichsstrafgesetzbuch in Kraft.

Am 30. September 1879, im Zuge der Neuordnung der Justiz im Großherzogtum aufgrund der Reichsjustizgesetze , erfolgte die Auflosung des Criminal-Collegiums zu Butzow. [1] [4] In Butzow entstand das Amtsgericht Butzow , dass dem Landgericht Gustrow und dem Oberlandesgericht Rostock nachgeordnet war.

  • Helga Schock, Gerd Wiechmann: 1812?1906 chronologische Aufzeichnungen ; vom ?Criminal-Colegium“ 1812 uber die Erstbelegung der ?Großherzoglich Mecklenburg-Schwer. Landesstrafanstalt zu Dreibergen“ . Gansebrunnen-Verlag, Butzow 1999.
  • Großherzog Friedrich Franz I. (Mecklenburg): Criminal-Gerichts-Ordnung fur das Großherzogliche Criminal-Collegium zu Butzow . Hofbuchdruckerei, Schwerin 1817 ( google.de ).
Commons : Criminal-Collegium Butzow  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. a b c Helga Schock, Gerd Wiechmann: 1812 - 1906 chronologische Aufzeichnungen ; vom "Criminal-Colegium" 1812 uber die Erstbelegung der "Großherzoglich Mecklenburg-Schwer. Landesstrafanstalt zu Dreibergen" . Gansebrunnen-Verlag, Butzow, 1999.
  2. Großherzog Friedrich Franz II. (Mecklenburg) : Großherzoglich-Mecklenburg-Schwerinscher Staats-Kalender . Hofbuchdruckerei Schwerin-Dr. F. W. Barensprung, 1880.
  3. Großherzog Friedrich Franz I. (Mecklenburg) : Criminal-Gerichts-Ordnung fur das Großherzogliche Criminal-Collegium zu Butzow . Hofbuchdruckerei-Schwerin, 1817.
  4. Großherzog Friedrich Franz II. (Mecklenburg): Großherzoglich-Mecklenburg-Schwerinscher Staats-Kalender . Hofbuchdruckerei Schwerin-Dr. F. W. Barensprung, 1879.

Koordinaten: 53° 50′ 49,7″  N , 11° 58′ 35,8″  O