Corneille Heymans

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Corneille Heymans
Das Grab von Corneille Heymans und seiner Ehefrau Berthe Heymans-May im Familiengrab auf dem Friedhof Sint-Amandsberg in Gent

Corneille Jean Francois Heymans bzw. Corneel (Jan Frans) Heymans (* 28. Marz 1892 in Gent , Ostflandern , Belgien ; † 18. Juli 1968 in Knokke , Westflandern , Belgien) war ein belgischer Pharmakologe .

Er wirkte ab 1930 als Professor fur Pharmakologie und Direktor des Jean-Francois-Heymans-Instituts an der Universitat Gent . Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tatigkeit war die Regulation der Atmung von Saugetieren und deren Beeinflussung durch das Nervensystem , durch Kreislauf- und Stoffwechselablaufe sowie durch pharmakologische Wirkstoffe . Seine Forschungsergebnisse sind bis heute von grundlegender Bedeutung fur die pharmakologische Behandlung von Kreislauf- und Atmungsstorungen. ?Fur die Entdeckung der Rolle des Sinus- und Aortenmechanismus bei der Atemregulierung“ erhielt er 1938 den Nobelpreis fur Physiologie oder Medizin .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Corneille Heymans war das alteste von acht Kindern des belgischen Pharmakologieprofessors Jean-Francois Heymans und dessen deutschstammiger Frau Marie-Henriette, geb. Henning. Der Vater grundete in Gent das erste belgische Pharmakologische Institut, das 1902 eingeweiht wurde [1] und heute nach ihm Heymans Instituut heißt. [2]

Corneille Heymans besuchte das St. Lievenscollege in Gent, das St. Jozefscollege in Turnhout und das St. Barbaracollege in Gent. Anschließend studierte er ab 1911 Medizin an der Universitat Gent. Wahrend seiner Studienzeit war er Mitglied einer Verbindung des Katholiek Vlaams Hoogstudentenverbond . Im Ersten Weltkrieg diente er von 1914 bis 1918 als Freiwilliger zunachst in der Infanterie , [3] dann als Feldartillerieoffizier an der Yser -Front. Heymans promovierte im Jahr 1920 und wirkte in der Folgezeit am College de France in Paris unter Eugene Gley , an der Universitat Lausanne unter Maurice Arthus , an der Universitat Wien unter Hans Horst Meyer , am University College London unter Ernest Starling sowie an der Western Reserve Medical School unter Carl J. Wiggers . Ab 1922 war er als Dozent fur Pharmakologie an der Universitat Gent tatig und ubernahm im Jahr 1930 die Professur fur Pharmakologie von seinem Vater. Gleichzeitig wurde er zum Leiter des Fachbereichs Pharmakologie, Pharmakodynamik und Toxikologie sowie zum Direktor vom J. F. Heymans Instituut ernannt.

Schwerpunktmaßig widmete sich Heymans in seiner wissenschaftlichen Tatigkeit der Regulation der Atmung von Saugetieren und arbeitete dabei eng mit seinem Vater zusammen. Die Versuche wurden dabei in erster Linie an Hunden, aber auch an menschlichen Probanden durchgefuhrt. [4] 1938 wurde Heymans der Nobelpreis fur Physiologie oder Medizin verliehen. Aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung Belgiens konnte Heymans nicht personlich an der Zeremonie in Stockholm teilnehmen. Erst im Januar 1941 wurde ihm der Preis durch den schwedischen Botschafter in einem Horsaal der Universitat Gent uberreicht. [3]

Wahrend des Zweiten Weltkriegs wurde Heymans teilweise der Kollaboration mit den deutschen Besatzern verdachtigt. Auf eine formelle Anklage im Jahr 1944 hin wurde er vom belgischen Minister fur Unterricht offentlich gerugt und fur mehrere Monate von seiner Lehrtatigkeit entbunden sowie unter Hausarrest gestellt. Grunde hierfur konnen die deutsche Herkunft seiner Mutter sein, die Tatsache, dass sein Vater in Berlin studiert hatte, sowie Heymans aktives Eintreten fur Niederlandisch als Unterrichtssprache an der bis dahin franzosischsprachigen Universitat Gent. Zudem arbeitete Heymans im Rahmen seiner Tatigkeit fur das Belgian Relief Committee mit den deutschen Behorden zusammen und reiste im Jahr 1941 nach Berlin. Trotz des Drucks, der in Belgien auf ihm lastete, entschied sich Heymans gegen die ihm von Sidney Farber angebotene Professur an der Harvard University . Heymans wurde spater offiziell entlastet und von der belgischen Regierung fur seine Arbeit fur das Belgian Relief Committee ausgezeichnet. [5]

Neben seiner Lehrtatigkeit an der Universitat Gent hielt Heymans Gastvorlesungen an zahlreichen Universitaten weltweit. In den USA war er 1934 Herter Lecturer an der New York University , 1937 Lecturer of the Dunham Memorial Foundation an der Harvard University , sowie Hanna Foundation Lecturer an der Case Western Reserve University und Greensfelder Memorial Lecturer an der University of Chicago . Daruber hinaus war er am Trinity College in Dublin 1939 Lecturer of the Purser Memorial Foundation .

Wirken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Corneille Heymans beschaftigte sich im Rahmen seiner Forschung vor allem mit der Regulation der Atmung von Saugetieren und deren Beeinflussung durch das Nervensystem , durch Kreislauf- und Stoffwechselablaufe sowie durch pharmakologische Wirkstoffe . Insbesondere widmete er sich der Aufklarung der an der Atmungsregulation beteiligten Korperstrukturen und des Einflusses verschiedener physiologischer Parameter.

Gemeinsam mit seinem Vater entdeckte er im Aortenbogen lokalisierte Chemorezeptoren , durch die eine erhohte Kohlendioxidkonzentration ( Hyperkapnie ) oder eine reduzierte Sauerstoffkonzentration ( Hypoxie ) im Blut wahrgenommen und uber den Nervus vagus an das Atemzentrum weitergeleitet wird, woraus eine Zunahme der Atmungsaktivitat resultiert. Außerdem konnten sie zeigen, dass eine Abnahme des Kohlendioxidgehalts oder eine Erhohung des Blutdrucks zu einer Hemmung der Atmung fuhren. Anfang der 1930er Jahre wies Corneille Heymans mit seinen Mitarbeitern das Vorhandensein von Chemorezeptoren im Sinus caroticus zusatzlich zu den dort bereits bekannten Barorezeptoren nach und konnte damit belegen, dass die regulatorische Funktion der Sinusregion neben der Beeinflussung des Kreislaufs auch die Atmungsregulation umfasst. In spateren Arbeiten gelang ihm mit seiner Gruppe die Zuordnung der von ihm beschriebenen Rezeptorfunktionen zu bestimmten Zellen und damit die morphologische Identifizierung der von ihm funktionell entdeckten Rezeptoren.

Die Arbeiten von Corneille Heymans fuhrten zu einer grundlegenden Uberarbeitung und Erweiterung des zuvor geltenden Modells der Atmungsphysiologie, das insbesondere von dem Physiologen Hans Winterstein als ?Reaktionstheorie der Atmungsregulation“ formuliert worden war. Seine Entdeckungen sind bis in die Gegenwart von grundlegender klinischer Bedeutung in der Anasthesie sowie der Notfall- und Intensivmedizin fur die pharmakologische Behandlung von Kreislauf- und Atmungsstorungen.

Auszeichnungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Heymans war Prasident der International Union of Physiological Sciences und des International Council of Pharmacologists . Zudem gehorte er als Mitglied bzw. Ehrenmitglied der Papstlichen Akademie der Wissenschaften , der britischen Royal Society of Arts , der Academie des sciences , der Academie de Medecine, der Heidelberger Akademie der Wissenschaften , der American Philosophical Society , Koniglich Niederlandischen Akademie der Wissenschaften und der New York Academy of Sciences an.

Ihm wurde die Ehrenprofessorwurde der Universitat Montevideo , sowie die Ehrendoktorwurde der Universitaten von Utrecht , Lowen , Montpellier , Turin , Santiago de Chile , Lima , Bogota , Rio de Janeiro , Algier , Paris , Munster , Bordeaux , Toulouse und der Georgetown University verliehen.

Fur seine Verdienste wurde Heymans mehrfach ausgezeichnet, darunter 1938 mit dem Nobelpreis fur Physiologie oder Medizin fur die Entdeckung der Rolle des Sinus- und Aortenmechanismus bei der Atemregulierung . Von der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft wurde ihm 1962 die Schmiedeberg-Plakette verliehen. Weitere internationale Ehrungen beinhalten den Bourceret Preis der Academie de Medecine in Paris (1930), den Monthyon Preis der Academie des sciences (1934), den Pius XI Preis der Papstlichen Akademie der Wissenschaften (1938), den Burgi Preis der Universitat Bern und den de Cyon Preis (1931) der Universitat Bologna . Auch in seinem Heimatland wurden Heymans zahlreiche Auszeichnungen verliehen, darunter der Alvarenga Preis der Koniglichen Akademie fur Medizin, der Gluge Preis der Koniglichen Akademie der Wissenschaften, der Quinquennial Preis (1931?1935) fur Medizin der Belgischen Regierung, und der Alumni Preis fur Medizin der Belgischen Hochschulstiftung.

Fur seine Dienste wahrend des Ersten Weltkriegs wurde Heymans das Belgische Kriegskreuz 1914?1918 und das Feuerkreuz 1914?1918 verliehen. Er war Trager des schwedischen Nordstern-Ordens und Großoffizier des Leopoldsordens , zudem wurde ihm das Komturkreuz des Papstlichen Silvesterordens und des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem verliehen.

1970 wurde der Mondkrater Heymans [6] nach ihm benannt.

Veroffentlichungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Heymans publizierte im Laufe seiner Forschungstatigkeit ca. 800 Artikel in Fachzeitschriften und mehrere Monografien. Zu seinen wichtigsten Werken gehoren:

  • Le sinus carotidien et les autres zones vasosensibles reflexogenes: leur role en physiologie, en pharmacologie et en pathologie . Lowen, Paris 1929.
  • Le sinus carotidien et la zone homologue cario-aortique: physiologie ? pharmacologie ? pathologie ? clinique . Mit Jean-Jacques Bouckaert und P. Regniers, Paris 1933.
  • Sensibilite reflexogene des vaisseaux aux excitants chimiques . Mit Jean-Jacques Bouckaert, Paris 1934.
  • Le centre respiratoire . Mit Daniel Cordier , Paris 1935.
  • Survival and revival of nervous tissues after arrest of circulation . In: Physiological reviews 30 (1950), ISSN   0031-9333 , S. 375?392.
  • New aspects of blood pressure regulation . Mit G. van den Heuvel. In: Circulation , 4 (1951), ISSN   0009-7322 , S. 581?586.
  • Pharmakologische Wirkungen auf die Selbststeuerung des Blutdruckes . In: Naunyn-Schmiedebergs Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie , 216 (1952), S. 114?140. doi : 10.1007/BF00248065
  • Action of drugs on carotid sinus and body . In: Pharmacological reviews , 7 (1955), ISSN   0031-6997 , S. 119?142.
  • Reflexogenic Areas of the Cardiovascular System . Mit Eric Neil. London 1958.
  • Vasomotor control and the regulation of blood pressure . Mit B. Folkow. In: Alfred P. Fishman and Dickinson Woodruff Richards (Hrsg.): Circulation of the Blood: Men and Ideas . Oxford University Press, New York 1964.

Daneben war Heymans Herausgeber und Chefredakteur der Fachzeitschrift Archives Internationales de Pharmacodynamie et de Therapie , die sein Vater in Zusammenarbeit mit Eugene Gley begrundet hatte.

Familie [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Heymans war ab 1921 mit der Augenarztin Dr. Berthe May Heymans verheiratet. Aus der Ehe gingen funf Kinder hervor. Ihr altester Sohn verstarb 1940 im Alter von achtzehn Jahren an einer Meningitis . [3]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Renee C. Fox : In the Belgian Chateau . Kapitel: A Nobel Laureate, His “Institute-Home” and “Laboratory Family” , Ivan R. Dee, Chicago 1993, ISBN 1-56663-057-6 , S. 68?86.
  • Ragnar Granit : Obituary Corneille Heymans . In: International journal of neuropharmacology . 8, 1969, ISSN   0375-9458 , S. 85?86.
  • Ralf-Dieter Hofheinz: Heymans, Corneille Jean Francois. In: Werner E. Gerabek , Bernhard D. Haage, Gundolf Keil , Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopadie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4 , S. 593.
  • Carl F. Schmidt: Professor Corneille Heymans, Nobel Laureate in Physiology and Medicine for 1938 . In: The Scientific Monthly . 1939, Band 49, Nr. 6, ISSN   0096-3771 , S. 576?579.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Corneille Heymans  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Renee C. Fox: In the Belgian Chateau . S. 69.
  2. Institutsgeschichte heymans.ugent.be ( Memento vom 30. Juni 2015 im Internet Archive ) (niederlandisch)
  3. a b c Renee C. Fox: In the Belgian Chateau . S. 70.
  4. Life : A discovery about blood pressure . 27. November 1950 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Renee C. Fox: In the Belgian Chateau . S. 71 f., 83 f.
  6. Corneille Heymans im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS