Dieser Artikel beschreibt die franzosische Stadt. Zum franzosischen Forschungsreisenden siehe
Victor de Compiegne
.
Compiegne
[
k???pj??
] ist eine
nordfranzosische
Stadt
mit 40.394 Einwohnern (Stand: 1. Januar 2021). Sie ist die
Unterprafektur
des
Arrondissements Compiegne
im
Departement Oise
in der
Region
Hauts-de-France
und liegt an der Mundung der
Aisne
in die
Oise
.
Schon die
Merowinger
errichteten in Compiegne eine
Pfalz
mit dem Namen
Compendium
.
Chlothar II.
musste 603 nach Niederlagen gegen
Theudebert II.
und dessen Bruder
Theuderich II.
dem Frieden von Compiegne zustimmen. Der Ururenkel Chlothars II.,
Chilperich II.
(670?721), wahlte die Pfalz zur Residenz.
Karl der Kahle
erweiterte die Stadt 876 und nannte sie
Carolopolis
. Im Jahre 833 wurde
Ludwig der Fromme
auf Betreiben seines altesten Sohnes
Lothar
hier abgesetzt und musste offentlich
Kirchenbuße
tun.
[1]
Die karolingischen Konige
Ludwig II., der Stammler
(846?879), sowie
Ludwig V., der Faule
(966?987) sind in der
Kirche Saint-Corneille
beerdigt.
Am 21. Mai 1358 nahm der Bauernaufstand der Grande
Jacquerie
in Compiegne seinen Anfang und griff auf den Nordosten Frankreichs uber.
1380 ließ Konig
Karl V.
eine
Festung
erbauen. Am 23. Mai 1430 fiel die
Jungfrau von Orleans
vor den Mauern von Compiegne den Burgundern in die Hande und wurde den Englandern uberliefert.
Im
Vertrag von Compiegne
vom 30. April 1635 verstandigten sich Frankreich und Schweden nach der schweren Niederlage der Schweden bei
Nordlingen
uber ihre weiteren Interessen, den
Dreißigjahrigen Krieg
im Deutschen Reich betreffend. Im August 1635 erreichte ein spanisch-kaiserliches Heer die Stadt in der Absicht, Paris anzugreifen. Das fuhrte in der Bevolkerung von Paris zu so großen Unruhen und Aufstande gegen
Richelieu
, dass sich Konig
Ludwig XIII.
selbst gezwungen sah, personlich seine Truppen aufzusuchen, um die Lage zu beruhigen. Der geplante Angriff der spanisch-kaiserlichen Truppen von Norden auf Paris wurde abgebrochen, weil der zeitgleich geplante Angriff eines weiteren kaiserlichen Heeres von Suden her nicht erfolgreich verlief.
[2]
Zwischen 1751 und 1788 erbaute zunachst
Ange-Jacques Gabriel
, spater sein Schuler
Louis Le Dreux de la Chatre
fur Konig
Ludwig XV.
ein neues Schloss im Stil des
Klassizismus
.
Napoleon Bonaparte
und
Napoleon III.
ließen das Schloss renovieren und ausbauen.
[3]
Es gehort mit den Schlossern
Versailles
und
Fontainebleau
zu den drei wichtigsten koniglichen und kaiserlichen Residenzen Frankreichs. Kaiser Napoleon III. nutzte das Schloss haufig als Herbstresidenz.
1904 wurde
Robert Fournier-Sarloveze
zum Burgermeister gewahlt und hatte dieses Amt bis 1935 inne. Am 17. Marz 1917 wurde um 6 Uhr morgens das deutsche Marine-
Luftschiff
L 39 uber der Innenstadt brennend abgeschossen. Die 17 Mann der Besatzung starben dabei. In Compiegne befanden sich ein großes Lazarett und von April 1917 bis Marz 1918 das
Große Hauptquartier
der
franzosischen Armee
.
Compiegne ist bekannt durch die Unterzeichnung zweier
Waffenstillstande
zwischen
Deutschland
und Frankreich im
Wagen von Compiegne
auf der
Lichtung von Compiegne
:
Spater wurde unter den
Nationalsozialisten
in Compiegne das
KZ Royallieu
eingerichtet (von Juni 1941 bis August 1944). Politisch umstritten war damals die
Kollaboration
des
Vichyregimes
mit der Besatzungsmacht. Der erste Zug mit politischen Haftlingen verließ
Royallieu
am 6. Juli 1942 in Richtung des
Vernichtungslagers
Auschwitz
.
Jahr
|
1962
|
1968
|
1975
|
1982
|
1990
|
1999
|
2011
|
2018
|
Einwohner
|
24.427
|
29.700
|
37.699
|
40.384
|
41.896
|
41.254
|
39.517
|
40.542
|
Napoleon III. ließ an Stelle des
wahrend der Revolution zerstorten Karmelitinnenklosters
ab 1866 von Auguste-Gabriel Ancelet ein
Theater
erbauen. Mit dem Ende des Kaiserreichs 1870 wurden die Arbeiten aber eingestellt, bevor das Theater eroffnet werden konnte. Seit 1987 wurde das Theater nach und nach renoviert und konnte 1991 schließlich eroffnet werden. Das Theater ist Sitz des
Theatre Francais de la Musique
, das vor allem durch Auffuhrungen selten gespielter franzosischer Opern und Operetten ein internationales Publikum anzieht.
Louis Le Dreux de la Chatre, Schuler und spaterer Mitarbeiter von
Ange-Jacques Gabriel
erbaute dieses
klassizistische
Schloss
zwischen 1751 und 1788. Es gehort mit den Schlossern
Versailles
und
Fontainebleau
zu den drei wichtigsten koniglichen und kaiserlichen
Residenzen
Frankreichs und ist die großte ihres Baustils im Land.
[3]
Kaiser Napoleon wohnte hier und empfing seine kunftige Frau am
23. Marz
1810
in Frankreich.
[4]
Der Palast wurde von den Architekten
Berthault
,
Percier
und
Fontaine
, dem Maler
Girodet
und den Dekorateuren Dubois und
Redoute
renoviert und neu ausgestattet.
Compiegne wurde spater zur bevorzugten Residenz von
Napoleon III.
[5]
Auch er nutzte das große Jagdrevier.
1870 wurde es nach dem Ende des Kaiserreichs in ein
Museum
umgewandelt. Es beherbergt heute drei Sammlungen:
Les appartements historiques
mit den Raumen Napoleon III, der
Kaiserin Eugenie
,
Napoleon Franz Bonaparte
und weiteren,
Les musees du Second Empire
uber das
Zweite Kaiserreich
mit Fokus auf dem Leben Eugenies und das 1927 im ehemaligen Kuchentrakt eingerichtete
Musee national de la Voiture et du tourisme
mit einer exzellenten Sammlung von Kutschen und fruhen Automobilen.
[3]
An das Schloss angegliedert ist ein großer, offentlich zuganglicher
Landschaftspark
.
Die Kirche
Saint-Jacques
war ursprunglich eine von zwei Pfarrkirchen der Stadt. Der Bau aus dem 12. Jahrhundert weist in seinem Figurenschmuck viele Bezuge zu seinem Namenspatron, dem
Apostel Jakobus
, und zur Pilgertradition des
Jakobsweges
nach
Santiago de Compostela
auf. Der Kirchturm aus dem 15. Jahrhundert wurde im 17. Jahrhundert aufgestockt, in seinem oberen Bereich wurden die Statuen von 14 Heiligen angebracht. Die Rolle als konigliche Kirche in direkter Nachbarschaft zum Schloss verursachte einen umfangreichen Umbau im 18. Jahrhundert und eine verschwenderische Ausstattung. Seit 1998 ist die Kirche als Teil des
Weltkulturerbe
der
UNESCO
?Jakobsweg in Frankreich“ ausgezeichnet.
Der 140 km² große
Wald von Compiegne
(frz.
Foret de Compiegne
) liegt im Nordosten der Stadt.
Die
Lichtung von Compiegne
, auf der die Waffenstillstandsunterzeichnungen 1918 vor Marschall
Foch
und 1940 vor
Hitler
erfolgten, wird auf Franzosisch
Clairiere de l'Armistice
genannt und liegt etwa sechs Kilometer ostlich der Innenstadt von Compiegne (allerdings auf dessen Territorium) sudlich des kleinen Dorfes
Francport
zwischen dessen Brucke uber die
Aisne
und der
N 31
(
Lage→
49.427361111111
2.9064194444444
). Im
Franzosischen
werden beide Waffenstillstande
Armistice de Rethondes
genannt, nach der drei Kilometer ostlich gelegenen Gemeinde
Rethondes
.
Auf dieser Lichtung steht neben einem Denkmal von Marschall Foch und einem Denkmal zur deutschen Niederlage unter die
Entente
von 1918 (einem den deutschen Adler zerschlagenden Schwert) ein
Salonwagen
des franzosischen Zuges von 1918. Gegenuber dem Foch-Denkmal wachst seit 1994 als Zeichen der Verbundenheit zwischen Deutschland und Frankreich eine Eiche aus dem Wald von
Crawinkel
.
Der Wagen des Zuges, in dem die Unterzeichnung des Waffenstillstands stattfand, wurde 1940 als Kriegsbeute nach Berlin gebracht und spater nach Crawinkel in
Thuringen
ausgelagert, wo er in den letzten Kriegstagen zerstort wurde.
[6]
Allerdings blieben einige Einzelteile des Waggons erhalten und wurden der Gedenkstatte Compiegne uberlassen. Zu sehen ist ein anderes, baugleiches Serienmodell des Salonwagens, das sich ebenfalls bei den Ereignissen 1918 am Ort befand und von der alliierten Delegation benutzt wurde.
Samtliche Buslinien in Compiegne konnen kostenlos benutzt werden. Vom Bahnhof Compiegne bestehen direkte Zug-Verbindungen nach Paris zum
Gare du Nord
.
In Compiegne startet seit 1977 alljahrlich der Radklassiker
Paris?Roubaix
. Die Fußballspielerinnen der
USCCO
haben Anfang des 21. Jahrhunderts fur mehrere Spielzeiten der
ersten Liga Frankreichs
angehort.
Mit folgenden Stadten unterhalt Compiegne eine Stadtepartnerschaft:
[7]
- Belgien
Huy
(Belgien), seit 1959
- Italien
Arona (Piemont)
(Italien), seit 1962
- Deutschland
Landshut
(Deutschland), seit 1962
- Luxemburg
Vianden
(Luxemburg), seit 1964
- Vereinigtes Konigreich
Bury St Edmunds
(Großbritannien), seit 1967
- Israel
Kiryat Tivon
(Israel), seit 1988
- Japan
Shirakawa (Fukushima)
(Japan), seit 1988
- Vereinigte Staaten
Raleigh
(Vereinigte Staaten), seit 1989
- Polen
Elbl?g
(Polen), seit 2002
- Portugal
Guimaraes
(Portugal), seit 2008
Zudem ist Compiegne Mitglied des
Bundes der europaischen Napoleonstadte
.
- Pierre d’Ailly
(1350?1420), Theologe und Kardinal
- Eugene Albertini
(1880?1941), Altphilologe und -historiker
- Christophe Capelle
(* 1967), Radrennfahrer
- Patrice Carvalho
(* 1952), Politiker
- Francois Chatriot
(* 1952), Rallyefahrer
- Martyrinnen von Compiegne
, die in der
franzosischen Revolution
hingerichteten Schwestern des
Karmels
- Maxime Godart
(* 1999), Schauspieler
- Paul Helbronner
(1871?1938), Alpinist und Geodat
- Pascal Lalo
(* 1969), Schauspieler
- Suzanne Lenglen
(1899?1938), Tennisspielerin
- Thierry Madiot
(* 1963), Jazzmusiker
- Albert Robida
(1848?1926), Schriftsteller und Karikaturist
- Nolan Roux
(* 1988), Fußballspieler
- Marco da Silva
(* 1992), Fußballspieler
- Laura Tremble
(* 1999), Synchronschwimmerin
- ↑
Compiegne
.
In:
Meyers Konversations-Lexikon
.
4. Auflage. Band 4, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885?1892, S. 232.
- ↑
Cicely Veronica Wedgwood
:
Der 30jahrige Krieg
. Paul List Verlag, Munchen 1967, Neuausgabe 1990,
ISBN 3-517-09017-4
, S. 355.
- ↑
a
b
c
Homepage Schloss Compiegne:
Un palais, trois musees
(
Memento
des
Originals
vom 6. Februar 2015 im
Internet Archive
)
Info:
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@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/palaisdecompiegne.fr
, abgerufen am 6. Februar 2015.
- ↑
Florence Evin:
Compiegne, nid d'amour de Napoleon Ier.
In:
Le Monde
.
3. Juli 2010, archiviert vom
Original
am
8. Juli 2010
;
abgerufen am 2. Mai 2018
(franzosisch).
- ↑
Feuilleton. Compiegne.
In:
Neue Freie Presse
, Morgenblatt, Nr. 19331/1918, 20. Juni 1918, S. 1 ff. (online bei
ANNO
).
Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
- ↑
Geheime Fahrt ins Vierte Reich
(
Memento
des
Originals
vom 18. Oktober 2016 im
Internet Archive
)
Info:
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@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.heinrich-jung-verlag.de
, Inhaltsangabe auf heinrich-jung-verlag.de, abgerufen am 30. Januar 2013
- ↑
Offizielle Website von Compiegne