Clemens Andreas Denhardt
(*
3. August
1852
in
Zeitz
; †
7. Juni
1929
in
Bad Sulza
) war ein
deutscher
Ingenieurgeograph
und
Afrikaforscher
zur Zeit des
Wettlaufs um Afrika
.
Clemens Denhardt erhielt seine Ausbildung in Berlin. Er und sein jungerer Bruder
Gustav Denhardt
(* 16. Juni 1856; † 17. Juli 1917) wurden durch den Afrikakenner
Otto Kersten
auf eine Reise in den Osten des Kontinents vorbereitet. 1877 planten sie eine Expedition, die das Gebiet zwischen
Abessinien
und dem
Victoriasee
erforschen und dem Handel erschließen sollte. Clemens und Gustav Denhardt schifften sich im Dezember 1877 nach
Sansibar
ein, wo sich ihnen der
Arzt
und Afrikaforscher
Gustav Adolf Fischer
wie geplant anschloss. Im Mai 1878 begannen sie die Festlandreise, die sie in die
Tana
-Flussregion im heutigen
Kenia
fuhrte. Als sie im November 1878 die Ruckreise antraten, hatten sie
geodatische
,
geographische
und
zoologische
Erkenntnisse gesammelt sowie Erkundigungen uber das Land zwischen
Mombasa
und dem Victoriasee eingeholt. Dies ermoglichte die Anfertigung einer Landkarte des betreffenden Gebietes.
[1]
Gustav Denhardt musste die Reise aus gesundheitlichen Grunden abbrechen. Clemens Denhardt blieb langer in
Ostafrika
, fuhrte Vermessungen zwischen Mombasa und dem
Pangani
durch und kehrte erst 1879 nach Deutschland zuruck.
Heimgekehrt nach Deutschland strengte er zusammen mit seinem Bruder Gustav die Grundung einer Gesellschaft an, deren Ziel die Errichtung einer Station an der Tana-Mundung sein sollte. Hieraus sollte eine
Handelskolonie
mit Anbindung an das Hinterland entstehen. Denhardt gelang es, neben Kolonialanhangern, auch
liberale
Politiker und Unternehmer fur den Plan zu gewinnen. Im Juli 1884 wurde das
Komitee fur Errichtung einer Station zu wirtschaftlichen Zwecken am Tana im mittleren Ostafrika
(kurz Tana-Komitee) gegrundet. Im Dezember 1884 trafen die Denhardts in Sansibar ein und erreichten im Februar 1885 die Insel
Lamu
. Von Lamu brach Clemens Denhardt im Marz 1885 zu einer Expedition in das nahegelegene
Witu
auf. Dort bat er den
Sultan
der
Swahili
um die Schaffung eines Freundschafts- bzw. Schutzvertrags mit Deutschland, basierend auf den Vorschlagen, die er schon 18 Jahre vorher fertigte, als er den Afrikareisenden
Richard Brenner
bat, einen Schutzvertrag mit Preußen zu vermitteln. Obwohl der
Sultan von Sansibar
,
Barghasch ibn Said
, der sich als Souveran Witus sah, das Unternehmen missbilligte, versuchte Clemens Denhardt, eine deutsche
Okkupation
Witus in die Wege zu leiten. Auf Vermittlung des deutschen Generalkonsuls
Gerhard Rohlfs
wurde das Schutzgesuch des Swahili-Sultans, vorbehaltlich der Rechte Dritter, im Mai 1885 angenommen.
Einen Teil der Gebiete, die von Clemens Denhardt ?erworben“ wurden, verkaufte dieser im Juli 1886 fur 50.000
Goldmark
an den Prasidenten des
Deutschen Kolonialvereins
,
Hermann zu Hohenlohe-Langenburg
. Im Dezember 1887 konstituierte sich die
Deutsche Witu-Gesellschaft
mit Hohenlohe-Langenburg als Vorsitzendem des Verwaltungsrates. Die Gesellschaft war jedoch der Rivalitat mit der
Imperial British East Africa Company
nicht gewachsen und wurde durch die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft
ubernommen.
Im Jahr 1890 machte
Deutschland
ein Tauschgeschaft mit
Großbritannien
, das als ?
Helgoland-Sansibar-Vertrag
“ in die Geschichte einging. Den Briten wurden alle Gebietsanspruche nordlich
Deutsch-Ostafrikas
im heutigen Kenia ubertragen. Im Gegenzug bekam Deutschland die Insel
Helgoland
sowie den
Caprivizipfel
. Als Abfindung bewilligte der deutsche Reichstag den Brudern schließlich eine Entschadigung von 150.000 Goldmark. Die Denhardts waren jedoch nicht bereit, den damit verbundenen Verzicht auf Witu anzuerkennen, so dass die Summe nicht ausgezahlt wurde.
[2]
Eine wichtige Arbeit von Clemens Denhardt wurde 1883 unter dem Titel
Anleitung zu geographischen Arbeiten bei Forschungsreisen
, in den Mitteilungen des
Vereins fur Erdkunde
in
Leipzig
, veroffentlicht. Zwei Artikel mit dem Titel
Erkundigungen im aquatorialen Ost-Afrika
erschienen 1881 in
Petermanns Geographische Mitteilungen
.
[3]
Wahrend des Dritten Reiches wurde Denhardts Tatigkeit im Sinne der nationalsozialistischen Machthaber und
NS-Kolonialpolitik
instrumentalisiert. An seinem 10. Todestag wurde 1939 in Bad Sulza durch den
Reichskolonialbund
, durch Vertreter von
Wehrmacht
und
SS
an seinem ehemaligen Wohnhaus eine Gedenktafel eingeweiht. Die Stadt benannte eine Straße nach ihm. An seinem Grab hielten ortliche
NSDAP
- und
HJ
-Fuhrer Ehrenwache. Ahnliches wurde noch zum 15. Todestag 1944 vollzogen.
Im Jahre 2002 enthullte die Stadt fur ihren Ehrenburger einen neuen Gedenkstein unter Anwesenheit von Mitgliedern des
Traditionsverbandes ehemaliger Schutz- und Uberseetruppen
, die mit der ?
Petersflagge
“ angereist waren.
- ↑
Originalkarte des unteren Tana-Gebietes
, Ergebnis der von Clemens Denhahrdt und Gustav Adolf Fischer 1878 durchgefuhrten Forschungsexpedition im Tanagebiet.
- ↑
Hermann Schreiber
:
Denhardts Griff nach Afrika.
Scherl, Berlin 1938, S. 226.
- ↑
Clemens Denhardt: Erkundigungen im aquatorialen Ost-Afrika, in: E. Behm (Hrsg.):
Petermanns Geographische Mitteilungen.
27. Band, 1881, S. 11?99, 130?143. (
Online auf den Seiten der Universitat Jena.
)
- Erwin Mai:
Denhardt, Gustav Clemens Andreas.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957,
ISBN 3-428-00184-2
, S. 594 f. (
Digitalisat
).
- Hans-Ulrich Wehler
:
Bismarck und der Imperialismus.
4. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, Munchen 1976,
ISBN 3-423-04187-0
, S. 368?370.
- Conrad Weidmann
:
Deutsche Manner in Afrika - Lexicon der hervorragendsten deutschen Afrika-Forscher, Missionare etc.
Bernhard Nohring, Lubeck 1894, S. 28 f. (
Onlinefassung
)
- Nachruf (mit Portratzeichnung) in
Dusseldorfer Stadt-Anzeiger
vom 18. Juni 1929, S. 1 (
Online
)