Claude Guillon

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Claude Guillon (* 17. September 1952 in Paris ; † 19. Januar 2023 [1] ) war ein franzosischer Schriftsteller , Essayist und politischer Aktivist .

Guillon tat sich insbesondere als nachdrucklicher Verfechter des Rechtes auf einen selbstbestimmten Tod hervor. Große Bekanntheit erlangte er 1982 durch sein gemeinsam mit Yves Bonniec verfasstes Buch Suicide, mode d’emploi: histoire, technique, actualite (auf Deutsch erschienen als Gebrauchsanleitung zum Selbstmord ), das im Frankreich der Ara Mitterrand eine hitzige gesellschaftliche und politische Kontroverse zu den Themen ?Recht auf Suizid“ und Euthanasie hervorrief und mit mehr als 100.000 verkauften Exemplaren zu einem Bestseller wurde.

Als politischer Aktivist fiel Guillon durch zahlreiche Flugblatter auf, in denen er das Militar und die kapitalistischen Wirtschaftsstrukturen attackierte. Daneben hat Guillon auch literarische Texte veroffentlicht, so etwa 42 Grunde fur Frauen mich zu meiden (mit Illustrationen von Edmond Baudoin ).

Die ?Gebrauchsanleitung zum Selbstmord“

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Guillons Hauptwerk ist das Buch Suicide, mode d’emploi: Histoire, technique, actualite . In diesem propagiert er das Recht auf Suizid . Das Buch loste unmittelbar nach seinem Erscheinen 1982 in Frankreich eine lebhafte, mitunter bittere gesellschaftliche Debatte uber Legitimitat bzw. Illegitimitat des Suizids als einer menschlichen Handlung und insbesondere uber die Vertretbarkeit oder Unvertretbarkeit, Suizidwilligen Informationen uber die Wege und Moglichkeiten, moglichst leicht und schmerzfrei die eigene Selbsttotung zu verwirklichen, zuganglich zu machen, aus.

In Deutschland wurde eine Ubersetzung des Werkes unter dem Titel Gebrauchsanleitung zum Selbstmord veroffentlicht.

Guillons Buch stellt zum einen eine Kulturgeschichte des Suizids dar, indem es systematisch die vorherrschenden Sichtweisen beschreibt, die im Laufe der Geschichte in verschiedenen Gesellschaften, Staatssystemen, sozialen Milieus (z. B. Strafvollzug, Militar usw.), Religionsgemeinschaften, Rechtssystemen, philosophischen Schulen und theologische Richtungen zum Phanomen Suizid eingenommen wurde.

Daneben enthalt das Werk im Anhang einen Leitfaden zur moglichst erfolgreichen Verwirklichung eines Suizids. In diesem werden verschiedene Praktiken zur Verwirklichung eines Suizids aufgelistet und in ihrem Ablauf beschrieben. Zudem werden diese Suizidmethoden auch auf ihre Erfolgsaussichten hin bewertet, d. h. darauf hin, wie groß die Chance ist, dass sie den Tod herbeifuhren. Dabei werden auch Angaben gemacht, wie schnell bzw. langsam, wie qualvoll (oder qualfrei) usw. bestimmte Suizidmethoden den Tod erfahrungsgemaß (in der Regel) herbeifuhren. Die Erkenntnisse des Werkes beruhen auf Angaben, die Guillon durch Befragung von Medizinern, forensischen Pathologen und anderen Sachverstandigen sowie durch Auswertung einschlagiger Spezialwerke erlangte. Die Effektivitat der in dem Buch dargelegten Selbsttotungsmethoden wurde spater u. a. durch das Deutsche Arzteblatt bestatigt. [2]

In Frankreich wurde das Buch nach heftigen Debatten im Parlament, in den Medien und in der Offentlichkeit schließlich verboten, nachdem man es zum Anlass fur eine 1987 verabschiedete Novellierung der Totungsgesetze genommen hatte: Seither ist die ?Ermutigung“ bzw. ?Veranlassung“ eines Menschen zum Suizid in Frankreich strafbewehrt. Das vom Parlament erwunschte Ziel, so eine weitere Verbreitung des Buches zu unterbinden, wurde gleichwohl nur bedingt erreicht, da das Buch sich in der Zwischenzeit allein in Frankreich mehr als 100.000 Mal verkauft hatte und bereits in sechs andere Sprachen ubersetzt worden war. Nachdem neben der parlamentarischen Untersuchung der Angelegenheit auch mehr als zehn Strafverfahren um das Werk angestrengt worden waren, wurde 1991 der Verkauf, nicht aber der Besitz oder die Weitergabe der Gebrauchsanleitung endgultig verboten.

In der Bundesrepublik Deutschland stieß das Werk auf ein geteiltes Echo: Es wurde ein großer Andrang auf das Buch registriert, wobei viele Kunden um Versand an ihre Privatadresse baten, da sie furchteten, bei einer Abholung im Buchladen ?schief angesehen“ zu werden. Auch erhielt der die Ubersetzung herausgebende Verlag zahlreiche Dankschreiben, in denen ihm hierfur gedankt wurde. Die Wochenzeitung Die Zeit vermerkte mit Blick darauf, dass viele Dankschreiben in Sutterlin-Schrift gehalten waren, dass diese offenbar von alten Menschen stammten, die uber die ihnen durch das Buch zur Verfugung gestellten Informationen erleichtert seien, wie sie den von ihnen gehegten Wunsch, einem qualitativ stark beeintrachtigten oder qualvollen Dasein (etwa aufgrund von Krankheit oder Einsamkeit) durch den Tod zu entkommen, auf eine moglichst angenehme und schmerzlose Weise verwirklichen konnten. [3]

1983 wurde die Ubersetzung des Buches von der Bundesprufstelle fur jugendgefahrdende Schriften auf den Index gesetzt. Durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Koln vom 14. Juli 1985 wurde das Verbot jedoch fur rechtswidrig erklart und aufgehoben. In der Begrundung hieß es, dass die Prufstelle sich ?einer Gesamtwurdigung des Buches entzogen“ habe. Seitdem war das Buch frei im Handel. [4]

2004 veroffentlichte Guillon ein zweites Buch, in dem er sich mit der Kontroverse um seine Person und sein Buch befasst.

Guillon vertrat in seinem Werk die Auffassung, dass es jedem Menschen freistehen musse, mit seiner eigenen Person und seinem eigenen Leben alles zu tun, wodurch er keinem anderen Menschen Schaden zufuge, dass es also nichts anderes als das gute Recht eines jeden Menschen sei, sich zu toten, wenn er nicht mehr zu leben wunsche, und dass es daher nichts anderes als ein Gebot des Anstandes sei, einem grundsatzlich und dauerhaft am Leben nicht mehr interessierten Menschen Informationen und Mittel zum Freitod an die Hand zu geben. Guillons Gegner warfen ihm hingegen vor, dass sein Werk die Menschen auf unverantwortliche Weise zum Suizid animiere, da es diesen als eine praktikable Moglichkeit in ihr Bewusstsein hebe. Insbesondere das 10. Kapitel der Gebrauchsanweisung, das beschreibt, welche Arzneien in welcher Dosierung eingenommen einen schnellen und schmerzfreien Tod herbeifuhren, geriet ins Fadenkreuz der ? vor allem aus kirchlichen und konservativen Kreisen kommenden ? Kritiker.

In Form einer Querschnittsanalyse von ihm von Medizinern gemachten Mitteilungen sowie von medizinischen, toxikologischen und forensischen Werken, die sich mit dem Thema der Durchfuhrung des Suizids befassen, trug Guillon auch Richtwerte zu den letalen Dosierungen (LD) von damals (in Frankreich) gebrauchlichen Medikamenten aus den betreffenden Fachstudien zusammen: [5]

Werke (Auswahl)

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  • Claude Guillon et Yves le Bonniec: Suicide, mode d'emploi: histoire, technique, actualite . Alain Moreau, Paris 1982 (reimpr. 1987), ISBN 2852090007 . ( Digitalisat )
    • Claude Guillon et Yves le Bonniec: Gebrauchsanleitung zum Selbstmord: eine Streitschrift fur das Recht auf einen frei bestimmten Tod . Robinson, 1982. ( Digitalisat )
  • Claude Guillon, Droit a la mort: Suicide, mode d'emploi, ses lecteurs et ses juges. Hors Commerce, Paris 2004, ISBN 2915286345 .
  • Claude Guillon: Droit de reponse au texte de Marcela Iacub. In: Liberation, 1. November 2005
  • Frankfurter Rundschau vom 14. Dezember 1985

Einzelnachweise

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  1. Pierre Georges: Mort de l'ecrivain Claude Guillon. In: livreshebdo.fr, 20. Januar 2023, abgerufen am 23. Januar 2023 (franzosisch).
  2. Wissen wie man stirbt. Rezepte zur perfekt getarnten Selbsttotung, in: Deutsches Arzteblatt vom 7. Oktober 1983, 80. Jg. (1983), Heft 40, S. 67f.
  3. ?Skandal Freitod“, in: Die Zeit vom 3. Dezember 1982.
  4. Selbstmordbuch freigegeben . In: Der Spiegel . Nr.   51 , 1985, S.   151 ( online ). ; Selbstmord-Rategeber , in: Frankfurter Rundschau vom 15. Juli 1985.
  5. Guillon: Suicide , ed. Alain Moreau, Paris 1982, Kapitel 10.