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?Frau mit Cister“. Gemalde aus dem Jahr 1677 von
Pieter Cornelisz van Slingelandt
.
Cister
. Teil der Illustration
Instrumenta polychorda
aus:
Athanasius Kircher
,
Musurgia Universalis
. Um sie von den anderen dort abgebildeten Instrumenten zu unterscheiden, wird sie hier als
Cythara Germanica et Italica
bezeichnet.
Die
Cister
oder
Zister
ist ein
Zupfinstrument
aus der Familie der
Kastenhalslauten
. Sie existiert in einer Vielfalt von Bauformen, weshalb die Cister nicht als ein bestimmtes Instrument, sondern als eine Instrumentenfamilie angesehen wird.
Abgeleitet von
griechisch
κιθ?ρα
kithara
? vergleiche auch
Gitarre
? existieren zahlreiche Namensschreibweisen und regionale Formen, beispielsweise
Cyther
,
Bergmannszither
,
Halszither
,
Harzzither
,
Lutherzither
,
Thuringer Zither
,
Waldzither
und
mittelhochdeutsch
sowie fruhneuhochdeutsch
Zitter
(und
Zitterlein
), altfranzosisch (etwa bei
Guillaume de Machaut
und
Jean Le Fevre de Saint-Remy
)
[1]
auch
guisterne
. Nicht zu verwechseln sind diese Instrumente daher mit der
Zither
.
Die Cister wurde zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert von der
Laute
abgeleitet. Cistern haben im Unterschied zu den meisten Lauten stets Metallsaiten. Diese sind Doppelsaiten (
Chore
) aus Stahl, Messing, Eisen oder gelegentlich auch Silber. Die Anzahl der Saiten variiert, und auch die Stimmung ist keinesfalls einheitlich. Haufig wird bei Cistern eine
offene Stimmung
verwendet.
Der
Korpus
der Cister kann tropfen- oder birnenformig sein oder auch einen geschweiften Umriss ahnlich einer Glocke (?Hamburger Cithrinchen“) besitzen. Er besitzt
Zargen
, die zum Hals hin breiter werden, sowie ein
Schallloch
. Die
Bunde
sind fest im
Griffbrett
eingelassen.
Die meist eher kleine
Mensur
sowie die offene Stimmung fuhrte dazu, dass die Cister in der
Renaissancezeit
als auch von Anfangern einfach zu spielendes Volksinstrument große Verbreitung fand.
Zur Familie der Cistern gehoren auch das
Orpheoreon
und die
Pandora
.
Im deutschen Sprachraum existieren verschiedene Namen fur Cistern, die stets fur große Verwirrung sorgten und sorgen. Außer den weiter oben genannten Bezeichnungen waren im Laufe der Geschichte noch die Begriffe
Citer
,
Cithar
,
Citter
,
Cythar
,
Cytthar
,
Sister
,
Siter
,
Wartburglaute
,
Ziethar
,
Ziter
,
Zithar
,
Zutter
, und
Zyther
in Verwendung. Der alte Name
Zitter
und alle Namen, die
-zither
enthalten, macht die Verwechslung mit der
Zither
leicht moglich. Durch den besonders in der Schweiz bekannten Namen
Halszither
(Zithern haben
keinen
Hals) wird eine klare Unterscheidung ermoglicht. Der Begriff
Lutherzither
entstand offenbar im 19. Jahrhundert durch die Annahme, dass
Martin Luther
ein ?Meister der Cister“ gewesen sein soll. Dafur gibt es allerdings keine historischen Belege.
Syntagma musicum
.
Nr. 6.: sechschorige ?Chor-Zitter“, Nr. 7: ?Klein Englisch Zitterlein“
Die Chore werden mit der rechten Hand mit einem
Plektrum
oder einem
Federkiel
angeschlagen, die linke Hand greift. Es gibt verschiedene Stimmungen bei Cistern, meist trifft man auf
offene Stimmungen
wie: cc ee gg c'c' e'e' g'g' (sechschorig); gelegentlich auch auf
Mandolastimmungen
. Wahrend der Renaissance hatten Cistern meist vier (hh gg d'd' e'e') bis zu zehn Chore, moderne Varianten haben in der Regel funf bis sechs.
Ursprunglich wurde die Cister zur mittelalterlichen
Bordunspielweise
verwendet, darauf deuten die
italienische Stimmung
(hh gg d'd' e'e') und die
franzosische Stimmung
(aa gg d'd' e'e') bei vierchorigen Cistern des 16. Jahrhunderts hin: Die Melodie wurde auf dem 4. oder 3. Chor gegriffen, dazu wurden als Bordun die jeweils zwei nachstunteren Chore leer angeschlagen. In der Renaissancezeit entwickelte sich dann die
polyphone
Spielweise. Cistern konnen als reines Melodie-, als Begleitinstrument, aber auch als polyphones Soloinstrument verwendet werden.
-
10-saitiges Hamburger Cithrinchen von Hinrich Kopp (1686)
-
Zister (1688), Museum fur Kunst und Gewerbe Hamburg
-
English guitar, gebaut 1772 von William Gibson in Dublin
-
Saiteninstrumente im Musikinstrumentenmuseum, Brussel
-
Deutsche Guitarre, gebaut 1800 von Johann Wilhelm Bindernagel in Gotha
-
Hamburger Waldzither
-
Flachmandoline
-
Irish bouzouki
Eine bestimmte Art von Cistern, die in Europa von ca. 1750 bis 1850 verbreitet war, trug ab etwa 1800 die Bezeichnung ?englische Gitarre“ (vgl. bereits bei
Michael Praetorius
im
Syntagma musicum
das ?Klein Englisch Zitterlein“), englisch
English guitar
bzw. franzosisch
Guitare anglese
.
[2]
Die Gitarre, die im Gegensatz zu heute ? meist sechs Einzelsaiten ? damals funf Chore besaß, war um 1800 besonders in
England
noch nicht weit verbreitet, und die damaligen Bezeichnungen fur Cister (
cittern, cithern
,
cetra
oder
citra
) und Gitarre (
gittern, guitar
oder
guittar
) wurden ab etwa 1750
synonym
verwendet.
Die Saiten der
English guitar
wurden mit den Fingern gezupft wie eine Laute oder Gitarre und nicht mit dem Plektrum angeschlagen wie sonst bei der Cister. Die
English guitar
hatte meist einen tropfenformigen Korpus, zwei Basssaiten und vier Chore in der offenen Stimmung c e gg c'c' e'e' g'g' (
C-Dur
). Seit ca. 1760 besaß die
English guitar
eine
Preston’s machine
, eine
Stimmmechanik
aus langs gerichteten Schrauben, bei denen kleine Haken auf die Gewinde geschraubt waren. Die Haken ragten durch Schlitze im Kopf nach vorne, um an ihnen die Saiten aufzuhangen. Mit einem speziellen Schlussel konnte man hinten die vierkantigen Kopfe der Schrauben drehen und so die Saiten stimmen. Oftmals waren zwischen den ersten drei oder vier Bunden Locher ins Griffbrett eingebohrt, in welchen ein
Kapodaster
befestigt werden konnte. Durch die einfache Handhabung, die offene Stimmung und die leichte Anwendbarkeit verschiedener Tonarten durch die Verwendung von Kapodastern erlangte die
English guitar
sehr große Verbreitung in der gesellschaftlichen Mittelschicht.
Der in Gotha wirkende Instrumentenbauer Johann Wilhelm Bindernagel (um 1770?1845) stellte eine Gitarre-Zister-Mischform, genannt ?Sister“ oder ?Deutsche Guitarre“
[3]
her, die mit sieben Darmsaiten ausgestattet war.
[4]
Carl Michael Bellman
mit 12-saitigem Cithrinchen, Gemalde von
Per Krafft dem Alteren
(1779)
Das
Cithrinchen
, auch
Citrinchen
geschrieben, ist eine kleinere Abart der Cister mit glockenformigem Korpus. Sie besitzt auf dem Gemalde von Per Krafft 12 Saiten (bzw. 6 Saitenchore), kann jedoch auch nur 10 Saiten (5 Saitenchore in der Stimmung c-e-g-h-e′)
[5]
wie die English guitar haben.
Portugiesische Gitarre
Die
Portugiesische Gitarre
(
guitarra portuguesa
) entwickelte sich im 19. Jahrhundert im
burgerlichen
Portugal
. Sie ist eine heutzutage weit verbreitete, eigenstandige Weiterentwicklung der Renaissance-Cister und der English guitar und wurde durch ihre Verwendung beim
Fado
sehr popular. Sie hat sechs Chore und die Mechanik der
Preston's machine
. Man unterscheidet zwei verschiedene Typen der modernen portugiesischen Gitarre, die sich in den beiden traditionellen Universitatsstadten
Coimbra
und
Lissabon
herausgebildet haben. Das etwas großer dimensionierte Coimbra-Modell hat die Stimmung cc' gg' aa' d'd' g'g' a'a' und das Lissabon-Modell die Stimmung dd' aa' hh' e'e' a'a' h'h'. Die
oktavierten
tieferen Saitenchore werden gerne im Solospiel zur
Variation (Musik)
eingesetzt und verleihen der Portugiesischen Gitarre ihren zuweilen als ?weinerlich“ beschriebenen Klang. Die Saiten werden traditionell vorwiegend mit Aufschlagen des Zeigefingers angerissen, meistens unter Zuhilfenahme einer Art
Fingerpick
. Plektren sind heutzutage ungebrauchlich.
Um 1880 entstand in
Kriens
in der
Schweiz
eine Variante der Cister mit einem kleinen, gitarrenformigen Korpus, die
Krienser Halszither
. Sie bildet zusammen mit Mandoline, Gitarre, Kontrabass und Tischzither einen Bestandteil der Krienser Hausmusik.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in
Deutschland
eine weitere moderne Bauform der Cister, die
Waldzither
, im Rahmen der
Wandervogelbewegung
ein beliebtes Volksinstrument. In den 1970er Jahren fand sie in der deutschen
Folkmusik
wieder mehr Verwendung, und seit den 1980er/1990er Jahren auch gelegentlich in der
Musik der Mittelalterszene
, zum Beispiel von der Mittelalterrockgruppe
In Extremo
.
Die Waldzither hat meist vier Chore und eine einzelne
Bass
-Saite. Sie ist meist in der offenen
C-Dur
-Stimmung c gg c'c' e'e' g'g' gestimmt.
Die
Mandola
, die
Mandoline
in der Bauform als Flachmandoline und das
Mandocello
konnen als eng mit der Cister verwandt oder als zur Familie der Cistern gehorend angesehen werden. Sie haben metallene Doppelsaiten und den flachen Korpus einer Cister. Mandola und Mandoline besitzen vier Saitenchore, die in der Regel in einer Quintenreihe gestimmt sind -- bei Mandoline gg d’d’ a’a’ e’’e’’. Offene Stimmungen sind bei diesen Instrumenten eher unublich.
Die
Irish bouzouki
wurde in den 1960er Jahren in
Irland
entwickelt. Sie hat meist vier Chore und den breiten flachen Korpus der Cister, im Unterschied zum birnenformig gerundeten Korpus (Schalenhalslaute) der griechischen
Bouzouki
.
- Anthony Baines:
Lexikon der Musikinstrumente.
J. B. Metzler Verlag, Stuttgart und Barenreiter Verlag, Kassel, 1996, S. 60?62, s.v. ?Cister“,
ISBN 3-476-00987-4
- Franz Jahnel:
Die Gitarre und ihr Bau ? Technologie von Gitarre, Laute, Mandoline, Sister, Tanbur und Saite.
Verlag Erwin Bochinsky, Frankfurt am Main 1963, 7. Auflage 1999,
ISBN 3-923639-09-0
.
- Andreas Michel:
Cither, Cithrinchen, Zister. Beitrage zur Geschichte eines traditionellen Musikinstrumentes in Deutschland.
Bezirkskabinett fur Kulturarbeit, Bezirksfolklorezentrum, Suhl 1989.
- Ephraim Segerman:
A Short History of the Cittern.
In:
The Galpin Society Journal,
Band 52, April 1999, S. 77?107
- James Tyler:
Cittern.
In:
Grove Music Online,
2001
- Emanuel Winternitz
:
The Survival of the
Kithara
and the Evolution of the English Cittern: a Study in Morphology
. In:
Journal of the Warburg and Courtauld Institutes,
Band 24, Nr. 3/4, Juli?Dezember 1961, S. 222?229
Historische Literatur
- ↑
Josef Zuth
:
Handbuch der Laute und Gitarre.
Verlag der Zeitschrift fur die Gitarre, Wien 1926 (1928), S. 128.
- ↑
Vgl. auch
Josef Zuth
:
Handbuch der Laute und Gitarre.
Verlag der Zeitschrift fur die Gitarre, Wien 1926 (1928), S. 128.
- ↑
Vgl. auch
Josef Zuth
:
Handbuch der Laute und Gitarre.
Verlag der Zeitschrift fur die Gitarre, Wien 1926 (1928), S. 128 (franzosisch
Guitare allemande
).
- ↑
Andreas Michel:
Sister (?Deutsche Guitarre“)
.
- ↑
Josef Zuth
:
Handbuch der Laute und Gitarre.
Verlag der Zeitschrift fur die Gitarre, Wien 1926 (1928), S. 68.
- ↑
Josef Zuth
:
Handbuch der Laute und Gitarre.
Verlag der Zeitschrift fur die Gitarre (Anton Goll), Wien 1926 (1928), S. 176.