Christel Margarete Ingeborg Guillaume
(*
6. Oktober
1927
als
Christel Meerrettig
in
Allenstein
;
[1]
†
20. Marz
2004
in
Berlin
als
Christel Boom
) war eine
Agentin
des
Ministeriums fur Staatssicherheit
(MfS) der
DDR
.
Ihre 1905 geborene Mutter Erna Meerrettig war Landarbeiterin und heiratete Anfang der 1930er-Jahre den Niederlander Tobias Boom, der die
nichtehelich
geborene Christel adoptierte. Nach neunjahriger Schulzeit ab 1934 (vier Jahre Volksschule und funf Jahre Oberschule, die sie im Marz 1943 verließ) leistete Christel Boom das
Pflichtjahr
ab und begann eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin, konnte diese aber infolge des Kriegsendes nicht beenden. Nach dem
Zweiten Weltkrieg
nahm sie Privatstunden im Schreibmaschinenschreiben sowie in Stenografie und arbeitete danach beim
Sonderbaustab Berlin
und ab September 1950 in Ost-Berlin als Sekretarin fur das Groß-Berliner ?
Komitee der Kampfer fur den Frieden
“.
Christel Boom ließ sich vom MfS anwerben und heiratete am 12. Mai 1951 in
Leisnig
Gunter Guillaume
, der ebenfalls Agent des MfS war. Aus der Ehe ging der Sohn Pierre Guillaume (* 1957), spater
Pierre Boom
, hervor.
1956 siedelten die Eheleute im Auftrag des MfS in die
Bundesrepublik Deutschland
um, wo sie sich als ?Fluchtlinge“ ausgaben. Gunter und Christel Guillaume ließen sich in
Frankfurt am Main
nieder und traten im September 1957 der
SPD
bei.
[2]
Der eheliche Zusammenhalt des Paars wurde in der Folgezeit durch amourose Sonderwege ihres Mannes zunehmend bruchig. Eine Trennung kam jedoch wegen ihrer Spionagetatigkeit nicht in Betracht, aber auch um Sohn Pierre gegenuber, der diese Zerruttung bis zur Verhaftung seiner Eltern nicht bemerkte, den Anschein zu wahren.
Wahrend Gunter Guillaume lange Jahre nicht uber ein Angestelltenverhaltnis beim SPD-Unterbezirk in Frankfurt herauskam, machte seine Frau beruflich schnell Karriere. Anfang der sechziger Jahre wurde sie
Buroleiterin
bei
Willi Birkelbach
, einem einflussreichen SPD-Politiker in Hessen. Birkelbach gehorte dem
Parteivorstand der SPD
an, saß als Abgeordneter in wichtigen Ausschussen des
Bundestages
und amtierte eine Zeitlang als
Staatssekretar
in der
hessischen Landesregierung
. Somit gingen Strategiepapiere der SPD und geheime
Nato
-Unterlagen uber ihren Tisch und landeten bei der Stasi in Ost-Berlin.
[3]
Bei der
Bundestagswahl 1969
kandidierte sie erfolglos auf der hessischen SPD-Landesliste.
Dann machte ihr Mann in
Bonn
Karriere und gelangte unter
Willy Brandt
ins
Bundeskanzleramt
. Auch ihre Aussichten waren gut: Sie stand kurz vor der Berufung auf die
Hardthohe
, in das Sekretariat von
Bundesverteidigungsminister
Georg Leber
.
[4]
Doch so weit kam es nicht: Am 24. April 1974 wurden Gunter und Christel Guillaume in Bonn im Zuge der ?
Guillaume-Affare
“ verhaftet.
Sie wurde unter anderem wegen
Landesverrats
und
Spionage
zu acht Jahren
Freiheitsstrafe
und funf Jahren Verlust der Amtsfahigkeit und der Aberkennung des aktiven Wahlrechts verurteilt.
Einige Monate vor ihrem Mann kehrte Christel Guillaume im Marz 1981 im Rahmen eines
Agentenaustauschs
zuruck in die DDR, wo das Ehepaar als ?
Kundschafter des Friedens
“ offiziell gefeiert wurde. Christel Guillaume erhielt den
Karl-Marx-Orden
und wurde
Oberstleutnant
der Stasi. Seitdem lebte sie zuruckgezogen in
Hohen Neuendorf
bei Berlin in einem bis zur Wende extra fur sie gesicherten Haus.
Am 16. Dezember 1981 ließ sie sich von ihrem Mann scheiden und nahm erneut ihren vorherigen Nachnamen Boom an. Sie starb am 20. Marz 2004 in Berlin an einem Herzleiden.
- ↑
Eckard Michels: Guillaume, der Spion, Links-Verlag, Berlin 2013, Seite 27 (vollstandiger Geburtsname: Christel Margarete Ingeborg Meerrettig)
- ↑
Eckard Michels: Guillaume, der Spion. Links-Verlag, 2013, S. 73
- ↑
Andreas Forster:
Frau im Schatten.
In:
berliner-zeitung.de.
25. Marz 2004,
abgerufen am 26. April 2024
.
- ↑
Hanne Reinhardt:
Gunters Frau.
In:
welt.de.
3. April 2004,
abgerufen am 26. April 2024
.