Ab Ende Oktober
2010
kam es zu einer
Cholera-Epidemie in Haiti
. Die Regierung
Haitis
rief nach dem Auftreten erster Todesfalle von
Cholera
-Erkrankten landesweit den sanitaren Notstand aus.
[1]
Epidemiologen gehen mehrheitlich davon aus, dass die Cholera durch
nepalesische
UN-Soldaten
ins Land eingeschleppt wurde. Am 17. August 2016 raumten Vertreter der Vereinten Nationen erstmals eine Verantwortung fur den Ausbruch der Cholera offiziell ein.
[2]
Die Infektionen traten zunachst in der landlichen Provinz
Artibonite
, nordlich von Haitis Hauptstadt
Port-au-Prince
auf. Als Folge des
Erdbebens in Haiti
, das sich am 12. Januar 2010 ereignet hatte, wurden großflachig
sanitare Infrastruktureinrichtungen
zerstort und behelfsmaßige Wohnstatten (Zeltstadte) ohne ausreichende sanitare Infrastruktur errichtet. Das
Epizentrum
des Bebens lag etwa 25 Kilometer sudwestlich von Port-au-Prince. Die Versorgung mit
Trinkwasser
wurde danach zum Teil nur behelfsmaßig uber die Ausgabe von in Flaschen etc. abgefulltem Wasser hergestellt. Als Ursache der ersten Krankheitsfalle wurden uberschwemmte Kloaken in einem Fluchtlingslager vermutet. Die ersten Krankheitsfalle wurden von den
Centers for Disease Control and Prevention
(CDC), einer hilfsweise hier tatigen Behorde der Vereinigten Staaten, bestatigt.
Cholerafalle in Haiti nach Daten der WHO
[3]
[4]
Jahr
|
Erkrankungen
|
Todesfalle
|
2010
|
179.379
|
3990
|
2011
|
340.311
|
2869
|
2012
|
112.076
|
894
|
2013
|
58.809
|
593
|
2014
|
27.753
|
296
|
2010?2014
|
718.328
|
8642
|
Am 21. Oktober 2010 wurde der Ausbruch der Cholera offiziell durch die haitianischen Gesundheitsbehorden bestatigt. Bis zum 19. November 2010 hatte der Ausbruch jedes
Departement
des Landes erreicht und bis zum 17. Dezember 2010 wurden insgesamt 121.518 Cholera-Erkrankungen, 63.711 Krankenhausaufnahmen und 2.591 registrierten Todesfallen fuhrten.
[5]
Spatere Veroffentlichungen gingen von hoheren Mortalitatszahlen aus.
Zunehmend erschwert wurde die medizinische Versorgung der betroffenen Bevolkerungsteile durch Transportprobleme infolge der einsetzenden
Regenzeit
und der Uberschwemmungsschaden in der Provinz
Artibonite
nach dem
Hurrikan Tomas
Anfang November 2010.
[6]
Am 16. November wurde der erste Fall von Cholera in der
Dominikanischen Republik
, dem Nachbarland
Haitis
, offiziell bestatigt. Bei dem Kranken handelt es sich um einen haitianischen
Gastarbeiter
, der sich wahrscheinlich beim Besuch in seiner Heimat angesteckt hatte.
[7]
Neben der Gesundheitserziehung und Aufklarung uber Hygienemaßnahmen wurden seit 2012 auch
Schutzimpfungen
gegen ubertragbare Krankheiten aufgenommen.
[8]
Nach Angaben des haitianischen Gesundheitsministeriums wurden bis Ende des Jahres 2010 rund 3500 Todesfalle und mehr als 157.000 Choleraerkrankungen gezahlt. Auch zehn Wochen nach Ausbruch der Epidemie konnte die Krankheit noch nicht eingedammt werden; pro Tag starben noch immer 22 Menschen.
[9]
Am 28. Marz 2011 meldete das nationale haitianische Gesundheitsministerium, dass bislang 4677 Menschen gestorben und mehr als 270.996 infiziert seien.
[10]
Die mutmaßliche Quelle fur die Epidemie war der Artibonitefluss, aus denen einige der betroffenen Personen Wasser getrunken hatten.
[11]
Ein UN-Team untersuchte Proben von einer Abwasserleitung in einer Basis des nepalesischen Friedenssicherungskontingentes unter dem Verdacht, dass dort die Ursache fur die Kontamination des Flusses lage. Vincenzo Pugliese von der
MINUSTAH
bestatigte, dass dort das Cholerabakterium nachgewiesen wurde.
[12]
Das amerikanische
CDC
erklarte, dass die ?DNA-Fingerprinting“-Tests zeigten, dass verschiedene Proben von haitianischen Patienten
Vibrio cholerae
Serogruppe O1 Serotyp Ogawa, ergaben, einen Stamm, der sich auch in Sudasien findet.
[13]
[14]
[15]
Drei US-Professoren in großen US-Universitaten widersprachen der Behauptung, nepalesische Soldaten seien die Quelle des Ausbruchs. Die Experten glaubten eher, ruhende Cholerabakterien seien durch verschiedene okologische Zwischenfalle in Haiti geweckt worden.
[16]
Sie sagten eine Abfolge von Ereignissen, einschließlich Veranderungen des Klimas durch das
La-Nina
-Phanomen und unhygienischen Lebensbedingungen fur die vom Erdbeben Betroffenen, hatten die Vermehrung der Bakterien ausgelost.
Als Folge des Verdachts gegen die nepalesischen Soldaten forderten Demonstranten, dass die nepalesische Brigade der Vereinten Nationen das Land verlassen sollten.
[17]
Ein von der UN einberufenes vierkopfiges, unabhangiges Komitee kam im am 3. Mai 2010 veroffentlichten Bericht zu dem Schluss, dass die Epidemie uber die Kontamination des
Flusses Artibonite
mit einem dem sudasiatischen Cholerastamm
Vibrio cholerae
ahnelnden Erreger verbreitet wurde, wahrscheinlich von einer einzelnen Quelle. Eine Reihe von
Molekularanalysen
kam zu diesem Ergebnis. Laut dem Bericht waren die sanitaren Bedingungen in dem nahe gelegenen UN-Camp, wo unter anderem auch die nepalesischen Truppen stationiert waren, ungenugend. Eine Verbreitung dieses Ausmaßes ware außerdem ohne die Defizite im Wasser- und Gesundheitssystem in Haiti nicht eingetreten.
[18]
Der Leiter des Komitees erklarte, die Katastrophe sei womoglich von einer einzigen infizierten Person ausgegangen, die selbst nicht erkrankt war, aber die Bakterien uber ihren Stuhl abgegeben hatte.
[19]
In einer offentlichen Stellungnahme vom 17. August 2016 erklarte der stellvertretende Sprecher von Generalsekretar
Ban Ki-moon
, dass die Vereinten Nationen (UN) in den letzten Jahren zu der Auffassung gelangt seien, dass sie ?wegen ihrer Verwicklung in den Ausbruch“ mehr fur die Erkrankten tun mussten. Die Erklarung war die erste, in der die UN eine (Mit-)Verantwortung fur den Epidemieausbruch einraumten, sie enthielt jedoch kein formales Schuldeingestandnis und der Sprecher betonte, dass sich der juristische Standpunkt der UN in dieser Frage nicht geandert habe.
[20]
Die UN waren 2013 von Menschenrechtsanwalten auf Schadenersatz in Hohe von 2,2 Milliarden US-Dollar fur die bis zu 679.000 Betroffenen (Erkrankte, Angehorige, wirtschaftlich Geschadigte etc.) verklagt worden.
[21]
In einer im Januar 2016 veroffentlichten wissenschaftlichen Studie kamen Epidemiologen von der
Yale University
zum Schluss, dass der Choleraausbruch hatte vermieden werden konnen, wenn UN-Soldaten aus Cholera-Endemiegebieten (wie Nepal) eine
Chemoprophylaxe
mit
Antibiotika
erhalten hatten. Die Kosten dieser Prophylaxe wurden auf unter 1 US-Dollar pro Person beziffert.
[22]
Die Cholera ist eine schwere, bakterielle
Infektionskrankheit
, von der vorwiegend der
Dunndarm
der Patienten befallen wird. Ursache und fur die Diagnose entscheidend ist der Nachweis des
Bakteriums
Vibrio cholerae.
Die Infektion erfolgt meistens uber verunreinigtes
Trinkwasser
oder infizierte Nahrungsmittel. Die Bakterien konnen extremen
Durchfall
und starkes
Erbrechen
zur Folge haben, was zu einer schnellen Austrocknung (
Exsikkose
) mit Elektrolytverlust fuhren kann. Die Dysregulation des
Kreislaufs
kann zum Tod fuhren.
Die Behandlung umfasst den Ausgleich des Wasser- und Elektrolytverlustes sowie die Gabe von
Antibiotika
.
Die meisten Cholera-Infektionen (etwa 85 %) verlaufen (zunachst) ohne Symptome (Fieber, Kopfschmerz, Unwohlsein). Die Sterblichkeit der Krankheit betragt unbehandelt nach Erregertypus und aufgenommener -menge zwischen 20 und 70 %. Von den
weltweit jahrlich
ca. 3?5 Millionen Choleraerkrankungen fuhren 100.000?120.000 zum Tode der Patienten.
- ↑
vgl.
Haiti ruft sanitaren Notstand aus
(
Memento
vom 24. Oktober 2010 im
Internet Archive
) bei tagesschau.de, 23. Oktober 2010 (aufgerufen am 23. Oktober 2010)
- ↑
Jonathan M. Katz:
U.N. Admits Role in Cholera Epidemic in Haiti.
The New York Times, 17. August 2016,
abgerufen am 18. August 2016
(englisch).
- ↑
Global Health Observatory (GHO) data: Number of reported cholera cases.
WHO,
abgerufen am 21. August 2016
(englisch).
- ↑
Global Health Observatory (GHO) data: Number of reported deaths due to cholera.
WHO,
abgerufen am 21. August 2016
(englisch).
- ↑
CDC:
Update on Cholera - Haiti, Dominican Republic, and Florida, 2010
.
Morbidity and Mortality Weekly Report (MMWR)
. 24. Dezember 2010 / 59(50);1637?1641.
- ↑
"Tomas" richtet schwere Verwustungen an
(
Memento
vom 7. November 2010 im
Internet Archive
) bei tagesschau.de
- ↑
Erster Cholera-Fall in Dominikanischer Republik.
(
Memento
vom 20. November 2010 im
Internet Archive
)
Suddeutsche Zeitung
, 17. November 2010, 08:30 Uhr, bzw. der Situationsbericht Nr. 14.
- ↑
A. S. Vicari, C. Ruiz-Matus u. a.:
Development of a cholera vaccination policy on the island of hispaniola, 2010?2013.
In:
The American journal of tropical medicine and hygiene.
Bd. 89, Nummer 4, Oktober 2013, S. 682?687,
ISSN
1476-1645
.
doi
:
10.4269/ajtmh.13-0200
.
PMID 24106195
.
PMC 3795098
(freier Volltext).
- ↑
Der Standard
:
Bereits rund 3.500 Cholera-Tote in Haiti
, 5. Janner 2011.
- ↑
Todesfalle durch die Cholera auf 4766 gestiegen
, Latina-press.com (Abgerufen am 8. Mai 2011).
- ↑
Cholera cases found in Haiti capital.
MSNBC, 23. Oktober 2010,
abgerufen am 9. November 2010
.
- ↑
UN investigates Haiti outbreak.
Al Jazeera English
, 28. Oktober 2010,
abgerufen am 9. November 2010
.
- ↑
MyHealthNewsDaily Staff:
Haiti’s cholera strain likely came from South Asia, CDC says.
MSNBC, 1. November 2010,
abgerufen am 9. November 2010
.
- ↑
Haiti cholera ’resembles South Asian strain'.
BBC News, 1. November 2010,
abgerufen am 9. November 2010
.
- ↑
CDC Announces Laboratory Test Results of Cholera Outbreak Strain in Haiti
(
Memento
des
Originals
vom 2. November 2010 im
Internet Archive
), Infection Control Today. Abgerufen am 17. November 2010
Info:
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Anleitung
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@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.infectioncontroltoday.com
- ↑
Haiti’s cholera epidemic caused by weather, say scientists.
The Guardian, 22. November 2010,
abgerufen am 22. November 2010
.
- ↑
UN troops blamed for Haiti cholera.
Al Jazeera English, 30. Oktober 2010,
abgerufen am 9. November 2010
.
- ↑
Final Report of the Independent Panel of Experts on the Cholera Outbreak in Haiti, S. 3 und 29
(PDF; 1,4 MB)
- ↑
Martin Enserink:
Haiti’s Cholera Outbreak Cholera Linked to U.N. Forces, But Questions Remain
. Science, 13. Mai 2011. Bd. 332, Nr. 6031, S. 776?777.
- ↑
Daily Press Briefing by the Office of the Spokesperson for the Secretary-General.
Vereinte Nationen, 18. August 2016,
abgerufen am 18. August 2016
(englisch, die entscheidende Textpassage:
…but over the past year, the UN has become convinced that it needs to do much more regarding its own involvement in the initial outbreak and the suffering of those affected by cholera …
).
- ↑
U.N. sued in U.S. court over Haiti’s cholera epidemic.
Reuters, 9. Oktober 2013,
abgerufen am 18. August 2016
(englisch).
- ↑
Joseph A. Lewnard, Marina Antillon, Gregg Gonsalves, Alice M. Miller, Albert I. Ko, Virginia E. Pitzer:
Strategies to Prevent Cholera Introduction during International Personnel Deployments: A Computational Modeling Analysis Based on the 2010 Haiti Outbreak
. In:
PLOS Medicine
.
Band
13
,
Nr.
1
, 26. Januar 2016,
S.
e1001947
,
doi
:
10.1371/journal.pmed.1001947
(
plos.org
[abgerufen am 11. August 2016]).
19.1
-72.333333333333
Koordinaten:
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,
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