Dieser Artikel befasst sich mit industriell und im Labor hergestellten chemischen Stoffen. Fur den ubergeordneten Begriff siehe
chemischer Stoff
.
Chemikalien
sind industriell oder im Labor hergestellte oder verwendete
chemische Stoffe
.
[1]
[2]
Es kann sich dabei um
Reinstoffe
oder um
Stoffgemische
handeln. Ob etwas als Chemikalie bezeichnet wird, hangt jedoch stark vom
Kontext
ab.
Der Begriff Chemikalie (Synonym:
Reagenz
) ist sehr unscharf, keineswegs genau definiert und kann daher je nach Zusammenhang unterschiedliche Bedeutung haben:
- Stoffe wie z. B.
Wasser
,
Luft
,
Methan
,
Kohle
,
Starke
,
Ethanol
,
Eisen
,
Silber
,
Kalk
,
Backpulver
,
Kochsalz
wurden Laien spontan nicht als Chemikalien betrachten, finden aber genau wie ?typische“ Chemikalien in Labor und Industrie Verwendung.
- Harnstoff
,
Kaliumnitrat
und
Schwefel
wurde man eher zu den Chemikalien zahlen, auch wenn sie in der Natur vorkommen und nicht in Laboratorien, chemischer Industrie oder Bioreaktoren hergestellt wurden.
Nicht
zu den Chemikalien gehoren Dinge, die nicht an chemischen Reaktionen beteiligt sind (z. B.
Reagenzglaser
) oder deren Zusammensetzung sehr komplex ist (z. B. ein
Apfel
).
Physikalische
Eigenschaften (z. B.
Druck
eines
Gases
) und
geometrische
Eigenschaften (z. B. Abmessungen eines
Festkorpers
) von Chemikalien sind in der Regel nicht relevant.
Im engeren Sinne gelten nur
Stoffe
als Chemikalien, die auch im
Chemielabor
oder in der chemischen Industrie hergestellt oder eingesetzt werden.
Es gibt verschiedene Klassifikationen fur Chemikalien. Sie lassen sich zunachst grob in
anorganische
und
organische
unterteilen, ferner in
Petrochemikalien
,
Polymere
,
Fein- und Spezialchemikalien
,
Pharmazeutika
,
Agrochemikalien
sowie Seifen, Wasch- u. Korperpflegemittel (
Detergentien
).
[3]
Daneben gibt es zum Beispiel die Kategorien als
Gefahrstoff
. Einige dieser Kategorien sind historisch begrundet, wie etwa die Unterscheidung
organisch
oder
anorganisch
, andere beruhen auf Gesetzen und Verordnungen, wie etwa aufgrund der
Gefahrstoffverordnung
. Grundsatzlich ist zwischen wissenschaftlichen Klassifikationen und denen nach
Chemikalienrecht
zu unterscheiden. Daneben existieren auch volkstumliche Bezeichnungen
[4]
(Trivialnamen) fur Chemikalien.
Beim Handel mit Chemikalien wird zwischen
Feinchemikalien
(hoher
Reinheitsgrad
) und
technischen Chemikalien
(niedrigerer Reinheitsgrad) unterschieden. Verbreitet ist auch die Bezeichnung
Schwerchemikalien
fur anorganische Grundstoffe, die in großen Mengen hergestellt werden (z. B.
Natronlauge
und
Schwefelsaure
).
Die
Reinheitsgrade
sind meist auf den Verwendungszweck bezogen:
- Technisch (eventuell großere Verunreinigungen; oft verfarbt: z. B. technische
Salzsaure
gelblich durch Chloroeisen(III)-Komplexe), meist zur Verwendung als Losungs- oder Reinigungsmittel in Gewerbebetrieben
- Zur Synthese (pro Synthesis)
- Rein
- Reinst
- Reinst, Zur Analyse (z. A.); pro Analysi (p. A.), Garantieschein mit Maximalgehalten an Verunreinigungen im Etikett integriert
- Spezialbezeichnungen der Hersteller fur ultrareine Chemikalien zur Analyse im Ultraspurenbereich, ausfuhrlicher Garantieschein mit Maximalgehalten vieler relevanter Verunreinigungen liegt der Flasche bei.
- TraceSelect, Selectipur, Supra, Suprapur
- TraceSelect Ultra, Ultrapur
Weltweit sind etwa 100.000 Chemikalien auf dem Markt erhaltlich, wobei die Schatzung von industriell eingesetzten Chemikalien von 25.000 bis uber 80.000 reicht.
[5]
Stand 2020 wurden mehr als 350.000 Chemikalien und Chemikaliengemische fur die Herstellung und Verwendung registriert.
[6]
Davon werden mehrere tausend Stoffe in Europa in großeren Mengen verwendet.
[7]
Darunter sind unter anderem etwa 3000
Wirkstoffe
in Arzneimitteln
[8]
(10.000 auf der
gelben Liste
[9]
), mehr als 300
Lebensmittelzusatzstoffe
[10]
und etwa 270 zugelassene
Pflanzenschutzwirkstoffe
[11]
. Weltweit verteilen sich etwa 90 % der Gesamtmenge der jahrlich produzierten Chemikalien auf ungefahr 3000 Einzelstoffe.
[12]
Etwa 4600
High Production Volume Chemicals
werden in Mengen großer als 1000 Tonnen pro Jahr produziert oder importiert.
[13]
Insgesamt sind jedoch uber 100 Millionen chemische Verbindungen bekannt und beim
Chemical Abstracts Service
(CAS) registriert (Stand Ende 2015).
[14]
Jedes Jahr werden weltweit uber 1.000.000 neue Substanzen hergestellt (
Synthese
), untersucht (
Analyse
), in der Fachliteratur beschrieben und in bestehende
Stoffgruppen
der
Chemie
eingeordnet.
Viele dieser Chemikalien kommen auch naturlich vor. So wurden bisher mehr als 5000 Minerale
[15]
, mehrere tausend Einzelsubstanzen in
Tabak
[16]
, mehr als 1800 in gerostetem
Kaffee
[17]
und mehr als 500 in
Erdol
[18]
identifiziert.
Informationen uber die
Stoffeigenschaften
einzelner Chemikalien konnen den Katalogen der Chemikalien-Hersteller oder den großen Nachschlagewerken wie
Beilstein
,
Gmelin
,
Hager
,
CRC Handbook
,
Kirk-Othmer
,
Landolt-Bornstein
,
Merck Index
,
Nouveau Traites
,
Rodd
,
Ullmann
und anderen entnommen werden.
1930 betrug die weltweite Chemikalienproduktion 1 Mio. Tonnen und hat im Jahr 2005 eine Produktion von uber 300 Mio. Tonnen erreicht. Somit werden jahrlich rund 50 kg Chemikalien pro Person produziert.
[19]
Uber 99 Prozent von 492 untersuchten Chemikalien sprengen mindestens eine
planetare Belastungsgrenze
.
[20]
Der
Chemical Abstracts Service
weist jeder Chemikalie eine
CAS-Nummer
zu, welche eine eindeutige Kennzeichnung darstellt.
[1]
Weitere ahnliche Kennzeichnungen sind die
EG-Nummer
,
EINECS
/
ELINCS
und die
UN-Nummer
. Um angesichts der Vielzahl chemischer Verbindungen auch die Eigenschaften hinsichtlich ihrer Wirkung auf Umwelt und Gesundheit darzustellen, werden eine Reihe zusatzlicher Angaben verwendet, die teilweise international geregelt sind, zum Beispiel durch
IUCLID
6 und das
global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS)
.
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a
b
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