Charles Munch im ungarischen Radio, 1966, Budapest
Gedenktafel fur Charles Munch in Louveciennes (Yvelines, France).
Charles Munch
(auch: Charles Munch) (*
26. September
1891
in
Straßburg
,
Deutsches Kaiserreich
; †
6. November
1968
in
Richmond
,
Virginia
) war ein franzosischer
Dirigent
elsassischer
Abstammung.
Charles Munch war der Sohn des Elsasser Organisten und Chorleiters
Ernst Munch
. Der Organist Eugene Munch war sein Onkel.
Er studierte Geige am
Konservatorium Straßburg
und 1912 bei
Lucien Capet
in Paris. Einer seiner Lehrer am Straßburger Konservatorium war
Hans Pfitzner
.
Als Elsasser wurde er beim Ausbruch des
Ersten Weltkrieges
als Artillerie-Sergeant zum
Deutschen Heer
eingezogen. Bei
Peronne
erlitt er 1916 eine Gasvergiftung und in der
Schlacht von Verdun
eine Schussverletzung. Nach Kriegsende kehrte er ins Elsass (nun wieder in franzosischer Hand) zuruck und erhielt 1919 die franzosische Staatsburgerschaft.
Nach weiteren Studien bei
Carl Flesch
in Berlin verfolgte Charles Munch eine Solistenkarriere und lehrte Violine am Straßburger Konservatorium (1919) und dann am
Leipziger Konservatorium
. Von 1926 bis 1932, wahrend
Wilhelm Furtwanglers
Amtszeit, war er
Konzertmeister
des
Leipziger Gewandhausorchesters
. Wahrend dieser Zeit studierte er das
Dirigieren
. Zuruck in Frankreich gab er im November 1932 in Paris sein Debut als Dirigent in einem selbstfinanzierten Konzert mit dem Orchestre Straram. Seine 1933 erfolgte Heirat mit Genevieve Maury, der Enkelin eines der Grunder des Nestle-Konzerns, ermoglichte ihm die Finanzierung seiner weiteren Karriere.
Von 1933 bis 1940 bildete er sich im Dirigieren bei
Alfred Szendrei
in Paris weiter. Von 1935 bis 1938 war er Dirigent des von
Alfred Cortot
gegrundeten
Orchestre de la Societe Philharmonique
in Paris und 1936 erhielt er eine Stelle als Lehrer an der
Ecole Normale de Musique de Paris
. 1938 wurde er zum Direktor der Societe des Concerts du
Conservatoire de Paris
ernannt und behielt diesen Posten wahrend der deutschen Besetzung im
Zweiten Weltkrieg
.
Er lehnte die Zusammenarbeit mit den
Nationalsozialisten
ab und unterstutzte stattdessen den franzosischen Widerstand, die
Resistance
; er wurde 1945 mit den Orden der
Ehrenlegion
ausgezeichnet.
Munchs Karriere nahm nach dem Krieg schnell Fahrt auf. Er debutierte in den USA als Gastdirigent des
Boston Symphony Orchestra
im Dezember 1946. 1948 folgte eine Tournee durch die USA mit dem Orchestre de la Radio nationale de France. 1949 wurde er zum
Musikdirektor
des Boston Symphony Orchestra ernannt, mit welchem er und
Pierre Monteux
1952 eine erste Europa-Tournee unternahmen. 1950 wurde Munch in die
American Academy of Arts and Sciences
gewahlt. 1956 folgte eine weitere Tournee durch Europa und die Sowjetunion. 1962 zog sich Charles Munch von seinem Posten am Boston Symphony Orchestra zuruck und war fortan als Gastdirigent tatig. Er half Serge Baudo 1967 bei der Grundung des
Orchestre de Paris
. Als er mit dem Orchestre de Paris auf einer Amerika-Tournee war, starb er 1968 in Richmond.
Munch erlangte Anerkennung als Interpret des franzosischen Repertoires. Seine Auffuhrungen zeichneten sich durch Spontaneitat, Farbe und Eleganz aus. Die franzosische Musik des 20. Jahrhunderts nahm in seinen Programmen einen herausragenden Platz ein. Er brachte neue Werke der Komponisten seiner eigenen Generation, der Franzosen
Albert Roussel
und
Darius Milhaud
, des franzosisch-schweizerischen Komponisten
Arthur Honegger
und von anderen zur Auffuhrung. Seine Aufnahmen dieser Werke mit dem
Boston Symphony Orchestra
fur
RCA Records
gelten bis heute als Klassiker ihrer Art. Aber Munch hatte auch ein gutes Gespur fur die zeitgenossische Musik anderer Lander, wie man es an seinen wenigen, aber wichtigen Aufnahmen von Martinu, Piston und Barber horen kann. In der Tat war Munchs Engagement fur amerikanische Musik wahrend seiner Bostoner Jahre fast so stark wie seine Treue zu neuen franzosischen Werken. In seiner Pariser Zeit fuhrte er neue Werke in die Programme des
Lamoureux-Orchesters
, der Shihoan-Konzerte und der Straram-Konzerte ein.
Er schrieb das Werk
Je suis chef d’orchestre
(1954).
- Dieter Romer:
Munch, Carl.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997,
ISBN 3-428-00199-0
, S. 519 f. (
Digitalisat
).
- Genevieve Honegger:
Charles Munch. Un chef d’orchestre dans le siecle.
La Nuee Bleue, Strasbourg 1992,
ISBN 2-7165-0244-7
.
- Philippe Olivier:
Charles Munch. Une biographie par le disque.
Belfond, Paris 1987,
ISBN 2-7144-2060-5
.
- D. Kern Holoman:
Charles Munch
, Oxford [u. a.]: Oxford Univ. Press, 2012,
ISBN 978-0-19-977270-4
Musikdirektoren des Boston Symphony Orchestra