Sir
Charles Umpherston Aitchison
KCSI
,
CIE
(*
20. Mai
1832
in
Edinburgh
; †
18. Februar
1896
in
Oxford
) war ein britischer Kolonialbeamter in Indien, dessen Karriere durch die Folgen des Aufstandes von 1857 befordert wurde. letztlich stieg er zum
Foreign Secretary
[1]
des
Government of India
(GoI) und Lieutenant-Governor des
Punjab
auf.
Charles Umpherston Aitchiston
war der Sohn von Hugh Aitchison. Seine Mutter stammte aus der Familie der Umpherston, die prominent bei den protestantischen
Scottish Convenanters
waren. Er besuchte die hohere Schule und die
University of Edinburgh
(M. A.). Besonders interessiert war er in Logik und Metaphysik,
Fichtes
Die Bestimmung des Menschen
beeinflusste ihn stark. Das Sommersemester 1854 verbrachte er an der
Universitat Halle
bei Friedrich
August Tholuck
, das folgende Wintersemester studierte er in Berlin. Ohne besondere Vorbereitung nahm er im Fruhjahr 1855 an der Auswahlprufung fur den Dienst der
East India Company
teil, bei der sich 131 Bewerber um 21 Stellen bemuhten. Er bestand, trotz schlechtem Ergebnis in Mathematik, als funftbester.
Im folgenden Jahr wurde er in London in Recht und
Hindi
unterwiesen. Er gehorte zur ersten Gruppe der sogenannten
Competition Wallahs
, also derjenigen hoheren Kolonialbeamten, die nicht mehr in
Haileybury
ausgebildet wurden. Am 25. September 1856 landete er in Kalkutta. Nach drei Monaten bestand er die Prufungen in
Persisch
und Hindi. Daraufhin wurde er in den abgelegenen Distrikt von
Hissar
[2]
im Punjab gesandt.
Der Gouverneur
John Lawrence
wollte jedoch vier der nach dem neuen System Ausgebildeten in seinem Stab haben, so dass er bereits nach einem Monat, am 4. Mai, nach
Lahore
beordert wurde. Dadurch entging er dem in Hissar am 29. Mai 1857 stattfinden Massaker an 19 Weißen. Trotzdem geriet er in den
Sepoy-Aufstand
. Vier Monate verbrachte er unter anderem bei der Verteidigung einer Brucke in
Amritsar
. Er nahm an der Ruckeroberung Delhis teil.
Als Privatsekretar des
Judicial Commissioner
arbeitete er am Entwurf eines Strafgesetzbuchs fur den Punjab. Nach der Beforderung seines Vorgesetzten wurde er bald
Under Foreign Secretary.
Er nahm 1859?60 an der Tour des Vizekonigs
Lord Canning
teil, wahrend der große Landumverteilungen an die loyalen
Furstenstaaten
stattfanden. Zahlreiche der Verleihungsurkunden und Sendschreiben, die traditionell in klassischem Persisch, der Hofsprache der
Moguln
, gehalten waren, hat er verfasst und im Beisein des jeweiligen Fursten und des Vizekonigs verlesen. Zusammen mit
Henry Mortimer Durand
entwarf er 1861 die neue Politik der Adoption fur kinderlose Rajas, die
Doctrine of Lapse
verwerfend. Lawrence, seit 1864 Vizekonig, vertraute ihm weitergehende Aufgaben an.
Um ihm Erfahrung im allgemeinen Verwaltungsdienst zu geben, wurde er 1865?68 wieder in den Punjab gesandt. Danach kehrte er, nun als Staatssekretar (
Foreign Secretary
), in die Zentralverwaltung zuruck. Bei der Ermordung des Vizekonigs
Lord Mayo
auf den
Andamanen
stand er nahe bei. Im Amt er war besonders mit den Beziehungen gegenuber Afghanistan befasst. Der konservativen Politik des Vizekonigs
Robert Bulwer-Lytton
, die letztlich zum
Zweiten Anglo-Afghanischen Krieg
fuhrte, stand er ablehnend gegenuber.
Im Marz 1878 akzeptierte er die Stellung des
Chief Commissioner
von Britisch-Birma, die er bis Juli 1880 behielt. Von April 1882 bis 1887 wurde er
Lieutenant-Governor
des Punjab, der bedeutendsten der damals 12 Provinzen von Britisch-Indien. Seine alteste Tochter Beatrice Clementina († 1902) heiratete 1887 seinen Privatsekretar James Robert Dunlop Smith
[3]
Aitchison war zeitlebens ein glaubiger Anhanger der
Free Church of Scotland
.
Als Kolonialbeamter unterstutzte er den Ausbau der
christlichen
Missionen. In seine Amtszeit fallt die Grundung der
Panjab University
, die zwar auch Abschlusse der klassischen muslimischen Gelehrsamkeit verlieh, gleichzeitig aber auch westliches Wissen und Methoden den Einheimischen nahebringen sollte. Aus der 1864 gegrundeten
Wards' School
(fur Furstensohne) in
Ambala
wurde 1886 das nach ihm benannte College in Lahore.
Eigentlich wollte er sich nach seinem Heimaturlaub am Ende der Zeit als Gouverneur zur Ruhe setzen, er folgte jedoch im April 1887 den Bitten von
Lord Dufferin
und akzeptierte die Berufung in den
Supreme Council
(bis Nov. 1888). Zugleich war er Prasident der
Public Service Commission
, die weitreichende Reformen des
Indian Civil Service
beschloss. Zu dieser Zeit infizierte er sich. Endgultig in Pension ging er November 1888. Zunachst lebte der Kranke in London, zog jedoch bald darauf in die Nahe von Oxford, wo er auf dem Friedhof von Wolvercote begraben wurde.
- Sein wichtigstes Werk ist die mit ausfuhrlichen geschichtlichen einleitenden Hinweisen versehene Sammlung:
A collection of treaties engagements, and sanads relating to India and neighbouring countries ...
(die Ubersetzung ins Urdu besorgte Jwala Sahai). Samtliche Vertrage, die die Kolonialmacht mit den Fursten schloss, sind in englischer Ubersetzung aufgefuhrt. Diese Quellensammlung von 1862 wurde spater immer wieder, von anderen erweitert, neu aufgelegt, teilweise unter leicht modifiziertem Titel, wie 1922:
Manual of collections of treaties and of collections relating to treaties ...
sie wird jedoch bis heute immer unter seinem Namen zitiert.
- als Hrsg.:
Passages in the Lives of Helen Alexander, and James Currie of Pentland and other Papers;
Belfast 1869 (Familienpapiere von Francis Umpherston, Esq., Elmswood, Loanhead)
- The Native States of India;
1875
- Die Biographie von J. Lawrence in: Hunter, W. W.;
Rulers of India
;
Oxford 1892
- Dictionary of Indian Biography;
1906, S. 8
- Smith, George;
Twelve Indian statesmen;
London 1897; S. 287-
- ↑
Der
Foreign Secretary
(eigentlich: ?Außenminister“) des GoI war nicht fur die Beziehungen zu europaischen Machten zustandig, sondern besorgte die Beziehungen zu den innerindische Furstenstaaten.
- ↑
heute: Hisar, Haryana. vgl.
en:Hisar, Haryana
- ↑
(* 24. August 1858), Pensioniert als Lt.-Col., KCSI (1910);
Who's Who 1914, (66th year);
London, New York 1914