Carmaux
(
okzitanisch
Caramauc
) ist eine
franzosische
Gemeinde
mit 9.898 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im
Departement
Tarn
in der
Region
Okzitanien
.
Carmaux liegt im Suden Frankreichs 80 km nordostlich von
Toulouse
, 15 km nordlich von
Albi
und sudwestlich des
Zentralmassivs
. Die Stadt befindet sich an der Route Nationale 88, die von Toulouse nach
Lyon
fuhrt, und gehort zum Departement Tarn. Sie liegt am Ufer des Flusses
Cerou
, in den hier der
Ceroc
einmundet.
Bereits vor ungefahr 2000 Jahren soll hier ein kleines Dorf existiert haben, und die
Kelten
bauten in den Gruben l’Abcenq etwa 300 Jahre v. Chr. Kupfer ab. Kohle wird erstmals 1295 erwahnt, da man fur diese an der Brucke in Albi
Bruckenzoll
bezahlen musste.
Das Mittelalter war gepragt durch wechselnde Herrschaften und haufige Kriege. Toulouse zum Beispiel wurde Hauptstadt der
Westgoten
und spater von
Arabern
erobert.
Der Kohleabbau war bis zum 18. Jahrhundert nur von geringer Bedeutung, wurde aber von der Familie de Solages mit modernen Mitteln betrieben, und es entwickelte sich von etwa 1752 bis 1850 eine Kohleindustrie in großerem Umfang. In dieser Zeit entsteht auch eine Glasindustrie. Durch die beginnende
Industrialisierung
und den Einsatz der
Dampfmaschine
steigt auch der Bedarf an Kohle und damit die Bedeutung der Kohleindustrie. Die Landarbeiter werden zu Bergarbeitern und siedeln sich in der Stadt Carmaux an. 1801 zahlte der Ort 1300
[1]
Einwohner. Von 1801 bis 1901 verzehnfachte
[1]
sich die Stadtbevolkerung fast.
Denkmal fur Jean Jaures in Carmaux
1892 kam es zu einem großen Streik der Minenarbeiter von Carmaux, die damit den gewahlten sozialistischen Burgermeister Jean-Baptiste Calvignac, einen aus ihrer Mitte, unterstutzen wollen. Calvignac war vom Marquis de Solages, dem Eigentumer der Mine und zugleich Abgeordneter in der
Nationalversammlung
, entlassen worden, weil er in Erfullung seiner stadtischen Pflichten mehrfach bei der Arbeit gefehlt hatte. Nachdem die franzosische Regierung schon 1500 Soldaten der Armee nach Carmaux geschickt hatte, schaltete sich der sozialistische Politiker
Jean Jaures
ein. Unter dem Druck des Streiks und der von Jaures hergestellten Offentlichkeit entscheidet die zum Schiedsrichter bestellte Regierung im Streit zwischen Calvignac und de Solages zugunsten von Calvignac. De Solages trat von seinem Amt als Abgeordneter zuruck.
Die Arbeiterschaft nahm zunehmend Abstand vom katholischen Klerus. So wurden beispielsweise 1911 in Carmaux 21,5 %
[2]
aller Beisetzungen als Zivile Beerdigungen (
funerailles civiles
[2]
) abgehalten. Nach 1918 kamen viele Polen nach Carmaux, deren Integration sich schwierig gestaltete, und ab 1936 siedelten sich auch Spanier an.
Durch die Ablosung der Kohle durch andere Energieformen, wie Erdol oder Atomenergie verliert die Kohle-Industrie zunehmend an Bedeutung, so dass am 1. Juli 1997 die letzte Kohle gefordert wurde. Es vollzieht sich ein Umbruch hin zu neuen Industriezweigen.
Jahr
|
Einwohner
|
1793
|
849
|
1800
|
1.040
|
1821
|
1.440
|
1831
|
1.765
|
1841
|
2.143
|
1851
|
2.648
|
1861
|
4.043
|
1872
|
5.010
|
1881
|
6.905
|
1891
|
9.591
|
|
Jahr
|
Einwohner
|
1901
|
10.956
|
1911
|
11.064
|
1921
|
11.273
|
1931
|
11.129
|
1946
|
11.136
|
1954
|
11.485
|
1962
|
14.565
|
1968
|
14.755
|
1975
|
13.208
|
1982
|
12.113
|
|
Jahr
|
Einwohner
|
1990
|
10.957
|
1999
|
10.231
|
2006
|
10.273
|
2007
|
10.268
|
|
- 1945?1977: Jean Vareilles
- 1977?1997: Jacques Goulesque
- 2001?2008: Rene Frayssinet
- 2008?heute: Alain Espie
Partnerstadte: Carmaux und Neckarsulm, seit 1958
Die Stadtepartnerschaft zwischen Carmaux und
Neckarsulm
war eine der ersten Stadtepartnerschaften, die nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen einer franzosischen und einer deutschen Stadt geschlossen wurde. Das Ziel dieser Stadtepartnerschaften war und ist eine Aussohnung und Verstandigung zwischen den Nationen auf Ebene der Kommunen. Diese Stadtepartnerschaft wurde durch Gesprache vorbereitet, die ab 1953 im Rahmen der
Internationalen Burgermeisterunion
stattfanden. Sie wurde am 7. Marz 1957
[1]
vom Neckarsulmer Gemeinderat bzw. am 22. Mai 1957
[1]
vom ?Conseil municipal de Carmaux“ beschlossen, und ihr Beginn wird auf den 7. April 1958 datiert, als sich Abordnungen beider Stadte in Neckarsulm erstmals trafen.
Fur seine Verdienste um diese Stadtepartnerschaft erhielt der ehemalige Burgermeister Jean Vareilles im Marz 1978 das Verdienstkreuz 1. Klasse des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
.
Die Freundschaft beider Stadte wird seit 1958 durch regelmaßige Kontakte von Abordnungen und Organisationen standig erneuert und vertieft. So zum Beispiel durch die Teilnahme des Gesangsvereins Concordia beim ?Festival de Musique du Tarn“ in Carmaux (1976) bzw. des Musikverein
Obereisesheim
am alljahrlichen Stadtfest ?St. Privat“ (1979), die Hilfe Neckarsulms beim Wiederaufbau des gesprengten Jean-Jaures-Denkmals (1983), die ?Rallye der Freundschaft“ (1985, die Radfahrer fuhren die 1162 km von Carmaux nach Neckarsulm in sechs Tagen), Teilnahme von Abordnungen aus Carmaux beim Ganzhornfest in Neckarsulm, fast jahrlicher Schuleraustausch zwischen Albert-Schweitzer-Gymnasium Neckarsulm und dem ?Lycee de Carmaux“ und die Feuerwehrkameradschaft zwischen den beiden
Freiwilligen Feuerwehren
.
Luftaufnahme des
Cap'Decouverte
Kirche ?St. Privat“ und Rathaus von Carmaux
- Großte Attraktion ist wohl das
Cap'Decouverte
sudlich von Carmaux: Der ehemalige Steinkohle-Tagebau namens
La Grande Decouverte
(auf Deutsch: Die große Auf- oder Entdeckung) wurde nach seiner Schließung 1997 in einen großen Sport-, Freizeit- und Geschichtspark namens
Cap'Decouverte
umgewandelt, der am 25. Juni 2003 eroffnet wurde. In diesem Freizeit-Zentrum, das auf einer Flache von 650 ha angelegt ist, kann man sich sportlich betatigen, zum Beispiel: Skaten, Mountain Bike, Rollerblade und Minikart fahren, oder auch Schwimmen und Wasserski fahren und vieles andere mehr. Es gibt ein Musikzentrum mit zwei Konzerthallen mit 750 und 350 Platzen, ein Aufnahme-, ein Tanz- und neun Probenstudios, sowie eine Kunstgalerie und das Lakeside Theater mit 800 Platzen. Auf einem 20 ha großen Festgelande konnen Festivals mit bis zu 20.000 Teilnehmern stattfinden. Interessant sind noch das Bergbaumuseum und der ?Park der Titanen“, in dem die riesigen Maschinen ausgestellt sind, die zum Abbau der Kohle verwendet wurden. Erwahnenswert ist auch der ?
Karbon
-Garten“, in dem auf 13 ha dargestellt wird, wie die Kohle seit etwa 300 Millionen Jahren entstand.
- Das Rathaus Carmaux
- Die Kirche ?St. Privat“
In Carmaux wird die Sportart
Rugby Union
großgeschrieben, was nicht zuletzt ein Meistertitel des Vereins
US Carmaux
und bekannte franzosische Rugbyspieler belegen.
Die Kohleindustrie, die die Wirtschaft von Carmaux im 19. und in der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts dominierte, verlor ab 1960 zunehmend an Bedeutung; die Kohlegruben wurden nach und nach geschlossen. 1975 wurde in einem Versuch, dem Kohleabbau eine Zukunft zu geben, ein neues Projekt gestartet: ?la grande decouverte“ (auf Deutsch: die große Entdeckung), eine große Mine, in der die Steinkohle im
Tagebau
abgebaut wurde und die 1984 in Betrieb ging. Am 1. Juli 1997 stellte jedoch auch diese Mine ihren Betrieb ein, weil der Betrieb nicht wirtschaftlich war. Bis dahin hatte der Kohleabbau einen an der Oberflache 1200 m durchmessenden, 220 m tiefen Trichter in die Erde gegraben.
Der Niedergang der Kohleindustrie fuhrte zu einem Ruckgang der Bevolkerungszahl von Carmaux, die durch Wegzuge und einen Uberschuss der Todesfalle gegenuber den Geburten von 14.755 im Jahr 1968 auf 10.231 im Jahr 1999 sank. Die Arbeitslosenquote betrug im Jahr 1999 17 %; gegenuber 1990 ein Anstieg von 27,9 %. Auch ein starker Anstieg der Auspendlerzahlen (von 1990 bis 1999 um 29,7 %) ist zu verzeichnen. Die Stadt und die Region versuchen, die Wirtschaft von Carmaux in einem Konversionsprozess von der ehemaligen Kohle-Monokultur weg auf eine neue, vielfaltigere Basis zu stellen, bei der dem Tourismus eine wesentliche Rolle zukommen soll. Sichtbarstes Zeugnis dieser Bemuhungen ist der neue Freizeitpark
Cap'Decouverte
, zu dem der ehemalige Steinkohle-Tagebau unter Einsatz von 61,4 Millionen Euro von EU, Staat und Region
[3]
umfunktioniert wurde.
- 2007: Kurt Bauer (* 1934) aus Neckarsulm wurde fur seine jahrzehntelangen Anstrengungen um die Freundschaft zwischen den Partnerstadten Carmaux und Neckarsulm als erster Ehrenburger der Stadt Carmaux geehrt.
[4]
- Kurt Bauer, Barbara Loslein, Bernd Muller (Neckarsulm), Jean-Pierre Izard, Anne Vayssiere (Carmaux):
40 Jahre Stadtepartnerschaft Carmaux ? Neckarsulm 1958?1998
, Hrsg. Stadt Neckarsulm, Neckarsulm 1998.
- ↑
a
b
c
d
Helmut Engisch:
Neckarsulm ? Lebendige Stadt mit vielen Gesichtern
. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2010,
ISBN 978-3-8062-2292-0
,
S.
107
ff
.
- ↑
a
b
Gerard Noiriel:
Les ouvriers dans la societe francaise, XIX
e
?XX
e
siecle
(=
Collection Points, Inedit Histoire
). Editions du Seuil, Paris 1986,
ISBN 2-02-009309-X
,
S.
101
.
- ↑
Kurzubersicht zur Konversion auf der Website von Cap'Decouverte
(
Memento
vom 7. Juni 2007 im
Internet Archive
)
- ↑
Bernd Muller:
Kurt Bauer nun auch Ehrenburger der Stadt Carmaux in Frankreich, seit 1958 erste Partnerstadt Neckarsulms
@1
@2
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(
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Info:
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, Presse-Information der Stadt Neckarsulm vom 24. September 2007