Carl Scheibler
(*
16. Februar
1827
in Gemereth/
Kettenis
; †
2. April
1899
in
Berlin
; vollstandiger Name
Carl Wilhelm Bernhard Scheibler
) war ein deutscher
Chemiker
.
Der Sohn von Friedrich August Theodor Scheibler (1788?1864) aus der in Monschau und Eupen bekannten
Tuchfabrikantenfamilie Scheibler
und der Anna Gertrud Eschweiler (1806?1877) sowie ein Enkel der Kochbuchautorin
Sophie Wilhelmine Scheibler
galt als bedeutender Chemiker auf dem Bereich der Zuckerforschung. Nach seiner Schulzeit in
Aachen
und dem Studium der
Chemie
in Berlin arbeitete er als Chemiker bei
Gustav Werther
in
Konigsberg
und ab 1858 an der
Pommerschen Provinzial-Zuckersiederei
in
Stettin
.
Im Jahr 1866 grundete er, wieder zuruck in Berlin, das private
Zuckerchemische und technische
Laboratorium
, welches auf Grund von Forschungsgeldern auch als
Laboratorium des Vereins fur die Rubenzuckerindustrie des Deutschen Reiches
benutzt und als
Institut fur Zuckerindustrie
betitelt wurde, die als erste Forschungseinrichtung auf dem Lebensmittelsektor der Welt galt. Scheibler gehorte 1867 zu den Mitbegrundern der
Deutschen Chemischen Gesellschaft zu Berlin
sowie der Stettiner Abteilung der
Polytechnischen Gesellschaft
. Seit 1870 lehrte er als Professor an der
Gewerbeakademie Berlin
und an der
Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin
. Daruber hinaus war er von 1877 bis 1882 Mitglied des
Reichspatentamtes
.
Ab 1882 fuhrte Scheibler sein Forschungslabor nach Streitigkeiten mit dem Verein der Zuckerrubenindustrie nur noch auf privater Basis fort und konnte hier noch einige lukrative Patente erwerben. So gab er beispielsweise seinem Kolner Verwandten
Carl Johann Heinrich Scheibler
wertvolle Hilfen bei dessen Forschungen auf dem Gebiet der
Dungemittelproduktion
und entwickelte 1888 fur
Otto von Bismarck
ein einfaches Verfahren zur Herstellung von
rauchschwachen Pulvern
.
Neben seinen beruflichen Tatigkeiten war Scheibler noch vielfach sozial engagiert. So grundete er 1870 den
Berliner Lokalverein zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger
, dem spateren
Institut der Berliner Sanitatswachen
, dem er auch viele Jahre als Prasident vorstand, sowie den
Berliner Lokalverein zum Rothen Kreuze
. Fur seine Verdienste wurde Scheibler 1889 zum
Geheimen Regierungsrat
ernannt. 1891 wurde er zum Mitglied der
Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
gewahlt.
[1]
Er wirkte auch an der Erschließung und Bebauung des Ortsteils
Baumschulenweg
mit. 1905 wurde deshalb dort ihm und seinem Sohn Fritz zu Ehren in Berlin eine Straße nach ihm benannt.
[2]
Er war verheiratet mit Auguste von Riesen († 1892) und lebte nach der Scheidung von ihr ab 1863 mit der Lebensgefahrtin Charlotte Uterhardt (1845?1906) zusammen. Mit seiner Frau hatte er einen bereits fruh verstorbenen Sohn und mit seiner Lebensgefahrtin noch funf außereheliche Kinder.
Carl Scheibler starb 1899 im Alter von 72 Jahren in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem
Alten Zwolf-Apostel-Kirchhof
in
Schoneberg
. Das Grab ist nicht erhalten.
[3]
Nachdem Scheibler sich anfangs der Erforschung des
Aluminiumacetats
gewidmet hatte und das nach ihm benannte
Antiseptikum
Scheiblers Mundwasser
in den Handel brachte, wandte er sich ab seiner Stettiner Zeit dem Zucker zu. Im Jahre 1863 erfand er das
Elutionsverfahren
zur
Melasseentzuckerung
und forschte anschließend auf dem Gebiet der in den
Zuckerruben
enthaltenen ?Nichtzucker“. Dabei entdeckte er unter anderem das
Betain
, die
Asparaginsaure
, die
Glutaminsaure
, die
Arabinose
, die
Arabinsaure
, die
Dextrane
, die
Glycerinphosphorsaure
und das
Cholesterin
.
Scheibler entwickelte unter anderem zuckeranalytische Standardmethoden wie beispielsweise das
Soleil-Scheiblersche-
Polarimeter
oder das
Calcimeter nach Scheibler
. Seine technologischen Arbeiten erreichten 1880 ihren Hohepunkt mit der Patentierung und Einfuhrung des
Strontianverfahrens
zur Melasseentzuckerung.
Der Scheiblerapparat wird fur die Bestimmung des
Carbonatgehaltes
gebraucht. Dabei fullt man eine bestimmte Menge einer Probe (meist Erde/Boden, Baustoffe, aber auch Wasser) in ein spezielles Glasgefaß, in das eine
Phiole
eingebaut ist. In diese Phiole wird verdunnte
Salzsaure
gefullt. Rund um die Phiole befindet sich die zu prufende Substanz. Danach schließt man das Reaktionsgefaß an den Scheiblerapparat an; das ist ein U-formig gebogenes Glasrohr, das mit angesauertem Wasser (damit kein
CO
2
adsorbiert wird) gefullt ist. Alternativ kann auch normales Wasser in Kombination mit einem in die Apparatur eingebauten Ballon, der das CO
2
aufnimmt, verwendet werden. Nun wird das Reaktionsgefaß gekippt, so dass die Salzsaure aus der Phiole auf die Probe fließt. Durch die
chemische Reaktion
von dem in der Probe enthaltenen Carbonat und der Salzsaure entsteht CO
2
, das die Flussigkeit im U-formig gebogenen Glasrohr verdrangt. Die verdrangte Flussigkeitsmenge (Volumen des entwickelten CO
2
) kann an einer Skala abgelesen werden und in den Carbonatgehalt der Probe umgerechnet werden; bei der Berechnung muss die Temperatur- und Luftdruckabhangigkeit des Gasvolumens berucksichtigt werden. Die Bestimmung nach Scheibler ist noch heute ein Standardverfahren zur Carbonatbestimmung in Boden und Sedimenten.
- Michael Engel
:
Scheibler, Carl Wilhelm Bernhard.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005,
ISBN 3-428-11203-2
, S. 627 f. (
Digitalisat
).
- Carl Scheibler
. In:
Zeitschrift des Vereins der Deutschen Zucker-Industrie N. F.
Jg. 36, 1899, Allgemeiner Teil, S. 69 und 75?85 (mit Bild und Schriftenverzeichnis).
- Rudolf Vierhaus
:
Deutsche Biographische Enzyklopadie
. 2. Ausgabe. K.G. Saur, Munchen,
ISBN 3-598-25030-4
, S. 793
- Carl Johann Heinrich Scheibler:
Geschichte und Geschlechtsregister der Familie Scheibler
. Koln 1895. Digitalisierte Ausgabe der
Universitats- und Landesbibliothek Dusseldorf
,
urn
:
nbn:de:hbz:061:1-37081
- Hans Carl Scheibler
und
Karl Wulfrath
:
Westdeutsche Ahnentafeln
. Band 1, Bohlau, Weimar 1939
- Elisabeth Nay-Scheibler:
Die Geschichte der Familie Scheibler
. In:
Stiftung Scheibler-Museum
Rotes Haus
Monschau
(Hrsg.), Koln 1994
- ↑
Mitgliedseintrag von
Carl Scheibler
bei der
Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
, abgerufen am 21. Juni 2016.
- ↑
Scheiblerstraße.
In:
Straßennamenlexikon des
Luisenstadtischen Bildungsvereins
(beim
Kaupert
)
- ↑
Hans-Jurgen Mende
:
Lexikon Berliner Begrabnisstatten
. Pharus-Plan, Berlin 2018,
ISBN 978-3-86514-206-1
, S. 756.