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Dieser Artikel befasst sich mit dem Komponisten und Dirigenten Carl Nielsen. Zum Komponisten und Musiker siehe
Carl Bergstrøm-Nielsen
; zu anderen Personen siehe
Karl Nielsen
.
Carl Nielsen um 1908
Carl August Nielsen
(*
9. Juni
1865
in
Sortelung
bei
Nørre Lyndelse
auf
Funen
; †
3. Oktober
1931
in
Kopenhagen
) war ein
danischer Komponist
und
Dirigent
.
Carl Nielsen war das siebte von zwolf Kindern eines armen Anstreichers. Er erhielt achtjahrig von seinem Vater und einem Lehrer im Ort Violinunterricht. Um eine Stelle im Militarorchester zu bekommen, lernte er Trompete und bekam dann auch mit 14 Jahren eine Stelle als Militarmusiker in
Odense
. Diese Kindheits- und Jugendjahre beschrieb er spater in seinem autobiographischen Buch
Min fynske barndom
(Eine Kindheit auf Funen) (1927).
1883 wurde ihm ein Studium in Kopenhagen ermoglicht. Er studierte am
Koniglichen Konservatorium
im Hauptfach
Violine
, andere Facher unter anderen bei
Niels Wilhelm Gade
und
Johann Peter Emilius Hartmann
. 1888 hatte er seinen ersten Erfolg als Komponist mit der
Kleinen Suite fur Streicher
. 1889 erhielt er eine Stelle als Violinist am
Koniglichen Theater
in Kopenhagen und konnte daneben durch ein Stipendium 1890 seine Studien in Deutschland fortsetzen.
1891 lernte Nielsen in
Paris
die
Bildhauerin
Anne Marie Brodersen
kennen, die er im selben Jahr heiratete. Die Ehe hielt bis zu seinem Tod, durchlebte aber auch einige Krisen. 1892 entstand seine erste Sinfonie, 1898 der
Hymnus Amoris
, eine Liebeserklarung an seine Frau. 1902 debutierte Nielsen bei der Urauffuhrung seiner Oper
Saul und David
auch als Dirigent. Im selben Jahr wurde seine zweite Sinfonie
Die vier Temperamente
uraufgefuhrt.
1903 reiste er mit seiner Frau nach
Griechenland
, wo die
Helios-Ouverture
entstand. 1905 kundigte Nielsen seine Stelle als Violinist, wirkte aber als Dirigent bis 1914 am Koniglichen Theater und danach beim
Kopenhagener Musikverein
. 1906 hatte die heitere Oper
Maskerade
, nach einer Komodie von
Ludvig Holberg
, Premiere. Sie wurde spater zur ?heimlichen Nationaloper“ Danemarks.
[1]
Doch erst die 1912 uraufgefuhrte dritte Sinfonie
Sinfonia espansiva
und sein Violinkonzert aus demselben Jahr brachten ihm großere Anerkennung, die nun auch ins Ausland reichte.
Wahrend des
Ersten Weltkriegs
, als er die vierte Sinfonie
Das Unausloschliche
schrieb, erlebte Nielsen berufliche und personliche Krisen. Er uberwand sie erst mit der funften Sinfonie und der
Kantate
Fruhling auf Funen
, einem in Danemark sehr beliebten Werk, die beide 1922 uraufgefuhrt wurden. Im selben Jahr gab er mit den Komponistenkollegen
Thorvald Aagaard
,
Thomas Laub
und
Oluf Ring
das
Liederbuch
Folkehøjskolens Melodibog
heraus. Ebenfalls 1922 schrieb Nielsen fur funf Musikerfreunde ein
Blaserquintett
, plante daruber hinaus sogar, fur jeden ein Solokonzert zu komponieren. Entstanden sind nur zwei Werke, das
Flotenkonzert
(1926) und das
Klarinettenkonzert
(1928).
1925, zu seinem 60. Geburtstag, wurde Carl Nielsen wie ein Volksheld gefeiert. Er wurde zum Kommandeur 2. Klasse des
Dannebrogordens
ernannt.
Nielsens Auftritte als Dirigent im Ausland nahmen zu. In seinen spaten Werken, wie den beiden Blaserkonzerten, der eigenwilligen sechsten Sinfonie (1925) und den
Drei Klavierstucken
op. 59 (1928), wurde Nielsens Tonsprache immer moderner. Sein letztes großes Werk war
Commotio
(1931), seine einzige großere Orgelkomposition. Am 3. Oktober 1931 starb Nielsen an Herzversagen.
Nach Nielsen wurde das
Carl Nielsen Museum
in
Odense
benannt.
[2]
2016 wurde ein
Asteroid
nach ihm benannt:
(6058) Carlnielsen
.
Neben den Opusnummern wird auch eine Sortierung nach FS-Verzeichnis verwendet. Die Abkurzung steht fur den von Dan Fog und Torben Schousboe im Jahr 1965 aufgelegten Werkekatalog. 2014 erschien online der
Carl Nielsen Works Catalogue
[3]
als erstes vollstandiges Verzeichnis seiner Werke.
- Opern
- Schauspielmusik
- Aladdin
(1918?19; Text:
Adam Oehlenschlager
)
- Moderen (Die Mutter)
op. 41 (1920; Text:
Helge Rode
)
- Amor og Digteren (Amor und der Dichter)
op. 54 (1930; Text:
Sophus Michaelis
)
- zahlreiche weitere Schauspielmusiken:
En Aften paa Giske
(Andreas Munch),
Snefrid
(Holger Drachmann),
Hagbarth und Signe
(Adam Oehlenschlager),
Hr. Oluf han rider
(Holger Drachmann),
Tove
(Ludvig Holstein),
Willemoes
(L. C. Nielsen),
Ebbe Skammelsen
(Harald Bergstedt).
- Sinfonien
- Sinfonie Nr. 1 g-moll op. 7 (1890?92; UA 1894; Dauer: 30 Minuten; Satze: Allegro orgoglioso; Andante; Allegro comodo ? Andante sostenuto ? Tempo I; Finale. Allegro con fuoco):
Die Symphonie wird in Danemark als Ausdruck nationaler Romantik verstanden, mit ihren arabeskenhaften Episoden und stilisierten Ornamenten steht sie aber auch im Zeichen ihrer Zeit, namlich des aufkommenden Jugendstils. Sie ist ganz aus der Spannung zwischen Tradition und Progression heraus gestaltet. Dem Eroffnungsakkord des ersten Satzes im Orchestertutti (C-Dur) folgt die Vorstellung, im weiteren Verlauf die harmonisch konturierte Entwicklung des Hauptmotivs in g-moll. Eine einfache, aus sich selbst heraus erneuerte, den ganzen Satz uberspannende Melodie im Sechsachteltakt, pragt den zweiten Satz. Fur die progressive Tendenz des Werkes steht der dritte Satz. Reminiszenzen an vorangegangene Satze pragen einen deutlichen Finaleffekt fur den letzten Satz.
[5]
- Sinfonie Nr. 2
De fire Temperamenter (Die vier Temperamente)
op. 16 (1901?02):
Nach eigenen Schilderungen regte eine naiv bildliche Darstellung der vier menschlichen Temperamente Nielsen 1901 zu seiner 2. Symphonie ?Die vier Temperamente“ an. Die Zweite ist thematisch pragnanter, zugleich dichter gearbeitet als die Erste. Der Kopfsatz Allegro collerico ist vom Dualismus des ungestum aufbrausenden Hauptthemas und einem expressiven Seitengedanken bestimmt. Das Allegro commodo e flemmatico vermittelt mit seiner von kleinen, elementaren Intervallen gepragten Melodik den Eindruck pastoraler Idylle. Im Andante malincolico lotet Nielsen in großen Steigerungswellen und mit bis dahin unerreichter Intensitat seelische Gefilde aus. Fur einen Moment halt auch das Finale inne, wenn ein nach Moll eingedunkeltes Doppelfugato dieses ansonsten glutvoll vorwartssturmende Allegro sanguineo ? Marziale unterbricht. Die Symphonie wurde 1902 in Kopenhagen uraufgefuhrt.
[6]
- Sinfonie Nr. 3
Sinfonia espansiva
op. 27 (1910?11)
- Sinfonie Nr. 4
Det Uudslukkelige (Das Unausloschliche)
op. 29 (1914?16)
- Sinfonie Nr. 5
op. 50 (1921?22)
- Sinfonie Nr. 6
Sinfonia semplice
(1924?25):
Der Titel Sinfonia semplice tauscht, denn die Einfachheit der Sechsten ist ebenso reflektiert wie komplex. So schlicht, fast kindlich naiv das Material etwa des Kopfsatzes Tempo giusto anmutet, seine Verarbeitung in Kanon oder Fugato ist außerst kunstvoll, die Harmonik mit ihren Ausflugen in bi- und polytonale Gefilde hochst avanciert. Die Humoreske erinnert an die satirischen Frechheiten des jungen Schostakowitsch, etwa in den wusten Posaunen-Glissandi, die schlichte homophone Passagen ironisch kommentieren. Fast, als wolle er diesem Treiben Einhalt gebieten, folgt als 3. Satz (Proposta seria. Adagio) ein ernsthafter Vorschlag in Form eines Fugato. Der formalen Strenge entspricht die instrumentatorische, die jedem Mischklang entgegenwirkt, die unterschiedlichsten Klangspharen als gleichwertig nebeneinanderstellt. Diesen Gestus der potentiellen Gleichheit allen Materials greift das Finale Tema con variazioni. Allegro auf. Fugato und Walzer, chromatischer Choral und Fanfare losen einander ab, ehe die Coda all diese Momente uberhohend zusammenfasst. Die Symphonie wurde 1925 in Kopenhagen uraufgefuhrt.
[6]
- Konzerte
- Weitere Orchesterwerke
- Lille Suite/Kleine Suite fur Streicher, a-Moll op. 1 (1887?88)
- Symfonisk Rapsodi (Symphonische Rhapsodie).
Erster Satz einer geplanten Symphonie, F-Dur, FS 7 (1888)
- Helios
. Ouverture op. 17 (1903)
- Saga-Drøm (Sagatraum)
op. 39 (1907?08)
- Pan og Syrinx (Pan und Syrinx)
op. 49 (1917?18)
- En Fantasirejse til Færøerne (Eine Fantasiereise zu den Faroern)
. Rhapsodische Ouverture (1927)
- Bøhmisk-dansk Folketone (Bohmisch-danische Volksweise)
. Paraphrase fur Streicher (1928)
- Kammermusik
- Streichquartett Nr. 2 g-Moll op. 13 (1887?88; umgearbeitet 1897?98)
- Streichquintett G-Dur (1888)
- Zwei
Fantasistykker
fur Oboe und Klavier op. 2 (1889)
- Streichquartett Nr. 1, f-Moll op. 5 (1890)
- Violinsonate (Nr. 1) A-Dur op. 9 (1895)
- Streichquartett Nr. 3, Es-Dur op. 14 (1897?98)
- Andante lamentoso
Ved en ung kunstners baare (An der Bahre eines jungen Kunstlers)
fur Streichquartett und Kontrabass (1910)
- Violinsonate Nr. 2 op. 35 (1912)
- Canto serioso
fur Horn und Klavier (1913)
- Serenata in vano
fur Klarinette, Fagott, Horn, Violoncello und Kontrabass (1914)
- Streichquartett Nr. 4 F-Dur op. 44 (1919; Umarbeitung des Streichquartetts
Piacevolezza
op. 19, 1906)
- Blaserquintett op. 43 (1922)
- Praludium und Thema mit Variationen fur Violine solo op. 48 (1923)
- Preludio e presto
fur Violine solo op. 52 (1927?28)
- Allegretto F-Dur fur zwei Blockfloten (1931)
- Klaviermusik
- Funf Klavierstucke op. 3 (1890)
- Sinfonische Suite op. 8 (1894)
- Humoreske Bagateller
op. 11 (1894?97)
- Chaconne op. 32 (1916)
- Thema und Variationen op. 40 (1917)
- Suite [
Den Luciferiske
] op. 45 (1919?20) ?
Artur Schnabel
gewidmet“
- Drei Klavierstucke op. 59 (1928)
- Klavermusik for Smaa og Store (Klaviermusik fur jung und alt)
op. 53 (1930)
- Orgelmusik
- 29 kleine Praludien op. 51 (1929)
- Zwei [nachgelassene] Praludien (1930)
- Commotio
op. 58 (1931)
- Chorwerke
- Hymnus amoris
op. 12 (1896?97; Text: Axel Olrik, lateinisch v.
Johan Ludvig Heiberg
)
- Søvnen (Der Schlaf)
op. 18 (1903?04; Text:
Johannes Jørgensen
)
- Kantate fur den Jahrestag der Kopenhagener op. 24 (1908; Text: Niels Møller)
- Fynsk foraar (Fruhling auf Funen)
op. 42 (1921; Text: Aage Berntsen)
- Drei Motetten, gemischter Chor a cappella op. 55 (1929)
- zahlreiche weitere nicht veroffentlichte Kantaten sowie viele einzelne Chorstucke
- Lieder
- Funf Lieder (J. P. Jacobsen) op. 4 (1891)
- Viser og Vers
(J. P. Jacobsen) op. 6 (1891)
- Sechs Lieder (Ludvig Holstein) op. 10 (1895?96)
- Strophische Lieder op. 21, zwei Hefte (1902?07)
- Psalmen und geistliche Gesange (1913?18)
- 20 danische Lieder, vol. I (1914; in Zusammenarbeit mit
Thomas Laub
: ?En Snes danske Viser“)
- 20 danische Lieder, vol. II (1914?17)
- 20 volkstumliche Melodien (1917?21)
- Vier volkstumliche Melodien (1922)
- Balladen om Bjørnen
(Almquist/Berntsen) op. 47 (1923)
- Zehn kleine danische Lieder (1923?24)
- Vier jutlandische Lieder (Anton Berntsen; 1924?25)
- etwa 250 weitere Einzellieder
- ↑
Carl Nielsen ?Maskerade“
(
Memento
vom 23. Dezember 2014 im
Internet Archive
),
Bregenzer Festspiele
2005, bei
summa cultura
, abgerufen am 23. Dezember 2014.
- ↑
Carl Nielsen Museum (Webprasenz)
- ↑
Carl Nielsen Works Catalogue
, Website
- ↑
Oswald Panagl
:
Biblisches Geschehen mit Gegenwartsbezug. Saul und David von Carl Nielsen
, in ders.:
Im Zeichen der Moderne. Musiktheater zwischen Fin de Siecle und Avantgarde
. Hollitzer Verlag, Wien 2020,
ISBN 978-3-99012-902-9
, S. 375?376.
- ↑
Textheft zur CD
Complete Symphonies
auf DGG 00289 477 5514 mit Neeme Jarvi und dem Gothenburg Symphony Orchestra; der Konzertfuhrer - Attila Csampai/Dietmar Holland - Rowohlt Verlag 1987
- ↑
a
b
Bertelsmann Konzertfuhrer, hg. von Christoph Hahn und Siegmar Hohl. Bertelsmann Lexikon Verlag, Munchen 1997