Buckinghamsches Π-Theorem

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Das Buckinghamsche Π-Theorem (sprich: Pi-Theorem ) nach Edgar Buckingham (1867?1940) ist ein grundlegendes Theorem der Ahnlichkeitstheorie und der Dimensionsanalyse .

Es beschreibt, wie eine physikalisch sinnvolle Gleichung mit n dimensionsbehafteten Großen in eine Gleichung mit n-m dimensionslosen Großen umgeschrieben werden kann, wobei m die Anzahl der verwendeten unabhangigen Grundgroßen ist. Weiterhin ist es durch das Buckinghamsche Π-Theorem moglich, dimensionslose Kennzahlen zu einem Problem aus den Ausgangsgroßen zu ermitteln, auch wenn der exakte Zusammenhang in Form einer Gleichung noch nicht bekannt ist.

Offenbar machte Joseph Bertrand bei der Untersuchung von Problemen der Elektrodynamik und der Theorie der Warmeleitung 1878 erstmals auf den Kerninhalt des Π-Theorems und mogliche Anwendungen zur Modellierung physikalischer Phanomene aufmerksam. [1] Die neuen Methoden der Dimensionsanalyse wurden 1892 besonders bekannt durch Rayleighs Arbeiten zum Druckabfall in einer Rohrleitung mit Anwendung des verallgemeinerten Π-Theorems. [2] Die formalisierte Verallgemeinerung des Π-Theorems auf den Fall einer beliebigen Zahl von physikalischen Großen erfolgte erstmals 1892 durch Aime Vaschy , [3] [4] dann offenbar unabhangig davon durch A. Federman [5] und Dmitri Pawlowitsch Rjabuschinski [6] 1911 und schließlich 1914 durch Edgar Buckingham. [7] 1926 befasste sich Hermann Weyl mit dem Π-Theorem.

Ermittlung der Einflussgroßen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Ermittlung der Einflussgroßen , die ein physikalisches Problem beschreiben, stellt die Schwierigkeit bei der Anwendung des Buckinghamschen Π-Theorems dar. In dieser Phase ist Intuition und/oder physikalischer Sachverstand erforderlich. Bei einer konsistenten Wahl der Einflussgroßen ist eine Umwandlung in n ? m dimensionslose Großen jedoch immer moglich. Dabei konnen auch Naturkonstanten (bspw. die Lichtgeschwindigkeit ) eine Rolle spielen.

Eine Umwandlung der dimensionsbehafteten Einflussgroßen in dimensionslose Kenngroßen ist nur moglich, wenn jede Basisdimension in mindestens zwei dimensionsbehafteten Einflussgroßen des physikalischen Systems vorkommt. Diese Voraussetzung ist notwendig, aber nicht hinreichend. Falls sich herausstellt, dass eine Umwandlung nicht moglich ist, bedeutet dies, dass entweder zu viele, zu wenige oder die falschen Einflussgroßen gewahlt wurden. Ungeachtet dessen konnen bei einer gegluckten Umwandlung jedoch auch wichtige Einflussgroßen vergessen und uberflussige Großen verwendet worden sein.

Beispiele [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Reibungsfreies Pendel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Pendel (reibungsfrei)

Man kann fur kleine Auslenkungen die Pendellange l , die Erdbeschleunigung g , sowie die Masse m als die drei wesentlichen beschreibenden Großen fur die Schwingungsdauer t eines Pendels annehmen ( n=4 ). Es sollen die Grunddimensionen

verwendet werden ( m=3 ). Die Dimensionen der Einflussgroßen konnen als Potenzprodukt der Grunddimensionen ausgedruckt werden:

  • l : Dimension L ;
  • g : Dimension L/T 2 ;
  • m : Dimension M ;
  • t : Dimension T .

Der Produktansatz

(1)

kann nur dimensionslos werden, wenn

(2)

und somit

(3) Lange:
(4) Masse:
(5) Zeit:

gilt. Wegen (1) und (4) ist die Masse entgegen der obigen Annahme ohne Bedeutung fur die Schwingungsdauer . Dies ist ein erstes Ergebnis des Buckinghamschen Π-Theorems. Da , und lediglich durch die zwei Gleichungen (3) und (5) bestimmt werden, kann eine beliebige der drei Unbekannten frei (aber ungleich 0) gewahlt werden (bspw. ). Dann gilt:

(6) , und .

Zur Beschreibung des gesuchten Zusammenhangs genugt wegen n-m = 1 eine einzige und dimensionslose Große. Diese wird mit (1) und (6) zu:

(7) .

Da keine weiteren dimensionslosen Großen beteiligt sind, muss als Ergebnis des Buckinghamschen Π-Theorems

(8)

gelten. Die unbekannte Proportionalitatskonstante kann mit einem einzigen Versuch zu bestimmt werden, und man erhalt

(9)

als Schwingungsdauer. Man beachte, dass dieser Zusammenhang ohne Verwendung der zugrunde liegenden Differentialgleichung der Bewegung des Pendels ermittelt wurde. Eine Losung dieser Differentialgleichungen liefert das analoge Ergebnis

(10) .

Die Deutung der Proportionalitatskonstante als ( ) kann weder das Buckinghamsche Π-Theorem noch der Versuch liefern.

Zusammenfassung
Verfahren Ergebnisse
Buckinghamsches Π-Theorem
Buckinghamsches Π-Theorem und Versuch
Losung der Differentialgleichung

Federpendel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Feder-Masse-Pendel

Geht man zur Berechnung der Schwingungsdauer t eines Federpendels von der Masse m und der Federkonstante c als wesentlichen Parameter aus, kann der folgende Ansatz verwendet werden:

Da in diesem Ansatz nur die Dimensionen Masse M und Zeit T vorkommen,

lassen sich lediglich zwei Gleichungen:

(1) Masse:
(2) Zeit:

fur die drei Unbekannten ableiten. Mit der Annahme folgen und . Setzt man die Ergebnisse fur in den Ansatz ein, erhalt man

und damit

.

Rotierender Ring [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Rotierender Ring

Fur die Spannungen σ, die in einem rotierenden Ring entstehen, wird eine Abhangigkeit von der Rotationsgeschwindigkeit ω, dem Radius r und der Dichte ρ angenommen (n=4). Der sich daraus ergebende Ansatz

kann nur dimensionslos werden, wenn fur die hier verwendeten m=3 Grunddimensionen ( L Lange, M Masse, T Zeit)

und somit

(1) Masse:
(2) Zeit:
(3) Lange:

gilt. Fur die vier Unbekannten ( ) stehen nur 3 Gleichungen zur Verfugung. Das Gleichungssystem wird mit der willkurlichen Annahme eindeutig. Aus (1) und (2) folgen und . Mit (3) kann bestimmt werden.

Das Π-Theorem besagt also:

.

Die Spannung σ hangt also linear von der Dichte und quadratisch von der Winkelgeschwindigkeit und dem Radius ab. Die unbekannte Proportionalitatskonstante kann nicht mit dem Π-Theorem bestimmt werden.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • E. Buckingham: The principle of similitude. In: Nature. 96, 1915, S. 396?397.
  • E. Buckingham: Model experiments and the forms of empirical equations. In: Trans. A.S.M.E. 37, 1915, S. 263?296.
  • J. H. Spurk: Dimensionsanalyse in der Stromungslehre. Springer-Verlag, 1992, ISBN 3-540-54959-5 .

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Bertrand J.: Sur l'homogenete dans les formules de physique . In: Comptes rendus . Band   86 , Nr.   15 , 1878, S.   916?920 .
  2. Rayleigh: On the question of the stability of the flow of liquids . In: Philosophical Magazine . Band   34 , 1892, S.   59?70 .
  3. Vaschy A.: Sur les lois de similitude en physique . In: Annales Telegraphiques . Band   19 , 1892, S.   25?28 .
  4. Macagno E. O.: Historico-critical review of dimensional analysis . In: Journal of the Franklin Institute . Band   292 , Nr.   6 , 1971, S.   391?402 .
  5. Федерман А.: О некоторых общих методах интегрирования уравнений с частными производными первого порядка . In: Известия Санкт-Петербургского политехнического института императора Петра Великого. Отдел техники, естествознания и математики . Band   16 , Nr.   1 , 1911, S.   97?155 .
  6. Riabouchinsky D.: М ethode des variables de dimension zero et son application en aerodynamique . In: L’Aerophile . 1911, S.   407?408 .
  7. Buckingham E.: On physically similar systems: illustrations of the use of dimensional equations . In: Physical Review . Band   4 , Nr.   4 , 1914, S.   345?376 .