Britische Unterhauswahl 1979

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Okt 1974 Unterhauswahl 1979 1983
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Gewinne und Verluste
im Vergleich zu Oktober 1974
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Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
Sitzverteilung im neuen Unterhaus
                       
Insgesamt 635 Sitze
Zusammensetzung

Die britische Unterhauswahl 1979 fand am 3. Mai 1979 statt. Ein Erdrutschsieg der Conservative Party fuhrte zu einem Regierungswechsel. Eine konservative Regierung unter Margaret Thatcher loste das Labour -Kabinett James Callaghans ab. Dies markierte den Beginn einer Phase von 18 Jahren konservativer Regierungen im Vereinigten Konigreich.

Verlust der Parlamentsmehrheit der Labour-Regierung

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Bei der Unterhauswahl im Oktober 1974 gewann die Labour Party unter Harold Wilson eine knappe absolute Mehrheit . Die Regierung verfugte im Unterhaus nur uber eine Mehrheit von drei Abgeordnetenstimmen. Diese Mehrheit reduzierte sich sukzessive durch eine verlorene Nachwahl im Wahlkreis Woolwich West am 26. Juni 1975 und den Ubertritt von zwei Labour-Abgeordneten im Februar 1976 zur neu gegrundeten Scottish Labour Party . Am 4. April 1976 wurde James Callaghan Premierminister, nachdem Wilson aus gesundheitlichen Grunden zuruckgetreten war. Einen Tag nach Callaghans Amtsantritt verlor die Labour endgultig ihre Parlamentsmehrheit, als der Labour-Abgeordnete Brian O’Malley verstarb. Im April 1976 verließ außerdem der unter Betrugsanklage stehende Labour-Abgeordnete John Stonehouse die Labour-Fraktion. Die Regierung Callaghan konnte danach ihre parlamentarische Mehrheit mit der Unterstutzung durch die beiden irischen Nationalisten behaupten. Außerdem konnte sie sich auf eine begrenzte Unterstutzung durch die walisische Plaid Cymru und die Scottish National Party stutzen, die beide ihr Anliegen einer Devolution des Vereinigten Konigreichs mit Hilfe der Labour-Regierung vorantreiben wollten.

Am 4. November 1976 fanden zwei Nachwahlen statt. Dabei ging nicht nur Stonehouses Wahlkreis Walsall North, sondern auch der bisher sichere Labour-Wahlkreis Workington an die Konservativen verloren. Im Dezember 1976 verließ der fruhere Kabinettsminister Reg Prentice die Labour-Fraktion, nachdem er in seinem Wahlkreis nicht erneut als Kandidat fur die nachste Wahl aufgestellt worden war. Er gehorte dem Unterhaus zunachst als Unabhangiger an und schloss sich spater den Konservativen an. Nachdem Callaghan seine Parteikollegen Roy Jenkins und David Marquand fur die Amter des Prasidenten der Europaischen Kommission bzw. eines Europakommissars nominiert hatte, wurden Nachwahlen in den Wahlkreisen der beiden Abgeordneten notwendig. Sowohl die Wahl in Jenkins Wahlkreis Birmingham Stechford am 31. Marz 1977, als auch die in Marquands Wahlkreis Ashfield am 28. April 1978 wurde von den Konservativen gewonnen. Den Wahlkreis Grimsby, der durch den uberraschenden Tod von Außenminister Anthony Crosland vakant geworden war, konnte Labour in der Nachwahl am 28. April 1978 behaupten. [2] [3] [4]

Zusammenarbeit mit den Liberalen

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Ein wesentliches Gesetzesvorhaben wahrend der Legislaturperiode war die Einfuhrung einer begrenzten Autonomie fur Wales und Schottland. Die Devolution wurde von Plaid Cymru und Scottish National Party (SNP) gefordert, und von den Liberalen, sowie von der Mehrheit der Labour Party unterstutzt. Die Konservativen waren dagegen. Auch innerhalb der Labour-Fraktion gab es Skeptiker. Aufgrund der knappen Regierungsmehrheit und zahlreicher Eingaben und Anderungsantrage machte das Gesetzesvorhaben in den entsprechenden Parlamentsausschussen nur langsame Fortschritte. Zur Beschleunigung des Prozesses griff die Regierung zu einem Mittel der Geschaftsordnung und setzte fur den 22. Februar 1977 eine guillotine motion (oder closure motion ), d. h. einen Abschlussantrag an, mit dem das Gesetzesvorhaben abgekurzt werden sollte. Die Abstimmung ging mit 312 gegen 283 Stimmen verloren, wobei 22 Labour-Abgeordnete dagegen stimmten, und weitere 23 sich enthielten. Die Abstimmungsniederlage fuhrte zu heftigen Reaktionen von Plaid Cymru und SNP, die erklarten, kunftig die Regierung nicht mehr unterstutzen zu wollen. [2] Die Konservativen unter Parteifuhrerin Margaret Thatcher sahen ihre Chance gekommen, die Regierung zu sturzen und brachten am 17. Marz 1977 einen Antrag fur eine Vertrauensabstimmung ein. Vor diesem Hintergrund kam es am 23. Marz 1977 zu einer Absprache zwischen der Labour-Regierung und den Liberalen ( Lib-Lab Agreement ). Im Gegenzug zu politischen Zugestandnissen sicherten die Liberalen der Labour-Regierung ihre parlamentarische Unterstutzung zu, ohne allerdings formell in eine Koalitionsregierung einzutreten. Die Regierung Callaghan gewann daraufhin die Vertrauensabstimmung am 23. Marz 1977 deutlich mit 24 Stimmen Mehrheit (307 Labour, 13 Liberale, 2 irische Nationalisten gegen 275 Konservative, zwei Scottish Labour Party, drei Plaid Cymru, 11 SNP und sieben irische Unionisten, bei drei Enthaltungen von irischen Unionisten). [2] [4]

Das Lib-Lab Agreement endete im August 1978. Danach stutzte sich die Regierung Callaghan wieder auf die Stimmen von Plaid Cymru und SNP. Im Dezember 1978 zerbrach dieses Bundnis, in der heißen Phase des sogenannten Winter of Discontent , einem Arbeitskampf der Gewerkschaften gegen die Politik der Regierung . Die Gewerkschaften reagierten darauf, dass die Labour-Regierung die Lohnsteigerungen fur das Jahr 1979 bereits im vierten Jahr in Folge auf unter 5 % begrenzen wollte. Nachdem die Regierung im Unterhaus nicht die von ihr gewunschte Unterstutzung fur Sanktionen gegen Unternehmen, die sich nicht an die verordnete Funf-Prozent-Grenze bei Lohnerhohungen gehalten hatten, bekam, stellte Callaghan am 14. Dezember 1978 die Vertrauensfrage. [5] Die Regierung uberstand die Abstimmung mit 300 zu 290 Stimmen. [6] Letztendlich schadete dieser Konflikt der Regierung und auch dem Ansehen Callaghans in seiner Labour-Partei. Nachdem am 1. Marz 1979 sowohl das Referendum in Schottland und das in Wales uber die Einfuhrung einer begrenzten Autonomie nicht die erforderlichen Mehrheiten gebracht hatten, kundigten Plaid Cymru und SNP der Regierung ihre Unterstutzung auf.

Am 28. Marz 1979 verlor Callaghan ein von den Konservativen eingebrachtes Misstrauensvotum im House of Commons mit nur einer einzigen Stimme Mehrheit. Dies hatte dessen Auflosung und Neuwahlen zur Folge, die ein halbes Jahr fruher stattfanden als notig. Aufgrund der Unpopularitat der Regierung sagten alle Umfragen einen Sieg der Conservative Party voraus. Die einzige Sorge der Konservativen war die relative Unpopularitat ihrer Parteivorsitzenden Margaret Thatcher, verglichen zu dem als Person immer noch relativ beliebten James Callaghan. [7]

Wahlkreise der Spitzenkandidaten

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Margaret Thatcher trat im Wahlkreis Finchley (Nord- London ) an, wahrend James Callaghan im walisischen South East Cardiff ins Rennen ging. Der Schotte David Steel trat fur die Liberal Party im nahe seiner Heimat gelegenen Wahlkreis Roxburgh , Selkirk and Peebles ( Scottish Borders ) an. Alle drei konnten ihre Wahlkreise gewinnen.

Ergebnisse nach Wahlkreisen. Die Farben entsprechen der nebenstehenden Tabelle.

Das Ergebnis bedeutete mit einem Zuwachs der Parlamentssitze von 18 % fur die Konservativen den großten Zugewinn fur eine Partei in der britischen Nachkriegsgeschichte. Mit 43 Sitzen gewann die Tory-Partei eine substanzielle Mehrheit und konnte nach funf Jahren Labour-Regierung wieder den Premierminister stellen: Margaret Thatcher, die erste Frau im Amt des britischen Regierungschefs.

Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass die Konservativen vor allem in der Arbeiterklasse massiv Stimmen hinzugewannen, was sich auch an der massiven Wahlerwanderung von Labour zu den Konservativen zeigte, die 5,2 % betrug.

Partei Stimmen Mandate
Anzahl % +/? Anzahl +/?
  Conservative Party 13.697.923 43,9 +8,0 339 +62
  Labour Party [Anm 1] 11.532.218 36,9 ?2,3 269 ?50
  Liberal Party 4.313.804 13,8 ?4,5 11 ?2
  Scottish National Party 504.259 1,6 ?1,3 2 ?9
  Ulster Unionist Party 254.578 0,8 ?0,1 5 ?1
  British National Front 191.719 0,6 +0,2 ? ?
  Plaid Cymru 132.544 0,4 ?0,1 2 ?1
  Social Democratic and Labour Party 126.325 0,4 ?0,1 1 ?
  Alliance Party of Northern Ireland 82.892 0,3 +0,1 ? ?
  Democratic Unionist Party 70.975 0,2 ? 3 +2
  Ecology Party 39.918 0,1 +0,1 ? ?
  United Ulster Unionist Party 39.856 0,1 +0,1 1 +1
  Unabhangige Ulster Unionist 36.989 0,1 ? 1 ?
  Unabhangige Labour 27.953 0,1 ? ? ?
  Irish Independence Party 23.086 0,1 +0,1 ? ?
  Independent Republican 22.398 0,1 ? 1 ?
  Unabhangige 19.531 0,1 ? ? ?
  Sonstige 104.394 0,4 ? ? ?
  Gesamt 31.221.362 100,0 635
Wahlberechtigte 41.095.649
Wahlbeteiligung 76,00 %
Quelle: [1]
  1. einschließlich des Speakers of the House

Nach dem Wahlsieg der Konservativen wurde Margaret Thatcher am 4. Mai 1979 von der Queen mit der Bildung einer Regierung beauftragt und nahm diesen Auftrag an. Ihre Worte beim Einzug in die Downing Street No. 10 nahm ein in den angelsachsischsprachigen Landern gerne Franz von Assisi zugeschriebenes [8] Gebet auf:

“Where there is discord, may we bring harmony. Where there is error, may we bring truth. Where there is doubt, may we bring faith. And where there is despair, may we bring hope.”

?Mogen wir Harmonie bringen, wo Zwietracht herrscht. Mogen wir Wahrheit bringen, wo Irrtum herrscht. Mogen wir Glauben bringen, wo Zweifel herrscht. Und mogen wir Hoffnung bringen, wo Verzweiflung herrscht.“

? Margaret Thatcher : Ansprache vor 10 Downing Street am 4. Mai 1979 [9]

Ihre folgende Regierungszeit war gepragt von weiteren Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften und einer Phase hoher Unpopularitat der Regierung . Deshalb und aufgrund der Spaltung der Labour Party erhielt die SDP?Liberal Alliance als Alternative zum Zweiparteiensystem in Umfragen bis zu 51 Prozent. Die Stimmung anderte sich erst mit dem gewonnenen Falklandkrieg 1983, als die Beliebtheit Thatchers wieder stieg. Sie rief baldige Wahlen aus, um die nationale Euphorie in einen Wahlsieg umzuwandeln, was auch gelang.

Einzelnachweise

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  1. a b General Election Results 1885?1979 ( Memento des Originals vom 30. Januar 2012 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.election.demon.co.uk United Kingdom Election Results (englisch)
  2. a b c Jonathan Kirkup: The parliamentary agreement between the Labour Party and the Liberal Party 1977-1978 ‘The Lib-Lab Pact’ . Juli 2012, S.   56? (englisch, PDF – Doktorarbeit von der Cardiff School of European Languages, Translation and Politics, Cardiff University).
  3. Colin Rallings, Michael Thrasher: British Electoral Facts 1832?2012 . Biteback Publishing, 2012, ISBN 978-1-84954-134-3 , Table 9.01: Parliamentary By-Elections 1945-2012 (GB), S.   153 (englisch).
  4. a b Past Prime Ministers: James Callaghan. www.gov.uk, abgerufen am 17. Februar 2024 (englisch).
  5. 1978: Labour faces vote of confidence. In: BBC On this Day 14 December. BBC, abgerufen am 3. April 2024 (englisch).
  6. House of Commons Debate 14 December 1978 . In: Hansard . Band   960 , S.   920–1051 (englisch, parliament.uk ).
  7. politics 97: 3 May 1979. In: BBC. Abgerufen am 17. Februar 2024 (englisch).
  8. Christian Renoux, La priere pour la paix attribuee a saint Francois, une enigme a resoudre, Paris, Editions franciscaines, 2001.
  9. 1979: Election victory for Margaret Thatcher. BBC News, abgerufen am 27. Mai 2013 (englisch).