Dieser Artikel behandelt die historische Region Bosnien. Auch der Staat
Bosnien und Herzegowina
wird umgangssprachlich ?Bosnien“ genannt.
Bosnien
(
serbokroatisch
Босна
Bosna
) ist der nordliche und hauptsachliche Landesteil des Staates
Bosnien und Herzegowina
; es umfasst, bei nicht eindeutig definierter Grenzziehung zur
Herzegowina
, etwa 80 % des Staatsgebiets. Bosnien bildet heute keine administrative Einheit mehr, sondern ist innerhalb des Staates Bosnien und Herzegowina auf die
Republika Srpska
, die
Foderation Bosnien und Herzegowina
sowie den
Distrikt Br?ko
aufgeteilt. Die Einwohner nennt man unabhangig von ihrer ethnischen Zugehorigkeit
Bosnier
; die Angehorigen der muslimischen Volksgruppe werden dagegen zur Unterscheidung von
Kroaten
und
Serben
Bosniaken
genannt.
Seinen Namen bekam Bosnien vom Fluss
Bosna
, der bei
Sarajevo
entspringt, durch
Zenica
und
Doboj
fließt und bei
?amac
in die
Save
(Sava) mundet.
Bosnien ist ein großteils bergiges Land mit
kontinentalem Klima
und teilweise sehr kalten Wintern. Die
Vegetation
ist im Wesentlichen typisch mitteleuropaisch. In den ausgedehnten Waldern gibt es noch heute
Wolfe
,
Baren
und
Wildschweine
. Die
Olympischen Winterspiele 1984
machten die Skigebiete
Jahorina
,
Bjela?nica
und
Igman
rund um Sarajevo weltbekannt.
Bosnien wird im Suden und Westen vom
Dinarischen Gebirge
und der Herzegowina begrenzt. Im Norden endet es an den Flussen
Una
und
Save
; im Osten reicht es ungefahr bis zur
Drina
.
Mit Ausnahme des nordlichen Landstrichs, der sich an der Save hinzieht, ist das Land von mehr oder weniger hohen Bergketten durchzogen, deren hochste Gipfel in den Auslaufern der
Dinarischen Alpen
zu finden sind:
- Treskavica (
2128
m
)
- Bjela?nica (
2067
m
)
- Vranica (
2070
m
)
- Volujak mit dem
Magli?
(
2386
m
)
- Vla?i? (
1967
m
) bei Travnik
Die Hauptgebirgszuge im nordlichen Bosnien erstrecken sich von Sudosten nach Nordwesten und bilden hohe, langgestreckte Ruckenformen sowie fruchtbare Taler. Im sudlichen Bereich uberwiegen Berge mit scharfem Profil und
Karstcharakter
, felsige Zacken und kraterformige
Kesseltaler
(
polje
), deren meist langgestreckte Sohlen zur
Regenzeit
mit Wasser angefullt werden. Im Sommer trocknen sie aus und bilden tiefe Risse. Die Randgebirge dieser Kessel erheben sich bis auf 700 bis 900 m. Sie sind kahle und zerkluftete
Kalkfelsen
. Statt Wald findet sich hier nur sparliches Gestrupp.
Im Waldbereich uberwiegen mitteleuropaische Baume, wie
Buchen
,
Fichten
,
Birken
,
Erlen
und
Ahorn
. Uber etwa 1600 m endet der Baumwuchs typischerweise und es treten alpine Krauter auf.
Hauptfluss von Bosnien ist die
Save
, die eine naturliche nordliche Grenze gegen
Slawonien
bildet. Die Save ist schiffbar fur leichte Fahrzeuge und bildet einen der wichtigsten Transportwege. Ihre großten Nebenflusse sind die Una, der
Vrbas
, die
Ukrina
, die Bosna und die
Drina
, welche ihr aus sudlicher Richtung zufließen. Deren Taler bilden die wichtigsten Verkehrsachsen durch Bosnien.
Schon in der
Antike
war Bosnien ein wichtiges Transitland zwischen
Adria
und
Donauraum
, sodass sich in dem fruchtbaren und gebirgigen Land einige wohlhabende Handelsstadte herausbilden konnten. Zu dieser Zeit gehorte Bosnien zur
romischen Provinz
Illyricum
. Von der
romischen
Prasenz zeugen auch heute noch viele Ausgrabungsstucke und Befestigungsanlagen.
Nach der Einwanderung der
Slawen
im 7. Jahrhundert stand Bosnien zumeist unter
byzantinischer
Herrschaft, jedoch gelang es den Fursten, eine weitgehende Autonomie zu erwerben und zu bewahren. Spater war es auch Teil des
bulgarischen
und
serbischen
Reichs sowie Teil
Ungarns
. Alle fremdlandischen Herrschaften vermochten jedoch nicht, direkten Einfluss auf die Politik des Landes auszuuben, die Macht verblieb in den Handen des lokalen Adels und der Fursten. Einige Teile Bosniens gehorten bis zum Jahr 1102 dem im Jahr
925
gegrundeten
Konigreich Kroatien
an.
Der Landesname
Bosnien
taucht erstmals um das 10. Jahrhundert auf, allerdings bezieht er sich hier nur auf das Kernland am
Oberlauf
der Bosna. In den Jahren 1154 bis 1463 war es meist ein selbststandiges Furstentum bzw. spater Konigreich.
Der erste bekannte Herrscher uber Bosnien war der aus dem zum
Konigreich Ungarn
gehorigen
Slawonien
stammende
Ban Bori?
, welcher von 1154 bis 1164 regierte. Wahrend seiner Regierungszeit befanden sich das Konigreich Ungarn und Byzanz im Krieg. Bori? stellte sich auf die Seite von Ungarn, wobei er sich an der Belagerung von Brani?evo beteiligte. Bei seiner Ruckkehr nach Bosnien wurde er vom byzantinischen Heer geschlagen und musste fliehen.
Nach Ban Bori? herrschte bis 1180 Byzanz uber Bosnien. Nun kam
Ban Kulin
an die Macht. Er nutzte die vorubergehende Schwache des byzantinische Reichs durch den Tod
Manuel I. Komnenos’
und erkannte immer mehr die Herrschaft
Ungarns
an. Dies wirkte sich jedoch nicht auf die Eigenstandigkeit von Bosnien aus, und Ban Kulin nahm das Gebiet der Usora und
Soli
ein, womit sich die Herrschaft Bosniens auf den gesamten Flusslauf der Bosna ausweitete. Wie die Eroberungen schritt auch die Okonomie voran. Ban Kulin schloss 1189 ein Handelsabkommen mit der
Republik
von
Dubrovnik
ab, auch bekannt als
Povelja Kulina bana
. Dies ist eines der fruhesten staatlichen Dokumente auf dem Balkan. Am Ende des 12. Jahrhunderts gab es immer mehr Anklagen gegen Ban Kulin wegen seiner Unterstutzung fur die
Bosnische Kirche
, welche als eine
Haresie
angesehen wurde. Dies wurde von Papst
Innozenz III.
sehr missbilligt, der den ungarischen Konig zu einem
Kreuzzug gegen Bosnien
uberredete. Ban Kulin sah die Gefahr und nahm auf dem
Bilino Polje
in
Zenica
mit einer großen Zahl von Anhangern der bosnischen Kirche den
katholischen
Glauben an. Uber den Nachfolger von Ban Kulin gibt es keine genauen Angaben.
In der Folge wurde das
Haus Kotromani?
zur herrschenden Dynastie in Bosnien, aus der
Matija Ninoslav
um 1230 bis 1250 als Großban von Bosnien auftritt. Er war ein Anhanger der
Bogumilen
, konvertierte jedoch 1233 zum
Katholizismus
.
[1]
Er nahm nach einigen Feldzugen
Livno
, die
Neretva
-Region und
Ustipra?a
(Novo Gora?de) ein.
Nach ihm tritt ein Verwandter,
Prijezda I. Kotromani?
auf, der gleichfalls 1233 zum Katholizismus konvertierte, ab 1250/54 Großban von Bosnien war, 1254 als ungarischer Ban von Ober- und Nieder-Bosnien (Dolnji Kraji und Vrh Bosna) aufscheint und 1254 von Konig
Bela IV.
von Ungarn mit dem Komitat Novska belehnt wurde und 1287 verstarb.
[2]
Auf ihn folgte sein alterer Sohn
Prijezda II
.,
[3]
der 1267 Zupan von Zemunik und von 1287 bis 1290/95 Ban von Bosnien war († um 1295). Prijezda II. regierte zunachst mit
Stjepan I. Kotroman
zusammen.
[4]
Nach ihm kam dessen Bruder Ban Stjepan I. Kotromani? († um 1314) als Ban von Ober- und Nieder-Bosnien an die Macht, geriet jedoch in der Folge in Abhangigkeit von seinem Schwiegervater,
Stefan Dragutin
,
Konig von Serbien
(1276?1282) und von den Fursten von Bribir aus dem Haus
?ubi?
.
[5]
Stjepan I. regierte nur in den Gebieten an der Drina. Dies nutzte der kroatische Ban
Pavle Bribirski (?ubi?)
aus und nahm auch Bosnien ein. Der Sohn von Pavle Bribirski Mladen I. ?ubi? starb kurz, nachdem er Ban wurde. Sein Bruder Mladen II. ?ubi? ubernahm nun die Macht. Er zog auch den spateren Ban
Stjepan II. Kotromani?
auf. Stjepan II. sturzte mit Hilfe von
Ludwig I. von Ungarn
Mladen II. und ubernahm nun die Regierung. Gleichzeitig wurde er Vasall von Ludwig I., welcher auch seine Tochter Elisabeth zur Frau nahm.
Im Jahre 1377 kronte sich der bosnische Ban
Stjepan Tvrtko Kotromani?
? entweder in
Mile?eva
bei
Prijepolje
oder in Mile bei
Visoko
[6]
? zum
Konig Serbiens, Bosniens, dem Kustenland und der westlichen Lander,
wodurch er in politischen Konflikt mit dem regularen Nachfolger der
serbischen
Konigskrone
Marko Mrnjavcevi?
, der im Gebiet des heutigen
Nordmazedonien
herrschte, geriet. Tvrtko war der Enkel der
Elisabeth Nemanji?
? ein Mitglied der aus
Raszien
stammenden
serbischen
Konigsdynastie der
Nemanjiden
, weshalb er sich als rechtmaßigen Erben der gesamtserbischen Krone betrachtete. Tvrtko I. Mutter war Jelena von Bribir aus der einflussreichen kroatischen Adelsfamilie der ?ubi?.
[7]
Die mittelalterliche Hauptstadt und Sitz des Konigs war
Kraljeva Sutjeska
. Markos Onkel
Uglje?a Mrnjavcevi?
herrschte uber die Hum, die heutige
Herzegowina
mit Sitz in
Trebinje
. Das
Konigreich Bosnien
wurde fur fast ein Jahrhundert der machtigste Staat der Region.
1389 folgte Konig
Stjepan Tvrtko Kotromani?
dem Aufruf des serbischen Fursten
Lazar Hrebeljanovi?
und entsandte einen Teil seines Heeres zum
Amselfeld
, um sich dort mit dem restlichen serbischen Heer den
Osmanen
entgegenzustellen.
1463 wurde Bobovac nahe Kraljeva Sutjeska von den
Osmanen
eingenommen. Konig
Stjepan Toma?evi?
wurde hingerichtet. Mit dem Tod seiner Frau
Katarina Kosa?a-Kotromani?
1478 in
Rom
erlosch die bosnische Konigsdynastie. Als letzte legitime Erbin der bosnischen Krone bestimmte sie in ihrem Testament vom 20. Oktober 1478 den
Papst
Sixtus IV.
und seine Nachfolger auf dem papstlichen Thron als Erben Bosniens und der bosnischen Krone.
[8]
Erst 70 Jahre nach
Sarajevo
fiel
Biha?
als letzte bosnische Stadt. Bosnien wurde damit zu einem osmanischen
Sandschak
,
Eyalet
bzw.
Vilayet
(Provinz). Nach der
Reconquista
in
Spanien
siedelten sich auch vertriebene
sephardische Juden
in Bosnien an.
Mit der Ruckeroberung Sud
ungarns
und
Slawoniens
durch
Prinz Eugen
wurde das Land zur Grenzzone. Osterreichische Truppen versuchten mehrmals, auch Bosnien zu erobern, was aber scheiterte, so dass sich die Savegrenze stabilisieren konnte. Allerdings zerstorte Prinz Eugen bei einem Feldzug Sarajevo.
Bosnien war eine der wichtigsten Provinzen des Osmanischen Reiches, da es die europaische Grenze des Reiches schutzte. Der bosnische
Beylerbey
, Statthalter des Sultans, war wie kein anderer Statthalter mit unumschrankter Gewalt ausgestattet. Die Statthalter Bosniens gehorten neben dem Sultan zu den machtigsten Mannern des Reiches. Der Titel des Beylerbey war neben den bosnischen Statthaltern nur wenigen anderen Statthaltern des Reiches vorbehalten. Wahrend der osmanischen Zeit erreichte Bosnien eine zweite, orientalische Blute; es ging vollends auf in der Kultur des Osmanischen Reiches und viele Manner aus Bosnien und der Herzegowina erwarben hohe Wurden am Hofe des Sultans und wurden zu Militarfuhrern, Diplomaten und Großwesiren des Reiches.
1878 wurde Bosnien
osterreichisch-ungarischer
Finanzverwaltung unterstellt (
Kondominium
), wahrend es bis 1908 formell weiterhin dem Osmanischen Sultan unterstand. In dieser Zeit wurde der Begriff
Bosnien und Herzegowina
(
Bosna i Hercegovina
) gepragt. 1908 annektierte Osterreich-Ungarn Bosnien-Herzegowina und loste damit die
Bosnische Annexionskrise
aus. Das
Attentat von Sarajevo
1914 durch Mitglieder der Studentenbewegung
Mlada Bosna
, unter anderem
Gavrilo Princip
, und der serbischen Widerstandsgruppe
Schwarze Hand
wurde von Osterreich-Ungarn mit einem Ultimatum und schließlich einer Kriegserklarung gegenuber dem
Konigreich Serbien
beantwortet, was wegen der Garantien der damaligen Großmachte untereinander und gegenuber kleineren Staaten zum
Ersten Weltkrieg
fuhrte.
- Helen Walasek u. a.:
Bosnia and the Destruction of Cultural Heritage.
Ashgate, 2015.
- Noel Malcolm:
Geschichte Bosniens
. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1996,
ISBN 3-10-029202-2
.
- ↑
Europaische Stammtafeln
, Neue Folge, Band II.: Die außerdeutschen Staaten. Tafel 158, Verlag J. A. Stargardt, Marburg, 1984.
- ↑
Europaische Stammtafeln
, op. cit. Tafel 158.
- ↑
Prijezda I. | Hrvatska enciklopedija.
Abgerufen am 31. August 2017
.
- ↑
Prijezda II. | Hrvatska enciklopedija.
Abgerufen am 31. August 2017
.
- ↑
Europaische Stammtafeln
, op. cit. Tafel 158.
- ↑
Arheolo?ko podru?je Mile ? Krunidbena i grobna crkva bosanskih kraljeva, Arnautovi?i, op?ina Visoko
(
Memento
vom 16. Januar 2009 im
Internet Archive
)
- ↑
Tvrtko I. Kotromani? | Hrvatska enciklopedija.
Abgerufen am 31. August 2017
.
- ↑
Kotromani?, Katarina | Hrvatska enciklopedija.
Abgerufen am 31. August 2017
.