Dieser Artikel beschreibt die Schlangenart, zum gleichnamigen Jazzalbum von Rich Halley siehe
Boomslang (Album)
.
Die
Boomslang
(
Dispholidus typus
), gelegentlich auch als
Afrikanische Baumschlange
oder
Grune Boomslang
bezeichnet, ist eine
Schlangenart
aus der
Familie
der
Nattern
(Colubridae). Die Gattung
Dispholidus
ist
monotypisch
, die Boomslang ist die einzige Art der Gattung. Sie hat Giftzahne und zahlt damit zu den sogenannten
Trugnattern
. Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst weite Teile des tropischen Afrikas sudlich der
Sahara
bis in den Suden
Sudafrikas
.
Der Name
Boomslang
stammt (uber das
Afrikaans
) aus dem
Niederlandischen
und bedeutet wortlich: Baumschlange. Auch die
Englische Sprache
bezeichnet diese Schlangenart als
Boomslang
; das Wort wird nach den englischen Ausspracheregeln gesprochen.
Adulte
Individuen erreichen meist Gesamtlangen von 1,2 bis 1,5 m, maximal bis 2,0 m. Die Tiere sind schlank gebaut, der Kopf ist kurz und stumpf, die Augen sind in Relation zum Kopf enorm groß und sehr auffallend.
Die Tiere haben meist ein primares und zwei sekundare
Temporalia
, ein, selten zwei
Praeocularia
und meist 3, selten 2 oder 4
Postocularia
. Sie haben meist 7, selten 6 oder 8
Supralabialia
, von denen das dritte und vierte, seltener das vierte und funfte an das Auge grenzen. Die Tiere haben 8?13
Infralabiala
. Die Ruckenschuppen sind stark gekielt. Die Tiere haben 19, selten 17 oder 21
dorsale
Schuppenreihen in der Korpermitte. Die Anzahl der Bauchschuppen (
Ventralschilde
) variiert zwischen 164 und 201, die Zahl der geteilten
Subcaudalia
zwischen 104 und 142. Das
Analschild
ist geteilt.
Boomslang, quergebanderter Farbungstyp
Adulte
Tiere zeigen hinsichtlich der Farbung deutliche Geschlechtsunterschiede. Mannchen sind sehr variabel und meist deutlich bunter und kontrastreicher gezeichnet als die Weibchen, sie kommen in vier bis funf Farbungstypen vor, zwischen denen es auch noch Ubergange gibt:
- Oberseite grun bis olivgrun, mit oder ohne schwarzer Hautfarbung zwischen den Schuppen, Bauchseite ahnlich wie Oberseite, aber heller.
- Oberseite hellgrun mit schwarz gerandeten Schuppen, so dass die Schlange quergebandert ist.
- Oberseite einfarbig dunkelbraun bis schwarz, Bauchseite hellgelb.
- Oberseite schwarz, Bauchschuppen dunkelgrau mit schwarzen Randern
- gelegentlich werden oberseits ziegelrote Tiere gefunden
Weibchen sind oberseits meist hell- bis olivbraun und haben eine schmutzig weiße bis braune Unterseite, gelegentlich sind sie aber auch ebenso farbenfroh wie die Mannchen gezeichnet. Jungtiere sind oberseits hellgrau bis braun und zeigen vor allem im vorderen Korperbereich eine feine blaue Fleckung. Die Kehle ist leuchtend hellgelb oder orange, die ubrige Unterseite ist weiß bis gelblich mit dunklen Flecken. Die
Iris
ist leuchtend grun. Mit einer Lange von etwa 1 m wird die Farbung adulter Tiere erreicht.
Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst weite Teile des tropischen Afrikas sudlich der
Sahara
bis in den Suden
Sudafrikas
. Im sudlichen Afrika bewohnt die Boomslang ein weites Spektrum von Habitaten von der
Karoo
uber feuchte und trockene
Savanne
, Walder der Ebenen bis hin zu Grasland und
Fynbos
. Sie meidet den trockenen Westen und die zentrale Hochebene (das
Highveld
) Sudafrikas.
Die Gattung
Dispholidus
ist
monotypisch
, die Boomslang ist bisher die einzige Art der Gattung. Aufgrund morphologischer Unterschiede durften die Boomslangs der Insel
Pemba
jedoch eine eigene Art darstellen.
[1]
Es wurden mehrere Unterarten beschrieben, diese werden von D. G. Broadley und V. Wallach jedoch nicht anerkannt.
[1]
Die Boomslang ist uberwiegend tagaktiv und halt sich meist auf Baumen oder Strauchern auf, wo sie durch ihre Farbung sehr gut getarnt ist. Gelegentlich wird der Boden aufgesucht, zum Sonnenbad oder zur Jagd. Die Tiere jagen aktiv uberwiegend in der hoheren Vegetation, seltener auch auf dem Boden, vor allem in der Nahe von Fließgewassern. Beim Anblick geeigneter Beute erstarrt die Schlange mit erhobenem Kopf. Sie schnappt dann schnell zu und halt die Beute mit kauenden Bewegungen fest, bis diese durch das Gift verendet. Die Nahrung besteht vor allem aus
Chamaleons
und anderen baumbewohnenden Echsen, Vogeln und deren Nestlingen und Eiern sowie Froschen. Kleine Saugetiere werden nur selten gefressen. Von verschiedenen Vogeln, zum Beispiel
Bulbuls
, werden Boomslangs als Feinde erkannt und
angehasst
.
Die Boomslang ist
ovipar
(eierlegend), das Gelege besteht meist aus 8 bis 14, maximal bis 27 Eiern. Die Eiablage erfolgt vom spaten Fruhjahr bis in die Mitte des Sommers in hohlen Baumen, verrottendem Holz oder unter Blatterhaufen. Die Jungschlangen sind bei der Geburt 29 bis 38 cm lang.
Die Art ist sehr scheu und weicht Menschen aufgrund des sehr guten Gesichtssinnes fruhzeitig aus. Die Tiere beißen nur, wenn sie angefasst werden. Bei direkter Bedrohung blahen die Tiere erst den Nacken auf und prasentieren so die bunte Haut in diesem Bereich. Bei anhaltender Bedrohung blahen sie schließlich den ganzen Korper auf und schnappen mit ruckartigen seitlichen oder vorwartsgerichteten Bewegungen zu.
Das Gift ahnelt jenem der
Amerikanischen Lanzenottern
. Es wirkt
hamolytisch
und durch Metalloproteinasen
hamorrhagisch
(Blutgefaße zerstorend). Das Gift verursacht durch
thrombinahnliche
Enzyme
(
TLEs
) eine Veranderung der Blutgerinnungsvorstufe
Fibrinogen
und hierdurch eine
pathologische
Aktivierung der
Blutgerinnung
. Dies fuhrt uber weitere Schritte zum schnellen Verbrauch der
Gerinnungsfaktoren
und wirkt daher
gerinnungshemmend
. Das Syndrom wird als
Disseminierte intravasale Koagulopathie
(DIC) bezeichnet. Die Patienten bluten aus der Bissstelle und Mundschleimhauten und es kommt zu inneren Blutungen. Das Gift wirkt offenbar auch direkt nierentoxisch.
[2]
Die Wirkung setzt vergleichsweise spat ein, bis zur Entwicklung ernsthafter Symptome kann es 24?48 Stunden dauern.
Die durchschnittliche Giftmenge je Biss ist vergleichsweise gering; sie wird mit maximal 1,5 mg Trockengewicht angegeben. Das Gift der Boomslang ist jedoch extrem wirksam; der
LD
50
-Wert
bei Mausen liegt bei intravenoser Verabreichung bei 0,06?0,72 mg pro kg.
[3]
Die Art kann die weit hinten im Maul liegenden Giftzahne ohne weiteres bei einem Biss in den Arm oder das Bein eines Menschen einsetzen, da sie das Maul in einem Winkel von bis zu 170° offnen kann. Bisse, bei denen eine großere Giftmenge in die Bissstelle abgegeben wird, sind fur Menschen ohne Behandlung mit einem spezifischen
Antiserum
meist todlich.
Die Boomslang wird trotz ihrer Giftigkeit aufgrund ihres uberwiegenden Aufenthaltes in hoherer Vegetation (
arboricol
) und ihrer Scheu als medizinisch kaum relevant beschrieben. Bissunfalle sind sehr selten und betreffen meist Schlangenhandler und Reptilienpfleger.
[4]
Der US-amerikanische
Herpetologe
Karl Patterson Schmidt
starb 1957 durch den Biss einer in seinem Institut in
Chicago
gehaltenen Boomslang.
[5]
Schmidt dokumentierte die Details seines Todeskampfes in seinem Tagebuch.
- ↑
a
b
D. G. Broadley, V. Wallach:
Review of the Dispholidini, with the description of a new genus and species from Tanzania (Serpentes, Colubridae).
In:
Bulletin of the Natural History Museum: Zoology.
Band 68, 2002, S. 57?74.
- ↑
Aura S. Kamiguti, R. David G. Theakston, Nicholas Sherman and Jay W. Fox:
Mass spectrophotometric evidence for P-III/P-IV metalloproteinases in the venom of the Boomslang (Dispholidus typus).
In:
Toxicon
.
Band 38, Heft 11, 2000, S. 1613?1620,
doi:10.1016/S0041-0101(00)00089-1
.
- ↑
Stephen P. Mackessy:
Biochemistry and Pharmacology of Colubrid Snake Venoms.
J. Toxicol.?
Toxin Reviews
.
Band 21, Nr. 1 & 2, 2002, S. 43?83
online als pdf
(
Memento
vom 2. Juni 2010 im
Internet Archive
).
- ↑
J. Marais:
A Complete Guide to the Snakes of Southern Africa.
Struik Publishers, Cape Town 2004, S. 137.
- ↑
Kurzbiografie auf ?Scientific and Common Names of the Reptiles and Amphibians of North America ? Explained“
- J. Marais:
A Complete Guide to the Snakes of Southern Africa.
Struik Publishers, Cape Town 2004,
ISBN 1-8-6872-932-X
, S. 135?137.