Bolgar

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Stadt
Bolgar
Болгар ( russisch )
Болгар ( tatarisch )
Flagge Wappen
Flagge
Wappen
Foderationskreis Wolga
Republik Tatarstan
Rajon Spassk
Burgermeister Kamil Nugajew
Gegrundet 8. Jahrhundert
Fruhere Namen Spassk; Kuibyschew
Stadt seit 1781
Flache 116  km²
Bevolkerung 8650 Einwohner
(Stand: 14. Okt. 2010) [1]
Bevolkerungsdichte 75 Einwohner/km²
Hohe des Zentrums 80  m
Zeitzone UTC+3
Telefonvorwahl (+7) 84347
Postleitzahl 422840
Kfz-Kennzeichen 16, 116
OKATO 92 232 501
Website spasskiy.tatar.ru
Geographische Lage
Koordinaten 54° 58′  N , 49° 2′  O Koordinaten: 54° 58′ 0″  N , 49° 2′ 0″  O
Bolgar (Europäisches Russland)
Bolgar (Europaisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Bolgar (Tatarstan)
Bolgar (Tatarstan)
Lage in Tatarstan
Liste der Stadte in Russland

Bolgar ( russisch Болгар ; tatarisch Болгар Bol?ar , historisch auch als Spassk ( russisch Спасск ) bekannt) oder Weliki Bol?ar , inoffiziell auch Bulgar , Bolgari oder Bolgary genannt, ist eine Stadt in Russland am Ufer der Wolga in der Republik Tatarstan . Vom 8. bis 15. Jahrhundert war es die Hauptstadt und Zentrum der Wolgabulgaren ( Protobulgaren ) und der Goldenen Horde . Heute ist sie eine Kleinstadt mit 8650 Einwohnern (Stand 14. Oktober 2010) [1] und Verwaltungszentrum des Rajons Spassk.

Die Stadt wurde im 8. Jahrhundert von den Wolgabulgaren unter Khan Kotrag als deren Hauptstadt gegrundet. Ihnen schlossen sich finnische und slawische Bevolkerungsgruppen an. Zur Zeit des arabischen Reisenden Ibn Fadl?n , der an einer Gesandtschaft 922 nach Bolgar zu den Wolgabulgaren teilnahm, zahlte die Stadt etwa 10.000 Einwohner mit etwa 500 Hausern. Kurz nach seinem Besuch war die Stadt um 968/969 aber von Russen uberfallen worden, wodurch dem Handel der Stadt ein betrachtlicher Schaden zugefugt wurde. Vor allem aus arabischen Quellen stammen die zeitgenossischen Berichte uber den Handel in Bolgar. Bolgar wurde mit arabischen Geldanleihen zu einem wichtigen Handelszentrum ausgebaut. Gehandelt wurden Pelze , Sklaven , Honig , Tierhaute die als Teppiche Verwendung fanden, Bernstein , Walrosszahne , Wachs und Getreide . Sie belegen die engen Verbindungen des Reiches der Wolgabulgaren mit Mittelasien. Auch russische Handler kamen zum Handeln nach Bolgar. Trotz des Handels mit Arabien blieben bei den slawischen und bulgarischen Bevolkerungsteilen dennoch altturkische Sitten und Brauche des Tengrismus erhalten. [2] [3] So bluhte durch die arabisch-bulgarische Verquickung in Bolgar Wissenschaft und Kultur auf. Zu Anfang des 11. Jahrhunderts erhielt die Stadt eine Mauer aus Eichenholz.

Die archaologische Hinterlassenschaft auf dem Burgwall in Bolgar lasst fur das 10.?12. Jahrhundert eine Burgstadt mit weitreichenden Fernhandelsverbindungen nach Ost und West sowie Niederlassungen von fremden Kaufleuten (aus Armenien , der Rus und Donaubulgarien ) erkennen. Die hier gefundenen silbernen und kupfernen Munzen tragen teilweise arabische, teilweise kufische Schrift und sind zum Teil schon gepragt. Des Weiteren sind noch viele Grabsteine mit tatarischen , arabischen und armenischen Inschriften und Bildwerken, sowie alte Waffen , Munzen und Geratschaften aller Art erhalten.

Bereits auf Befehl Peters des Großen wurden 49 der Grabinschriften aufgezeichnet und zu erklaren versucht. Die arabischen stammen aus der Zeit von 619 bis 742 der Hidschra ; unter den armenischen befindet sich eine von 557 und zwei von 984 und 986 n. Chr.

Zwischen 1361 und 1367 wurde die Stadt von der Goldenen Horde der Mongolen unter Khan Bolod Timur zerstort. Wahrend russischer Einfalle im 14. Jahrhundert war die Hauptstadt nach Bilar versetzt worden; nach dessen Plunderung und Zerstorung wurde sie wieder bis zum 15. Jahrhundert nach Bolgar zuruckverlegt. Als sich das Khanat Kasan grundete, wurde als neue Hauptstadt Kasan gewahlt. Zu diesem Zeitpunkt wurde Bolgar zu einem religiosen Zentrum des Islams .

Im 15. Jahrhundert wurde die Stadt durch den russischen Furst Wassili II. erneut zerstort. 1552 wurde die Stadt wie das Khanat Kasan vom russischen Zarentum unter Iwan dem Schrecklichen annektiert.

Russische Kirche und Moschee in Bolgar

Nach der Ubernahme durch Russland wurden in der Gegend um Bolgar verarmte russische Bauern angesiedelt, welche als Baumaterial die Uberreste der einst machtigen Stadt benutzten. Aus diesem Grund erließ Zar Peter der Große einen speziellen Erlass zur Erhaltung der Bolgarer Ruinen, welcher historisch betrachtet das erste russische Gesetz zum Schutz einer Stadt mit historischem Hintergrund darstellt.

1781 wurde die Stadt unter dem Namen Spassk (russisch Спасск , von Спас fur ? Erloser ‘) Verwaltungssitz eines Ujesds . Zwischen 1926 und 1935 hieß die Stadt Spassk-Tatarski ( Спасск-Татарский ), um sie von anderen gleichnamigen Stadten, wie Spassk-Rjasanski oder Spassk-Dalni unterscheiden zu konnen. Von 1935 bis 1991 trug sie den Namen des Revolutionars Kuibyschew (Куйбышев) ? wie auch Kuibyschew in Sibirien sowie das ebenfalls an der Wolga gelegenen heutige Samara . 1991 gab man der Stadt ihren alten Namen Bolgar zuruck.

Seit 2011 ist die Stadt Namensgeber fur den Bolgar Buttress , einen Berg im Grahamland in der Antarktis.

Bevolkerungsentwicklung
Jahr Einwohner
1897 2770
1939 6188
1959 7023
1970 7231
1979 8383
1989 8397
2002 8655
2010 8650

Anmerkung: Volkszahlungsdaten

Sehenswurdigkeiten

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Das heutige Bolgar steht innerhalb der noch großenteils erhaltenen Walllinien der alten Wolgabulgaren-Hauptstadt Bolgar, von welcher Turme (am besten erhalten der sogenannte Misgir -Turm) und Mauerreste ubrig sind. Der historische und archaologische Komplex gehort seit 2014 zum UNESCO-Weltkulturerbe .

Commons : Bolgar  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. ?islennost? i razme??enie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszahlung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevolkerung). Tabellen 5 , S. 12?209; 11 , S. 312?979 (Download von der Website des Foderalen Dienstes fur staatliche Statistik der Russischen Foderation)
  2. John Anthony McGuckin: The encyclopedia of Eastern Orthodox Christianity. Band 1, John Wiley and Sons, 2011, S. 79.
  3. Hans Ferdinand Helmolt: Weltgeschichte. Band: Ost- und Nordeuropa. Bibliographisches Institut Leipzig, 1921, S. 100.