Bolesław Prus, 1887
Signatur Bolesław Prus’
Bolesław Prus
, [b?'lεswaf 'prus] (*
20. August
1847
in
Hrubieszow
bei
Lublin
als Aleksander Głowacki; †
19. Mai
1912
in
Warschau
) war ein
polnischer Schriftsteller
und
Publizist
(das Pseudonym Prus bedeutet zu Deutsch:
Pruzze
, das war sein
Wappen
). Er ist einer der wichtigsten Vertreter der
polnischen Literatur
, der bedeutendste Reprasentant des polnischen
kritischen Realismus
[1]
, aber auch einer der bedeutendsten der
Weltliteratur
.
Seine Erfahrungen als Aufstandischer und Gefangener pragten sein kunstlerisches Werk. Im Alter von 25 Jahren begann er seine bemerkenswerte Karriere als Journalist, die 40 Jahre andauern sollte. Zwischen 1886 und 1895 veroffentlichte Prus vier große
Romane
, die die sozialen und gesellschaftlichen Verhaltnisse seiner Zeit reflektieren.
Als Aleksander Głowacki in einer verarmten adligen Familie geboren, verlor er fruh seine Eltern und wuchs bei entfernten Verwandten auf. Als Schuler nahm er am
Januaraufstand
teil. Am 1. September 1863, zwolf Tage nach seinem siebzehnten Geburtstag, geriet er wahrend schwerer Gefechte in russische Gefangenschaft. Nachdem er aufgrund seiner Jugend entlassen worden war, beendete Prus 1866 die Oberschule und schrieb sich an der naturwissenschaftlichen Fakultat der
Universitat Warschau
ein. Er brach sein Studium wegen finanzieller Schwierigkeiten, aber vor allem wegen Differenzen mit dem Lehrkorper ab und schrieb sich 1869 an dem neu gegrundeten Institut fur Land- und Forstwirtschaft in
Puławy
ein, wo er einen Teil seiner Kindheit verbracht hatte. Auch hier hatte er Schwierigkeiten mit einem russischen Professor. Fortan studierte er autodidaktisch und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Fabrikarbeiter, Hauslehrer und Fotograf.
Ab 1872 arbeitete er als
Journalist
und sammelte erste Erfahrungen als
Schriftsteller
. Er schrieb humoristische Kurzgeschichten. Seitdem er regelmaßig Kolumnen fur die Wochenzeitung
Warschauer Kurier
schrieb, verbesserte sich auch seine finanzielle Situation. Er heiratete eine Cousine. Es gab keine Kinder aus dieser Verbindung. Ein Pflegesohn beging 1904 im Alter von 18 Jahren Selbstmord wegen einer unglucklichen Liebe. Prus hatte vermutlich noch einen Sohn (* 1906), der nach der Niederschlagung des
Warschauer Aufstandes
von 1944 in einem deutschen Konzentrationslager starb.
Prus bekannte sich zu den Ideen von
Auguste Comtes
positivistischer Philosophie
. Er erkannte die Bedeutung des Journalismus und der Literatur fur die Starkung des Nationalbewusstseins. Er begann unter dem Kunstlernamen ?Prus“ zu schreiben. Im Jahr 1882 wurde er
Redakteur
der Warschauer Tageszeitung
Nowiny
. Hier bot sich ihm die Moglichkeit, die Entwicklung seines Landes zu fordern, das in den
Jahren 1772?1795
seine politische Selbststandigkeit verloren hatte. Nach weniger als einem Jahr nahm er seine Arbeit im
Warschauer Kurier
wieder auf. Er begann an seinen großen Romanen zu arbeiten. 1886 erschien
Der Vorposten
(Placowka) uber das Leben der polnischen Bauern. 1889 vollendete er
Die Puppe
(Lalka), die Geschichte der unglucklichen Liebe zwischen einer Adligen und einem Mann, der ihretwegen seine Ideale verrat.
Die Emanzipierten
(Emancypantki) erschien 1893, und schließlich 1895 sein einziger historischer Roman,
Der Pharao
(Faraon). Obwohl Prus die Handlung im Alten Agypten vor 3000 Jahren ansiedelt, setzt er sich mit dem Verlust der Unabhangigkeit Polens auseinander.
Prus’ Grab
In den Jahren von 1897 bis 1899 erschien im
Warschauer Kurier
in Fortsetzungen die Monografie
Die allgemeinen Lebensideale
, in der Prus sich mit der Beziehung zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft beschaftigt.
Das Werk hat heute noch Bedeutung fur Philosophen und Sozialwissenschaftler.
- ?Vor allem sei nutzlich, dann versuche perfekt zu sein, und erst am Ende kummere dich um dein eigenes Gluck.“
Die Unabhangigkeit Polens im Ergebnis des
Ersten Weltkrieges
sollte Bolesław Prus nicht mehr erleben.
Er starb am 19. Mai 1912 in seiner Warschauer Wohnung nach 40 Jahren journalistischer und schriftstellerischer Arbeit.
Er wurde von der ganzen Nation betrauert, der er als Soldat, Philosoph und Schriftsteller gedient hatte und der er einen Platz in der Weltliteratur verschafft hatte.
Ein halbes Jahrhundert spater, am 3. Dezember 1961 wurde im
Małachowski-Palast
in
Nał?czow
, wo Prus von 1882 an mit seiner Familie die Sommer verbracht hatte, sein Museum eroffnet.
Bolesław Prus ? Denkmal in Warschau
- Palais und Hutte (Palac i rudera), 1876, dt. 1914
- Angelika (Anielka), 1880
ISBN 3-373-00071-8
- Die Welle stromt zuruck (Powracajaca fala) Novelle, 1880; deutschsprachige Ausgabe Aufbau-Verlag Berlin, 1959, Ubersetzung Kurt Harrer
- Der Geizhals (Nawrocony), 1882
- Der Nichtsnutz und die Madchen (1883)
ISBN 3-15-008297-8
- Der Vorposten (Placowka), 1886, deutschsprachige Ausgabe Gemsberg-Verlag Winterthur, 1947
- Die Puppe (Lalka, 1887?1889) dt. 1954
- Die Emanzipierten (Emancypantki, 1891?1893) dt. 1957
- Pharao (Faraon, 1895/96) dt. 1944
ISBN 3-89996-058-0
- ↑
Nachbemerkung zu Boleslaw Prus: Die Welle stromt zuruck. Insel-Verlag, Leipzig, 1977, S. 118