Blasmusik

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Sinfonisches Blasorchester
Blaskapelle der BOKU Wien
Blaskapelle in Ottrott

Als Blasmusik bezeichnet man je nach Definition die ausschließlich oder uberwiegend von Blasinstrumenten aufgefuhrte Musik als Abgrenzung zur reinen Streichmusik oder gemischten Besetzung . [1] Im weiteren Sinne umfasst sie alle entsprechenden Musikgattungen bzw. Stilrichtungen, womit sie auch von Blaserensembles gespielt wird, wie z. B. Alta musica und Jagdhorn -Ensemble, Hornquartett oder Blechblaserquintett , das klassische Blaserquintett , die Harmoniemusik , Blasorchester / Blaskapelle , die Janitscharenmusik , Brass Band , Italienische Banda , der evangelische Posaunenchor sowie Spielmanns- und Fanfarenzug . [2]

Im engeren Sinne wird Blasmusik auch nur auf die ?auf großraumige Wirkung abgestimmte meist volkstumliche Musik fur Blasorchester und Militarkapellen “ bezogen. Kunst- oder Kammermusik in kleinen oder großeren Besetzungen wird dann als Blasermusik definiert. [3] Zu letzterer konnen aber je nach Betrachter auch beispielsweise von Blasern interpretierte Swing- und Jazzmusik zahlen. [4]

Entwicklung des heutigen Blasorchesters

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Horner von Rindern, Muscheln und andere einfache Blasinstrumente wurden von Naturvolkern bei religiosen Riten eingesetzt, und die Posaunen von Jericho oder die Fanfaren der Romerzeit zeugen von der Nutzung von Blasinstrumenten im Altertum. Als alteste erhaltene Musikinstrumente Europas gelten etwa 35.000 Jahre alte steinzeitliche Knochenfloten, die auf der Schwabischen Alb gefunden wurden. [5]

Vorlaufer der Blasmusik, wie sie sich im 19. Jahrhundert entwickelt hat, sind Blaserensemble wie die Harmoniemusiken des ausgehenden 18. Jahrhunderts sowie die Janitscharenmusik , die sich zunachst in der Militarmusik nach den Turkenkriegen vor allem in Osterreich und Suddeutschland , danach aber auch im zivilen Bereich herausgebildet hat.

Die heutige Besetzung der Blasorchester entwickelt sich ab Anfang des 19. Jahrhunderts in Schuben, die unter anderem mehrere Ereignisse verursacht wurden, die sich regional unterschiedlich stark auswirkten und dadurch auch zu unterschiedlichen Entwicklungen fuhrten.

Die ersten konzertanten Blasorchester entstanden in der Franzosischen Revolution und waren durch chorische Besetzung der Holz- und Blechblaserregister sowie eine Perkussionsgruppe gekennzeichnet. Als Freiluftmusik hatten sie die Aufgabe, die großen Revolutionsfeiern, spater die ?Friedensfeiern“ nach den Siegen Napoleons mit Musik zu unterstutzen. Zahlreiche Blasorchester des suddeutschen Raumes fuhren ihren Ursprung auf diese Zeit zuruck, in der sie von ihren Monarchen, die Vasallen Napoleons waren, fur Huldigungsfeiern eingesetzt worden sind.

In dieser Zeit entstanden auch Marsche bekannter Komponisten wie Beethovens Militar-Marsch von 1816. Spater schrieben unter anderem Antonin Rejcha seine ?Musik, das Andenken großer Manner und großer Begebenheiten zu feiern“ (um 1830) oder Hector Berlioz die Grande Symphonie funebre et triomphale (op. 15; 1840) fur die Besetzung des franzosischen Revolutionsorchesters.

Straßenblaser um 1876 in New York

Mit der Entwicklung der Ventile fur Blechblasinstrumente (Riedl in Wien 1832 und Perinet in Paris 1839) standen den Blechblasern vollwertige chromatische Instrumente zur Verfugung. Damit konnten auch die Register der Trompeten und Horninstrumente chorisch besetzt und die Instrumente zur Melodiefuhrung verwendet werden. Außerdem fuhrte die Erfindung der Ventile dazu, dass diese nicht nur in die bis dahin gebrauchlichen Naturtrompeten und -horner eingebaut, sondern dass vollig neue Instrumente entwickelt wurden. Beispiele hierfur sind die Saxhorner , die Adolphe Sax in Paris entwickelte. Auch in Preußen und Osterreich wurden auf Anregung von Militarkapellmeistern neue Ventilblasinstrumente ? Vorlaufer von Tenorhorn und Bariton sowie der Tuba ? entwickelt.

Durch Industrialisierung und wirtschaftlichen Aufschwung in der ersten Halfte des 19. Jahrhunderts waren beispielsweise Stadte in der Lage, Stadtmusiken zu grunden. Auf den britischen Inseln waren es Industrielle, die sich Werkskapellen, die Vorlaufer der Brass Band , zulegten.

Die Entwicklung der zivilen Blasmusik wurde wesentlich von den Militarmusiken bestimmt, die einerseits die Optimierung der Instrumente vorantrieben und dann auch die Besetzung der Orchester mit diesen erprobten. Zudem wurden sowohl auf dem Kontinent wie auf den britischen Inseln haufig ehemalige Militarmusiker als Dirigenten engagiert, die meist auch die entsprechende Literatur schrieben.

Foto des Oberkörpers eines Mannes, der in ein Blechblasinstrumen bläst. Er trägt einen grünen Hut mit Federn. Im Hintergrund sind weitere Musiker zu sehen
Blaskapelle Irschenhausen - eine typische Blaskapelle in Tracht in einem bayerischen Dorf

International ist Blasmusik heute fast weltweit verbreitet und wird besonders in Mitteleuropa und in Nordamerika auch von Laien gepflegt.

Im deutschsprachigen Raum entstand sie vor allem in Suddeutschland , der Schweiz , Osterreich und Sudtirol . Sie wird dort vor allem von Vereinen gepflegt, kann jedoch auch von Kommunen getragen werden. Obwohl die Blasmusik in diesen Gegenden immer noch einen Verbreitungsschwerpunkt hat, gab es Blasorchester schon fruh auch in Nord- und Westdeutschland (z. B. Bergwerkskapellen). Einen weiteren Schwerpunkt der Blasmusik bilden die Lander Tschechien und Slowakei, Niederlande und Belgien.

Blasmusik heute

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Moderne Blasmusikkapelle bei einem Konzert (Burgerkorpskapelle Regau )

Heute sind Blasorchester in vielen großeren Gemeinden oder Stadten vertreten und tragen zum kulturellen Leben bei. Meist als Verein organisiert, wird insbesondere die Jugendarbeit sehr ernst genommen. Entweder wird die Instrumentalausbildung mit Lehrern aus den eigenen Reihen oder aber in Zusammenarbeit mit regionalen, offentlichen oder privaten Musikschulen oder vereinseigenen Blaserschulen durchgefuhrt. Beispielhaft sei hier das Jugendorchester Havixbeck genannt, welches eine vereinseigene Musikschule mit inzwischen 600 Schulern betreibt.

Zunehmende Verbreitung finden seit Mitte der 1990er Jahre sogenannte Blaserklassen . Hierbei wird haufig der herkommliche schulische Musikunterricht durch das gemeinsame Klassenmusizieren der Blaserklassenteilnehmer ersetzt. Erganzend dazu erhalten die Schuler in Kleingruppen bei Instrumentallehrern eine Grundausbildung auf ihrem Blasinstrument.

Daruber hinaus ermoglichen sogenannte Auswahlorchester (z. B. Kreis- oder Landesblasorchester) die Verfeinerung des Instrumentalspiels. Diese Auswahlorchester, die des Ofteren auch im Ausland auf kultureller Ebene die Bundesrepublik Deutschland vertreten, bilden sich aus Musikern und Musikerinnen verschiedener Musikvereine einer Region, die uber ein bestimmtes Maß an Kunstfertigkeit im Instrumentalspiel verfugen.

In Deutschland werden in regelmaßigen Abstanden von den einzelnen Bundeslandern Wertungsspiele ausgerichtet, zu denen sich jedes Blasorchester anmelden und mit anderen messen kann. Es gilt, ein Pflichtstuck sowie eine oder mehrere frei wahlbare Kompositionen vorzutragen. Um dem Leistungsstand der einzelnen Orchester gerecht zu werden, werden diese in verschiedene Stufen eingeteilt, [6] die sich auch in der Literatur widerspiegeln. Diese Einteilung sieht wie folgt aus:

Eingangsstufe ? Unterstufe ? Mittelstufe ? Oberstufe ? Hochststufe ? Hochstklasse (diese jedoch sehr selten)

In Osterreich werden solche Wertungsspiele vom Osterreichischen Blasmusikverband ausgerichtet; dabei konnen Blasorchester grundsatzlich in funf Kategorien von A (sehr leicht) bis E (sehr schwierig) antreten. [7] Daneben werden regelmaßig eigene Wettbewerbe fur Jugendblasorchester durchgefuhrt, deren Kategorien denen der herkommlichen Blasorchester entsprechen (AJ bis EJ sowie die Sonderstufe SJ). [8]

Da es innerhalb der Blasmusik die unterschiedlichsten Ensembles (Big Band, Brass Band, Posaunenchor u. v. a.) gibt, ist es unmoglich, eine allgemein gultige, einheitliche Besetzung aufzufuhren.

Grundsatzlich unterteilt man die Instrumente, welche in der Blasmusik vorkommen, in:

Teilweise erfolgt dann noch eine verfeinerte Einteilung (siehe auch Registerfuhrer ) in:

  • hohes Blech (z. B. Trompete, Kornett)
  • tiefes Blech (z. B. Tuba, Posaune, Tenorhorn)

Somit ergeben sich die verschiedenen Register , welche oft Instrumente der gleichen Stimmlage (Stichwort: Sopran , Alt, Tenor , Bass) zusammenfassen.

Je nach Art der Zusammensetzung bzw. Musikrichtung konnen nun alle Stimmlagen und Instrumententypen (Register) vorhanden sein oder auch nicht. Dadurch lasst sich das typische Klangbild der verschiedenen Blasmusikrichtungen erreichen. So ergibt sich bei einer Brass Band , die uber keine Holzblaser verfugt, ein anderes Klangbild als zum Beispiel bei einem Spielmannszug , der nur uber Holzblaser (Querfloten mit der Stimmlage Sopran) und Trommeln (Schlagwerk) verfugt, oder einer Big Band , die auf Instrumente wie Tuba, Horn oder Querflote verzichtet.

Die umfassendste Besetzung hat das sogenannte Sinfonische Blasorchester . Hier sind Blech- und Holzblaser gleichermaßen vertreten und konnen so ein ahnliches Klangbild und somit auch ein mogliches Musikrepertoire wie ein klassisches Sinfonieorchester (welches aus Streichern und Blasern besteht) erreichen. Diese Art der Besetzung wird auch Harmoniebesetzung genannt.

Komponisten fur Blasmusik

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Literatur (Notenmaterial)

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Die Literatur, d. h. das Notenmaterial, fur Blasorchester kann in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:

Original-Kompositionen

Hierbei handelt es sich um Werke, die speziell fur den Klangkorper Blasorchester komponiert wurden.

Transkriptionen

Unter Transkriptionen versteht man Werke fur Blasorchester, die ursprunglich fur eine andere Instrumentation komponiert wurden, beispielsweise fur Symphonieorchester. Jede Transkription erfordert eine Anpassung des Notenbildes an den klanglichen Charakter und die technischen Moglichkeiten der Zielinstrumente. Spielweisen, die sich fur die Zielinstrumente nicht eignen, werden vereinfacht, beispielsweise weil eine Violinstimme von Klarinetten wiedergegeben wird. Werke, deren Tonart der Grundstimmung der Blasinstrumente sehr fern liegt, werden haufig in eine B♭-Tonart transponiert , da diese Tonarten auf Blasinstrumenten einfacher intoniert werden konnen. Mit dem vermehrten Aufkommen sinfonischer Blasorchester seit etwa 1985 erscheinen zunehmend auch sehr werkgetreue Transkriptionen.

Arrangements

Meist als Zusammenstellung ( Medley , Potpourri ) bekannter Melodien (oft auch Filmmusik oder klassische Werke) bilden Arrangements einen wesentlichen Bestandteil des heutigen Blasmusikrepertoires.

Volkstumliche Kompositionen

Als volkstumlich werden originale Blasmusikkompositionen der Volksmusik bezeichnet. Aber auch Stucke kleinerer Ensembles (Egerlander, Oberkrainer usw.) werden fur Blasorchester bearbeitet.

Die Besetzung und der Leistungsstand (Stufeneinteilung) werden ebenfalls berucksichtigt. Sehr oft werden gerade im Bereich Unterstufe und Mittelstufe die Musikstucke mit optionalen Stimmen geliefert, so dass sie bereits mit kleinster Besetzung spielbar sind. Ab Oberstufe allerdings, besonders bei sinfonischer Blasmusik, werden auch ?Exoten“ wie Bassklarinette , Englischhorn oder Fagott , aber auch Kontrabassklarinette , Fagott oder Bass-Saxophon zu einem wesentlichen Bestandteil des komponierten Gesamtklanges. Fur Kinder- und Jugendorchester, bei denen die Besetzung oft luckenhaft ist, gibt es ebenfalls gute Literatur. Hier werden Stucke vier- bis achtstimmig und mit Rhythmus-Stimme gesetzt. Bei diesen sogenannten Parts kann jede einzelne Stimme von jedem Instrument passender Stimmlage gespielt werden. So kann jeder Jungmusiker einen Part spielen, der seinem Leistungsstand entspricht.

  • Fred Armbruester u. a.: Zur Kultur der Sinfonischen Blasmusik ? Standortbestimmung und Ziele . In: M-Musik zum Lesen , Heft 2. Kirchheim/Teck 2001.
  • Werner Bodendorff: Historie der geblasenen Musik . Buchloe 2002.
  • Bernhard Habla: Besetzung und Instrumentation des Blasorchesters seit der Erfindung der Ventile fur Blechblasinstrumente bis zum Zweiten Weltkrieg in Osterreich und Deutschland . 2 Bande. Tutzing 1990.
  • Achim Hofer : Blasmusikforschung. Eine kritische Einfuhrung . Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1992.
  • Georg Ried: Blasmusik im Uberblick ? Info ? Daten ? Wissen . Buchloe 1998.
  • Willy Schneider, Hans-Walter Berg: Handbuch der Blasmusik ? erweiterte Neufassung. Mainz 1986.
  • Wolfgang Suppan (Hrsg.): Blasmusikforschung seit 1966 ? Eine Bibliographie . Tutzing 2003.
  • Wolfgang und Armin Suppan: Das neue Lexikon des Blasmusikwesens . 4. Auflage Freiburg-Tiengen 1994.
  • Gottfried Veit: Die Blasmusik ? Studie uber die geschichtliche Entwicklung der geblasenen Musik . Innsbruck 1984.
  • Elmar Walter : Blas- und Blasermusik. Musik zwischen Volksmusik, volkstumlicher Musik, Militarmusik und Kunstmusik . Tutzing 2011.
Wiktionary: Blasmusik  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Wiktionary: Blaskapelle  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Georg Karstadt:  Blasmusik. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Erste Ausgabe, Band 1 (Aachen ? Blumner). Barenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1949, DNB 550439609 , Sp. 1906?1918, hier Sp. 1906
  2. Wolfgang und Armin Suppan: Das neue Lexikon des Blasmusikwesens , Blasmusikverlag Schulz, Freiburg/Breisgau 1994, ISBN 3-923058-07-1 .
  3. Blasmusik . In: Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.): Meyers Taschenlexikon Musik . Band   1 . Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zurich 1984, ISBN 978-3-411-01996-0 , S.   121 .
  4. Wie wir klingen. In: epid.de. Evangelischer Posaunendienst in Deutschland , abgerufen am 6. Marz 2020 .
  5. siehe auch: Flote, Abschnitt Herkunft
  6. Blasmusik-Wertungsspiele (Musiktreff.info). Abgerufen am 4. Januar 2017 .
  7. Konzertwertung. Osterreichischer Blasmusikverband, archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 30. August 2018 ; abgerufen am 30. August 2018 (Die Wertungsspielordnung ist dort als PDF zu finden).   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.blasmusik.at
  8. Blasmusikjugend - Wettbewerbe. Osterreichischer Blasmusikverband, abgerufen am 30. August 2018 .