Billy Sanders
(*
16. Mai
1934
als
Brian Sanderson
in
Ashington
; †
29. Marz
2001
in
Blyth
) war ein britischer
Rock ’n’ Roll-
und
Schlagersanger
, der zwischen 1958 und 1967 in Deutschland aktiv war.
Brian Sanderson, so sein burgerlicher Name, wuchs mit sechs Geschwistern in seiner Geburtsstadt Ashington auf. Nach der Schulzeit arbeitete er als Bergmann in einer Kohlenmine. Von 1952 bis 1957 war er Mitglied der
Coldstream Guards
, einem Gardegrenadierregiment der
britischen Armee
. In dieser Zeit verbrachte Sanders mehrere Monate in
Agypten
und, nach seiner ersten Heirat und der Geburt von zwei Sohnen, in
Krefeld
. Sanders erlernte die deutsche Sprache und trat vor seinen Kameraden gelegentlich als Sanger aktueller Hits auf. Anschließend lebte er wieder als Minenarbeiter in Ashington. Dort gewann er 1957 einen Talentwettbewerb, dem ein Engagement im
Londoner
Panama Club
folgte. Zwei Choreographinnen vermittelten dem Sanger, der fortan unter dem Namen
Billy Sanders
auftrat, einen Vertrag beim renommierten
Dusseldorfer
Tanzpalast
Tabaris
. Er sang dort ab 1958 bekannte
Swing-
,
Blues-
und Rock-’n’-Roll-Nummern.
Der Pianist
Paul Kuhn
, der im
Tabaris
gastierte und zu diesem Zeitpunkt erste Erfahrungen als
Musikproduzent
sammelte, wurde auf Sanders aufmerksam. Noch Anfang des gleichen Jahres unterschrieb der britische Sanger seinen ersten
Plattenvertrag
bei der
Electrola
, die mit ihm insgesamt sieben
Singles
aufnahm. Diese enthalten vor allem deutschsprachige
Coverversionen
amerikanischer Hits von
Frankie Avalon
,
Johnny Carroll
,
The Coasters
,
Jackie Lee Cochran
,
Lonnie Donegan
,
Billy Fury
und
Wanda Jackson
. Mit dem Repertoire unternahm die Electrola den Versuch, neben
Peter Kraus
einen weiteren deutschen Rock-’n’-Roll-Sanger zu etablieren. Kritiker bescheinigten den zumeist vom
Paul Kuhn Ensemble
begleiteten Aufnahmen, die in Kreisen von
Halbstarken
eine gewisse Bekanntheit erlangten, eine uberdurchschnittliche Qualitat. Die Single
Ich bin kein schoner Mann / Jackety Jack
wurde sogar in den
USA
veroffentlicht
[1]
(
Atlantic Records
2023). Trotz dieses Achtungserfolgs konnte der entfernt an
Buddy Holly
erinnernde Sanger keinen großen Verkaufserfolg landen. 1960 lief der Vertrag bei der Electrola aus.
Im gleichen Jahr war Sanders in zwei Kinofilmen zu sehen. In dem Musikfilm
Schlagerparade 1960
(mit
Renate Ewert
und
Thomas Alder
; Regie:
Franz Marischka
) trat er mit dem Titel
Shuffle Beat Baby
auf, im Schwank
Das Dorf ohne Moral
(mit
Paul Lowinger
und
Loni Heuser
; Regie:
Rudolf Zehetgruber
) sang er den
Bambi-Rock
. 1961 folgte sein Filmauftritt in
Gestandnis einer Sechzehnjahrigen
(mit
Barbara Frey
und
Ivan Desny
; Regie:
Georg Tressler
) mit der Nummer
My Little Girl
. Alle drei Titel erschienen nicht auf
Schallplatte
. Das Stuck
Fraulein Schmidt
, das in dem Film
Schwarzer Kies
(mit Helmut Wildt und
Ingmar Zeisberg
; Regie:
Helmut Kautner
) zu horen ist, wurde 1961 auf einer
Telefunken
-Single (B-Seite:
Rocky-Rocky-Baby
) veroffentlicht.
In der zweiten Halfte des gleichen Jahres wechselte Sanders zum Plattenlabel
Ariola
. Dort orientierte man sich bei der Musikauswahl fur Sanders vor allem am Stil des bei der Konkurrenz engagierten
Bill Ramsey
. Neben
Modetanzen
wie
Twist
und
Hully Gully
zahlten nunmehr auch Stimmungsschlager zu Sanders’ Programm. Der von
Christian Bruhn
komponierte
Gartenzwerg-Marsch
entwickelte sich zu einem großen Verkaufserfolg. Der Titel wurde unter anderem von den
Jacob Sisters
gecovert und gehort bis heute zum Standardrepertoire von Musikkapellen auf
Volksfesten
. Auch die nachste Single, auf der sich ein Schlager uber den popularen Fußballspieler
Uwe Seeler
befindet, wurde in den Hitlisten notiert. Daneben gastierte Sanders, der ab 1963 mit seiner zweiten Ehefrau in
Zurich
lebte, in mehreren Fernsehsendungen, darunter
Musik aus Studio B
(1962) mit
Chris Howland
und
Musikauktion
(1964) von Regisseur
Truck Branss
.
Das Aufkommen der
Beatmusik
beendete 1964 die Plattenkarriere von Billy Sanders. Im selben Jahr trat der Sanger erstmals in
Ost-Berlin
in der
DDR
auf. Es folgten Konzerte in
Gera
,
Jena
,
Suhl
und in der
Tschechoslowakei
, wo er unter anderem mit Liedern von
Tom Jones
ein gefragter Entertainer war. Nach Alkoholproblemen und der Trennung von seiner zweiten Frau, kehrte Sanders 1967 nach Blyth in England zuruck, wo er ein drittes Mal heiratete und Arbeit in einer Aluminiumgießerei fand. 1970 wurde Sanders abermals Vater eines Sohns und zwei Jahre spater seiner ersten Tochter. 1981 und 1983 kamen zwei weitere Kinder hinzu.
2001 verstarb Sanders, der nach einem Arbeitsunfall 1982 von Gelegenheitsjobs und einer kleinen Rente lebte, in einem Krankenhaus in Blyth an
Knochenkrebs
.
Chartplatzierungen
Erklarung der Daten
|
Singles
[2]
|
Gartenzwerg-Marsch
|
| DE
| 12
| 01.11.1962
| (28 Wo.)
| |
Gib den Ball zu Uwe Seeler
|
| DE
| 33
| 01.06.1963
| (4 Wo.)
| |
|
- Di-Di-Dinah
(De-De-Dinah)
/ Ja, so ’ne Party
(Party)
(1958;
Electrola
)
- Jackety Jack
(Yakety Yak)
/ Ich bin kein schoner Mann
(1958; Electrola)
- Du hast soviel Sex-Appeal / Laß sein
(Buy a Car)
(1959; Electrola)
- Doch Du laßt mich nie allein
(Bandstand Doll)
/ In Brooklyn ist was los
(1959; Electrola)
- Daisy, Du mußt schlafen geh’n / Italien-Fieber
(1959; Electrola)
- Muß es denn immer so sein / Mein Dixieland
(mit
Margret Furer
)
(1960; Electrola)
- That’s Love / Weit ist der Weg nach Rio
(Nobody Understands Me)
(1960; Electrola)
- Fraulein Schmidt
(aus dem UFA-Film ≫Schwarzer Kies≪)
/ Rocky-Rocky-Baby
(1961;
Telefunken
)
- Michaela
(Michael, Row the Boat)
/ Enzian und Tiroler Wein
(1961;
Ariola
)
- Hallo Mister Twist / Nur zu Hause ist es schon
(That’s My Home)
(1961; Ariola)
- Gartenzwerg-Marsch
(Adelheid, Adelheid…)
/ He, du da!
(Bist du Frau Luna?)
(1962; Ariola)
- Gib den Ball zu Uwe Seeler / Du hast meine Braut gestohlen
(1963; Ariola)
- Der Kasten muß raus / Die Diamanten-Lilli
(1963; Ariola)
- The Pi-Pa-Po-Party
(Ay-Ay-Ay)
/ No, wir gehn noch nicht nach Haus
(1964; Ariola)
- Baby Elsie Molly
(Lazy Elsie Molly)
/ Der Indianer kennt keinen Schmerz
(1964; Ariola)
- Let’s do the Jerk / Swim Baby, Swim
(1964; Ariola)
- Ja so ’ne Party
(1979;
Bear Family Records
)
- Ich bin kein schoner Mann
(2001; Bear Family Records)
- ↑
Bernd Matheja: 1000 Nadelstiche: Amerikaner & Briten singen deutsch, 1955?1975; Biographien, Discographien, Cover & Fotos; Bear-Family, 2000;
ISBN 3-89795-715-9
; insbesondere S. 216, 219
- ↑
Chartplatzierungen von Billy Sanders.
Chartsurfer,
abgerufen am 23. September 2023
.