Das
Bessemer-Verfahren
ist ein heute nicht mehr angewendetes Verfahren zur
Stahlerzeugung
. Es ist nach seinem Entwickler
Henry Bessemer
benannt, der es in England entwickelte und im Jahre 1856 patentierte.
[1]
In der sogenannten
Bessemerbirne
, einem zylinderformigen feuerfesten Gefaß, wird
Luft
durch das im
Hochofen
geschmolzene und sehr
kohlenstoffreiche
Roheisen geblasen. Der Kohlenstoff und andere Elemente verbrennen zu
Kohlenstoffmonoxid
,
Kohlenstoffdioxid
und anderen Oxiden. Dadurch steigt die Temperatur der Schmelze weit uber die
Schmelztemperatur
des Roheisens von 1.150 °C mindestens auf die des Stahls, die bis zu etwa 1.550 °C betragen kann. Wenn der Kohlenstoffgehalt im Eisen unter einen bestimmten Wert gesunken ist, ist aus dem Roheisen Stahl entstanden. Wann die Zusammensetzung der gewunschten entspricht, erkennt der Fachmann an der
Flammenfarbung
am Austritt der Bessemerbirne.
Die Bessemerbirne ist ein sogenannter bodenblasender Konverter. Damit die Bessemermethode im sauren Prozess funktioniert, muss das Roheisen
phosphor
- und
schwefelarm
sein. Roheisen mit dieser Verunreinigung wurde in der
Thomasbirne
zu Stahl verarbeitet.
Bei dem Bessemerprozess benutzt man einen Ofen mit beweglicher Birne (Konverter, Retorte). Diese Bessemerbirne, mit Hals, besteht aus
Eisenblech
und ist mit feuerfesten Ziegeln ausgekleidet. Diese Ziegel werden fur den
sauren Prozess
aus
Quarzit
, Tonstein und geringen Mengen feuerfesten Tons hergestellt und gebrannt. Fur den
basischen Prozess
bereitet man Steine aus gebranntem und gemahlenem
Dolomit
mit entwassertem
Teer
, indem man die Masse in hydraulischen Pressen einem starken Druck aussetzt. Bisweilen werden die Steine auch in eisernen Formen gestampft und dann gegluht.
Das Bodenstuck ist entweder an dem Hauptkorper fest angenietet, oder kann davon abgenommen werden, um voll feuerfesten Materials gestampft zu werden, in dem man konische Offnungen zur Aufnahme von sieben Tonformen lasst, deren jede wieder 7?13 zylindrische Kanale (Dusen) von 9?12 mm Durchmesser zur Windzufuhrung hat. Mittels eines hydraulischen Kolbens wird ein auf Rollen laufender Windkasten unter dem Boden der Birne angedruckt. Die Birne ist in Zapfen aufgehangt, die auf einem Gestell ruhen. Die Geblaseluft stromt aus der Windleitungsrohre in einen Raum zwischen dem Zapfen und der auf dem Stander ruhenden Hulse und begibt sich durch ein Rohr in den Windkasten, aus dem der Wind durch die Dusen in die Birne gelangt.
Die Regulierung des Windes erfolgt durch einen Arbeiter mittels eines Ventils an der Windleitungsrohre, oder der Windzutritt reguliert sich beim Kippen des Apparats von selbst mittels eines exzentrischen Ringes auf dem Zapfen, der beim Drehen einen Hebelarm hebt und senkt und damit auch ein uber der Rohrenmundung befindliches, durch ein Gewicht niedergehaltenes Ventil. Die Bewegung der Birne geschieht durch eine Kippvorrichtung mittels eines Zahnrades, in das eine von dem Kolben einer hydraulischen Presse bewegte Zahnstange eingreift.
Bei großen Birnen wendet man zu diesem Betrieb auch Dampfkraft an und bei kleinen Birnen kommen Handkurbeln zum Einsatz. Kleinere Birnen fassen bis 1000, großere bis zu 8.000 kg; eine solche zum Beispiel von 5.000?6.000 kg Inhalt hat im mittleren Teil 1,5?2 m Durchmesser und 0,8?1 m Hohe.
Man lasst das Roheisen direkt aus einem Hochofen oder aus einem
Kupolofen
in einer Rinne durch den Hals der Birne
A’
einfließen ? siehe die Abbildung rechts ? und kippt diese dann bei gleichzeitiger automatischer Anlassung des Windes auf. Der Hals
B’
der Birne
A’
befindet sich dann unter einem mit der
Esse
L’
in Verbindung stehenden Schirm
K’
.
Nach vollendeter Entkohlung lasst man in einem Kupol- oder
Flammofen
M
eingeschmolzenes Spiegeleisen durch den Hals einlaufen oder setzt gluhendes Ferromangan oder Siliziumeisen zu, richtet die Birne nochmals auf, blast, wenn erforderlich, noch 2?3 Sekunden und lasst dann bei abgestelltem Wind 5?10 Minuten ruhig stehen, damit absorbierte, blasige Gusse erzeugende Gase entweichen konnen.
Hierauf wird die Birne
A
geneigt und ihr Inhalt in die
Gießpfanne
N
entleert, die sich am Ende des Balanciers
O
eines hydraulischen Kolbens
P
befindet, der gehoben und gesenkt werden kann.
Q
ist ein Gegengewicht am anderen Ende des Balanciers, das je nach dem Inhalt der Gießpfanne
N
verschoben wird. Zur Fullung der im Halbkreis um den Kran stehenden eisernen Formen wird ein Stopfen
h
aus einer Offnung im Boden der Pfanne gezogen und diese mittels Bewegung des Balanciers im Halbkreis uber die Formen gefuhrt, indem der Arbeiter durch eine Einruckvorrichtung bei
i
das Getriebe
k
in das Zahnrad
l
eingreifen lasst.
Das Kippen der Gießpfanne
N
zwecks ihrer Reinigung geschieht mittels der Stange
m
durch Drehung bei
n’
;
o
Blechwand zum Schutz des die Kurbelscheiben
i
und
n’
drehenden Arbeiters;
p
p’
Lager fur die Presszylinder der hydraulischen Maschine, die zur Bewegung der Kippvorrichtung dient.
Die Bessemerbirne konnte zur Zeit ihrer Entstehung andere Verfahren wie etwa das
Uchatius-Verfahren
verdrangen. Heute wird die Bessemerbirne nicht mehr verwendet. Sie ermoglichte jedoch Mitte des 19. Jh. die Stahlmassenproduktion, die Voraussetzung fur große Stahlkonstruktionen war.
[2]
Das
Verfahren
wurde im
basischen Prozess
noch im 19. Jahrhundert durch das
Thomas-Verfahren
optimiert und spater durch den reinen Sauerstoff aufblasenden Konverter im
LD-Verfahren
ersetzt. Daneben gibt es weitere Methoden zur Stahlgewinnung: in
Lichtbogenofen
und in
Siemens-Martin-Ofen
.
- Ueber Bessemer’s Fabrikation von schmiedebarem Eisen und Stahl ohne Brennmaterial
. In:
Zeitschrift fur Bauwesen
.
Nr.
3
, 1857,
Sp.
240?244
(
zlb.de
– Auszugsweise Ubersetzung aus
The Civil Engineer
, September 1856).
- Verein fur Eisenbahnkunde zu Berlin. Protocoll vom 13. Januar 1857
. In:
Zeitschrift fur Bauwesen
.
Nr.
10
, 1857,
Sp.
603?608
(
zlb.de
– Verhandelt Berlin, den 10. Februar 1857).
- ↑
Patent
US16082A
:
Improvement in the Manufacture of Iron and Steel.
Veroffentlicht am
11. November 1856
, Erfinder: Henry Bessemer.
- ↑
Englischer Edelmann revolutionierte die Stahlherstellung ? Ausstellung zeigt zum Jubilaum ?Schatze der Arbeit“.
Landschaftsverband Westfalen-Lippe
, 20. Juli 2004,
abgerufen am 15. Marz 2023
.