Berufung (Amt)

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Berufung bezeichnet in Deutschland die Ernennung in ein Dienstverhaltnis .

Dienstrecht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Beamte , Soldaten ( Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit ) und Richter werden in ein Beamten-, Wehrdienst- bzw. Richterverhaltnis berufen. Sie erfolgt nach den Grundsatzen der Eignung , Befahigung und fachlichen Leistung und ist nur zur Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Aufgaben zulassig. Grundsatzlich muss der zu Berufende die deutsche Staatsangehorigkeit besitzen und die Gewahr bieten, jederzeit fur die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Je nach zu ubertragendem Amt bzw. Dienstgrad oder Laufbahn werden bestimmte Vor- und Ausbildungen vorausgesetzt. [1] [2] [3]

Professur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Berufung zur Ubernahme einer planmaßigen Professur ( W-Besoldung ) an einer deutschen Hochschule als Angebot an eine qualifizierte Lehrkraft wird auch Ruf genannt.

Berufungsvoraussetzungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Allgemeinen sind folgende Voraussetzungen fur die Zulassung zu einem Berufungsverfahren zwingend einzuhalten, wobei die einzelnen Regularien (Grundordnung o. a.) der Hochschulen detaillierte Informationen liefern (am Beispiel Nordrhein-Westfalens [4] ):

  • Abgeschlossenes Hochschulstudium .
  • Padagogische Eignung, die in der Regel durch Erfahrung in der Lehre und Ausbildung nachgewiesen wird.
  • Besondere Befahigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die in der Regel durch die Qualitat einer Promotion nachgewiesen wird.
  • Fur Universitatsprofessoren der Besoldungsgruppe W2/3 zusatzliche wissenschaftliche Leistungen, die im Rahmen einer Juniorprofessur , Habilitation oder auch weiterer wissenschaftlicher Tatigkeiten an Universitaten, außeruniversitaren Forschungseinrichtungen oder in der Wirtschaft erbracht werden.
  • Fur Professoren an Hochschulen (z. B. Fachhochschulen, Hochschulen fur angewandte Wissenschaften, Technische Hochschulen) besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse in einer mindestens funfjahrigen Berufspraxis, von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeubt werden mussen.
  • Fur Professoren mit (zahn-)arztlichen Aufgaben die Anerkennung als Facharzt .
  • In kunstlerischen Fachern kann die Bedingung wissenschaftlicher Befahigung durch eine besondere Befahigung zu kunstlerischer Arbeit ersetzt werden.
  • In Deutschland gilt zudem im Regelfall ein Hausberufungsverbot .

Berufungsverfahren [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Vorschlagsrecht geht auf Art. 5 Abs. 3 GG zuruck, das die Freiheit von Forschung und Lehre gewahrt . Eine Berufung ist ausnahmsweise auch aufgrund eines ?Sondervotums“ moglich, das im Gegensatz zum Senatsvorschlag steht (dies geschieht nur dann, wenn sich die Kommission nicht auf eine Liste einigen konnte). In katholisch-theologischen Fachbereichen ist wegen der Ausbildung der Geistlichen auf Basis der Konkordate die Zustimmung des Ortsbischofs notwendig (siehe auch Konkordatslehrstuhl ). Fur Professuren in evangelischer Theologie gibt es meist entsprechende Abkommen der Lander mit den Landeskirchen .

Die Fakultat , die einen vakanten Lehrstuhl oder eine andere planmaßige Professur zu besetzen hat, bedient sich in Deutschland (und in der Schweiz und in Osterreich) ublicherweise eines Berufungsverfahrens, um einen Professor auszusuchen. Ein solches Berufungsverfahren ist eine Art Bewerbung mit sehr engen rechtlichen Rahmenvorgaben. Fur Hochschulprofessoren richtet es sich in Deutschland nach dem Hochschulrahmengesetz (HRG), den Landeshochschulgesetzen und der Berufungsordnung der jeweiligen Hochschule. In Osterreich wird das Verfahren vom Universitatsgesetz 2002 (bzw. fruher UOG 1975, UOG 1993) grundlegend und durch die Berufungsordnung jeder einzelnen Universitat spezifisch geregelt. In vielen Landern wurden oder werden die Regelungen zu Berufungen reformiert. Das Grundprinzip ist aber stets das der Kooptation durch die bereits an der Hochschule tatigen Professorinnen und Professoren, die durch ein genau geregeltes Verfahren ihre kunftigen Kollegen auswahlen.

Den meisten Berufungsverfahren in Deutschland, Osterreich und der Schweiz sind die folgenden grundsatzlichen Schritte gemeinsam (mit je nach Land bzw. Institution teilweise sehr differenzierten Spezifizierungen):

  1. Ausschreibung mit Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil
  2. Erstauswahl von Bewerbern nach Formal- und Mindestkriterien und/oder Begutachtung der Schriften ausgewahlter Bewerber durch die wissenschaftlichen Mitglieder der Berufungskommission.
  3. Probevortrage ( Vorsingen ) der verbliebenen Bewerber und Befragung durch die Kommission; immer ofter werden zusatzlich auch Lehrproben eingefordert.
  4. Einholung von mindestens zwei auswartigen Gutachten , in Deutschland meist uber die drei Bewerber, die nach dem Vorsingen als besonders geeignet erscheinen, in Osterreich hingegen schon vor den Probevortragen. [5] Oft gibt es zwei externe Gutachten, die die Qualifikation der einzelnen Bewerber bewerten, sowie ein drittes, das sie hinsichtlich ihrer Eignung fur die zu besetzende Professur vergleichend betrachtet.
  5. Erstellung einer Berufungsliste (?listenfahige“ Bewerber, in der Regel 3 Personen) durch die Berufungskommission auf Basis der bereitgestellten Schriften, der externen Gutachten und der Probevortrage. Die gelisteten Personen gelten alle als geeignet fur die Professur (?professorabel“), es wird aber eine Reihenfolge festgelegt.
  6. Hochschulinterne Beschlussfassung (Fakultatsrat/Fachbereichsrat und Rektor/Prasident und/oder Hochschulsenat und/oder Hochschulrat / Verwaltungsrat )
  7. In einigen deutschen Bundeslandern erfolgt die endgultige Entscheidung durch das fur die Wissenschaft zustandige Landesministerium. Im Zuge von Reformen im Sinne einer umfassenden Ubertragung von Verantwortlichkeiten auf die Hochschulen (Hochschulautonomie) wird aber zunehmend auf das Erfordernis der ministeriellen Zustimmung verzichtet. Bei theologischen Professuren kann die Zustimmung der zustandigen kirchlichen Organe erforderlich sein. Die den Ruf erteilende Instanz folgt in der Regel der vorgeschlagenen Reihenfolge der Berufungsliste, ist formal aber nicht an diese gebunden.
  8. Nach Erteilung des Rufes kommt es zu Berufungsverhandlungen zwischen dem Bewerber und der Hochschule. Lehnt der oder die Erstplatzierte ( primo loco ) das Angebot ab, so ergeht der Ruf an den Zweitplatzierten ( secundo loco ). Lehnen alle drei gelisteten Personen den Ruf ab, ist das Verfahren gescheitert, und die Stelle muss erneut ausgeschrieben werden.

In bestimmten Ausnahmefallen, zum Beispiel im Rahmen von Stiftungs- oder Heisenberg- Professuren, kann mit Zustimmung der entsprechenden Gremien und der Hochschulleitung auf eine offene Ausschreibung und auf die Erstellung einer Berufungsliste verzichtet werden; auch in diesen Fallen pruft eine Berufungskommission allerdings die fachliche Eignung des Bewerbers bzw. der Bewerberin unter Heranziehung externer Gutachten.

Ein Berufungsverfahren dauert in Deutschland im Schnitt ein bis zwei Jahre, mindestens aber mehrere Monate. Es ersetzt etwaige beamtenrechtliche Laufbahnprufungen .

Ausschreibung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Stellen fur Professuren mussen in der Regel ausgeschrieben werden, d. h., es besteht eine offentliche Ausschreibungsverpflichtung, um die von der Verfassung geforderte Bestenauslese zu ermoglichen. Ausnahmen hiervon sind nur in bestimmten Sonderfallen moglich, vor allem im Zusammenhang mit einer Drittmittelfinanzierung , und bedurfen der Zustimmung durch die Hochschulgremien.

Berufungskommission [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Zusammensetzung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die meisten Berufungskommissionen haben etwa 12 bis 14 Mitglieder. Die Kommission besteht in der Regel aus Vertretern der Hochschullehrer , der Wissenschaftlichen Mitarbeiter (Hochschulassistenten) und der Studierenden bzw. Fachschaft. Stets sind Berufungskommissionen dabei aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes so zusammengesetzt, dass die Mitglieder der ersten Gruppe von den anderen Mitgliedern nicht uberstimmt werden konnen ( Professorenmehrheit ). Studierende haben in einigen Landern nur beratende Stimme.

Zusatzlich werden oft ein bis zwei Professoren fremder Hochschulen als externe Mitglieder in die Berufungskommission einbezogen; dies ist meist nicht verpflichtend vorgeschrieben, es sei denn, es geht um die einzige Professur fur dieses Fach an der betreffenden Hochschule: In diesem Fall muss durch externe Mitglieder sichergestellt werden, dass Vertreter des betroffenen Faches an der Kommission teilnehmen.

Auswahlverfahren [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Berufungskommissionen verwenden verschiedene Methoden, um die Gute der Forschungsergebnisse und die Lehrbefahigung der Kandidaten zu beurteilen: Zeitschriftenbewertungen (journal ranking) , externe Gutachten uber einzelne Kandidaten, vergleichende Gutachten zwischen zwei oder mehr Kandidaten, Probevorlesungen uber vorgegebene oder selbst ausgewahlte Themen und Ahnliches mehr. Die Berufungskommission erstellt schließlich eine Liste mit drei Kandidaten, die sogenannte Dreierliste . Diese als berufungsfahig eingestuften Kandidaten sind in einer Rangfolge unter Hinzufugung von externen Gutachten unabhangiger Professoren genannt und werden uber den Fachbereichsrat vom Senat rsp. Rektorat / Prasidium der Hochschule bestatigt. Fur die Reihenfolge der ausgewahlten Kandidaten auf der Liste sind die lateinischen Begriffe primo loco , secundo loco beziehungsweise tertio loco in Gebrauch. Eine entsprechende Auflistung von solchen Platzierungen ist nicht selten in Lebenslaufen von Hochschullehrern zu finden.

Zustandigkeit des Ministeriums bzw. der Hochschulleitung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Regel wird der zustandige Landesminister den Erstgenannten aus der Dreierliste auswahlen und ihm die Professur anbieten. Der Minister ist aber nicht an die Liste gebunden und kann auch einen anderen geeigneten Kandidaten bevorzugen.

In vielen Landern, z. B. Brandenburg , Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen , ist die Berufungsberechtigung allerdings inzwischen auf die Hochschulen selbst ubergegangen, so dass statt des Landesministers die Hochschulleitung (das Rektorat bzw. das Prasidium) den Ruf ausspricht. Dies hat zu einer Verkurzung der durchschnittlichen Verfahrensdauer gefuhrt.

Berufungsverhandlungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In den Berufungsverhandlungen legen Vertreter der Hochschule gemeinsam mit dem Kandidaten die Bedingungen fur die Einstellung fest. Sie betreffen außer beamten- und besoldungsrechtlichen Fragen die Pflichten und die materielle und personelle Ausstattung der Professur. Gerade wenn der Berufene bereits eine Professur an einer anderen Universitat innehat und daher mit zwei Hochschulen gleichzeitig verhandeln kann (seine bisherige Universitat wird in der Regel Bleibeverhandlungen mit ihm fuhren), konnen diese Verhandlungen sich uber Monate hinziehen. Scheitern die Verhandlungen bzw. wird der Ruf vom Bewerber abgelehnt, ergeht der Ruf normalerweise an den Nachstplatzierten auf der Liste.

Berufung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mit der Berufung auf eine W2 oder W3-Professur ist in Deutschland in der Regel eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit verbunden. Bei einer Erstberufung erfolgt in manchen deutschen Bundeslandern oftmals zunachst eine Ernennung auf Zeit. Es ist aber auch eine Professur im Angestelltenverhaltnis moglich, falls beispielsweise Voraussetzungen fur eine Verbeamtung nicht erfullt werden. In Osterreich sind seit 2002 nur noch Berufungen auf eine Professur im Angestelltenverhaltnis moglich (siehe Universitatsgesetz 2002 ). [5]

Die Berufung eines Professors aus der eigenen Hochschule wird als Hausberufung bezeichnet. Im Unterschied zu Osterreich [6] sind in Deutschland Hausberufungen sehr unublich und zudem nur unter besonderen Umstanden zulassig (siehe Hausberufungsverbot ). Bei einer ausnahmsweise vorgenommenen Hausberufung soll der Kandidat sich in der Eignung sehr erheblich von den restlichen Mitbewerbern abheben; dies muss auch formal begrundbar sein. In anderen Landern, vornehmlich solchen, in denen das Universitatssystem nicht so gut ausgebaut ist, sind Hausberufungen dagegen haufiger. International konnen Professoren zudem oft von einer niedrigeren Professorenstelle auf eine hohere befordert werden (in den USA beispielsweise von Assistant Professor zum Associate Professor und weiter zum Full Professor).

Anfechtung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die rechtliche Beschwerdemoglichkeit gegen ein Berufungsverfahren durch einen unterlegenen Mitbewerber fur die Professorenstelle ist die Konkurrentenklage . Sie dient nicht nur dem Individualrechtsschutz, sondern auch der Sicherstellung qualitativ hochwertiger Berufungen. [7] Hat hierbei einer der unterlegenen Mitbewerber Widerspruch eingelegt bzw. Vorlaufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Ernennung des von der Hochschule endgultig ausgewahlten Bewerbers begehrt, bedeutet dies, dass die ausgeschriebene Stelle bis zur endgultigen gerichtlichen Klarung nicht besetzt werden kann. Kommt das Gericht im Rahmen der Konkurrentenklage zu dem Ergebnis, dass das Berufungsverfahren fehlerhaft ist, muss es wiederholt werden. Welche Elemente des Verfahrens wiederholt werden mussen, hangt hierbei von der Erheblichkeit der festgestellten Fehler ab.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Bundesbeamtengesetz
  2. Soldatengesetz
  3. Deutsches Richtergesetz
  4. NRW HG §36
  5. a b Christine Farber und Ute Riedler: Black Box Berufung: Strategien auf dem Weg zur Professur . Campus Verlag, 2. Auflage, Frankfurt/New York, 2016, ISBN 978-3-593-50641-8 , S. 75 ff.
  6. Austria Presse Agentur (APA): Neue Professoren kommen ofter aus dem Ausland als aus Osterreich. In: Der Standard. 9. Juli 2015, abgerufen am 6. Mai 2019 .
  7. Hubert Detmer, Berufungen unter gerichtlicher Kontrolle. Die Rechtsprechung im Jahre 2015 Forschung & Lehre , Marz 2016, abgerufen am 5. Marz 2021