Dieser Artikel oder Absatz stellt die
Situation in Deutschland
dar. Bitte hilf uns dabei, die Situation in anderen Staaten zu schildern.
Mit dem Begriff
Standesrecht
(nicht zu verwechseln mit
Standrecht
) wird das
Recht
eines
Berufsstandes
bezeichnet, dem von Seiten des
Staates
seine
Selbstverwaltung
in eigener Verantwortung ubertragen wurde. Dies betraf in erster Linie das
Berufsrecht
der freien Berufe, klassischerweise der
Arzte
,
Rechtsanwalte
,
Steuerberater
und
Wirtschaftsprufer
. Es ist ? teils bis heute ? nur rudimentar gesetzlich geregelt und basiert oft und in weiten Teilen auf uberkommenem
Gewohnheitsrecht
(siehe
Standesregeln
). Das
Standesrecht
wird durch die fur die jeweilige Standesorganisation eingerichteten
Ehrengerichte
uberwacht. Sie gelten im Wesentlichen fur alle Berufe, die in berufsstandischen
Korperschaften des offentlichen Rechts
(
Kammern
wie
Industrie- und Handelskammer
,
Handwerkskammer
,
Landwirtschaftskammer
,
Arztekammer
,
Apothekerkammer
,
Psychotherapeutenkammer
,
Tierarztekammer
,
Zahnarztekammer
,
Notarkammer
,
Rechtsanwaltskammer
,
Patentanwaltskammer
,
Steuerberaterkammer
,
Architektenkammer
,
Ingenieurkammer
und die bisher eingerichteten
Pflegekammern
) organisiert sind. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich um die durch einen staatlichen Hoheitsakt ubertragene Selbstverwaltung.
Arzte,
[1]
[2]
Zahnarzte,
[3]
Tierarzte,
[4]
Psychotherapeuten,
[5]
Apotheker
[6]
und Angehorige von Pflegefachberufen unterliegen
Berufsordnungen
, die von den jeweiligen Kammervollversammlungen mit Zustimmung der zustandigen Aufsichtsbehorde ? den Gesundheitsministerien der Lander ? verabschiedet werden. Sie unterliegen ggf. auch den
Berufsgerichten
, die meist beim
Oberlandesgericht
angesiedelt sind.
Die Berufsordnungen der Heilberufsangehorigen regeln das Verhalten gegenuber Patienten, Kollegen, Mitarbeitern und anderen Partnern im Gesundheitswesen. Mit der Festlegung von Berufsrechten und Berufspflichten dient die Berufsordnung dem Ziel,
- die Freiberuflichkeit zu gewahrleisten;
- das besondere Vertrauensverhaltnis zwischen Heilberufsangehorigen und Patient zu erhalten und zu fordern;
- die Qualitat der Tatigkeit im Interesse der Gesundheit der Bevolkerung sicherzustellen;
- das Ansehen des Berufes zu wahren;
- berufswurdiges Verhalten zu fordern und berufsunwurdiges Verhalten zu verhindern, um damit dem Gemeinwohl zu dienen.
Diese allgemein formulierten Ziele werden in den Berufsordnungen detailliert geregelt, beispielsweise zu den Themen
Arztliche Schweigepflicht
,
Datenschutz
,
Fortbildung
,
Dokumentationspflicht
,
Qualitatssicherung
, Praxisfuhrung,
Berufswidrige Werbung
,
Kollegialitat
.
Die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts
vom 14. Juli 1987
[7]
gab unter Hinweis auf die
Wesentlichkeitstheorie
die Beschleunigung einer Entwicklung zu ausgefeilterer staatlicher Kontrolle vor. Die
Berufsordnung fur Rechtsanwalte
wurde daraufhin (nach langer Wartezeit) mit Gesetz vom
11. Marz
1997
neu geregelt und im Ergebnis deutlich liberalisiert, so dass u. a. seitdem Werbung wie das Anpreisen von Tatigkeitsschwerpunkten erlaubt ist.
Im Gleichlaut entschied 2003 das Bundesverfassungsgericht, dass auch im arztlichen und zahnarztlichen Bereich das Werbeverbot in Berufsordnungen verfassungswidrig sei, mit Ausnahme ?marktschreierischer“ Werbung (BvR 1608/02).
[8]
Auch das Ausweisen von Tatigkeitsschwerpunkten sei zulassig. Es durfe nur nicht mit falschen Tatsachenbehauptungen geworben werden.
- ↑
Berufsordnung fur die deutschen Arzte.
In:
Deutsches Arzteblatt.
Ausgabe B. Band 80, 1983, S. 75?79.
- ↑
(Muster-)Berufsordnung fur die in Deutschland tatigen Arztinnen und Arzte.
(PDF; 250 KB) ? MBO-A 1997 ? in der Fassung des Beschlusses des 124. Deutschen Arztetages vom 5. Mai 2021 in Berlin.
Abgerufen am 27. November 2023
.
- ↑
Muster-Berufsordnung der Bundeszahnarztekammer.
(PDF; 130 kB) 16. November 2019,
abgerufen am 27. November 2023
.
- ↑
Berufsordnung der Tierarzte Niedersachsens
- ↑
Muster-Berufsordnung der Psychotherapeut*innen.
14. Mai 2022,
abgerufen am 29. November 2023
.
(PDF; 73 kB)
- ↑
Berufsordnung der Apotheker in Westfalen-Lippe
(PDF; 28 kB)
- ↑
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Juli 1987 ? 1 BvR 537/81 ?,
BVerfGE 76, 171
=
NJW
1988, S. 191 ff.
- ↑
1 BvR 1608/02