Barry McDaniel

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Barry McDaniel, 1966

Barry McDaniel (* 18. Oktober 1930 in Lyndon , Kansas ; † 18. Juni 2018 in Berlin [1] ) war ein amerikanischer Opernsanger ( Bariton ), dessen Karriere fast ausschließlich in Deutschland stattfand. Neben seiner Buhnentatigkeit trat er auch als Konzert- und Liedsanger hervor.

Barry McDaniel wurde in eine sehr musikliebende Familie geboren, in der seine Begabung fruh erkannt und gefordert wurde. Schon als Kind erhielt er intensiven Unterricht in Gesang, Klavier und Schlagwerk und war als Knabensopran ein gefragter Solist in der Kirche und bei privaten Konzerten. Nach dem Stimmwechsel studierte er Gesang erst an der University of Kansas und dann bei dem angesehenen Bariton und Gesangspadagogen Mack Harrell , der ihn 1950 an die Juilliard School of Music in New York brachte. Nach Abschluss seines Studiums dort kam er mit einem Fulbright-Stipendium 1953 an das Stuttgarter Konservatorium , wo er seine Studien bei Hermann Reutter und Alfred Paulus fortsetzte und das umfangreiche deutsche Repertoire weiter ausbaute, das zum Fundament seiner spateren Karriere wurde. Es folgte ein erstes Engagement an der Oper Mainz , dann ? nach einer zweijahrigen Unterbrechung durch den Militardienst bei der US Army ? Engagements an der Staatsoper Stuttgart (1957 bis 1958) und ab 1959 am Staatstheater Karlsruhe . Dort wurde er im Herbst 1961 von Egon Seefehlner , dem stellvertretenden Intendanten und Talentscout der 1961 in ihrem neuen Haus wieder eroffneten Deutschen Oper Berlin , entdeckt und nach Berlin verpflichtet.

Grabstatte auf dem Evangelischen Kirchhof Nikolassee

Barry McDaniel blieb festes Mitglied des DOB-Ensembles von 1962 bis 1999 und arbeitete dort mit Regisseuren wie Gustav Rudolf Sellner , Gotz Friedrich , Gunther Rennert , Filippo Sanjust und Kollegen wie Dietrich Fischer-Dieskau , Elisabeth Grummer , Josef Greindl , Ernst Haefliger , James King , Lisa Otto , Catherine Gayer , Pilar Lorengar und Edith Mathis . Sein Buhnenrepertoire umfasste 98 Partien, von Gluck und Mozart uber das italienische Belcantofach und Richard Strauss bis zu zeitgenossischen Komponisten, von denen er mehrere Rollen erstmals auf der Buhne gestaltete.

Seine Bandbreite als Kirchenmusik- und Liedinterpret reichte wie bei der Oper vom Barock bis in die Gegenwart. Bei der Kirchenmusik standen Johann Sebastian Bach (Kantaten, Christus in der Matthauspassion ) und Georg Philipp Telemann im Mittelpunkt, beim Lied Franz Schubert mit seinen großen Liedzyklen, Robert Schumann , Gustav Mahler und Johannes Brahms . Eine weitere wichtige Rolle spielten franzosische Melodies z. B. von Claude Debussy , Maurice Ravel oder Francis Poulenc , und moderne Kompositionen z. B. von Aribert Reimann , Hermann Reutter, Anton Webern , Gunter Bialas , Luigi Dallapiccola , Carl Orff und Richard Rodney Bennett .

Zu seinen insgesamt uber 2100 Buhnen- und Konzertauftritten in Berlin kamen zahlreiche Gastspiele, zum Beispiel in Wien in den Jahren 1969 bis 1979, [2] Hamburg, Frankfurt, Munchen (11 Jahre lang war er regelmaßiger Gast bei den Munchner Opernfestspielen ), Genf, Amsterdam, Mexico und Japan. 1964 trat er bei den Bayreuther Festspielen in Wagners Tannhauser als Wolfram auf, 1971 bei den Schwetzinger Festspielen in Aribert Reimanns Melusine , 1972 an der New Yorker Metropolitan Opera als Pelleas. Insgesamt ist Barry McDaniel gut 3400 Mal live aufgetreten. Außerdem nahm er zwischen 1954 und 1984 mehrere hundert Lieder, geistliche Werke und Operntitel fur den Rundfunk auf und spielte in den 1960er und 1970er Jahren mehrfach Hauptrollen in Fernsehproduktionen von Opern und Operetten.

1970 wurde ihm vom Berliner Senat der Titel eines Berliner Kammersangers verliehen.

Ab Ende der 1980er Jahre begann Barry McDaniel schrittweise, seine Theater- und Konzerttatigkeit zu reduzieren, und zog sich 1999 nach einer Konzertreihe amerikanischer Songs endgultig aus dem aktiven Musikleben zuruck. Er lebte zusammen mit seinem Partner in Berlin, wo er im Juni 2018 im Alter von 87 Jahren starb. Seine letzte Ruhestatte fand er auf dem Evangelischen Kirchhof Nikolassee . Barry McDaniel hat drei Kinder aus seiner ersten Ehe.

Buhnenrollen (Auswahl)

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Stimme und Diskografie

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Die Stimme von Barry McDaniel war ein lyrischer Bariton mit einem Tonumfang von 2½ Oktaven, einer ausgefeilten Gesangs- und Atemtechnik (er war z. B. in der Lage, das 9 Takte lange Melisma in der Einleitungsphrase der Kreuzstabkantate BWV 56 in einem einzigen Atem zu singen) und einer von Fachleuten immer wieder hervorgehobenen Klangschonheit. Das New Groves Dictionary of Music and Musicians bescheinigt ihm eine ?sehr wohltonende Stimme“ sowie ?ein ausgepragtes Gefuhl fur Phrasierung und ein hohes Maß an Textverstandnis und Textprojektion“. [3] Wolfram Schwinger schrieb 1971 uber seine Partie in Reimanns Melusine : ?Eine so kantable Poesie, eine so luzide Opernlyrik sucht heute ihresgleichen, und kaum einer vermochte sie wohl so betorend zu singen wie Barry McDaniel.“ [4] Die Stimme nahm im Lauf der Jahre noch an Ausdruckstiefe und Farbnuancen zu, behielt aber immer ihren jugendlichen, lyrischen Charakter, und Barry McDaniel vermied konsequent Ausfluge außerhalb seiner Fachgrenzen, z. B. zu schweren Wagner- oder italienischen Verismo -Partien.

Von Barry McDaniel existieren Tonaufnahmen aus allen Bereichen seines Repertoires sowie eine Reihe von Fernsehproduktionen. Heute noch im Handel sind z. B. Aufnahmen von Johann Sebastian Bach, Opernpartien von Mozart, Strauss, Weill und Henze und Werke zeitgenossischer Kirchenmusik (die oft mit ihm zum ersten und einzigen Mal eingespielt wurden). Obwohl seine Schallplattenkarriere als Liedinterpret behindert wurde durch die Tatsache, dass er auf dem begrenzten Markt kommerzieller Produktionen stets im Schatten seiner beiden großen Konkurrenten Hermann Prey und vor allem Dietrich Fischer-Dieskau stand, existieren nicht nur zwei Platteneinspielungen der ? Winterreise “, sondern auch zahlreiche Liedaufnahmen ? teils Studioproduktionen, teils Live-Mitschnitte ? in den Archiven u. a. des SWR , des BR , des WDR , des SFB (heute RBB ) und der BBC . Auch der Pelleas ? eine seiner bedeutendsten Opernpartien und von Hans Heinz Stuckenschmidt nach der Premiere in Berlin 1963 als ?eine vollkommene Leistung“ [5] gefeiert ? ist als Radiomitschnitt einer Auffuhrung an der Metropolitan Opera 1972 erhalten.

Fur eine vollstandige Liste der Tonaufnahmen und Fernsehproduktionen von Barry McDaniel siehe Weblinks .

  • Gerhart Asche: Amerikanischer Papageno mit wienerischem Charme. In: Opernwelt. August 2004
  • Karl-Josef Kutsch , Leo Riemens : Großes Sangerlexikon . Band 2. Bern 1987, Sp. 1918?1919
  • The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Volume Fifteen, Second Edition, London und New York 2001, S. 456
  • Ingo Kuhl Winterreise ? 24 Bilder zum gleichnamigen Liederzyklus von Franz Schubert ? nach Gedichten von Wilhelm Muller ? gemalt nach der Interpretation von Barry McDaniel, Gesang ? Jonathan Alder, Klavier (1985). Berlin 1996.
  • Aryeh Oron: Interview with the Baritone Barry McDaniel. In: Bach Cantatas Website. Juni 2002 ; (englisch).
  • Gerhart Asche: Retrospektive: Amerikanischer Papageno mit wienerischem Charme. In: Opernwelt . August 2004, S. 68 , archiviert vom Original am 19. Juli 2011 ; .
  • Barry McDaniel bei IMDb

Einzelnachweise

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  1. Bariton Barry McDaniel (87) gestorben. In: musik-heute.de. 20. Juni 2018, abgerufen am 20. Juni 2018 .
  2. Vorstellungen mit Barry McDaniel. In: Spielplanarchiv der Wiener Staatsoper. Abgerufen am 21. Juni 2018 .
  3. Allan Blyth: The New Grove Dictionary of Music and Musicians . 2. Auflage, 2001.
  4. Wolfram Schwinger in: Die Zeit , 7. Mai 1971.
  5. Hans Heinz Stuckenschmidt in: Frankfurter Allgemeine Zeitung , 4. Marz 1963.