Bankensektor

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Bankensektor (oder Bankbranche , Bankenmarkt ; englisch banking sector ) wird in der Volkswirtschaftslehre und Bankbetriebslehre derjenige Wirtschaftszweig bezeichnet, der das gesamte Kreditwesen umfasst.

Der Bankensektor als Teil des Finanzsektors umfasst die Gesamtheit aller Kreditinstitute in einer Volkswirtschaft . [1] Neben dem Kreditgewerbe gehoren zum Finanzsektor Kapitalanlagegesellschaften , Leasinggesellschaften , Private-Equity -Unternehmen, Vermogensverwaltungen , Versicherungsunternehmen sowie die Zentralbanken . [2]

Unter dem Kreditgewerbe werden samtliche Kreditinstitute ( Banken , Bausparkassen , Finanzdienstleistungsinstitute , Kreditgenossenschaften , Sparkassen ) zusammengefasst , die Bankgeschafte (siehe § 1 KWG ) oder Finanzdienstleistungen betreiben. Ihm gegenuber steht der Nichtbankensektor . Nicht zum Bankensektor ? aber zum ubergeordneten Finanzsektor ? werden die Zentralbanken gerechnet. Sie unterhalten insbesondere Geschaftsbeziehungen zu den Geschaftsbanken .

Die Kreditinstitute und Finanzdienstleister erhalten Marktzutritt zum Bankenmarkt nur durch eine Banklizenz der Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) . Personen und Unternehmen, die eine Vermittlungstatigkeit fur im Bankensektor tatige Institute vornehmen ( Anlagevermittlung ), bedurfen in der Regel einer Erlaubnis nach § 34c Gewerbeordnung (GewO). Diese Marktzutrittsschranken dienen dem Anleger- , Glaubiger- und Verbraucherschutz . [3]

Der Bankensektor ist der bedeutendste Marktteilnehmer auf dem Bankenmarkt . Handelsobjekte des Bankenmarkts sind weitgehend standardisierte Bankprodukte und Finanzdienstleistungen. Kreditinstitute fungieren hier entweder als Finanzintermediare ( Kredite , Wertpapierhandel ) oder als ?Hersteller“ der Handelsobjekte ( Derivate , Spareinlagen ). Da die meisten Finanzprodukte nicht lagerfahig sind , werden sie mit Hilfe des externen Produktionsfaktors zum Zeitpunkt der Nachfrage produziert und sofort vermarktet. [4]

Die Handelsobjekte werden auf den Finanzmarkten gehandelt, die sich aus folgenden Teilmarkten zusammensetzen:

Teilmarkt Angebot Nachfrage Produktgruppe Preis
Devisenmarkt Devisenangebot Devisennachfrage Devisen Devisenkurse
Geldmarkt Geldangebot Geldnachfrage Geldmarktpapiere Geldmarktzins
Kapitalmarkt Kapitalangebot Kapitalnachfrage Effekten Kapitalmarktzins ,
Borsenkurse
Kreditmarkt Kreditangebot Kreditnachfrage Kredite Kreditzins

Auf einigen Teilmarkten (insbesondere Devisen- und Geldmarkt) wirkt im Rahmen der Geld- und Wahrungspolitik die Zentralbank als Marktteilnehmer mit, auch wenn sie nicht zum Bankensektor gerechnet wird.

Die Statistiken der Zentralbanken (wie etwa der Deutschen Bundesbank ) fassen als Bankensektor die so genannten ? monetaren Finanzinstitute “ (MFIs) zusammen. Bei der Ermittlung der Geldmenge ( bis ) werden die nationalen Zentralbanken im Eurosystem zum Bankensektor hinzugerechnet. [5]

Teilmarkte des Bankenmarkts im Hinblick auf den Marktzutritt sind:

Teilmarkt Marktteilnehmer Marktpreis
Bankenmarkt Bankensektor, Privathaushalte ,
Staat und Untergliederungen , Unternehmen
Bankgebuhr , Provisionen ,
Zinsen ( Kredit- und Habenzinsen )
Interbankenmarkt Kreditinstitute , Großunternehmen ,
Versicherungsunternehmen
Interbankenkurse

Der Interbankenmarkt beschrankt den Marktzutritt auf Kreditinstitute, Großunternehmen und Versicherungsunternehmen. Er ist Beschaffungsmarkt und zugleich auch Vertriebsmarkt fur Bankprodukte, die auf dem Bankenmarkt nachgefragt bzw. angeboten werden.

Auf dem Bankenmarkt sind folgende Institute der Kreditwirtschaft im Hinblick auf ihren Betriebszweck tatig:

Universalbanken durfen alle Bankgeschafte mit allen Kundengruppen betreiben, Spezialbanken sind im Regelfall nur in einem Bankgeschaft tatig und bieten dieses nur einer Kundengruppe an.

Der bisher bei universell tatigen Großbanken vorhandene umfassende Eigenhandel ist seit August 2013 in allen EU-Mitgliedstaaten einem Outsourcing unterworfen. In Art. 2 Nr. 4 fuhrte das Trennbankengesetz im Januar 2014 unter anderem mit § 25f KWG fur Universalbanken ein Trennbankensystem ein, wonach die Aktivitaten der Investmentbank aus der Geschaftsbank auszugliedern sind ( englisch ringfencing ).

Wirtschaftliche Aspekte

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Bankensektor nimmt innerhalb einer Marktwirtschaft eine besondere Stellung ein. Banken haben wesentlichen Einfluss auf die Geldversorgung und den Zahlungsverkehr in der Wirtschaft und damit auch auf die wirtschaftliche Stabilitat eines Staates. Da die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen einer Bankenkrise erheblich sind, gibt es in den meisten modernen Volkswirtschaften eine gesetzlich vorgeschriebene Bankenaufsicht [6] mit dem Ziel der Marktregulierung und der Verhinderung von Marktversagen und Marktstorungen . Durch die Vernetzung und den Interbankenhandel sind einstmals regionale Bankenmarkte zu einem internationalen Bankenmarkt verschmolzen, so dass eine regionale Bankenkrise sich durch den Contagion-Effekt auch international auswirken kann.

Der Bankensektor weist ? im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen ? eine detaillierte Gewerbeaufsicht in Form der Bankenaufsicht auf, denn im Falle einer Unternehmenskrise eines einzelnen Kreditinstituts konnen Banken aufgrund der negativen externen Effekte in Bezug auf andere Banken und Wirtschaftszweige oft nicht durch Marktaustritt ?bestraft“ werden, sondern mussen in Form einer staatlichen Rettungsaktion ( englisch bail-out ) finanziell aufgefangen werden. [7] Das Insolvenzrisiko ist auch durch gesetzliche Vorschriften fur Kreditinstitute sehr eingeschrankt; dagegen ist im Nichtbankensektor fur alle Unternehmen ein Insolvenzrisiko vorhanden.

Wahrend der Wettbewerb auf dem Gutermarkt allgemein als wohlfahrtssteigernd begrußt wird und Marktmacht (und diese damit eine pareto-ineffiziente Ressourcenallokation ) verhindert, wird der Bankenwettbewerb teilweise kritisch gesehen. Er verhindert zwar auch auf dem Bankenmarkt die Marktmacht und steigert die Effizienz der Finanzintermediation . [8] Doch wies Joseph E. Stiglitz 1994 darauf hin, dass im Falle eines uneingeschrankten Wettbewerbs im Bankensektor die Gefahr bestehe, dass Kreditinstitute aufgrund schwindender Margen zur Eingehung unverhaltnismaßiger Finanzrisiken gedrangt werden konnten, welche die Stabilitat des Bankensektors gefahrden konnten. [9]

Die fehlende Patentierbarkeit und die relativ leichte Nachahmbarkeit der meisten Bankprodukte fuhren dazu, dass nur der Zeitvorsprung vor der Bankenkonkurrenz einen Pioniergewinn verschaffen kann. [10] Ferner ermoglicht der im Kreditgewerbe vorherrschende Wettbewerb der Produktdifferenzierung einem Kreditinstitut mit einem Zeitvorsprung einen Wettbewerbsvorteil . [11]

  • Rajnish Tiwari, Stephan Buse: The German Banking Sector: Competition, Consolidation and Contentment. Hamburg University of Technology (TU Hamburg-Harburg), 2006. ( mobile-prospects.com ( Memento vom 30. Januar 2012 im Internet Archive ), PDF; 45 kB)
  • A. Brunner, J. Decressin, D. Hardy, B. Kudela: Germany’s Three-Pillar Banking System ? Cross-Country Perspectives in Europe. Occasional Paper, International Monetary Fund, Washington DC 2004.
  • Philipp Wackerbeck, F. Becht, D. Ettlin: M&As in European banking. PwC Strategy&, 2017. ( strategyand.pwc.com ( Memento vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive ))

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Max Boemle/MaxGsell/Jean Pierre Jetzer/Paul Nyffeler/Christian Thalman, Geld-, Bank- und Finanzmarkt-Lexikon der Schweiz , 2002, S. 1 ff.; ISBN 978-3-286-11301-5
  2. Horst Gischer/Bernhard Herz/Lukas Menkhoff, Geld, Kredit und Banken ? Eine Einfuhrung , 2012, S. 2; ISBN 978-3-540-24169-0
  3. Juergen B. Donges/Stefan Mai, E-Commerce und Wirtschaftspolitik , 2001, S. 82
  4. Rudolf Maleri , Betriebswirtschaftliche Probleme der Dienstleistungsproduktion , 1970, S. 83 ff.
  5. Karl-Heinz Moritz, Geldtheorie und Geldpolitik , 1998, S. 74
  6. Rolf Buhner, Management-Lexikon , 2001, S. 72 f.
  7. Matthias Bergner/Karl-Peter Schackmann-Fallis/Mirko Weiß, Die richtigen Lehren aus der Finanzmarktkrise ziehen , in: Paul J.J. Welfens (Hrsg.), Zukunftsfahige Wirtschaftspolitik fur Deutschland und Europa , 2011, S. 253
  8. Wolfgang J. Hugle, Finanzsysteme, wirtschaftliches Wachstum und die Rolle des Staates , 2001, S. 188
  9. Joseph E. Stiglitz, The Role of the State in Financial Markets , 1994, S. 46
  10. Hermann Simon, Die Zeit als strategischer Erfolgsfaktor , in: Zeitschrift fur Betriebswirtschaft 1, 1989, S. 79 ff.
  11. Thomas Schubert, Strategische Allianzen im internationalen Bankgeschaft , 1995, S. 48