Die
Bach-Gesellschaft zu Leipzig
wurde 1850 zur Wiederkehr des 100. Todestages des
Komponisten
und
Thomaskantors
Johann Sebastian Bach
in
Leipzig
initiiert. Dies geschah unter anderem durch die Komponisten
Robert Schumann
,
Franz Liszt
,
Ignaz Moscheles
und
Louis Spohr
, den
Mozart
-Biographen
Otto Jahn
, den
Musikwissenschaftler
Carl von Winterfeld
, den
Musiktheoretiker
Siegfried Wilhelm Dehn
, den Lehrer am
Koniglichen Konservatorium der Musik zu Leipzig
Carl Ferdinand Becker
, den Thomaskantor
Moritz Hauptmann
und den Verlag Breitkopf & Hartel. Ihre Grundung diente einzig dem Ziel der Veroffentlichung des reichen kompositorischen Schaffen Bachs in einer Gesamtausgabe, die beim Grundungsmitglied Breitkopf & Hartel erschien.
Die Bach-Gesellschaft ist nicht zu verwechseln mit dem
Bach-Verein
, den
Elisabeth
und
Heinrich von Herzogenberg
1874 gemeinsam mit Hedwig und
Franz von Holstein
,
Philipp Spitta
,
Livia Frege
,
Amalie Joachim
[1]
und
Alfred Volkland
in Leipzig grundete und ab 1875 auch selbst leitete.
Die weite Verbreitung und
Rezeption
von Bachs Werken nahm ihren Anfang in der
Bach-Renaissance
des
19. Jahrhunderts
, begrundet durch die Wiederauffuhrung der
Matthaus-Passion
Johann Sebastian Bachs 1829 durch
Felix Mendelssohn Bartholdy
,
Carl Friedrich Zelters
Sing-Akademie zu Berlin
sowie
Johann Nepomuk Schelbles
Cacilienchor
in
Frankfurt am Main
, wodurch das Werk des nur noch in Fachkreisen bekannten, fast vergessenen Komponisten der damaligen Offentlichkeit bekannt gemacht wurde.
Verdienste beim Entstehen der Bach-Gesamtausgabe erwarb sich ? neben den Grundern ? der Bachkenner und spatere Thomaskantor
Wilhelm Rust
, der der Bach-Gesellschaft im Grundungsjahr 1850 beitrat. Seit 1853 Mitarbeiter an der Herausgabe der Bach-Gesamtausgabe, ubernahm er ab 1858 deren Leitung und schrieb Vorworte zu einzelnen Banden der Ausgabe.
1851 lag der erste Band der Bach-Gesamtausgabe vor. Er enthielt die Kantaten 1?10, herausgegeben von
Moritz Hauptmann
. Der Verlauf der Ausgabe spiegelte den Stand der damaligen musikalischen Editionstechnik, vermochte ihn jedoch auch entscheidend weiterzuentwickeln, etwa mit dem Band XIV (1866), der das von
Franz Kroll
herausgegebene
Wohltemperirte Clavier
enthielt. Heutigen Anspruchen an Editionstechnik genugt die Ausgabe nicht. Sie enthalt eine Reihe von Fehlern, wahlt Werkfassungen manchmal willkurlich aus, insbesondere sind auch die Kritischen Berichte zu kurz.
[2]
Dennoch waren die Bande der Bach-Gesellschaft eine bahnbrechende Leistung und trugen wesentlich zum Studium und zur Wertschatzung von Bachs Musik bei. Sie blieben die Standard-
Edition
der Werke Bachs, die im Lauf des 20. Jahrhunderts nur allmahlich durch andere Ausgaben ersetzt wurde, u. a. durch die
Neue Bach-Ausgabe
im
Deutschen Verlag fur Musik
und
Barenreiter
-Verlag. Quellen zum Entstehungsprozess der Bach-Gesamtausgabe finden sich verdichtet in den Briefkopierbuchern des Verlags Breitkopf & Hartel sowie den uberlieferten Stichvorlagen und Korrekturabzugen, die sich im Sachsischen Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig befinden.
Als das Ziel mit der Veroffentlichung der (alten) Bach-Ausgabe in 50 Banden ? 46 (47) Jahrgange und
Supplement-Band
? im Jahr 1899 erreicht war, loste sich die (alte) Bach-Gesellschaft entsprechend ihrer Satzung im Jahre 1900 auf. Zugleich konstituierte sich die
Neue Bachgesellschaft
e. V. mit der Grundung am 27. Januar 1900 in Leipzig. Sie steht nicht in der Rechtsnachfolge, wohl aber in der Tradition der alten Bach-Gesellschaft.
- ↑
Mirjam Gerber:
Zwischen Salon und musikalischer Geselligkeit: Henriette Voigt, Livia Frege und Leipzigs burgerliches Musikleben
, Hildesheim u. a. Olms 2016, S. 140.
- ↑
www.adwmainz.de:
Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz:
Johann Sebastian Bach ? Neue Ausgabe samtlicher Werke.
- Bach-Gesellschaft zu Leipzig (Hrsg.):
Bach-Gesamtausgabe. Johann Sebastian Bach's Werke
. 46 Jahrgange und Supplement. Edition Breitkopf & Hartel, Leipzig 1851?1899.
- Karen Lehmann:
Die Anfange einer Bach-Gesamtausgabe. Editionen der Klavierwerke durch Hoffmeister und Kuhnel (Bureau de Musique) und C. F. Peters in Leipzig 1801?1865. Ein Beitrag zur Wirkungsgeschichte J. S. Bachs
. Olms, Hildesheim u. a. 2004,
ISBN 3-487-12577-3
. (
Leipziger Beitrage zur Bach-Forschung
6), (Zugleich: Dresden, Techn. Univ., Diss., 2003).