Bucherverbrennung in Hannover

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Die Bucherverbrennung in Hannover erfolgte am 10. Mai 1933 an der Bismarcksaule nach ahnlichem Muster wie die anderen Bucherverbrennungen in Deutschland , jedoch weniger straff organisiert. [1]

Die Bismarcksaule um 1912, Ort der spateren Bucherverbrennung, im Hintergrund die Bismarckschule
(Ansichtskarte Nummer 558 von Ernst Walther, um 1912; aus der Sammlung von Rainer Hoffschildt )

Kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 initiierte das Reichsministerium fur Volksaufklarung und Propaganda das Ausmerzen ?undeutscher Kunst und Literatur“ als ? Aktion wider den undeutschen Geist “. Mit der Durchfuhrung wurde der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund beauftragt. [1] In Hannover bildete sich daraufhin ein dreikopfiger ?Kampfausschuss“, dem als Vertreter der TH Hannover Curt Habicht angehorte. Hauptbestandteil einer vorbereitenden ?Aufklarungsaktion“ war ab dem 12. April 1933 die Verbreitung von ?12 Thesen wider den undeutschen Geist“; [2] das entsprechende Flugblatt fur den ?Kampfausschuss der Deutschen Studentenschaft Hannover“ unterzeichnete I. A. Hansen . Daraufhin durchsuchten [1] Mitglieder des studentischen ?Kampfausschusses“, [3] meist in SA -Uniform, in pedantischer Kleinarbeit Buchladen, Leihbuchereien, Schul- und Hochschulbibliotheken und auch private Bestande, um Werke von judischen und politisch linken Autoren zu beschlagnahmen. [1] Selbst Arbeiten von Liberalen und Pazifisten , [2] aber auch sogenannte ? erotische “ Literatur, insbesondere ? homoerotische “, gleich ob wissenschaftlich oder belletristisch , stand auf den undatierten Schwarzen Listen . Doch die hannoverschen [1] ? Stoßtrupps [2] waren offenbar schlecht informiert, nicht im Besitz Schwarzer Listen und gingen in Hannover ungleich stumperhafter vor als beispielsweise gegen das Institut fur Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld in Berlin. So beschwerte sich ein Parteigenosse am 9. Mai 1933 in einem Brief an die NSDAP : [1]

?Betr.: Aktion gegen die Schmutz- und Schundliteratur
Am Sonnabend vormittag erschienen zwei SA -Leute in der wohl als national zu bezeichnenden Buchhandlung Richard Beek, Lister Platz, und verlangten, wie mir mitgeteilt wird, einige exotische Schriften. Nachdem sich nach einigem Hin und Her herausgestellt hatte, dass sie erotische Schriften meinten, wurden ihnen einige Bucher ausgehandigt. Die beiden S.A.-Leute verließen dann den Laden... [4]

In demselben Brief beschwerte sich der Parteigenosse, dass die Buchhandlung am Lister Platz am Nachmittag ein zweites Mal von zwei S.A.-Leuten aufgesucht wurde und das nunmehr erfolglose Vorhaben der Beschlagnahmung ?lebhaften Unwillen ... bei der Kundschaft“ ausloste. [4]

Sammelstellen fur die zu verbrennenden Bucher waren die Technische Hochschule , die Tierarztliche Hochschule , das Goethegymnasium und das Realgymnasium , die Leibnizschule und die Humboldtschule sowie die Staatlich-stadtische Handwerker- und Kunstgewerbeschule . [5] Der Direktor der Leibnizschule, Fritz Heiligenstaedt , zugleich stellvertretender Leiter der Stadtischen Abendschule sowie Leiter der ?Beratungsstelle fur das volkstumliche Buchereiwesen in der Provinz Hannover“, meldete dem ?Kampfausschuss“ die ?Reinigung“ seiner Buchereien und fugte ein Schreiben seiner Beratungsstelle an die Buchereien bei, in dem es unter anderem hieß: [1]

?Zu entfernen ist unter allem Umstanden: ... belehrende und unterhaltende Literatur, welche die sittlichen und religiosen Grundlagen unseres Volkslebens untergrabt. [1]

Aus ganz Hannover kam eine Wagenladung von Buchern zusammen, die am 10. Mai 1933 an der Bismarcksaule verbrannt wurde. [6] Am Tag darauf berichtete der Hannoversche Kurier , dass der studentische Fackelzug an der Herrenhauser Allee am Georgengarten begann, seinen Weg nahm durch die gesamte hannoversche Innenstadt, gesaumt von tausenden von Zuschauern, [1] vom Konigsworther Platz durch die Lange Laube , Georgstraße , Hildesheimer Straße und Geibelstraße bis zur Bismarcksaule. [2] An der Spitze marschierte die nationalsozialistische Studentenschaft, gefolgt von einer S.A- Kapelle , den Korporationen in vollem Wichs , unter denen sich auch Mitglieder des ?Akademischen Reitklubs“ zu Pferde befanden. [1] Unter ?aufruttelnden“ Ansprachen verschiedener Redner, darunter wieder Victor Curt Habicht, und ?unter dem Jubel der großen Zuschauermenge“ wurden Werke von Karl Marx , Kautsky , Heinrich Mann , Erich Kastner , Heinrich Heine und vieler anderer auf einem Scheiterhaufen an der Bismarck-Saule verbrannt. [2] Die Niedersachsische Tageszeitung berichtete am 12. Mai des Jahres, dass auch ?eine ganze Reihe ?prominenter‘ Erotiker“ dabei gewesen ware. [1]

Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag

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Informationstafeln zur Bucherverbrennung und zur Bismarcksaule

Zum 80. Jahrestages der Bucherverbrennung am 10. Mai 2013 hat das Projekt Erinnerungskultur der Landeshauptstadt Hannover einen Flyer zur Veranstaltung Der Weg der verbrannten Bucher herausgegeben. Dieser informiert uber die funf Stationen der Veranstaltung, wo ?kleine Informationsveranstaltungen, Lesungen und Aktionen zu den Autoren und ihren Buchern“ stattfanden:

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k Rainer Hoffschildt: Die Bucherverbrennung am 10. Mai 1933 (siehe Literatur)
  2. a b c d e Klaus Mlynek: Bucherverbrennung. In: Stadtlexikon Hannover , S. 92
  3. Hugo Thielen : Bismarck-Saule (siehe Literatur)
  4. a b Nach Rainer Hoffschildt: Brief von Kurt W. , 9. Mai 1933, Niedersachsisches Hauptstaatsarchiv Hannover , Hann. 320 IV Nr. 10
  5. siehe Flugblatt, abgebildet bei Rainer Hoffschildt: Olivia ... (siehe Literatur)
  6. Angaben laut Rainer Hoffschildt in: Anke Dietzler: Bucherverbrennung in Hannover ... (siehe Literatur)
  7. Karljosef Kreter, Julia Berlit Jackstien: Weg der verbrannten Bucher

Koordinaten: 52° 21′ 24,4″  N , 9° 44′ 23,2″  O