Borsenmakler

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Borsenhandler an der Borse Tel Aviv (1999)

Borsenmakler (auch Kursmakler ; englisch broker ) waren bis Juni 2002 Handelsmakler , die an deutschen Borsen gewerbsmaßig Borsengeschafte zwischen Borsenhandlern oder Effektenhandlern vermittelten. Ihre Funktion haben seit Juli 2002 die Skontrofuhrer ubernommen.

Seit dem Vierten Finanzmarktforderungsgesetz vom Juli 2002 sind die Borsenmakler rechtlich keine Makler mehr, sondern werden als Skontrofuhrer bezeichnet. Lediglich ihre Berufsbezeichnung lautet zuweilen noch Borsen- oder Kursmakler, zumal sich Laien hierunter den Beruf eher vorstellen konnen. Deshalb wird die Bezeichnung Borsenmakler wegen der Gelaufigkeit weiterhin beibehalten. Sie sind heute lediglich noch im Parketthandel erforderlich, weil an Computerborsen die Geschaftsabschlusse durch elektronisch gesteuerte Zusammenfuhrung von Kauf- und Verkaufsorders zustande kommen. [1] Diese Borsenmakler vermittelten die Kauf- und Verkaufsorders der Borsenhandler und waren an der Kursnotierung beteiligt.

Borsenhandler wiederum sind die Vertreter und Angestellte der Kreditinstitute , die die Wertpapierorders ihrer Kunden den Borsenmaklern oder Skontrofuhrern ubergeben, damit diese einen Kontrahenten fur das Gegengeschaft finden. Der bisher im ehemaligen ?amtlichen Handel“ tatige Kursmakler (Borsenmakler) wurde abgeschafft [2] wie auch die ?amtliche Kursnotierung“. Der Begriff des Kursmaklers wurde durch Skontrofuhrer ersetzt, [3] es entfallt seine offentlich-rechtliche Bestellung . [4]

Borsen sind in Deutschland Anstalten des offentlichen Rechts ( § 2 Abs. 1 BorsG ), so dass die Borsenmakler entsprechend in einem offentlich-rechtlichen Verhaltnis zur Borse standen. Die Skontrofuhrer sind dagegen Selbstandige oder Angestellte eines Finanzdienstleisters .

Borsenmakler werden rechtlich seit Juli 2002 als Skontrofuhrer bezeichnet ( § 2 Abs. 8 BorsG). Ihre Bestellung und Entlassung erfolgt durch die Borsenaufsichtsbehorde nach Anhorung des Borsenvorstands. Skontrofuhrer konnen als Rechtssubjekte zwischen den Rechtsformen Einzelkaufmann oder als Geschaftsleiter jeweils eines Finanzdienstleistungsinstituts (AG oder GmbH) als Kursmaklergesellschaft wahlen. Sie sind zu Eigengeschaften bei fehlenden marktnah limitierten Auftragen berechtigt. [5]

Gemaß § 27 BorsG kann die Geschaftsfuhrung einer Wertpapierborse zur Teilnahme am Borsenhandel zugelassene Unternehmen auf deren Antrag mit der Feststellung von Borsenpreisen an dieser Wertpapierborse betrauen (Zulassung als Skontrofuhrer). Der Antragsteller muss die fur die Skontrofuhrung erforderliche Zuverlassigkeit haben und auf Grund ihrer fachlichen und wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit zur Skontrofuhrung geeignet sein. Die Geschaftsfuhrung hat Personen, die berechtigt sein sollen, fur einen Skontrofuhrer bei der Skontrofuhrung zu handeln (skontrofuhrende Personen), zuzulassen, wenn diese Personen Borsenhandler sind und die fur die Skontrofuhrung erforderliche berufliche Eignung haben. Die Geschaftsfuhrung hat die Zulassung als Skontrofuhrer nach Anhorung der Borsenaufsichtsbehorde außer nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu widerrufen, wenn der Skontrofuhrer sich einer groben Verletzung seiner Pflichten schuldig gemacht hat. Die Geschaftsfuhrung kann die Zulassung widerrufen, wenn die BaFin Maßnahmen zur Sicherung der Erfullung der Verbindlichkeiten des Skontrofuhrers gegenuber dessen Glaubigern ergriffen hat. In dringenden Fallen kann die Geschaftsfuhrung einem Skontrofuhrer auch ohne dessen Anhorung die Teilnahme am Borsenhandel mit sofortiger Wirkung vorlaufig untersagen; Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung. Besteht der begrundete Verdacht, dass eine der Voraussetzungen nicht vorgelegen hat oder nachtraglich weggefallen ist, so kann die Geschaftsfuhrung das Ruhen der Zulassung eines Skontrofuhrers langstens fur die Dauer von sechs Monaten anordnen. Die BaFin hat die Geschaftsfuhrung unverzuglich zu unterrichten, wenn sie Maßnahmen zur Sicherung der Erfullung der Verbindlichkeiten des Skontrofuhrers gegenuber dessen Glaubigern ergriffen hat.

Bis Juli 2002 war es gemaß § 29 Abs. 1 BorsG und § 30 Abs. 1 BorsG a.F. Aufgabe der Kursmakler, Borsengeschafte zu vermitteln und die Borsenpreise amtlich festzustellen. Sie galten nach § 93 HGB als Handelsmakler , fur die das Maklerrecht der § § 652 ff. BGB galt. Zum Kursmakler konnte gemaß § 30 Abs. 2 BorsG a. F. bestellt werden, wer die fur die Tatigkeit notwendige Zuverlassigkeit und berufliche Eignung hatte, Sicherheit nach § 32 Abs. 6 BorsG leistete und Eigenkapital nach § 7 Abs. 4 Nr. 4 BorsG nachwies.

Seit Juli 2002 hat gemaß § 28 BorsG der Skontrofuhrer auf einen geordneten Marktverlauf hinzuwirken und die Skontrofuhrung neutral auszuuben. Er hat durch geeignete organisatorische Maßnahmen die Einhaltung der ihm obliegenden Pflichten sicherzustellen. Bei der Preisfeststellung hat er weisungsfrei zu handeln. Die Wahrnehmung der Pflichten muss so erfolgen, dass eine wirksame Uberwachung der Einhaltung der Pflichten gewahrleistet ist. Der Skontrofuhrer muss alle zum Zeitpunkt der Preisfeststellung vorliegenden Auftrage bei ihrer Ausfuhrung unter Beachtung der an der Borse bestehenden besonderen Regelungen gleich behandeln.

Die Skontrofuhrer stellen die fur die von ihnen im amtlichen Handel betreuten Wertpapiere auf der Grundlage der uber die Banken an die Borse gelangenden Wertpapierorders die amtliche Kursnotiz als Einheitskurs fest. Da Skontrofuhrer auch gemaß § 36 BorsO begrenzte Eigengeschafte durchfuhren durfen, regelt § 6 BorsG mogliche Interessenkonflikte beim Erwerb bedeutender Beteiligungen ( § 1 Abs. 9 KWG ; 10 % oder mehr), die wie Insidergeschafte ( Frontrunning ) durch die Handelsuberwachungsstelle ( § 7 BorsG) zu uberwachen sind.

Zu unterscheiden ist heute zwischen dem Skontrofuhrer und dem Freimakler.

Skontrofuhrer werden von der jeweiligen Landesregierung zugelassen und vereidigt. Dies geschieht, weil der Staat ein eigenes Interesse hat, dass Borsenkurse die tatsachliche Marktentwicklung reflektieren und zuverlassig sind.

Freimakler [6] werden von der Borse zugelassen [7] und stellen Wertpapierkurse ausschließlich im Freiverkehr fest. Sie unterliegen der Aufsicht der Borsenaufsichtsbehorde. [8]

Zur Vermeidung von Missverstandnissen sprechen Borsenmakler und Borsenhandler eine eigene, protokollartige Sprache ( Borsenjargon ) in Kombination mit Gestik mit einzelnen Fingern und/oder der ganzen Hand, welche das verbal Ausgedruckte synchron zu verstehen gibt.

Die bidirektionale Kommunikation besteht immer aus einer Aktion (Kauf, Verkauf usw.) und einer Bestatigung des jeweiligen Gegenparts. So folgt auf einen Kauf mit dem Ausruf Von dir immer ein An Dich damit das Geschaft rechtswirksam zustande kommt. Neben den Hauptgeschaftsarten werden auch Zusatzinformationen und Restriktionen mitgeteilt. Eine falsche Anwendung der Maklersprache kann folgenschwere Konsequenzen, sprich Verluste, Kursdifferenzen oder Depot-Abstimmungsdifferenzen nach sich ziehen.

Die Fingergestik ist deshalb zentral, weil davon ausgegangen werden muss, dass wegen des Larmpegels nicht alle Marktteilnehmer die Angebote akustisch verstehen konnen. Oft besteht nur Sichtkontakt zwischen den einzelnen Handlern. Um uber großere Distanzen von uber 5 Metern dennoch Trades abzuschließen, wird deshalb oft akustisch gar nichts gehort, sondern ausschließlich durch Handzeichen gesettled . Die Handzeichen gelten als verbindlich und absolut gleichwertig wie ein Trade, der verbal abgeschlossen wurde. Jeder Trade (Kauf oder Verkauf) wird anschließend entweder durch den Handler selbst oder den Borsenschreiber notiert. Nach Handelsschluss werden die Positionen durch die Borsenadministratoren der Banken oder Broker miteinander abgeglichen, oft bis spat in die Nacht, bis die Depots und Einzelpositionen stimmen. Diese Abstimmung erfolgt telefonisch oder personlich; oft auch beim Feierabendbier der Handler unter sich.

Hauptgeschaftsarten

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  • ?Von dir“ ? Kaufen
  • ?An Dich“ ? Verkaufen
  • Geld ? Kaufkurs
  • Brief ? Verkaufskurs
  • Siemens zu 90,50 : Handler: Mit 90,5 1000 von dir! → Makler: 1000 an dich mit 90,5
  • UBS 252 Geld! : Handler hat Geld und zahlt einem Anbieter fur UBS-Titel, z. B. 252,-
  • CS 120 Brief! : Handler sucht Kaufer fur Credit-Suisse Titel zu 120,-
  • Im Geld sein : Gesamthaft bewegt sich der Handler zurzeit in der Gewinnzone
  • Drei-Zehn : Indexanderung oder Kursanderung von 30 %; Drei Zehntel
  • Applizieren 20 : Anschlusskauf, Aufstocken, dazukaufen zu z. B. 130,-
  • Wie sind Daimler?,50 auf,55! Gut fur 500? Ja. Ok 500 mit,55 von dir … an dich!

In der Schweiz regelte die Zuricher Sensalenordnung vom 13. Mai 1663 die Organisation der Borsenmakler (?Sensalen“), [9] 1884 stellte das ?Gesetz uber die Gewerbe der Effektensensale und Borsenagenten“ alle Schweizer Borsen unter Staatsaufsicht . Die heutigen Effektenhandler der SIX Swiss Exchange sind Personen, die gewerbsmaßig ?fur eigene Rechnung zum kurzfristigen Wiederverkauf oder fur Rechnung Dritter Effekten auf dem Sekundarmarkt kaufen und verkaufen, auf dem Primarmarkt offentlich anbieten oder selbst Derivate schaffen und offentlich anbieten“ ( Art. 2 d BEHG ). Es handelt sich um die so genannten Ringbanken, einer kleinen Gruppe ausgewahlter Banken, deren Name von den ringartigen Tischen im Mittelpunkt der Borse stammt. [10] Sie haben allein das Recht, an der Borse zu kaufen und zu verkaufen.

In Osterreich gibt es an der Wiener Borse Mitglieder, die sich aus Kreditinstituten oder sonstigen Finanzdienstleistern zusammensetzen und geprufte Borsehandler ( sic ) beschaftigen.

Die Teilnehmer der New York Stock Exchange (NYSE) sind Market-Maker ( englisch specialists ) und Handler ( englisch dealer ), die limitierte Orders erteilen konnen, die mit den Notierungen ( englisch quotes ) der ?specialists“ konkurrieren durfen, so dass die NYSE keine reine Market-Maker-Borse ist, sondern eine Mischform mit der kontinuierlichen Auktion ( englisch continuous auction ) darstellt. [11] Der Broker darf im Gegensatz zum Borsenmakler oder Skontrofuhrer im eigenen Namen handeln.

Einzelnachweise

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  1. Alpmann Brockhaus, Fachlexikon Recht , 2005, S. 286
  2. BT-Drs. 14/8017 vom 18. Januar 2002, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktforderungsgesetz) , S. 63
  3. BT-Drucksache 14/8017 vom 18. Januar 2002, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktforderungsgesetz) , S. 72
  4. BT-Drucksache 14/8017 vom 18. Januar 2002, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktforderungsgesetz) , S. 84
  5. Wolfgang Gerke: Gerke Borsen Lexikon . 2002, S. 497
  6. Wolfgang Gerke: Gerke Borsen Lexikon . 2002, S. 517 f.
  7. Dennis Winkler: Schnellkurs Aktien . 2009, S. 54
  8. Begriff Freimakler. borsennews.de Wirtschaftslexikon
  9. Albert Maag: Die Entwicklung und Organisation der schweizerischen Effektenborsen . 1915, S. 28
  10. Ernst-Uwe Winteler: Kapitalanlagen in der Schweiz . 1980, S. 52
  11. Erik Theissen: Organisationsformen des Wertpapierhandels . 1998, S. 10