Avadh
(auch
Awadh
Devanagari
: ???, avadha; in
Britisch-Indien
offiziell
Oudh
, daneben auch noch als
Oundh
oder
Oude
bekannt) ist eine außerst fruchtbare Region im Norden
Indiens
und nimmt etwa ein Drittel des Bundesstaates
Uttar Pradesh
ein. In dieser Region gab es bis 1856 einen
Furstenstaat
mit der Hauptstadt
Lakhnau
, das auch heute die Hauptstadt von Uttar Pradesh ist. In dieser Region wird ein eigener Dialekt des
Hindustani
namens
Avadhi
gesprochen. Der Name "Avadh" taucht erst im 15. Jahrhundert auf.
Im 1. Jahrtausend v. Chr. existierte hier das Konigreich
Kosala
mit der Hauptstadt
Ayodhya
. Zur Zeit
Buddhas
(um 500 v. Chr.) spielte auch die Stadt
Shravasti
eine bedeutende wirtschaftliche und politische Rolle. Bereits zur Zeit des
Sultanats von Delhi
(1206?1526) loste sich das
Sultanat von Jaunpur
ab, welches von 1394 bis 1479 von der
Sharqi-Dynastie
regiert wurde, die ihren Machtbereich auch uber Teile von Avadh ausdehnen konnte. In der
Ersten Schlacht von Panipat
(1526) eroberten die
Moguln
den Norden Indiens, dessen Randgebiete (wie bereits zuvor praktiziert) von Statthaltern
(
subahdars
)
verwaltet wurde.
Unter dem Großmogul
Akbar
wurde Avadh Ende des 16. Jahrhunderts in den Rang einer Provinz
(
subah
)
erhoben. Im Jahr 1722 wurde
Saadat Khan
zum
Nawab
ernannt und residierte anfanglich in
Faizabad
, spater dann in Ayodhya. Er nutzte die zunehmende Schwache des Mogulreiches aus, um eine eigene Dynastie zu grunden. Der zweite Nawab von Oudh war sein Neffe und Schwiegersohn
Safdarjung
(reg. 1739?1754), der sich in
Delhi
fur sich das letzte bedeutende
Grabmal
der Mogulzeit errichten ließ.
Bedingt durch die schwindende Bedeutung Delhis wurde Avadh zu einem wichtigen Zentrum fur Kunst, Literatur und religiosem Leben in Nordindien. Die Nawabs, welche persische
Schiiten
waren, taten sich als Forderer des kulturellen Lebens hervor. In dieser Zeit wurde
Urdu
als Alltagssprache immer bedeutender, obwohl
Persisch
nach wie vor die vorherrschende Sprache fur die meisten offiziellen Anlasse war.
Avadh galt als "Kornkammer Indiens" und hatte auch eine wichtige strategische Position im
Doab
, der fruchtbaren Ebene zwischen den Flussen
Ganges
und
Yamuna
. Es war groß und reich genug, um in der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts seine Unabhangigkeit auch gegen die
Marathen
und
Afghanen
zu bewahren. Unter dem dritten Nawab,
Shuja-ud-Daula
kam es zum Konflikt mit den
Briten
, als er dem fluchtigen Nawab von
Bengalen
,
Mir Qasim
, Unterstutzung gewahrte. In der
Schlacht von Buxar
wurde seine 40.000 Mann starke Armee von den Truppen der
Britischen Ostindien-Kompanie
, welche eine Starke von lediglich 7.072 Mann hatte
[1]
, entscheidend geschlagen und der Nawab musste Teile seines Territoriums abtreten und hohe Strafzahlungen leisten. Im Jahr 1773 wurde ein britischer Resident ernannt, der die Oberaufsicht uber den Furstenstaat hatte sowie die Stationierung britischer Truppen und die Ubernahme der Kosten fur diese vereinbarte. Von einer direkten Annexion sah die Ostindienkompanie ab, da sie zu diesem Zeitpunkt keinen Konflikt mit den Marathen und den Resten des Mogulreiches wollte, und außerdem in dieser Phase uberhaupt noch abgeneigt war, allzu ausgedehnte Gebiete unter einer kostspieligen Hoheitsverwaltung zu haben.
In den Jahren 1773 und 1774 fuhrte der Nawab mit britischer Hilfe den
Rohilla-Krieg
, in dessen Folge er
Rohilkhand
annektierte. 1798 machte sich der funfte Nawab,
Wazir Ali Shah
, sowohl bei seinem Volk als auch bei den Briten unbeliebt und wurde von
Generalgouverneur
John Shore
zum Rucktritt gezwungen. Die Briten installierten
Saadat Ali Khan
als Marionettenherrscher, der ihnen sein halbes Territorium abtrat und auch seine Truppen zugunsten einer sehr teuren, von den Briten gefuhrten Berufsarmee aufloste. Damit wurde Avadh effektiv zu einem britischen Schutzstaat, allerdings unter theoretischer Oberhoheit des Mogulkaisers.
Dieser mit Saadat Ali Khan im Jahr 1801 geschlossene Vertrag brachte der Ostindienkompanie sehr viel Geld ein, zumal sie wiederholt gegen verbilligte Kredite auf die Staatseinnahmen zugriffen. Nach Westen fungierte Avadh als Pufferstaat. Die Nawabs verkamen zu Symbolfiguren, die sich mit großem Pomp umgaben, aber wenig Einfluss auf die Staatsgeschafte hatten. Allerdings wurden die Briten Mitte des 19. Jahrhunderts mit diesem Zustand immer unzufriedener und wollten das Gebiet unter direkte Kontrolle bringen. Einen Vorwand dafur lieferte der extravagante und extrem kostspielige Lebensstil der Nawabs.
Im Jahr 1856 wurde Avadh annektiert und einem
Chief Commissioner
unterstellt. Das Gebiet wurde zu einer britischen Provinz unter der Verwaltung
James Outrams
und
Henry Lawrences
. Diese fuhrten Reformen durch, die die Macht der Großgrundbesitzer einschrankten. Nawab
Wajid Ali Shah
wurde verhaftet und nach
Kalkutta
exiliert. Dies war ein entscheidender Ausloser des
Aufstandes von 1857
, bei dem gerade die in Avadh stationierten Truppen eine Schlusselrolle spielten. Die Briten brauchten achtzehn Monate, um Avadh zuruckzuerobern, und es wurden in diesem Gebiet die ausschweifendsten Grausamkeiten begangen wie das
Massaker von Kanpur
.
Nach der Niederschlagung der Rebellion fluchteten die Fuhrer des Aufstandes nach
Nepal
. Unter ihnen war auch der vierzehnjahrige Birjis Qadr, der Sohn des letzten Nawabs. Oudh (wie es die Briten nun offiziell nannten) wurde zu einer Provinz des nunmehrigen Kaiserreichs Indien. Im Jahr 1877 wurde die Funktion des Gouverneurs der ?Nordwestprovinz“ um
Agra
mit der des
Chief Commissioners
von Oudh zusammengelegt, und 1902 wurden die beiden Provinzen auch formell unter dem Namen
Vereinigte Provinzen von Agra und Oudh
zusammengeschlossen. Aus diesen ?Vereinigten Provinzen“ ist der heutige Bundesstaat Uttar Pradesh hervorgegangen.
- Sudlich an Avadh grenzt die ehemalige Region
Bundelkhand
an.
- ↑
Sir Edward Cust:
Annals of the Wars of the Eighteenth Century: Compiled from the Most Authentic Histories of the Period
.
Band
3
. Mitchell's military library, 1858,
ISBN 1-235-66392-2
,
S.
113
(englisch,
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche [abgerufen am 23. Dezember 2016]).