Mit
Assimilation
(lat.
assimilare
?ahnlich machen“, auch: Akkommodation, Angleichung) bezeichnet man in der
Phonologie
Sprachlautveranderungen
, die meist durch
Koartikulation
(artikulatorische Vereinfachung) entstehen.
Man unterscheidet zwischen dem Assimilandum (Wirker;
Laut
, an den der andere angepasst werden muss) und dem Assimilans (Laut, der sich anpasst).
Assimilation lasst sich sowohl auf
synchroner
als auch auf
diachroner
Ebene beschreiben. Synchrone Assimilation ist ein naturlicher Prozess innerhalb jeder Sprache. Diachrone bzw. historische Assimilation liegt vor, wenn sich die Lautangleichung historisch entwickelt hat. Das italienische Wort
dottore
ist beispielsweise durch regressive Assimilation aus dem lateinischen
doctor
entstanden.
Je nach Blickwinkel kann man Assimilationen nach folgenden Beschreibungsmerkmalen unterscheiden:
- Bei der
perseverativen
(oder
progressiven
)
Assimilation
(angeglichener Folgelaut) werden die Merkmale des ersten Lautes beibehalten und der zweite Laut ahnlich gemacht. Das heißt, das Assimilans geht dem Assimilandum voran. Das ist zum Beispiel der Fall beim englischen Wort
passed
. Hier wird das
d
wie ein (
stimmloses
)
t
ausgesprochen, da das vorangehende
s
ebenfalls stimmlos ist.
Stimmhafte
Assimilation liegt beim Wort
bags
vor, da das
s
stimmhaft wie das
g
wird.
- Bei der
antizipativen
(oder
regressiven
)
Assimilation
gleicht sich der erste Laut dem zweiten Laut an. Das heißt, das Assimilandum geht dem Assimilans voran. Das geschieht beispielsweise bei der Aussprache [
??ŋ?garn
] fur
Ungarn
. Hier wird das
n
als
velares
[
ŋ
]
ausgesprochen, da das
g
ebenfalls velar ist. Eine Angleichung an den Folgelaut findet sich auch bei dt. /fynf/ , umgangssprachlich [fy?f].
- Reziproke Assimilation
: Wechselseitige Beeinflussung zweier Laute (aufeinander folgend Perservation und Antizipation oder umgekehrt):
? nhd. <haben> ['ha:
bn?
] > ['ha:
bm?
] (> [ha:
m?
]) > [ha:
m
]
Zuerst entsteht durch perseverative Assimilation [bm] aus [bn], weil das Merkmal bilabial vom stimmhaften Plosiv [b] beibehalten wird und somit aus dem alveolaren Nasal [n] der bilabiale Nasal [m] entsteht. Danach wird aus [b] durch Vorwegnahme des Merkmals
nasal
(antizipative Assimilation) der bilabiale Nasal [m].
Anmerkung: Das [m] wird in diesem Fall nicht als
Geminate
realisiert; es genugt daher die Schreibung [ha:m].
- Totalassimilation:
Das Produkt der Assimilation entspricht dem auslosenden Laut.
- Beispiel:
klassisches Latein
sub die
>
Vulgarlatein
sud die
; im klassischen Latein
adcipit
(mit [
-dk-
]) 'nimmt an' >
accipit
(mit [
-kk-
]); bis zur volligen und ausnahmslosen Durchfuhrung der Assimilation bestehen beide Formen eine gewisse Zeit nebeneinander
- Beispiel: klassisches Latein
quamdiu
> Vulgarlatein
quandius
(in Kontakt mit dem
dentalen
Konsonant
/d/ wird das
labiale
/m/ vom dentalen /n/ ersetzt).
- Nahassimilation
(Kontaktassimilation): Die betroffenen Laute sind in unmittelbarem Kontakt.
- Beispiel: Latein
in balneum
> Vulgarlatein:
im balneum
. Das dentale /n/ wird zum labialen /m/ durch den Einfluss vom labialen /b/.
- Fernassimilation
(Distanzassimilation): Die betroffenen Laute sind nicht benachbart. So ist beispielsweise der
Umlaut
im althochdeutschen
gesti
(?Gaste“) aus dem germanischen
gasti
dadurch entstanden, dass das
a
durch den Einfluss des
i
zu einem
e
angehoben wurde.
Inbusschlussel
wird zu "Imbusschlussel"
- Helmut Gluck
(Hrsg.):
Metzler-Lexikon Sprache
, 2000.
- Jorg Meibauer:
Einfuhrung in die germanistische Linguistik
, 2. Aufl. (2007), S. 97 f.