Arthur Oskar Chitz
(*
5. September
1882
in
Prag
; †
1944
im
Ghetto Riga
) war Musikwissenschaftler, Pianist und Komponist. Er wirkte als
Korrepetitor
an der
Dresdner Oper
und war Musikalischer Leiter des
Dresdner Schauspielhauses
.
[1]
Arthur Chitz wurde als Sohn einer deutschsprachigen judischen Prager Fabrikantenfamilie geboren. Noch vor seinem zehnten Lebensjahr wurde er Vollwaise. Er besuchte eine katholische Klosterschule mit Schwerpunktfach Musik, wo er zusatzlichen Unterricht erhielt. Er war Kompositionsschuler von
Vit?zslav Novak
und Franti?ek ?pilka. Des Weiteren nahm er Klavier- und Geigenunterricht.
Er studierte Naturwissenschaften, Philosophie und Musikgeschichte an der
Deutschen Universitat in Prag
, spater in Wien und Dresden. 1905 promovierte er an der Prager Universitat mit ?Die Hofmusikkapelle Kaiser Rudolfs II.“.
Unter
Leo Blech
arbeitete er als Aspirant und Geiger im Prager Landestheater und war Referent der Prager Deutschen Zeitung ?
Bohemia
“. Chitz heiratete 1906 Gertrud Helene Stern, die Tochter des Chefredakteurs der Zeitung, bei der er als Referent arbeitete.
1908 zog er nach Dresden und erwarb 1911 an der
Technischen Hochschule
den Grad eines Diplom-Ingenieurs der Chemie.
[2]
In den Jahren 1912 und 1915 veroffentlichte er musikwissenschaftliche Studien als Zeitschriftenbeitrage. Gegenstand seiner publizierten Forschungsarbeit waren Beethovens Kompositionen fur Mandoline. 1914/15 bekam er eine Stelle als Dozent fur Theorie und Musikgeschichte an der Musikschule von
Ernst von Schuch
. 1915 bis 1918 arbeitete er als
Korrepetitor
am Dresdner Schauspielhaus, ab Oktober 1918 war er als Musikalischer Leiter des Dresdner Schauspielhauses beschaftigt. 1920 wurde er Musikdirektor des Schauspielhauses und 1931/32 Mitglied des kunstlerischen Beirats.
[2]
Chitz komponierte Lieder, Streichquartette und Buhnenmusiken fur Dresdner Urauffuhrungen und Neuinszenierungen, z. B. zu Stucken von
Shakespeare
,
Schiller
,
Hauptmann
und auch
Erich Ponto
: Am 18. Dezember 1923 wurde Arthur Chitz' Marchenspiel
Dornroschen
uraufgefuhrt. Gemeinsam mit Erich Ponto schuf er das Marchenspiel
Trilltrall und seine Bruder
. Er lehrte an der Orchesterschule der
Sachsischen Staatskapelle
und war auch als Pianist und Cembalist gefragt.
[2]
Wegen seiner judischen Herkunft endete seine musikalische Tatigkeit 1933, als ihn die Nationalsozialisten zum Verlassen seiner Stelle zwangen und am 1. Januar 1934 zwangspensionierten. 1938 bzw. 1939 konnte Chitz seine beiden Kinder ins Ausland schicken und so retten.
[3]
Nach der
Pogromnacht
1938 war Chitz vom 10. November bis 17. Dezember 1938 in das
KZ Buchenwald
deportiert worden.
Eva Doering-Ponto
erinnerte sich an eine Begegnung im
Residenz-Kaufhaus
, nachdem er nach Dresden zuruckgekehrt war:
?An eine sehr traurige und schlimme Begegnung kann ich mich erinnern: Wir wussten, dass Chitz bald nach 1933 in ein Lager gekommen ist - und eines Tages war ich mit meiner Mutter im Kaufhaus Reka und da stand er plotzlich neben uns, ganz kahl rasiert! Er bedeutete uns irgendwie, dass wir ihn nicht zu erkennen brauchten - es war eine schreckliche Situation.“
Er selbst blieb mit seiner Frau in Dresden, blieb jedoch sowohl vom offentlichen, als getaufter Protestant aber auch vom judischen Musikleben ausgeschlossen.
[5]
1940 wurde er aus seiner Wohnung vertrieben und musste in ein sogenanntes ?Altersjudenhaus“ am Lothringer Weg 2 in Dresden-Blasewitz umziehen. Arthur Chitz’ und seine Frau wurden in der Nacht vom 20. zum 21. Januar 1942 abgeholt und ins judische Ghetto Riga deportiert.
[2]
Hier bzw. sehr wahrscheinlich im
KZ Riga-Kaiserwald
verstarb er 1944 unter ungeklarten Umstanden, Todestag und -ursache sind unbekannt.
[3]
Gedenkstein fur Arthur Chitz in Dresden
- Am Neustadter Guterbahnhof in Dresden erinnert eine Gedenktafel an den ?Evakuierungsbefehl“ vom 15. Januar 1942 und das Schicksal der von hier deportierten Juden.
[6]
In der Nacht vom 20. zum 21. Januar 1942 wurden 240 Dresdner Juden von hier nach ??irotava bei Riga und von dort aus in das
Ghetto Riga
gebracht. Unter den Deportierten befand sich auch Arthur Chitz mit seiner Frau Gertrud.
- Vor dem fruheren Wohnhaus in der Helmholtzstraße 3B in Dresden, wo Chitz 24 Jahre gelebt hat, erinnert heute ein Stolperstein an den Musikwissenschaftler.
[7]
- In
Mystic
im US-Bundesstaat Connecticut befindet sich das Grab seines Sohnes Hermann Ernst Sheets, eines Naturwissenschaftlers.
[7]
2007 wurde auf der Grabstelle eine Granitbank mit der Inschrift
In Memory of Arthur and Gertrud Chitz
aufgestellt.
[2]
- Der Film
In Silence
(
V tichu
) von 2014 erinnert u. a. an das Leben und Wirken von Arthur Chitz.
[8]
- Am 30. November 2017 wurden in der Dresdner
Semperoper
erstmals Werke von ihm wieder offentlich aufgefuhrt.
[9]
- Susanne Blumesberger, Michael Doppelhofer, Gabriele Mauthe:
Handbuch osterreichischer Autorinnen und Autoren judischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert.
Band 1:
A?I.
Hrsg. von der Osterreichischen Nationalbibliothek. Saur, Munchen 2002,
ISBN 3-598-11545-8
, S. 199.
- Kerstin Hagemeyer:
Judisches Leben in Dresden. Ausstellung anlasslich der Weihe der neuen Synagoge Dresden am 9. November 2001
, Sachsische Landesbibliothek ? Staats- und Universitatsbibliothek Dresden, Berlin 2002,
ISBN 3-910005-27-6
- Agata Schindler:
Verfemte Musiker in Dresden: Arthur Chitz und andere. Ein Beitrag zum Forschungsprojekt ?Aktenzeichen unerwunscht“.
In:
Dresden und die avancierte Musik im 20. Jahrhundert. Teil II: 1933-1966
, hrsg. von Matthias Herrmann und Hanns-Werner Heister, Laaber 2002, S. 259?274 (
Musik in Dresden
5),
ISBN 3-89007-510-X
- Franz Stieger:
Opernlexikon
. Schneider, Tutzing 1977,
ISBN 3-7952-0203-5
(Teil 2, Komponisten, Band 1, A?F).
- ↑
Kerstin Hagemeyer:
Judisches Leben in Dresden. Ausstellung anlasslich der Weihe der neuen Synagoge Dresden am 9. November 2001
, S. 198?205
- ↑
a
b
c
d
e
Agata Schindler:
Das Schauspielhaus Dresden - Vom Schicksal des Musikdirektors Arthur Chitz.
In:
Fuhrerschule, Thingplatz, Judenhaus. Topografien der NS-Herrschaft in Sachsen
, Sachsische Landeszentrale fur politische Bildung, Dresden, 2014, S. 178 ff.
- ↑
a
b
Arthur Chitz
. In: Hannes Heer, Jurgen Kesting, Peter Schmidt (Hrsg.):
Verstummte Stimmen - Die Vertreibung der ?Juden“ und ?politisch Untragbaren“ aus den Dresdner Theatern 1933?1945.
Metropol-Verlag, Berlin 2011,
ISBN 978-3-86331-032-5
, S. 133.
- ↑
Als wenn es ihn uberhaupt nicht gegeben hatte
(
Memento
vom 9. September 2018 im
Internet Archive
), Dresdens judische Kunstler
- ↑
Arthur Chitz
im
Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit
(LexM)
- ↑
Gedenktafel am Bahnhof Neustadt
auf
neustadt-ticker.de
, abgerufen am 2. Mai 2018.
- ↑
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b
Matthias Lienert:
Ein finsteres Kapitel deutscher Hochschulgeschichte.
In:
Technische Universitat Dresden
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25. Februar 2020,
abgerufen am 20. Februar 2024
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- ↑
Abaigh McKee:
Arthur Chitz (1882?1944).
In:
Music and the Holocaust.
2016,
abgerufen am 20. Februar 2024
(englisch).
- ↑
Karin Vogelsberg:
Die fesche Lola und der Kaiser von Atlantis.
In:
Judische Allgemeine
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5. Dezember 2017
;
abgerufen am 13. Februar 2022
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